OGH 4Ob114/08f

OGH4Ob114/08f8.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Schenk und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Oskar M*****, vertreten durch Mag. Egmont Neuhauser, Rechtsanwalt in Scheibbs, gegen die beklagten Parteien 1. Ing. Mag. Walter S*****, 2. Mag. Andrea G*****, beide vertreten durch LEXACTA, Tröthandl Rupprecht Schenz Haider Rechtsanwälte OEG in Mödling, wegen 5.369,31 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 4.149,41 EUR sA) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Dezember 2007, GZ 35 R 389/07a-64, womit das Urteil des Bezirksgerichts Liesing vom 9. Juli 2007, GZ 3 C 1220/03t-56, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 490,40 EUR (darin enthalten 81,73 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin hatte im Auftrag der Beklagten Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsarbeiten durchgeführt. Sie begehrt Zahlung des aus einer vierten Teilrechnung aushaftenden Betrags von 5.369,31 EUR sA. Die Beklagten wendeten mangelnde Fälligkeit ein, das Werk sei mangelhaft. Sollte der Werklohn nach Ansicht des Gerichts fällig sein, werde Preisminderung begehrt. Als Gegenforderung machen die Beklagten (auch) Kosten für die Behebung von Mängeln durch Ersatzvornahmen geltend. Diese Ersatzvornahmen betrafen nicht die Verbesserung der in der vierten Teilrechnung verzeichneten und nun eingeklagten Lieferungen und Leistungen.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit 4.149,41 EUR zu Recht und mit 1.219,90 EUR - ebenso wie die Gegenforderung von 1.228,01 EUR - nicht zu Recht bestehe. Es verpflichtete die Beklagten zur Zahlung von 4.149,49 EUR. Der Werklohn sei in Anbetracht der Geringfügigkeit der noch vorhandenen Mängel fällig, jedoch wegen dieser Mängel um 1.219,90 EUR zu mindern. Die Gegenforderung sei anlässlich der Schlussrechnung in Abzug zu bringen. Hinsichtlich eines an der Schmutzwasserhebeanlage mit Pumpe behaupteten Mangels konnte das Erstgericht nicht feststellen, dass die Hebeanlage nach Reparatur eines ursprünglich defekten Anschlusses (nach wie vor) nicht ordnungsgemäß funktioniert. Den Antrag der Beklagten auf Gutachtensergänzung durch Befundung der Hebeanlage hatte das Erstgericht als verspätet zurückgewiesen. Es führte aus, die Beklagten hätten seit der zwei Jahre zurückliegenden Begehung vor Ort gewusst, dass die Hebeanlage selbst überprüft werden müsse, einen entsprechenden Antrag jedoch unterlassen. Das Erstgericht und der im Verfahren beigezogene Sachverständige hätten die Beklagten während des Verfahrens mehrfach darauf hingewiesen, dass die Befundung der im Vorgarten installierten Hebepumpe eine Beseitigung des darüberliegenden Erdreichs voraussetze. Die Beklagten hätten zwar die Funktion der Hebeanlage und Pumpe bemängelt, eine Bereitschaft, den Garten zum Zweck der Befundung aufzugraben, aber erst in der letzten Tagsatzung vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung bekundet. In ihrer Berufung machten die Beklagten geltend, die Zurückweisung ihres Antrags auf Gutachtensergänzung stelle einen Verfahrensmangel dar, weil sie den Antrag auf Überprüfung der Hebeanlage schon zuvor „laufend" gestellt und zu keiner Zeit die Mitwirkung an der Befundaufnahme verweigert hätten. Auf eine Verletzung des § 359 Abs 2 ZPO durch das Gericht erster Instanz beriefen sich die Beklagten in ihrer Berufung nicht.

Das Berufungsgericht verneinte den geltend gemachten Verfahrensmangel. Die Zurückweisung der Beweisanträge der Beklagten sei nicht zu beanstanden, weil die Beklagten gegen ihre Prozessführungspflicht grob verstoßen hätten.

