Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Der Antrag der Antragstellerin auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist die Nichte des Antragsgegners, ihr Vater war dessen Bruder. Der mit dem Antragsgegner gleichnamige Vater der beiden war also der väterliche Großvater der Antragstellerin. Diese betreibt auf dem Grundstück (GSt) 102/5 ihrer Liegenschaft EZ 875 seit der Wintersaison 2004/05 ein Hotel Garni mit 36 Gästebetten. Zugunsten des GSt 102/5 bestehen Dienstbarkeiten betreffend die GSte 102/2 und 102/3. Sie hatte die Liegenschaft EZ 5 zu einem Drittel gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrer Mutter nach dem Tod ihres Vaters am 22. Dezember 1983 geerbt, die Einantwortung erfolgte am 28. Jänner 1984. Infolge des Schenkungs-...vertrags vom 24. April 2003 wurde sie Eigentümerin der EZ 875.
Ihre Mutter hatte 1994 die Umwidmung einer Teilfläche der EZ 5 in Bauland beantragt; der Antrag blieb zunächst erfolglos. Ab 2000 wurde das weiter betrieben. Auf ihren weiteren am 12. August 2002 gestellten Umwidmungsantrag zwecks Pensions-/Heim-Errichtung beschloss der örtliche Gemeinderat am 10. Dezember 2002 die Umwidmung in Tourismusgebiet. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung erfolgte am 17. März 2003. Die Umwidmung trat am 18. April 2003 in Kraft. Der Antragsgegner betreibt auf dem GSt 102/2 seiner Liegenschaft EZ 469 ein Hotel mit 54 Gästebetten und einem Restaurant. Aufgrund eines Schenkungsvertrags vom 23. Juni 1978 ist im C-Blatt dieser Grundbuchseinlage die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das GSt 102/2 zugunsten ... GSt 102/5 in EZ 875 einverleibt. Aufgrund des vom Antragsgegner erwirkten rechtskräftigen Urteils zweiter Instanz vom 2. September 2004 hat es ua die Antragstellerin zu unterlassen, die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über den eingeräumten Zweck zur landwirtschaftlichen Erschließung und Bewirtschaftung auszudehnen und die Dienstbarkeitstrasse über die landwirtschaftliche Bewirtschaftung hinausgehend zu nutzen. Das Erstgericht räumte der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nach dem NWG die Nutzung dieses Dienstbarkeitswegs für private und gewerbliche Zwecke gegen eine Entschädigung von 42.792 EUR ein. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die für die Entscheidung maßgeblichen Fragen seien nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, was das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ausschließe. Mit Beschluss vom 30. Jänner 2008, AZ 3 Ob 192/07t, hatte der erkennende Senat die Akten dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die Entscheidung zweiter Instanz auch den ob der Liegenschaft des Antragsgegners einverleibten Dienstbarkeitsberechtigten zuzustellen. Während nach diesen Zustellungen einer der Servitutsberechtigten einen Revisionsrekurs einbrachte, diesen in der Folge aber wieder zurückzog, ließen die beiden anderen (Verwandte der Antragstellerin) die Rechtsmittelfrist ungenützt verstreichen.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht zulässig.
