OGH 6Ob261/07m

OGH6Ob261/07m21.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schwarzinger und Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn Dr. Wolfgang Vanis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 26.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Juli 2007, GZ 5 R 68/07t‑10, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 17. Jänner 2007, GZ 34 Cg 112/06m‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1.315,08 EUR (darin 219,18 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt ein Pflegeheim mit mehr als 132 Heimplätzen. Sie stellt neben acht Zweibettzimmern überwiegend Einbettzimmer zur Verfügung. Die Heimbewohner stammen vorwiegend aus Wien. Der Heimvertrag wird bei seinem Abschluss Punkt für Punkt durchbesprochen. Dabei wird auch erläutert, wie die Abwicklung im Todesfall erfolgt, zu der auch die Zimmerräumung gehört. Unter der Überschrift „Beendigung des Vertrages durch Todesfall" enthält der Heimvertrag in seinem Abschnitt 11. groß und deutlich lesbar nachstehende Bestimmung:

„Der Heimträger ist berechtigt, ab dem ersten Tag nach dem Todestag für die Weiterbenützung des Zimmers bis zur Räumung des Zimmers ein Entgelt von täglich 30 EUR zu verrechnen. Der Heimträger ist weiters berechtigt, für den Fall, dass das Zimmer nicht innerhalb von fünf Tagen nach dem Todestag geräumt wird, die Räumung und Lagerung der Nachlassgegenstände auf Kosten des Nachlasses zu veranlassen."

Das Benützungsentgelt beträgt 43 EUR pro Tag, für ein Einzelzimmer wird ein Zuschlag von 12 EUR pro Tag verrechnet. In diesen Beträgen sind Essen und Pflegeleistungen nicht enthalten. Welche persönlichen Gegenstände die Bewohner mit in das Heim bringen, ist sehr unterschiedlich, es können dies auch kleine Kästen, Bilder oder Teppiche sein. In 90 Prozent der Todesfälle räumen die Angehörigen das jeweilige Zimmer. Zu einer externen Einlagerung ist es bei der Beklagten bisher nicht gekommen. Sie verfügt über die Möglichkeit, eine Einlagerung von Gegenständen im Keller selbst vorzunehmen.

Der Kläger ist ein Verein zur Wahrung von Verbraucherinteressen, der gemäß § 29 Abs 1 KSchG zur Verbandsklage berechtigt ist. Er begehrt, der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Klausel: „Der Heimträger ist berechtigt, ab dem ersten Tag nach dem Todestag für die Weiterbenützung des Zimmers bis zur Räumung des Zimmers ein Entgelt von täglich 30 EUR zu verrechnen" oder sinngleiche Klauseln zu verwenden; sie sei ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf die genannte Klausel zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart wurde. Zugleich stellt er ein Begehren auf Urteilsveröffentlichung. Die beanstandete Klausel räume dem Heimträger - sollte das Zimmer nach dem Tod des Heimbewohners nicht unverzüglich geräumt werden - das Recht ein, weiterhin Benützungsentgelt in Höhe von 30 EUR pro Tag zu verlangen, und zwar unabhängig von Menge und Größe der zurückbleibenden Sachen. Eine Lagermöglichkeit zu einem angemessenen Preis werde nicht angeboten. Für den Fall, dass das Zimmer nicht innerhalb von fünf Tagen nach dem Todestag geräumt werde, habe der Heimträger vielmehr ein Wahlrecht (entweder Benützungsentgelt zu verlangen oder die Räumung und Lagerung vorzunehmen). Es sei der Beklagten zumutbar, entsprechende Vorsorge durch die Möglichkeit einer Zwischenlagerung zu treffen. Die Kombination aus unangemessen hohen Lagergebühren im Sinn eines Benützungsentgelts von 30 EUR pro Tag und der unbestimmten Berechtigung, die Räumung und Lagerung auf Kosten des Nachlasses zu veranlassen, benachteilige den Heimbewohner gröblich im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel sei nachteilig und überraschend gemäß § 864a ABGB und - weil unbestimmt - intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Die Klausel widerspreche überdies den Intentionen der §§ 27d Abs 1 Z 7, 27g Abs 5 und 27h Abs 2 KSchG. Es bestehe das Interesse, die betroffenen Verbraucherkreise, Heimbewohner, potenzielle Heimbewohner und Konkurrenten der Beklagten über deren Verhalten aufzuklären, das Veröffentlichungsbegehren sei demnach berechtigt.

