OGH 9ObA47/07p

OGH9ObA47/07p5.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil, sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Georg Eberl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Friedrich M*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei V***** reg. Gen.m.b.H, *****, vertreten durch Dr. Maximilian Ellinger und Dr. Günter Ellmerer, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 7.384,48 EUR sA und Feststellung (Feststellungsinteresse 21.800 EUR, Gesamtstreitwert des Hauptbegehrens 29.184,48 EUR bzw 55.996,92 EUR Eventualbegehren) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Dezember 2006, GZ 15 Ra 33/06z-20, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. November 2005, GZ 48 Cga 232/04i-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.807,92 EUR (darin 301,32 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeanwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der 1926 geborene Kläger besuchte 6 Klassen Gymnasium und nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenenschaft eine 2-jährige Handelsschule. 1951 trat er in den Betrieb der Beklagten ein, wo er zunächst als Kassenkraft tätig war. Zu Beginn der 70-er Jahre wurde ihm Gesamtprokura erteilt. Seit 1975 übte er die Funktion eines Kassenleiters aus, welche er bis zu seiner Pensionierung mit 1. 1. 1987 bekleidete. Der Kläger hatte eine einzelvertragliche leistungsorientierte Betriebspensionszusage, die nach 15 pensionsanrechenbaren Dienstjahren ab 1. 8. 1966 bereits 60 % der Bemessungsgrundlage auf Basis des letzten Monatsgehalts zusicherte, nach 40 anrechenbaren Dienstjahren war dann die Höchstbemessungsgrundlage von 85 % erreicht. Weiters war eine Erhöhung dieser Zusatzpension im selben prozentuellen Ausmaß, wie sie das letzte kollektivvertragliche Gehalt erfuhr, vereinbart. Im Oktober 1998 erhielt der Kläger - wie auch andere Pensionisten - ein Schreiben der Beklagten, mit welchem ihm angeboten wurde, seinen direkten Leistungsanspruch in einen solchen gegenüber einer Pensionskasse überführen zu lassen, wobei die Möglichkeiten einer 100 % Übertragung, einer teilweisen Übertragung mit einer bis zu 50 %igen Kapitalabfindung sowie das Beibehalten des bisherigen direkten Leistungsanspruchs angeboten wurden. Dem Kläger wurde in diesem Schreiben auch angeboten, sowohl mit dem Betriebsratsobmann als auch mit einer Mitarbeiterin des Personalbüros der Beklagten Rücksprache zu halten. Diesem Schreiben war auch eine an den Kläger adressierte Urkunde der V*****-Pensionskassen AG als der in Aussicht genommenen Pensionskasse angeschlossen. Diese enthielt Berechnungsparameter, aber auch den Hinweis, dass die beispielsweise dargestellten Leistungen Hochrechnungsergebnisse seien, weshalb darauf hingewiesen werde, dass die angestellten Hochrechnungen auf der Basis der im Geschäftsplan getroffenen Annahmen gestellt worden und Änderungen der hochgerechneten Leistungen der Pensionskasse aufgrund veränderter wirtschaftlicher Einflüsse oder geänderter Sterblichkeits- und/oder Invaliditätsverhältnisse möglich seien. Der Kläger unterschrieb am 7. 12. 1998 eine Vereinbarung, mit welcher er die Hälfte seiner versicherungsmathematisch errechneten Pensionsansprüche in bar ausbezahlt erhielt und im Übrigen einer Übertragung seiner Pensionsansprüche an die Pensionskasse zustimmte, wobei die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses monatliche Bruttopension (50 %)

12.719 ATS betragen sollte. Aufgrund des Veranlagungsergebnisses der Pensionskasse kam es in der Folge ab 1. 1. 2002 zu Pensionskürzungen auf bis zuletzt 847,44 EUR monatlich.

Der Kläger stellte das Hauptbegehren, die Beklagte für schuldig zu erkennen, den sich aus dem Bruttobetrag von 7.384,48 EUR ergebenden Nettobetrag sA zu zahlen und begehrte die Feststellung, dass die Beklagte dem Kläger für alle in Hinkunft entstehenden Differenzen, die sich aus den Beträgen, die die V*****-Pensionskassen AG tatsächlich auszahle und 50 % jener Beträge, die der Kläger aufgrund seines Dienstvertrags vom 3. 1. 1975 unter Berücksichtigung der Entwicklung des Kollektivvertrags für gewerbliche Kreditgenossenschaften erhalten würde, hafte; weiters stellte er die Eventualbegehren, die Beklagte für schuldig zu erkennen, der V*****-Pensionskassen AG jenen Betrag an Deckungserfordernis bzw Auffüllung zur Verfügung zu stellen, damit diese ab 1. 2. 1999 und auch künftig dem Kläger gegenüber zumindest 50 % jener Beträge ausbezahlen könne, die der Kläger als Pensionszuschuss aufgrund seines Dienstvertrags unter Berücksichtigung der Entwicklung des Kollektivvertrags für gewerbliche Kreditgenossenschaften von der Beklagten erhalten würde, sowie letztlich, die Beklagte für schuldig zu erkennen, dem Kläger Zug um Zug gegen Rückzahlung des Nettobetrags von 118.544,37 EUR die vollen Pensionszuschüsse, wertgesichert gemäß der Entwicklung des vorgenannten Kollektivvertrags ab 1. 1. 1999 sA zu zahlen. Die Beklagte sei bei Übertragung des Pensionsanspruchs des Klägers auf eine Pensionskasse ihrer Fürsorgepflicht nicht nachgekommen. Insbesondere habe sie den Kläger darüber aufklären müssen, dass bei der Veranlagung einer Pensionskasse Schwankungen auftreten könnten, die unter den Pensionsbetrag fallen könnten, die der Kläger sonst von der Beklagten direkt erhalten hätte. Die Beklagte hafte dem Kläger daher aus dem Titel des Schadenersatzes für den bereits eingetretenen Ausfall und noch zukünftig zu erwartende Ausfälle. Das zweite Eventualbegehren stützte der Kläger auch auf Dissens bzw das Vorliegen eines von der Beklagten veranlassten oder aber eines gemeinsamen Irrtums.

