OGH 7Ob143/08t

OGH7Ob143/08t27.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sonja F*****, vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Horst F*****, vertreten durch Dr. Edgar Hofbauer, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen Ehescheidung und Unterhalt, über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 25. Februar 2008, GZ 21 R 440/07s-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 14. September 2007, GZ 11 C 8/07y-11, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 334,66 EUR (darin enthalten 55,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die vom Beklagten gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision mit der Begründung zugelassen, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtsfrage vorliege, ob Kreditrückzahlungen des Unterhaltspflichtigen für die im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehende und von ihm nunmehr allein bewohnte Ehewohnung auch dann als abzugsfähige Aufwendungen von der Bemessungsgrundlage anzuerkennen seien, wenn dem Unterhaltsberechtigten durch ein grob ehewidriges Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar gemacht worden sei und auch schon bisher die Kreditzahlungen vom Unterhaltspflichtigen ganz überwiegend allein geleistet worden seien. Der Revisionswerber macht dazu geltend, die Ansicht des Berufungsgerichts, seine Kreditrückzahlungen seien bei der Unterhaltsbemessung nicht zu berücksichtigen, stehe im Widerspruch zu oberstgerichtlicher Judikatur, die je nach Einzelfall Kreditrückzahlungen vom monatlichen Unterhaltsanspruch oder jedenfalls von der Bemessungsgrundlage in Abzug bringe.

Ob Kreditverbindlichkeiten von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen sind, hängt - wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat - von den Umständen des Einzelfalls ab (1 Ob 34/03b mwN ua). Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit stellt die Frage der Abzugsfähigkeit von Kredittilgungen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste.

Ob Kredittilgungen im konkreten Einzelfall abzugsfähig sind, ist nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen einer Interessenabwägung zu ermitteln, wobei der Zeitpunkt und die Art der Entstehung der Schulden, der Zweck, für den sie aufgenommen worden sind, das Einverständnis des (nunmehr) Unterhaltsberechtigten zur konkreten Schuldenaufnahme während aufrechter Gemeinschaft, die Dringlichkeit der Bedürfnisse des Berechtigten und des Schuldners sowie das Interesse an einer Schuldentilgung nach billigem Ermessen zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0079451). Leistungen, die der Unterhaltspflichtige erbringt, können nur dann den Geldanspruch des Unterhaltsberechtigten mindern, wenn sie zur Deckung eines Teils der Lebensbedürfnisse des Berechtigten dienen. Von einem Ehegatten allein getragene Kreditrückzahlungsraten vermindern nur dann den Geldunterhaltsanspruch des anderen Ehegatten, wenn damit diesem der Verbleib in der vormaligen Ehewohnung ermöglicht wird (EvBl 1993/161; 6 Ob 18/98k; 10 Ob 34/03b ua). Dies trifft im vorliegenden Fall, in dem es um Unterhalt gemäß § 94 ABGB bis zur (inzwischen erfolgten) rechtskräftigen Scheidung geht, nicht zu, weil die Klägerin zufolge des ehewidrigen Verhaltens des Beklagten (Beschimpfungen, Drohungen und Misshandlungen) gezwungen war, die Ehewohnung mit den Kindern zu verlassen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist die Tilgung von Krediten des Unterhaltspflichtigen für Investitionen, die zumindest auch dem Zweck des Unterhaltsberechtigten dienen oder ihm zugute kommen, nach oberstgerichtlicher Judikatur entsprechend zu berücksichtigen, sofern die betreffende Belastung nicht unangemessen hoch ist (JBl 1991, 720; 7 Ob 52/98t; 10 Ob 34/03b; 1 Ob 119/07t ua). Auch diesbezüglich kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Da die Klägerin Hälfteeigentümerin der Liegenschaft ist, auf der sich die nun vom Beklagten allein bewohnte Ehewohnung befindet, profitiert sie auch von den Rückzahlungen des zur Anschaffung des betreffenden Hauses aufgewendeten Kredits.

Dies erkennend hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Streitteile seien dahin übereingekommen, dass der Kredit im Wesentlichen allein aus dem viel höheren Einkommen des Beklagten bedient werde. Diese einseitige Kreditbelastung werde bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu berücksichtigen sein. Eine Anrechnung auch auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage würde den Beklagten daher doppelt begünstigen. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls, in welchem der Beklagte das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe zu verantworten habe und der Klägerin wegen der von ihm gesetzten jahrelangen groben Eheverfehlungen das weitere Zusammenleben in der Ehewohnung nicht bloß unzumutbar, sondern geradezu unerträglich gemacht habe, seien die vom Beklagten allein getragenen Kreditrückzahlungen auch nicht zum Teil von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen.

Eine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, ist in dieser Ermessensentscheidung umso weniger zu erkennen, als bei Anrechnung der Hälfte der Kreditzahlungen auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage der Klägerin kaum mehr ein Unterhaltsgeldzahlungsanspruch verbliebe und ihr monatliches Einkommen daher nicht einmal den Ausgleichszulagenrichtsatz (Mindestpensionshöhe) erreichte. Unter diesen Umständen erscheint es sachgerecht und billig, den notwendigen Ausgleich des der Klägerin durch die Kredittilgungen des Beklagten zukommenden Vorteils im Wege des Verfahrens zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse herbeizuführen.

Die Revision war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen, wobei sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf eine zur Ausführung der Zurückweisungsgründe notwendige Darstellung beschränken konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihres Prozessgegners ausdrücklich hingewiesen.

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