Wie der erkennende Senat zu AZ 3 Ob 192/07t (= bbl 2008, 127 = Zak 2008, 133) darlegte, ist nach § 58 Abs 1 Z 1 und Abs 3 iVm § 71 Abs 4 AußStrG auch bei diesem (im Zivilprozess einen Nichtigkeitsgrund bildenden) schweren Verfahrensmangel vor der Entscheidung auf Aufhebung und Zurückverweisung der Außerstreitsache an eine Vorinstanz zu prüfen, ob nicht eine Bestätigung „selbst aufgrund der Angaben im [Revisions-]Rekursverfahren" oder eine Abänderung ohne weitere Erhebungen möglich ist. Zu diesem Zweck war es erforderlich, den bisher nicht gehörten Parteien Gelegenheit zu geben, sich am Revisionsrekursverfahren zu beteiligen und ihre materiellen und/oder prozessualen Rechte geltend zu machen (oder auch nicht). Diese werden im vorliegenden Verfahren durch die eine Antragsstattgebung bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts belastet. Sie mussten daher in die Lage versetzt werden, diese Entscheidung zu bekämpfen, also nunmehr am Verfahren teilzunehmen. Aufgrund ihres Verhaltens im Revisionsrekursverfahren ist nunmehr zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 58 Abs 1 und Abs 3 AußStrG für die Erledigung eines Rechtsmittels in der Sache abgelehnte Aufhebung der angefochtenen Entscheidung vermeidbar ist. Der Gesetzgeber betonte in den Materialien zum AußStrG 2003 den in §§ 55, 57, 58 leg cit zum Ausdruck kommenden Grundsatz des Vorrangs der Sachentscheidung durch die Rechtsmittelgerichte (ErläutRV 224 BlgNR
22. GP, 51 und 52; dazu Fucik/Kloiber, AußStrG § 57 Anm 1; Klicka in Rechberger, AußStrG § 55 und § 58 Rz 1). Dass grundsätzlich die Verletzung des rechtlichen Gehörs auch von Amts wegen aufgegriffen und daher auch von einer Partei zugunsten einer anderen in ihrem Rechtsmittel geltend gemacht werden kann, wurde ebenfalls in der zitierten Entscheidung bestätigt. Im vorliegenden Verfahren wurde nun den übergangenen Parteien die Möglichkeit gegeben, sich am Revisionsrekursverfahren zu beteiligen (und eventuelle Einwände gegen die Entscheidung der zweiten Instanz, daher auch deren mangelnde Wahrnehmung ihres Gehörs) geltend zu machen. Das ist in casu nicht geschehen, weil jene die ihnen gebotene Gelegenheit nicht wahrnahmen bzw ein Servitutsberechtigter nur ein verspätetes Rechtsmittel einbrachte und einen Wiedereinsetzungsantrag stellte. Dessen Zurückweisung durch das Erstgericht ist in Rechtskraft erwachsen. Der außerordentliche Revisionsrekurs wurde zurückgezogen. Damit ist aber davon auszugehen, dass sie sich durch die Vorgangsweise des Rekursgerichts nicht als beschwert erachten (können). Nach § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG zählt ua die Verletzung des rechtlichen Gehörs wie die anderen Fälle des § 58 AußStrG zu den Revisionsrekursgründen. Damit ist aber auch der übrige Inhalt dieser Norm im Revisionsrekursverfahren sinngemäß anzuwenden, somit auch die Unbeachtlichkeit der darin genannten Verfahrensverstöße, falls nach § 58 Abs 1 leg cit der angefochtene Beschluss „aufgrund der Angaben im Rekursverfahren" zur Gänze zu bestätigen ist.
Wegen des ins Außerstreitverfahren übernommenen Modells der Zulassungsrevision (§ 62 Abs 1 AußStrG) ist im Verfahren dritter Instanz diesem Fall jener gleichzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof zur Ansicht gelangt, dass ein - ordentlicher oder außerordentlicher - Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen der zuletzt genannten Norm zurückzuweisen ist (§ 71 Abs 2 und Abs 3 AußStrG), weil auch in diesen Fällen eine (eingeschränkte) Überprüfung der zweitinstanzlichen Entscheidung erfolgt und damit eine im gegebenen Zusammenhang einer Vollbestätigung gleichzuhaltende Entscheidung vorliegt. Falls also - abgesehen von der Frage des Vorliegens der in § 58 Abs 1 leg cit genannten schweren Verfahrensmängel - der Revisionsrekurs erfolglos bleiben müsste, stünde die Verletzung des rechtlichen Gehörs der Servitutsberechtigten einer Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners nicht entgegen. Demnach bestünde für den Obersten Gerichtshof in diesem Fall kein Anlass, die Entscheidung(en) der Vorinstanz(en) nur zu dem Zweck aufzuheben, ihnen nochmals dieses Gehör zu gewähren.