Die Beklagte wendete ein, die mit „Beendigung des Vertrages durch Todesfall" überschriebene Klausel sei weder ungewöhnlich noch versteckt. Im Hinblick auf das monatliche Entgelt zuzüglich Einzelzimmerzuschlag sei das verlangte Benützungsentgelt von 30 EUR pro Tag kulant und angemessen. Die Klausel verstoße weder gegen § 864a ABGB noch gegen § 879 ABGB und widerspreche auch nicht den Intentionen der §§ 27d f KSchG. In vielen Fällen sei es nicht angezeigt, das Zimmer ohne Beiziehung der Erben oder eines Erbenvertreters zu betreten um Sachen zu verbringen oder verbringen zu lassen, weil sich der Heimträger der Verdächtigung aussetzen könnte, für das Abhandenkommen von Sachen verantwortlich zu sein. Die Verlassenschaft habe es jederzeit in der Hand, das Zimmer möglichst rasch zu räumen, um größere Beträge nicht auflaufen zu lassen. Die Heimbewohner stammten fast ausschließlich aus Wien. Die vom Kläger begehrte Urteilsveröffentlichung (in einer Samstagausgabe des redaktionellen Teils der Kronen‑Zeitung, Stammausgabe für Wien, NÖ und Bgld) sei unangemessen, eine Veröffentlichung mittels Zuschrift an alle Heimbewohner, allenfalls in einem im 3. und 11. Bezirk verteilten Bezirksblatt, reiche aus.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausgehend verneinte es einen Verstoß gegen § 864a ABGB ebenso wie gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG. Eine die Weiterbenützung des Zimmers nach dem Tod regelnde Bestimmung könne nicht überraschend sein, zumal der Heimbewohner und dessen Rechtsnachfolger schon bei Abschluss des Heimvertrags mit Bestimmungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses und der Nutzung des Heimplatzes rechnen müsste. Die Bestimmung sei nicht ungewöhnlich und somit wirksamer Bestandteil des Heimvertrags. Zur gröblichen Benachteiligung habe der Kläger nicht behauptet, inwiefern die Lagergebühren unangemessen sein sollten; derartiges habe auch das Beweisverfahren nicht ergeben, zumal das Entgelt für die Weiterbenützung deutlich unter jenem der laufenden Benützung liege. Der Heimträger habe das Wahlrecht, das Zimmer ab dem fünften Tag ungeräumt zu belassen und dafür 30 EUR pro Tag zu verrechnen oder die Räumung und Einlagerung auf Kosten des Nachlasses vorzunehmen. Diese Klausel wirke sich unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gröblich benachteiligend für den Nachlass bzw den Heimbewohner aus. Es bestehe nämlich ein berechtigtes Interesse der Beklagten, die Zimmer, nach denen eine hohe Nachfrage bestehe, für neue Vertragspartner verfügbar zu machen. Die Beklagte habe auch die vom Kläger gewünschte Vorsorge in Form einer Möglichkeit zur Zwischenlagerung ohnedies getroffen, könne sie doch die Gegenstände entweder bis zur Räumung im Zimmer belassen oder ab dem fünften Tag extern einlagern. Der Kläger beanstandet diesbezüglich nur das Fehlen einer Lagermöglichkeit zu einem angemessenen Preis. Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit oder gröbliche Benachteiligung habe das Beweisverfahren aber nicht ergeben. Es lägen auch die Voraussetzungen für eine Intransparenz der Klausel nicht vor, die darin bestünden, dass der Konsument die in der Klausel angegebenen Tatbestandsmerkmale nicht oder nur schwer überprüfen könnte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit bzw Angemessenheit eines nach dem Tod des Heimbewohners seinen Rechtsnachfolgern bzw dem Nachlass bis zur Räumung des Zimmers in Rechnung gestellten Benützungsentgelts fehle. Die beanstandete Bestimmung sei weder ungewöhnlich noch überraschend. Sie finde sich unter der fettgedruckten Überschrift „Beendigung des Vertrages durch Todesfall" und werde überdies bei Abschluss eines Heimvertrags ausdrücklich besprochen. Dass die Klausel keine Verpflichtung der Beklagten enthalte, das Zimmer des Verstorbenen nach fünf Tagen zu räumen, führe nicht zu einer gröblichen Benachteiligung der Rechtsnachfolger nach dem Verstorbenen. Dabei sei nämlich zu beachten, dass die Entscheidung über eine Räumung nicht allein dem Heimträger überlassen bleibe, weil es den Rechtsnachfolgern des Verstorbenen jederzeit frei stehe, das Zimmer zu räumen. Es dürfe auch das Interesse der Beklagten, ihre Zimmer, nach denen eine große Nachfrage herrsche, frei zu machen, nicht unberücksichtigt bleiben. Die Kostenersatzpflicht für das Belassen der Fahrnisse verwirkliche für sich allein somit keine grobe Benachteiligung. Eine Branchenüblichkeit lasse sich aus der vom Kläger vorgelegten kleinen Zahl an Vertragsbeispielen nicht ableiten. Sie ließen nicht den Schluss zu, ein für die Weiterbenutzung verrechnetes Entgelt sei nicht zulässig oder unangemessen hoch. Obgleich der Heimvertrag - anders als ein Mietvertrag - mit dem Tod des Bewohners aufgelöst werde, seien die für die Bemessung eines Benützungsentgelts typischen Umstände vergleichbar. In beiden Fällen sei der Bestandgeber bzw Heimträger daran interessiert, die Nutzungsmöglichkeit über das Objekt wieder zu erlangen. Es sei daher angebracht, die Höhe des Benützungsentgelts bis zur Räumung der Unterkunft am vorgesehenen Entgelt zu orientieren und demgegenüber zu verringern, weil die Räumlichkeit nicht in der gleichen Weise wie aufgrund des Heimvertrags bis zum Tod des Bewohners benutzt werde. Die Möglichkeit, Fahrnisse im Keller einzulagern, verpflichte die Beklagte nicht, die vom Verstorbenen eingebrachten Fahrnisse umgehend dorthin zu bringen, zumal Räumung und Einlagerung einige Zeit in Anspruch nehmen könnten und die dadurch entstehenden Kosten von den Rechtsnachfolgern bzw vom Nachlass zu tragen wären. Zu beachten sei auch, dass es sich bei den eingebrachten Gegenständen keineswegs nur um solche handle, die wenig Platz einnehmen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei es nicht gröblich benachteiligend, wenn die Beklagte für die Lagerung der Fahrnisse des verstorbenen Heimbewohners ein Entgelt einhebe. Dieses entspreche 55 % jenes Preises, den ein Heimbewohner für die Nutzung der überwiegend angebotenen Einzelzimmer (ohne Verpflegung und Betreuung) zu zahlen habe und sei dementsprechend auch nicht unangemessen hoch.

