OGH 10Ob8/08m

OGH10Ob8/08m10.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter S*****, vertreten durch Mag. Rivo Killer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei d***** E. L***** mbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts an Liegenschaftsanteilen (Streitwert 46.000 EUR), Feststellung (Streitwert 4.000 EUR) und Rechnungslegung (Streitwert 4.000 EUR), über die Rekurse beider Parteien (Streitwert im Rekursverfahren: 50.000 EUR) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. November 2007, GZ 3 R 151/07g‑20, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 22. Juni 2007, GZ 5 Cg 191/05s‑14, infolge Berufung der klagenden Partei teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0100OB00008.08M.0310.000

 

Spruch:

Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen deren Vertreter die mit 2.504,70 EUR (darin enthalten 417,45 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 5.793,54 EUR (darin enthalten 2.337 EUR Barauslagen und 576,09 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Vater des Klägers, Dipl.‑Ing. Hans S*****, verstarb am 14. 3. 1983. Mit Kodizill vom 6. 8. 1982 vermachte der Erblasser sein Unternehmen „Dipl.‑Ing. S***** & Co" seinen beiden Töchtern Dkfm. Heide Maria S***** und Lotte Erika E*****. Diese Gesellschaft bestand aus zwei Gesellschaftern, und zwar aus dem Erblasser und aus der „Dipl.‑Ing. S***** GmbH", deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Erblasser war.

In seinem Kodizill vom 14. 3. 1983 verfügte der Erblasser unter anderem Folgendes:

„Die Firma soll von einer offenen Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt werden. Das mir als natürliche Person zukommende Betriebsvermögen ist als Kommanditeinlage in die mit der unverändert weiterbestehenden Firma „Dipl.‑Ing. S***** GmbH" zu bildende Kommanditgesellschaft einzubringen. ...." Die geborenen Kinder (Karl Günter M*****, geboren am 15. 11. 1969, Birgit E*****, geboren am 16. 11. 1973 und Michael E*****, geboren am 15. 10. 1976) sowie die ungeborenen leiblichen Kinder seiner Töchter Dkfm. Heide Maria S***** und Lotte Erika E***** setzte er zu Nacherben ein.

Über sein Privatvermögen hat der Erblasser nicht letztwillig verfügt, weshalb insofern die gesetzliche Erbfolge seiner drei Kinder, also des Klägers, der Dkfm. Heide Maria S***** und der Lotte Erika E***** eintrat. Der Kläger gab im Verlassenschaftsverfahren eine bedingte Erbserklärung ab. Im Zuge der am 3. 12. 1984 vor dem Gerichtskommissär abgeschlossenen Erbteilungsvereinbarung erklärten die Erben unter anderem Folgendes:

„Die Erben stellen einvernehmlich fest, dass in den einzelnen Grundbüchern der Erblasser persönlich eingetragen war, obwohl diese einzelnen Liegenschaften Firmenvermögen darstellen (das ergab sich daraus, dass die Firma vorher eine Einzelfirma war und die Grundstücke bei den Firmenumwandlungen nicht grundbücherlich umgeschrieben wurden). Die Betriebsliegenschaften sind Salzburg, F***** 5‑7, Linz, H***** 17, Wien, W***** 41‑43, L***** Nr 42, Eigentumswohnung, Bad F*****, F***** 10. Die Erben sind hiemit ausdrücklich einverstanden, dass die grundbücherliche Durchführung nunmehr im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung durch Verbücherung der Einantwortungsurkunde erfolgen wird. In die Einantwortungsurkunde ist diese Bedingung deshalb aufzunehmen, weil im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens die Umgründung der Firma in eine Gesellschaft mbH & Co KG erfolgte und es daher notwendig ist, in diesem Zusammenhang auch die Grundbuchsordnung herzustellen.

Darüber hinaus verpflichten sich die Erben, alle Unterschriften in grundbuchsfähiger Form zu leisten, damit diese Grundbuchsordnung hergestellt werden kann."

Mit rechtskräftiger Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichts Linz vom 7. 1. 1985, 2 A 340/83, wurde der Nachlass des Erblassers dem Kläger und seinen beiden Schwestern je zu einem Drittel eingeantwortet. Aufgrund der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung wurde das Eigentumsrecht unter anderem ob der klagsgegenständlichen Liegenschaft EZ 412 KG L***** zugunsten der „Dipl.‑Ing. S***** Gesellschaft mbH & Co KG" jeweils mit der Beschränkung des Rechts durch die fideikommissarische Substitution eingetragen.

