OGH 1Ob107/08d

OGH1Ob107/08d10.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Johann K*****, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Stiftung *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 21.800 EUR) sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. März 2008, GZ 40 R 56/08v‑10, womit das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 21. Dezember 2007, GZ 8 C 1019/07b‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Der Kläger pachtete von der Beklagten landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Die Pachtverträge wurden von der Beklagten gerichtlich aufgekündigt; die Aufkündigungsverfahren sind noch gerichtsanhängig.

Mit der gegenständlichen Feststellungsklage begehrte der Kläger die Feststellung seines Anspruchs auf Aufwandersatz gegenüber der Beklagten nach Zurückstellung der Pachtflächen, in eventu die Feststellung, dass ein dem Kläger gegen die Beklagte nach Beendigung der Bestandverträge und Rückstellung der Bestandflächen zustehender Aufwandersatzanspruch in den „zu Grunde liegenden" Pachtverträgen nicht ausgeschlossen worden sei.

Die Beklagte bestritt das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung. Die vom Kläger behaupteten nützlichen Aufwendungen seien nicht vor Rückgabe des Bestandobjekts gerichtlich geltend zu machen, da erst zu diesem Zeitpunkt feststehe, ob ein Vorteil für den Bestandgeber gegeben sei.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und ließ das Eventualbegehren unbehandelt. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass abstrakte Rechtsfragen nicht feststellungsfähig seien. Da das Aufkündigungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, sei die Feststellung, dass ein Anspruch auf Aufwandersatz im Fall der Aufkündigung bestehe, eine hypothetische Frage. Darüber hinaus sei das rechtliche Interesse bei rein wirtschaftlichen Interessen nicht gegeben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, wies auch das Eventualbegehren ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers sei sowohl hinsichtlich des Hauptbegehrens als auch hinsichtlich des Eventualbegehrens zu verneinen. Da ein Anspruch nach § 1097 ABGB erst mit Rückstellung der Bestandobjekte entstehen könne, demgemäß die Erhebung der Feststellungsklage insbesondere nicht notwendig sei, um den Eintritt von Verjährung bzw die Verfristung der Geltendmachung des Anspruchs zu verhindern, sei keinerlei rechtliches Interesse des Klägers an den begehrten Feststellungen zu erkennen. Die bloß vorprozessuale Ablehnung eines noch gar nicht entstandenen Anspruchs des Klägers sei nicht geeignet, die Rechte des Klägers zu gefährden. Für den Fall der Rückstellung der Bestandobjekte stehe es ihm frei, Ansprüche nach § 1097 ABGB mit Leistungsklage geltend zu machen, ohne dass er befürchten müsste, dass die bereits zuvor erfolgte Ablehnung seiner Ansprüche Auswirkungen auf die Berechtigung seiner Forderung haben könnte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Der Kläger argumentiert im Wesentlichen, dass aus dem Gesetzestext nicht abzuleiten sei, dass ein Anspruch nach § 1097 ABGB erst bei Rückstellung der Bestandsache entstehe. Auch einem Mieter, der Aufwendungen auf die Bestandsache mache, stünde ein Aufwandersatz „aktuell" zu. Im Übrigen sei aufgrund der Bestreitung des Rechts durch die Beklagte das Rechtsverhältnis durch eine ernsthafte Unsicherheit gefährdet.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung im Sinn des § 228 ZPO richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS‑Justiz RS0039177). Nach der Rechtsprechung muss das Feststellungsurteil für den Kläger von „rechtlich‑praktischer Bedeutung" sein (Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO3 § 228 Rz 7). Die Feststellungsklage bedarf eines konkreten, aktuellen Anlasses, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (RIS‑Justiz RS0039215).

Im vorliegenden Fall kann in der Ablehnung eines künftigen Anspruchs durch die Beklagte keine Gefährdung der Rechtslage des Klägers erblickt werden. Soweit der Kläger - andererseits - vermeint, dass ihm Ansprüche „aktuell" zustünden, ist er auf die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage zu verweisen. Diesfalls wäre aber das rechtliche Interesse an einer Feststellungsklage ebenfalls zu verneinen.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach das Feststellungsbegehren des Klägers unberechtigt sei, ist daher nicht zu beanstanden und stellt jedenfalls keine auffallende Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufgegriffen werden müsste.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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