Die beanstandete Vertragsbestimmung verstoße nicht gegen das Transparenzgebot. Dass die Klausel keine Verpflichtung der Beklagten enthalte, das Zimmer des Verstorbenen binnen fünf Tagen zu räumen, mache sie nicht unbestimmt. Ein durchschnittlicher Heimbewohner werde eine derartige Regelung zur Beendigung des Vertrags infolge Todes in Punkt 11. des Heimvertrags erwarten und nicht davon ausgehen, dass die eingebrachten Sachen unentgeltlich im Zimmer belassen werden dürfen. Er werde damit rechnen, dass bis zur Räumung ein Entgelt in Rechnung gestellt wird. Entgegen der Auffassung des Klägers erwecke die Klausel auch nicht den Eindruck, der Heimvertrag sei noch aufrecht. Schon der erste Satz des Punktes 11. halte ausdrücklich fest, dass der Vertrag mit dem auf dem Todestag des Heimbewohners folgenden Kalendertag ende.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1.1. Der Kläger vertritt die Auffassung, die beanstandete Klausel verstoße gegen § 864a ABGB. Sie sei für den besonders schützenswerten Heimbewohner nachteilig. Er müsse nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht mit einer derartigen ungewöhnlichen Bestimmung rechnen, zumal der Vertrag das Entgelt in seinen Punkten 2 bis 6 ausführlich regle.

1.2. § 864a ABGB erfasst alle für den Vertragspartner nachteiligen Klauseln, mit denen er nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, vernünftigerweise nicht rechnen musste. Dazu zählen Klauseln, die von seiner berechtigten Erwartung deutlich abweichen (6 Ob 55/02k = RdW 2003, 311; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 864a Rz 10 mwN). Entscheidend ist auch das äußere Erscheinungsbild der Urkunde (4 Ob 179/02f = SZ 2002/153). Die Klausel muss einen Überraschungseffekt haben, was etwa dann der Fall ist, wenn sie sich nicht dort befindet, wo ein durchschnittlich sorgfältiger Leser nach den Umständen mit ihr rechnen muss und er sie nicht dort findet, wo er sie vermuten könnte (4 Ob 56/03v = JBl 2003, 650; Bollenberger aaO Rz 10; Lehofer in Kosesnik‑Wehrle/Lehofer/Mayer/Langer, KSchG² § 864a ABGB Rz 45).