Der Kläger hatte in der „Dipl.‑Ing. S***** Gesellschaft mbH & Co KG" bis 1996 die Funktion eines Prokuristen. Rechtsnachfolgerin dieser Gesellschaft ‑ auch im Alleineigentum der Liegenschaft EZ 412 Grundbuch ***** L***** - war die „E***** E***** mbH & Co KG", deren Betrieb mit Einbringungsvertrag vom 21. 1. 1998 in die „E*****‑E***** GmbH" eingebracht wurde. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 6. 12. 2000 wurde aufgrund der Neufassung des Gesellschaftsvertrags die beklagte Partei gebildet, die nunmehr auch Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 412 Grundbuch ***** L***** mit Adresse *****, H***** 17, ist. Seit 2001 sind Dr. Karl Günter E*****, Mag. Birgit E***** und Michael E***** Gesellschafter der Beklagten.

Am 25. 1. 2006 verstarb Dkfm. Heide Maria S*****. Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Schwester Mag. Lotte Erika E***** testamentarisch je zur Hälfte als Erbe nach Dkfm. Heide Maria S***** eingesetzt.

Nach aufgetragener Verbesserung begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, in die Einverleibung seines Eigentumsrechts zu einem 1/3‑Anteil ob der Liegenschaft EZ 412 Grundbuch ***** L***** einzuwilligen sowie die Feststellung, die Beklagte sei schuldig, nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens nach Dkfm. Heide Maria S***** in die Einverleibung seines Eigentumsrechts zu einem weiteren 1/6‑Anteil ob der erwähnten Liegenschaft einzuwilligen. Weiters erhob er zu beiden Begehren eine Stufenklage auf Rechnungslegung über die Einnahmen der vergangenen, nicht verjährten Jahre aus der Vermietung der Liegenschaft EZ 412 Grundbuch ***** L***** sowie auf eine nach Erfüllung der Rechnungslegungspflicht noch zu beziffernde Geldleistung. Im Verlassenschaftsverfahren nach seinem verstorbenen Vater seien fälschlicherweise dessen Privatliegenschaften - darunter auch die klagsgegenständliche Liegenschaft - vom Gerichtskommissär, dem Testamentsvollstrecker und „zwei Anwälten" als der Firma „Dipl.‑Ing. S***** & Co" zugehörig qualifiziert worden. Diese Liegenschaften seien jedoch zu keinem Zeitpunkt Teil des Vermögens dieser Gesellschaft, sondern Privateigentum des Erblassers gewesen. Die Verbücherungsanordnung in der Einantwortungsurkunde sei daher zu Unrecht ergangen. Der Kläger sei somit zu einem Drittel (außerbücherlicher) Eigentümer der von ihm im Einzelnen angeführten Liegenschaften. Aus prozessökonomischen Gründen werde vorerst lediglich das anteilige Eigentumsrecht ob der Liegenschaft EZ 412 Grundbuch ***** L***** geltend gemacht. Die ihm vom Testamentsvollstrecker, vom Notar als Gerichtskommissär sowie von den beiden Anwälten bei der Verlassenschaftsabhandlung vom 3. 12. 1984 erteilte Information, die im Privateigentum des Erblassers stehenden Liegenschaften seien tatsächlich Unternehmensvermögen, sei unrichtig gewesen. Der Kläger berief sich in diesem Zusammenhang auf die §§ 869, 870, 879 Abs 1 ABGB.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sämtlichen Erben und sonstigen Beteiligten am Verlassenschaftsverfahren sei klar gewesen, dass die in der Klage genannten Liegenschaften Unternehmensvermögen darstellten. Es entziehe sich der Kenntnis der Gesellschafter der Beklagten, warum der Kläger nunmehr nach über 20 Jahren die auch von ihm getroffene Vereinbarung nicht mehr kennen wolle. Die klagsweise erhobenen Ansprüche seien unberechtigt. Dem Kläger komme kein Feststellungsinteresse zu. Auch sein Rechnungslegungsbegehren sei nicht berechtigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt zur Gänze ab. Der Kläger sei bereits im Verbesserungsauftrag vom 1. 12. 2006 auf das fehlende Sachverhaltssubstrat zu seinem Begehren auf Bewilligung der Einverleibung seines Eigentumsrechts ob der Liegenschaft EZ 412 Grundbuch L***** zu einem Drittel hingewiesen worden. Eine Verbesserung dieser Umstände sei durch die neuerliche Einbringung der Klage nicht erfolgt. Grundsätzlich müsse die Klage soviel an rechtserzeugenden Tatsachen enthalten, dass der geltend gemachte Anspruch hinreichend substantiiert erscheine. Die vom Kläger geltend gemachten Urteilsbegehren könnten nicht aus den in der Klagserzählung vorgebrachten Tatsachen abgeleitet werden. Die Klage sei daher nach wie vor unschlüssig. Darüber hinaus ergebe sich aus dem vom Erblasser erstellten Kodizill, dass das gesamte ihm als natürliche Person zukommende Betriebsvermögen als Kommanditeinlage in die neu zu bildende Kommanditgesellschaft einzubringen sei. Entsprechend dieser Anordnung sei im Verlassenschaftsverfahren zugunsten der zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandenen „Dipl.‑Ing. S***** GmbH & Co KG" das Eigentumsrecht unter anderem auch an der klagsgegenständlichen Liegenschaft eingetragen worden. Aus diesem Grund sei das Eigentumsrecht der Beklagten als Rechtsnachfolgerin klar und deutlich nachvollziehbar.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Abweisung des Feststellungsbegehrens und des damit verbundenen Stufenklagebegehrens, hob es in seinem übrigen Umfang (Entscheidung über die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers zu einem Drittel und des damit verbundenen Stufenklagebegehrens) auf und verwies die Rechtssache insoweit zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es begründete seinen Aufhebungsbeschluss im Wesentlichen damit, dass das Tatsachenvorbringen des Klägers im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung dahin zu verstehen sei, dass er das Erbteilungsübereinkommen vom 3. 12. 1984 wegen List gemäß § 870 ABGB anfechte und die teilweise Herausgabe der im Besitz der Beklagten befindlichen Nachlassliegenschaft begehre. Da ein Erbteilungsübereinkommen wegen listiger Irreführung angefochten werden könne, sei sein auf Einverleibung seines anteiligen Eigentumsrechts gerichtetes Klagebegehren schlüssig. Es bestehe auch ein Auskunftsrecht des Erben gegenüber dem Erbschaftsbesitzer, weshalb auch sein Stufenklagebegehren in diesem Umfang schlüssig sei. Das Erstgericht werde im fortzusetzenden Verfahren Feststellungen zur behaupteten listigen Irreführung des Klägers bei Abschluss des Erbteilungsübereinkommens vom 3. 12. 1984 zu treffen haben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands entsprechend der Bewertung durch den Kläger 20.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Höchstgerichts zu einem vergleichbaren Sachverhalt nicht vorliege und die Frage der Qualifikation sowie der Voraussetzungen der Anfechtung eines Erbteilungsübereinkommens eine erhebliche Rechtsfrage darstelle.