Das Erstgericht wies das Klagehaupt- und die Eventualbegehren ab. Es verneinte die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte aber auch das Vorliegen der subsidiär geltend gemachten Anspruchsgründe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Es begründete diesen Ausspruch damit, dass es an gefestigter höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Ausmaß der Informationspflicht und gebotenen Aufklärung eines Arbeitgebers gegenüber einem Betriebspensionisten fehle, wenn diesem die Übertragung direkter Leistungsansprüche auf eine Pensionskasse angeboten werde, weil aus den Entscheidungen 9 ObA 243/02d und 8 ObA 76/05t unterschiedliche Gewichtungen hervorgingen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen 8 ObA 100/04w = RdW

2005, 709 und 8 ObA 76/05t = infas 2006, 141/A58 halten an der von

der Entscheidung 9 ObA 243/02d = DRdA 2004/39 [Runggaldier]

vorgegebenen Linie fest, dass den Arbeitgeber, der seinen (ehemaligen) Arbeitnehmern anbietet, eine im Rahmen einer direkten Leistungszusage bestehende Betriebspension auf eine Pensionskasse mit beitragsorientierten Leistungen überzuführen, Informations- und Sorgfaltspflichten treffen. Dem folgt auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts. Wie aber der Revisionswerber selbst erkennt und sich auch aus der Entscheidung 8 ObA 76/05t deutlich ergibt, können keine allgemein gültigen Kriterien aufgestellt werden, welche Informationen ein Arbeitgeber konkret bieten muss, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen. Dies ergibt sich vielmehr aus dem Einzelfall, insbesondere auch aus dem erkennbaren Informationsstand des betreffenden (ehemaligen) Arbeitnehmers. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei ihrer Verpflichtung dadurch nachgekommen, dass sie weitere Informationsquellen ausdrücklich angeboten und ihrem Anbot auch ein Schreiben der in Aussicht genommenen Pensionskasse angefügt habe, aus dem erkennbar sei, dass es sich bei den Prognosen nur um Hochrechnungen handle und die erwarteten Leistungen auch unter die Höhe der ursprünglich direkten Pensionszusage fallen könnten, ist nicht zuletzt im Hinblick darauf vertretbar, dass der Kläger durch viele Jahre hindurch Prokurist und Kassenleiter eines Kreditunternehmens gewesen ist. Der Kläger vermag demgegenüber nicht aufzuzeigen, dass diese Auffassung in unvertretbarem Widerspruch zur Entscheidung 9 ObA 243/02d steht, die von einem ganz speziellem Sachverhalt ausging.

Abgesehen davon, dass ein Schadenersatzanspruch schon dem Grunde nach vertretbar verneint wurde, steht die angefochtene Entscheidung auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung 8 ObA 131/04d. Die dort bejahte Nachschusspflicht des Arbeitgebers betraf nämlich nicht die Abgeltung eines Vertrauensschadens, sondern die im Wege ergänzender Vertragsauslegung abgeleitete Verpflichtung, bei nicht vorhergesehener Erhöhung des Pensionsalters das für die späteren Auszahlungen notwendige Deckungskapital entsprechend zu erhöhen. Auch das Vorliegen eines Dissenses wurde von den Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zutreffend verneint. Decken sich nämlich die Willenserklärungen der Parteien äußerlich und umfassen sie alle wesentlichen Vertragspunkte, kann von einem (versteckten) Dissens nur bei objektiver Mehrdeutigkeit der Erklärungen bei gleichzeitiger Nichtübereinstimmung des Gewollten gesprochen werden (RIS-Justiz RS0014702 ua). Die subjektiven Vorstellungen der Parteien (- und darauf beruft sich der Revisionswerber -) sind demgegenüber nicht maßgeblich (RIS-Justiz RS0014704).

Schließlich hat die Beklagte der erst in der Klage vom 21. 12. 2004 erhobenen Irrtumsanfechtung die Verjährung entgegengehalten (AS 42). Auch dieser Verjährungseinwand ist zweifelsohne berechtigt, da die Verjährungsfrist des § 1487 ABGB unabhängig davon, wann der Anfechtende seinen Irrtum entdeckt hat bzw der Irrtum aufgeklärt wurde, beim Vertragsschluss selbst zu laufen beginnt (RIS-Justiz RS0034419). Damit erübrigt sich aber ein Eingehen auf die für eine Irrtumsanfechtung erforderlichen Voraussetzungen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Revisionsbeantwortung diente der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil die Beklagte darin auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen hat. Da sowohl Haupt- als auch Eventualbegehren Gegenstand des Revisionsverfahrens waren, ist für die Kostenbemessung der höchste Streitwert des (2.) Eventualbegehrens heranzuziehen (RIS-Justiz RS0035818 [T1]).

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