1.3. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze zutreffend angewendet, auf seine Ausführungen kann hingewiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist festzuhalten, dass eine sekundäre Mangelhaftigkeit des Verfahrens - entgegen der Auffassung der Revision - nicht vorliegt. Selbst wenn Heimverträge anderer Anbieter eine kostenlose Lagermöglichkeit für eine bestimmte Zeit einräumen, so bedeutet dies nicht, dass der Interessent mit einer Entgeltbestimmung im vorliegenden Vertrag nicht zu rechnen brauchte. Dass es branchenüblich wäre, für die Weiterbenützung des Zimmers nach dem Tod des Heimbewohners und/oder für die Einlagerung seiner Sachen während eines gewissen Zeitraums kein Entgelt zu verlangen, behauptet auch der Kläger nicht.

2.1. Der Kläger macht geltend, die Klausel verstoße in ihrem Gesamtzusammenhang mit der Regelung über Räumung und Lagerung der Nachlassgegenstände nach Ablauf von fünf Tagen gegen das Transparenzgebot. Sie räume dem Heimbetreiber eine willkürliche Verfügungsmöglichkeit über die zurückgelassenen Gegenstände ein und lasse nicht erkennen, ob nach dem fünften Tag jedenfalls eine Räumung und Einlagerung auf Kosten der Verlassenschaft erfolgt oder die Beklagte die Fahrnisse zu einem täglichen Benützungsentgelt von 30 EUR im Zimmer des Verstorbenen belasse.

2.2. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Dies ist schon dann der Fall, wenn die Klausel dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt (4 Ob 28/01y = SZ 74/52) und ihn so von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten kann (4 Ob 179/02f = SZ 2002/153; 4 Ob 221/06p). Der Verbraucher darf nicht über die aus der Regelung resultierenden Folgen getäuscht oder im Unklaren gelassen werden.

2.3. Die beanstandete Formulierung erfüllt auch im Gesamtzusammenhang des Vertragspunktes 11. die Anforderungen an Klarheit und Verständlichkeit. Nach dieser Bestimmung ist der Heimträger berechtigt, bis zur Räumung des Zimmers ein Entgelt von täglich 30 EUR zu berechnen. Sollte das Zimmer nicht binnen fünf Tagen nach dem Todestag geräumt werden, darf er die Räumung und Lagerung der Nachlassgegenstände auf Kosten des Nachlasses veranlassen (eine entsprechende Bestimmung über die Vorgangsweise bei der davor aufzunehmenden Inventarisierung ist gleichfalls in Punkt 11. des Vertrags enthalten). Der Heimträger hat daher nach Ablauf von fünf Tagen die Wahl, entweder das Zimmer zu räumen und die Lagerung der Nachlassgegenstände auf Kosten der Verlassenschaft zu veranlassen oder aber die Gegenstände im Zimmer gegen eine tägliche Benützungsgebühr zu belassen. Dieses Wahlrecht macht die Klausel nicht intransparent. Die Formulierung ist eindeutig, der Vertragspartner kann zweifelsfrei entnehmen, dass der Vertrag dem Heimträger das beschriebene Wahlrecht einräumt. Er weiß aber auch, dass sein Rechtsnachfolger die Räumung zu jedem beliebigen Zeitpunkt selbst vornehmen kann, um die sonst entstehenden Kosten zu vermeiden.

3.1. Nach Auffassung der Revision verstoße die Bestimmung gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil sie eine unangemessen hohe Lagergebühr vorsehe und es im Zusammenhang mit der nachfolgenden Bestimmung über die Räumung und Einlagerung der Gegenstände auf Kosten der Verlassenschaft der Entscheidung der Beklagten überlasse, nach fünf Tagen eine Räumung und Lagerung auf Kosten der Verlassenschaft durchzuführen oder aber über den fünften Tag hinaus eine Lagergebühr von 30 EUR pro Tag zu verrechnen.

3.2. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit". Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners in diesem Sinn schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (stRsp; RIS‑Justiz RS0016914). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RIS‑Justiz RS0014676).

3.3. Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt ein auffallendes Missverhältnis zwischen der dem Heimbewohner zugedachten Rechtsposition zur Rechtsposition des Heimträgers im Sinn einer gröblichen Benachteiligung selbst dann nicht vor, wenn man auf die besondere Schutzwürdigkeit des Heimbewohners Rücksicht nimmt.

Der Heimvertrag wird gemäß § 27h Abs 2 KSchG durch den Tod des Heimbewohners aufgehoben. Nach § 27d Abs 1 Z 7 KSchG muss der Heimvertrag über die Vorgangsweise des Heimträgers bei Beendigung des Vertragsverhältnisses informieren. Dies betrifft insbesondere auch die Räumung der Wohnräume von Fahrnissen (RV 202 BlgNR 12. GP 8). Auch die Vereinbarung einer Lagergebühr für den Zeitraum nach Vertragsende wird als möglich und zulässig angesehen (Ganner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch in Klang³ § 27d Rz 8).