Während das vom Berufungsgericht erlassene Teilurteil unbekämpft blieb und damit in Rechtskraft erwachsen ist, wird der Aufhebungsbeschluss von beiden Parteien mit rechtzeitigem Rekurs angefochten. Der Kläger beantragt „den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erst nach der auferlegten Beweisaufnahme durch das Erstgericht, insbesondere auch zur behaupteten listigen Irreführung der Erben, zuzulassen"; die Beklagte beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

Beide Parteien erstatteten auch eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, den Rekurs der Gegenseite als unzulässig zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist unzulässig, jener der Beklagten ist zulässig und auch berechtigt.

1.) Zum Rekurs des Klägers:

Der Kläger beantragt in seinem Rechtsmittel „aus prozessökonomischen Gründen, den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erst nach der auferlegten Beweisaufnahme durch das Erstgericht, insbesondere auch zur behaupteten listigen Irreführung der Erben, zuzulassen". Weiters führt der Kläger in seinem Rechtsmittel nur aus, dass diesem Rekurs gegen den verfahrensleitenden Beschluss das Berufungsgericht gemäß § 522 Abs 1 ZPO selbst stattgeben könne.

Richtet sich ein Rechtsmittel unter anderem gegen einen Beschluss prozessleitender Natur, so kann das Gericht oder der Richter, dessen Entscheidung oder Verfügung angefochten wird, gemäß § 522 Abs 1 ZPO dem Rekursbegehren selbst stattgeben. Finden sie sich hiezu nicht bestimmt oder werden andere als die in Abs 1 bezeichneten Beschlüsse durch Rekurs angefochten, so ist der Rekurs dem Rekursgericht ohne Aufschub, im Fall des § 521a ZPO nach rechtzeitigem Einlangen der Rekursbeantwortung oder nach fruchtlosem Ablauf der hiefür offen stehenden Frist, mit allen für die Beurteilung des Rekurses erforderlichen Akten, gegebenenfalls mit einem aufklärenden Bericht, vorzulegen (§ 522 Abs 2 ZPO).