Nach § 65 Abs 3 Z 6 AußStrG iVm § 9 Abs 3 NWG hat ein außerordentlicher Revisionsrekurs gesondert die Gründe zu enthalten, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts nach § 62 Abs 1 AußStrG der Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage wird ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der Beurteilung des Fehlens auffallender Sorglosigkeit der Antragstellerin nach § 2 Abs 1 NWG angesprochen. Die Rechtsansicht stehe im Widerspruch zu (nicht zitierter) Rechtsprechung des Höchstgerichts. Der Antragsgegner argumentiert mit dem Wissen der Antragstellerin als Dritteleigentümerin der ererbten Liegenschaft und den ihr gegebenen Hinweisen, weshalb sie nicht auf die umfassende Dienstbarkeit vertrauen hätte dürfen. Er lässt aber außer Acht, dass sie nach den Feststellungen keine andere Wegverbindung erhalten hätte können, weshalb daraus keine auffallende Sorglosigkeit abgeleitet werden kann (s 3 Ob 183/03p = SZ 2003/113 = JBl 2004, 320 [zust Egglmeier-Schmolke]).
Selbst wenn man (wie der Antragsgegner, wenn auch nicht durchgehend, vermeint) auf den Zeitpunkt des Erwerbs eines Liegenschaftsanteils durch Erbschaft abstellen würde, könnte das an der Beurteilung auch nichts ändern, weil dafür dasselbe gilt. Die Frage der Berechtigung des Vaters kann nicht von Bedeutung sein. Denn zu dessen Lebzeiten und jedenfalls bis zur erstmals 2000 oder gar 2002 (s 8 Ob 504/93 = EvBl 1994/96) mit Aussicht auf Erfolg eingeleiteten Umwidmung (s dazu RIS-Justiz RS0070979; dort bes [T1]) fehlte es am Bedarf über die bestehende Servitut hinaus, weil nur eine Landwirtschaft bestand. Auch nach geltendem Verfahrensrecht ist nur ein Mangel des Rekursverfahrens ein Revisionsrekursgrund (§ 66 Abs 1 Z 2 AußStrG); weshalb die unterbliebene Einholung eines bestimmten Sachverständigengutachtens in erster Instanz einen Verfahrensmangel zweiter Instanz bilden und darüber hinaus eine erhebliche Rechtsfrage aufwerfen sollte, kann der Revisionsrekurswerber nicht darlegen. Das gleiche gilt für die Frage, ob das Erstgericht die nicht näher erläuterten Ergebnisse eines früheren Notwegeverfahrens hätte berücksichtigen müssen.
Die letztlich aufgeworfene Frage des Gehörs von dinglich Berechtigten ist durch Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung an diese saniert.
Somit sind erhebliche Rechtsfragen nicht zu beantworten, weshalb das außerordentliche Rechtsmittel des Antragsgegners zurückzuweisen ist.
Ein Kostenersatzanspruch der Antragstellerin, die ohne Aufforderung des Obersten Gerichtshofs eine Revisionsrekursbeantwortung erstattete, muss schon an § 25 Abs 1 NWG idF des AußStr-BegleitG scheitern, wonach - nunmehr ohne Berücksichtigung von durch ungerechtfertigtes Einschreiten des Gegners hervorgerufenen Kosten (s dazu noch 1 Ob 88/99v mwN) - ausnahmslos nur eine Kostenersatzpflicht des Eigentümers des notleidenden Grundstücks, hier also der Antragstellerin selbst, in Betracht käme. Ein Kostenersatz an diesen Eigentümer ist somit generell ausgeschlossen.
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