OGH 10ObS32/08s

OGH10ObS32/08s1.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Peter Krüger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz W*****, Tischlermeister, *****, vertreten durch die Siegl, Choc & Axmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1040 Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Jänner 2008, GZ 7 Rs 5/08x-16, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nach den Feststellungen war der am 21. 2. 1952 geborene, zum Stichtag (1. 3. 2007) 55-jährige Kläger im Besitz folgender Gewerbeberechtigungen:

10/1979 - 12/2003: Tischler

10/1979 - 12/2003: Handelsgewerbe und

01/2005 - 05/2007: Säger.

In dem vom Kläger geführten Tischlereibetrieb waren 10 bis 12 Mitarbeiter und die Ehegattin im Büro beschäftigt. Die persönliche Mitarbeit des Klägers war notwendig.

Bereits im Jahr 2001 begann der Kläger auch mit dem Holzeinschnitt (mit einer Bandsäge). Das Tischlereigewerbe betrieb der Kläger bis 2004, wobei er in diesem Jahr teilweise auch als Angestellter im Betrieb der Ehegattin tätig war. Im Jänner 2005 meldete der Kläger das Sägegewerbe an und war ab Jänner 2005 ausschließlich als Säger tätig. Im Mai 2007 meldete der Kläger das Sägegewerbe ruhend. Ab dem Jahr 2004 war der Kläger im Sägebetrieb alleine tätig. Seit Mai 2007 ist der Gewerbebetrieb ruhend gemeldet.

Ausgehend von dem ihm verbliebenen Leistungskalkül ist der Kläger nach wie vor ohne Gefährdung seiner Gesundheit in der Lage, die Aufgaben eines Betreibers einer Tischlerei mit 10 bis 12 Mitarbeitern zu erfüllen. Über das Tischlergewerbe hinausgehende Tätigkeiten kommen nicht mehr in Betracht. Der Kläger wäre auch nicht mehr in der Lage, den Sägebetrieb, so wie er ihn betrieben hat, weiterhin auszuführen. Auch der Betrieb einer Tischlerei in Form eines Ein-Mann-Betriebs ist nicht mehr möglich.

Das Erstgericht wies das auf Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension ab 1. 3. 2007 gerichtete Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte: Erwerbsunfähigkeit nach § 133 Abs 2 GSVG liege nicht vor, weil der Kläger weiterhin in der Lage sei, einen Tischlereibetrieb mit 10 bis 12 Mitarbeitern zu führen, wie er dies mehr als 60 Kalendermonate bis Ende 2003 gemacht habe. Dass er die Tätigkeit als selbständiger Säger im Einmannbetrieb nicht mehr verrichten könne, sei ohne Bedeutung, weil diese (in der Zeit von Jänner 2005 bis Mai 2007) keine 60 Ausübungsmonate umfasst habe. Die begehrte Feststellung, dass der Schwerpunkt in dem von 2001 bis 2003 vom Kläger geführten Mischbetrieb im Sägebetrieb gelegen sei, sei entbehrlich, weil es bei der Ausübung mehrerer selbständiger Erwerbstätigkeiten nicht auf die unterschiedliche wirtschaftliche Bedeutung ankomme, sofern die wirtschaftlich weniger bedeutende tatsächlich ausgeübt worden sei. Gründe für die Zulässigkeit der Revision seien nicht erkennbar.

Der Kläger sieht die Zulässigkeit der Revision darin, dass die Vorinstanzen nicht ausreichend gewürdigt hätten, dass der Kläger, der bis 2003 einen Tischlereibetrieb mit 10 bis 12 Mitarbeitern geführt habe, seit Mitte des Jahres 2001 und damit in den letzten 60 Ausübungsmonaten vor dem Stichtag (auch) einen Ein-Mann-Sägewerksbetrieb geführt habe. Im überschneidenden Zeitraum seien beide vom Kläger geführten Teilbetriebe von der Gewerbeberechtigung als Tischler umfasst gewesen.

Damit wird jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Auszugehen ist davon, dass der Kläger im Rahmen des § 133 Abs 2 GSVG - anders als im Fall des § 133 Abs 3 GSVG - zwar einen Berufsschutz, jedoch keinen Tätigkeitsschutz genießt (RIS-Justiz RS0086434). Das Gesetz stellt bei der Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit auf die Möglichkeit der Weiterführung einer selbständigen Tätigkeit ab, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die Tätigkeit erfordert, die der Versicherte zuletzt durch mindestens 60 Kalendermonate ausgeübt hat. Um nicht einen - vom Gesetzgeber nicht gewollten - Tätigkeitsschutz herbeizuführen, ist es nicht möglich, aus einer (von einer Gewerbeberechtigung erfassten) umfassenderen Tätigkeit nur eine bestimmte Teiltätigkeit herauszugreifen und allein anhand dieser die Ausübung durch mindestens 60 Monate und die Verweisbarkeit zu beurteilen, während sonstige - tatsächlich verrichtete und auch von einer Gewerbeberechtigung erfasste - Tätigkeit ausgeblendet werden sollen. Der Kläger selbst zieht nicht in Zweifel, dass er bis Ende 2003 außer der von ihm persönlich bereits ausgeübten Tätigkeit eines Sägers auch einen Tischlereibetrieb mit 10 bis 12 Mitarbeitern geführt hat, wobei beide Tätigkeiten von der Gewerbeberechtigung des Tischlers umfasst waren. Auf dieser Grundlage steht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts durchaus in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, dass nach § 133 Abs 2 GSVG auf die zuvor mindestens 60 Kalendermonate ausgeübte Tätigkeit zurückzugreifen ist, wenn die „reine" Tätigkeit als Säger in einem Ein-Mann-Betrieb nicht mindestens 60 Kalendermonate vor dem Stichtag ausgeübt wurde (10 ObS

217/90 = SSV-NF 4/93 = SZ 63/112; 10 ObS 257/91 = SZ 64/181 = SSV-NF

5/138 = RIS-Justiz RS0086382 [T1]).

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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