Das Berufungsgericht hat den Rekurs des Klägers dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Gemäß § 425 Abs 2 ZPO ist das Gericht an seine Beschlüsse insoweit gebunden, als diese nicht bloß prozessleitender Natur sind. Beschlüsse „bloß prozessleitender Natur" sind der materiellen Rechtskraft nicht teilhaftig und können daher vom Gericht jederzeit - auch über Rekurs nach § 522 ZPO - behoben werden. Dies trifft jedoch auf Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsbeschlüsse der Rechtsmittelgerichte, die diese gemäß § 416 Abs 2 ZPO und auch die Untergerichte gemäß §§ 496 Abs 2, 499 Abs 2, 511 Abs 1, 527 Abs 1 ZPO binden und formell rechtskräftig werden, nicht zu (vgl Rechberger in Rechberger, ZPO3 § 425 Rz 3 mwN).

Da der Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsbeschluss des Berufungsgerichts entgegen der Rechtsansicht des Rekurswerbers somit kein Beschluss „bloß prozessleitender Natur" ist, liegen die Voraussetzungen nach § 522 ZPO nicht vor. Der Rekurs des Klägers war daher zurückzuweisen.

2.) Zum Rekurs der Beklagten:

Die Beklagte macht geltend, es treffe zwar zu, dass ein Erbteilungsübereinkommen wegen listiger Irreführung angefochten werden könne. Das Berufungsgericht habe jedoch außer Acht gelassen, dass ein Rechtsgeschäft von einem Vertragsteil nur gegen den oder die anderen Vertragsteile wegen Willensmängel angefochten werden könne. Da das Erbteilungsübereinkommen im konkreten Fall zwischen den drei Miterben geschlossen worden sei, könne eine wirksame Anfechtung gegen die Beklagte, die als juristische Person zum Zeitpunkt des Erbteilungsübereinkommens noch gar nicht existiert habe und deren Gesellschafter von den Parteien des Erbteilungsübereinkommens verschieden seien, nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Das vom Kläger gegen die Beklagte erhobene Begehren auf Einverleibung des Eigentumsrechts sei daher ebenso unberechtigt wie das Rechnungslegungsbegehren auf Darstellung der Mieteinnahmen.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

Das Berufungsgericht hat das Prozessvorbringen des Klägers zutreffend dahin beurteilt, dass dieser das zwischen ihm und seinen beiden Schwestern Dkfm. Heide Maria S***** und Lotte Erika E***** als gesetzliche Erben im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem verstorbenen Vater abgeschlossene Erbteilungsübereinkommen wegen behaupteter listiger Irreführung (§ 870 ABGB) anficht. Ein Erbteilungsübereinkommen stellt nach herrschender Ansicht ein Rechtsgeschäft unter Lebenden dar, auch wenn es vor Erlassung der Einantwortungsurkunde geschlossen wurde (RZ 1995/24, 69 mwN ua; RIS‑Justiz RS0008275). Es kann von einem Erben wegen Irrtums zB durch eine unrichtige Vermögenserklärung angefochten werden (vgl Welser in Rummel, ABGB3 § 550 Rz 3, EvBl 1994/155 ua). Während das Erbteilungsübereinkommen nach der hier noch anzuwendenden Rechtslage vor dem Inkrafttreten des AußStrG 2003, BGBl I 2003/111, nur als Vertrag über die Aufhebung der ideellen Erbengemeinschaft angesehen wurde (vgl RIS‑Justiz RS0110860), kommt dem vor einem Gerichtskommissär abgeschlossenen Erbteilungsübereinkommen nunmehr die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs zu (§ 181 Abs 1 AußStrG nF). Einer späteren Erbschaftsklage steht ein Erbteilungsübereinkommen - jedenfalls nach der hier maßgebenden Rechtslage vor dem Inkrafttreten des AußStrG 2003 - nicht im Wege (RIS‑Justiz RS0110860; EvBl 1962/343; Eccher in Schwimann, ABGB3 § 793 Rz 5).