Das Berufungsgericht sprach - auf Antrag der Beklagten nach § 508 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 359 Abs 2 ZPO fehle. Die Frage, ob ein derartiger Beschluss auch dann erforderlich sei, wenn die betroffene Partei ihre Mitwirkungspflicht kenne, und ob die Unterlassung einer Beschlussfassung einen relevanten Verfahrensmangel bilde, sei eine Rechtsfrage des Verfahrensrechts erheblicher Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - nicht zulässig.

1. § 359 Abs 2 ZPO enthält eine Verfahrensvorschrift, deren Nichtbeachtung einen (gegebenenfalls auch relevanten) Verfahrensmangel erster Instanz verwirklichen kann. Ein derartiger Verfahrensmangel ist aber bereits im Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung geltend zu machen. In der Berufung nicht gerügte Verfahrensmängel erster Instanz können nicht mehr als Revisionsgrund wahrgenommen werden (stRsp, RIS-Justiz RS0074223). Einen derartigen, auf einen Verstoß gegen § 359 Abs 2 ZPO beruhenden Mangel des Verfahrens erster Instanz haben die Beklagten in ihrer Berufung nicht geltend gemacht. Sie haben vielmehr ausgeführt, die Zurückweisung ihres Antrags auf Gutachtensergänzung sei deshalb mangelhaft, weil sie einen derartigen Antrag „laufend" gestellt und eine Mitwirkung an der Befundaufnahme nicht verweigert hätten.

2. Das Berufungsgericht hat die in der Berufung tatsächlich geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint. Sie kann in der Revision mit Aussicht auf Erfolg nicht neuerlich gerügt werden (RIS-Justiz RS0042963 [T45]).

Entgegen der Auffassung der Beklagten nimmt die Begründung des Berufungsgerichts, die für das Vorliegen eines Verfahrensmangels beweispflichtigen Beklagten hätten ihre Prozessführungspflicht in krasser Weise verletzt, auf die bekämpfte Ansicht des Erstgerichts Bezug, wonach der Antrag verspätet gewesen sei.

3. Die Beklagten machen als erhebliche Rechtsfrage überdies die unrichtige rechtliche Beurteilung der Fälligkeit des Klageanspruchs geltend. Das Berufungsgericht sei auf den Einwand mangelnder Fälligkeit nicht eingegangen.

Auch insoweit liegt eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung nicht vor. Voraussetzung für die Zurückbehaltung des Werklohns ist die Behebbarkeit des Mangels sowie ein ernstliches Verbesserungsbegehren des Bestellers. Mit Zurückbehaltung soll nämlich auf den Unternehmer Druck ausgeübt werden, eine Verbesserung vorzunehmen. Kommt im Einzelfall nur (mehr) Preisminderung in Betracht oder lässt der Besteller eine weitere Behebung der Mängel durch den Unternehmer nicht mehr zu, so kann er die Bezahlung des durch den berechtigten Preisminderungsanspruch entsprechend verminderten Werklohns nicht mit der Begründung verweigern, das Werk sei noch nicht vollendet (M. Bydlinski in KBB² § 1170 Rz 3 mN aus der Rsp).

Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesen Grundsätzen in Einklang, haben doch die Beklagten nach den Feststellungen der Vorinstanzen deutlich zu erkennen gegeben, dass sie eine Verbesserung durch die Klägerin selbst nicht mehr zulassen. So haben sie - nach einer getroffenen Feststellung - auf dem Fax vom 26. 9. 2003 (Beil ./10) handschriftlich (undatiert und ganz allgemein) vermerkt „keine Mängelbehebung durch (Klägerin) - auf Mängel wurde lange genug hingewiesen; keine Reaktion - Ersatzvornahmen!"; sie haben selbst auch Ersatzvornahmen eingeleitet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, sodass ihre Rechtsmittelbeantwortung der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dienlich war.

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