OGH 6Ob55/08v

OGH6Ob55/08v10.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Dipl.-Ing. Vadim S*****, vertreten durch Dr. Daniel Charim und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei Dr. Valerie S*****, vertreten durch Proksch & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen einstweiliger Regelung der Benützung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 9. Jänner 2008, GZ 23 R 397/07s-60, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit einstweiliger Verfügung vom 4. 12. 2006 verbot das Erstgericht zu 1 C 228/06p dem Mann (hier die gefährdete Partei) gemäß § 382b Abs 1 EO mit zeitlich und ihrem Zweck nach genau definierten Ausnahmen das Betreten der Ehewohnung sowie des gesamten Grundstücks und darüber hinaus der unmittelbaren Umgebung. Diese Gewaltschutz-EV verlängerte der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 26. 9. 2007 zu 7 Ob 157/07z bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegend anhängigen Ehescheidungsverfahrens.

1. Unmittelbare Umgebung im Sinne der zitierten Bestimmung ist jener Raum um die eigentliche Wohnung, in dem für den Antragsteller der Gewaltschutz-EV die Anwesenheit des Antragsgegners aufgrund dessen bisherigen Verhaltens unzumutbar ist; gemeint sind mit diesem Begriff der unmittelbare Nahebereich der Wohnung bzw die gemeinschaftlichen Bereiche eines Wohnhauses und angrenzende öffentliche Flächen, insbesondere der Gehsteig vor dem Haus. Wenn der Antragsteller, um zur Wohnung zu gelangen zu können, etwa auch den Garten mitbenützen muss, ist dieser der unmittelbaren Umgebung zuzurechnen (Beck in Gitschthaler/Höllwerth, EheG [2008] § 382b EO Rz 28 mwN).

2. Der Mann strebt die Einräumung der gemeinsamen Nutzung der „Ehewohnung" (des von der Frau nunmehr allein bewohnten Hauses) mittels Regelungsverfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c erster Fall EO an. Dem steht die Gewaltschutz-EV entgegen, würde diese doch durch die begehrte Regelungsverfügung - zumindest zum Teil - wieder außer Kraft gesetzt werden; § 382b EO ist aber lex specialis gegenüber § 382 Abs 1 Z 8 lit c erster Fall EO (Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EheG [2008] § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO Rz 10), weil er einerseits die engeren Tatbestandsvoraussetzungen (Gewalt gegenüber Unzumutbarkeit des Zusammenlebens [in diesem Sinn wohl auch 9 Ob 124/01b]) und andererseits die umfassenderen Rechtsfolgen (Erfassung auch der unmittelbaren Umgebung, Rückkehrverbot) aufweist.

Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst einem Antrag nach § 399 EO auf Aufhebung einer Gewaltschutz-EV mit der Begründung keine Folge gegeben, dies würde einen Wegfall des Sicherungsbedürfnisses infolge geänderter Verhältnisse voraussetzen (3 Ob 199/07x). Dass ein solcher im vorliegenden Verfahren gerade nicht gegeben ist, wurde erst am 26. 9. 2007 (7 Ob 157/07z) für die Parteien bindend ausgesprochen. Diese Rechtslage kann auch nicht mittels Regelungsverfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c erster Fall EO umgangen werden.

3. Damit kommt es aber auf die im außerordentlichen Revisionsrekurs des Mannes breit erörterten Möglichkeiten zur Trennung der Lebensbereiche im Haus ebenso wenig an wie auf die - verfahrensrechtliche - Frage, ob der erstinstanzliche Regelungsantrag des Mannes und sein Rekursantrag zueinander im Verhältnis lediglich eines Minus oder vielmehr doch eines Aliud stehen.

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