Mit der Erbschaftsklage macht der Kläger in der Regel gegenüber dem durch die Einantwortung ausgewiesenen vermeintlichen Erben ein Erbrecht geltend, das in der Einantwortung nicht nach Maßgabe des Erbanspruchs, wie er ihn erhebt, berücksichtigt worden ist. Er strebt die Rechtsstellung als Universalsukzessor des Erblassers anstelle oder neben dem eingeantworteten Scheinerben an. Er begehrt daher aufgrund seiner ausschließlichen Berechtigung die „Abtretung" der ganzen Verlassenschaft oder die Abtretung des seiner Berechtigung entsprechenden Teils. Mit Rechtskraft des stattgebenden Urteils erlangt der Kläger die Stellung eines eingeantworteten Erben; er wird rückwirkend Universalsukzessor des Erblassers (Welser aaO §§ 823, 824 ABGB Rz 1 und 12; Eccher aaO § 823 Rz 1 jeweils mwN). Bei der Erbschaftsklage sind passiv legitimiert jene Personen, die den Nachlass aufgrund der Einantwortung erworben haben, also die Erben und Erbschaftskäufer; ferner ihre Universalsukzessoren, vor allem ihre Erben; nicht aber Personen, die keine Erbeneigenschaft in Anspruch nehmen; daher nicht Vermächtnisnehmer oder wer aufgrund eines Übereinkommens mit dem Erben etwas aus dem Nachlass erworben hat (Welser aaO §§ 823, 824 ABGB Rz 9; Eccher aaO § 823 ABGB Rz 6 jeweils mwN). Der Inhaber solcher Nachlasswerte ist nicht in den rechtlichen Besitz der Verlassenschaft als solcher eingewiesen, er ist daher nicht mit der Erbschaftsklage als Universalklage, sondern mit der Singularklage zu belangen (Sperl, Probleme der Erbschaftsklage, JBl 1979, 630 ff [632]; Weiß in Klang2 III 1067 ff und 1078). Nach § 823 zweiter Satz ABGB wird nämlich das Eigentum einzelner Erbschaftsstücke nicht mit der Erbschafts‑, sondern mit der Eigentumsklage verfolgt. Wurden daher beispielsweise einzelne Erbschaftsstücke vom Scheinerben in der Zwischenzeit weiter veräußert oder verpfändet, so kann der wahre Erbe sein Eigentumsrecht nur mehr mit Singularklagen, wie etwa der Eigentumsklage oder der Eigentums‑Freiheitsklage verfolgen (Riedler, Zur personellen Reichweite des gutgläubigen Rechtserwerbs vom Scheinerben, NZ 1994, 1 mwN).

Bei Berücksichtigung dieser Ausführungen gelangt man im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass eine Erbschaftsklage gegen die Beklagte schon deshalb nicht erfolgreich sein kann, weil die Beklagte nicht als Erbin nach dem verstorbenen Vater des Klägers aufgetreten und ihr nichts eingeantwortet worden ist und sie auch nicht Gesamtrechtsnachfolgerin eines Erben nach dem verstorbenen Vater des Klägers ist (vgl JBl 1958, 399). Fasst man die Klage aber als solche auf Herausgabe einzelner Erbstücke auf, so muss sie nach zutreffender Rechtsansicht der Beklagten schon daran scheitern, dass eine Anfechtung wegen Irrtums - oder hier wegen listiger Irreführung (§ 870 ABGB) - stets gegen den Vertragsgegner (bzw dessen Gesamtrechtsnachfolger) zu richten ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertragspartner die Rechte aus dem Vertrag an einen Dritten übertragen hat. Hat der Vertragspartner seine Rechte aus dem Vertrag an Dritte weiter veräußert, so kann der vom Willensmangel Betroffene die Sache dem Dritten erst nach erfolgreicher Anfechtung des Vertrags mit seinem Partner abfordern (SZ 67/136 = RIS‑Justiz RS0037214). Diese Erwägungen müssen in gleicher Weise auch für die vom Kläger in seiner Rekursbeantwortung in den Vordergrund seiner Ausführungen gestellte Anfechtung seines Erbteilungsübereinkommens wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 879 Abs 1 ABGB gelten. Eine Anfechtung des Erbteilungsübereinkommens wäre daher vom Kläger gegenüber den anderen Parteien dieses Übereinkommens bzw deren Gesamtrechtsnachfolgern geltend zu machen. Das von ihm gegen die Beklagte erhobene und auf Einverleibung des Eigentumsrechts gerichtete Klagebegehren sowie das im sachlichen Zusammenhang damit stehende Rechnungslegungsbegehren erweisen sich daher als nicht berechtigt.

Es bedarf aus diesen Gründen nicht mehr der von der zweiten Instanz angeordneten Verfahrensergänzung. Vielmehr erweist sich die (gänzliche) Klagsabweisung durch das Erstgericht als berechtigt. Der zweitinstanzliche Aufhebungsbeschluss ist daher durch die Wiederherstellung des Ersturteils im Sinn einer Abweisung auch des noch strittigen Teils des Klagebegehrens abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Klägers hingewiesen. Der Streitwert und damit die Kostenbemessungsgrundlage beträgt im Rekursverfahren 50.000 EUR.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte