OGH 11Os121/08s

OGH11Os121/08s16.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Falmbigl als Schriftführer, in der Strafsache gegen Georg M***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 23. Jänner 2008, GZ 22 Hv 56/05t-104, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das überdies einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch (unschädlich überflüssig auch von der rechtlichen Kategorie, vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) enthält - wurde Georg M***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB (A I), des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB (A II), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (A III) und des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung -

A) im Zeitraum 1. Februar 1998 bis 21. Juli 2003 in Innsbruck und an

anderen Orten

I. ein ihm anvertrautes Gut in einem unbekannten, den Betrag von 50.000 Euro jedenfalls übersteigenden Wert, nämlich ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Angestellter der I***** GmbH überlassene Arbeitsgeräte, Waren und Geschäftsunterlagen sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich unrechtmäßig zu bereichern, indem er diese nach Auflösung des Dienstverhältnisses nicht an die genannte Gesellschaft zurückerstattete bzw Erlöse aus Veräußerungen von Waren nicht abführte, und zwar

a) indem er Kanalreinigungsgeräte, Düsen, Fräser und Zubehör in einem unbekannten, den Gesamtwert von 50.000 Euro aber jedenfalls übersteigenden Wert nicht zurückstellte;

b) indem er Waren im Wert von 5.725,76 Euro an Martin K***** veräußerte und die daraus erreichten Einnahmen in Höhe von 2.000 Euro auf seinem Privatkonto einbehielt;

II. die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen, nämlich über Bankkonten der I***** GmbH zu verfügen, wissentlich missbraucht und hiedurch der Genannten einen Vermögensnachteil in einem den Betrag von 3.000 Euro übersteigenden Wert zugefügt, indem er am 13. Juni 2003 bei der F***** in Dayton Ohio, USA, einen Scheck über den Betrag von 3.389,83 Euro (4.000 USD) vom Gesellschaftskonto Nr. ***** einlöste und den ausbezahlten Betrag für sich verwendete.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 (lit) a StPO.

Die Verfahrensrüge (Z 4) stützt sich auf folgende in der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge (S 175/III):

„Beischaffung der Lieferscheine betreffend das Innenverhältnis zwischen der Firma I***** und dem Angeklagten zur Überprüfung, ob die Abrechnung der Firma I***** korrekt ist;

Ausforschung und Vernehmung der Lebensgefährtin des Erwin W***** in Wels zum Beweis dafür, dass der Angeklagte der Firma W***** unter der Hand Gegenstände der Firma I*****, insbesondere die vom Zeugen S***** erwähnten Kettenschleudern, nicht verkauft hat;

Einvernahme des Zeugen Norbert Wi***** zum Beweis dafür, dass die vom Zeugen S***** beim Kunden in der Oberpfalz vorgefundenen Gegenstände nicht vom Angeklagten bezogen wurden."

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung dieser Anträge wurden - den Beschwerdeausführungen zuwider - keine Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art 6 MRK, oder sonst durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden, fairen Verfahrens geboten ist. Die Beweisthemen bezogen sich mit Blick auf den wertqualifizierten Schuldvorwurf weder auf entscheidende Tatsachen noch auf erhebliche Tatumstände, also auf solche, die nach Denkgesetzen und Lebenserfahrung nicht gänzlich ungeeignet sind, den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache, dh für Schuldspruch oder Subsumtion relevante Tatsachenfeststellungen zu beeinflussen (§ 55 Abs 2 Z 1, Z 2 StPO, vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 340; 11 Os 74/07b uva). Der ersterwähnte Antrag zielte überdies sinnfällig auf eine in der Hauptverhandlung nicht mehr zulässige bloße Erkundung ab. Das in der Beschwerde erstattete ergänzende Vorbringen ist wegen des Neuerungsverbots im Nichtigkeitsverfahren unbeachtlich. Die Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch A I kritisiert die fehlende Begründung für die Feststellung, von den vom Angeklagten an Kunden verkauften Waren seien Erlöse nur in geringem Umfang an die I***** GmbH geflossen (US 7). Im Hinblick auf die unbekämpft gebliebene Feststellung von dem Angeklagten zur Verfügung gestellten und nicht zurückgegebenen Waren im Wert von ca 140.000 Euro betrifft dieses Vorbringen keine entscheidende Tatsache (s oben) und bedarf daher keiner Erwiderung.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst zum Schuldspruch A II die Feststellung, der Rechtsmittelwerber habe den erlösten Betrag für Privatzwecke verwendet. Sie ist indes US 13 dritter Absatz zu entnehmen - weil der Beschwerdeführer dies übergeht, bringt er materiellrechtliche Nichtigkeit nicht zu einer erwiderungsfähigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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