Barth/Engel (Heimrecht, § 27h KSchG Anm 8) vertreten sogar die Auffassung, der Heimträger könne grundsätzlich auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung eine angemessene finanzielle Abgeltung für die Aufbewahrung der Fahrnisse nach dem Tod des Heimbewohners verlangen. Das Belassen der Gegenstände in den Räumlichkeiten des Heims stelle nämlich eine Form der Benützung dieser Räumlichkeiten dar, für die es zufolge Aufhebung des Heimvertrags durch den Tod keinen Rechtstitel mehr gebe. Da es sich dabei um einen Bereicherungsanspruch handle, dürfe er auch nach § 27g Abs 2 KSchG aus der Kaution abgedeckt werden (vgl Apathy in Schwimann, ABGB³ § 27h KSchG Rz 5). Allerdings sei der Heimträger nach § 27d Abs 1 KSchG verpflichtet, schon im schriftlichen Heimvertrag über seine Vorgangsweise bei Vertragsbeendigung zu informieren. Die Geltendmachung einer derartigen „Lagergebühr" erfordere daher die Aufnahme einer klaren Vereinbarung in den schriftlichen Vertrag.

Eine derartige Vereinbarung enthält Punkt 11. des Heimvertrags. Die Regelung trägt den berechtigten Interessen des Heimträgers an einer raschen Rückgabe des Objekts nach Vertragsbeendigung und der Verpflichtung des Heimbewohners bzw seines Rechtsnachfolgers Rechnung, die benützten Räumlichkeiten unverzüglich von Fahrnissen geräumt zu übergeben. Da der Heimträger selbst keine Verfügung über die Nachlassgegenstände vornehmen darf, ist er darauf angewiesen, dass der Rechtsnachfolger des Heimbewohners die Räumung rasch vornimmt. Verzögert dieser die Räumung, so entgehen dem Heimträger Einkünfte aus einem weiteren Vertragsabschluss. Sein Interesse ist jenem eines Vermieters nach Beendigung des Mietvertrags durchaus vergleichbar. Sein Interesse an einer raschen Räumung ist sogar noch höher zu bewerten als jenes eines durchschnittlichen Vermieters, weil die Nachfrage nach verfügbaren Heimplätzen gerichtsbekanntermaßen besonders groß ist.

Dass eine Verzögerung mit der Räumung zu Kosten in Höhe von 30 EUR pro Tag führt, liegt zwar nicht im Interesse des Heimbewohners bzw seines Rechtsnachfolgers. Von einer gröblichen Benachteiligung kann aber schon deshalb keine Rede sein, weil es der Rechtsnachfolger des Heimbewohners in der Hand hat, die weitere Inanspruchnahme der Räumlichkeiten möglichst kurz zu halten und - seinen Verpflichtungen entsprechend - so rasch wie möglich zu räumen. Auch die Höhe des bis zur Räumung der Unterkunft vereinbarten Entgelts verwirklicht unter Berücksichtigung der - den Parteien eines Mietvertrags vergleichbaren - Interessen von Heimträger und Heimbewohner keine grobe Benachteiligung des Letzteren. Schon das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die für die Bemessung eines Benützungsentgelts nach dem Tod des Bestandnehmers typischen Umstände mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt vergleichbar sind. In beiden Fällen hat der Bestandgeber bzw Heimträger Interesse daran, die Nutzungsmöglichkeit über sein Objekt rasch wieder zu erlangen. Soweit sich daher der beanstandete Heimvertrag an dem mit dem Heimbewohner vereinbarten Entgelt für die Unterkunft (ohne Betreuung, Essen und Pflege) orientiert und einen Abzug für die verminderte Nutzung berücksichtigt, kann von einem Missverhältnis der gegenseitigen Leistungen keine Rede sein.

Dass das Benützungsentgelt unabhängig von Anzahl und Ausmaß der in den Räumlichkeiten verbliebenen Fahrnisse berechnet wird, ist sachgerecht, weil auch der Heimträger unabhängig von Anzahl und Ausmaß der verbliebenen Fahrnisse an einer Weitergabe des Zimmers - mangels Räumung - gehindert wird.

Dem Einwand der Revision, es sei dem Heimträger zumutbar, die Gegenstände des Verstorbenen zu inventarisieren und zwischenzulagern und das Zimmer ohne Zustimmung und Zutun der Erben neu zu vergeben, ist entgegenzuhalten, dass es den Erben nicht weniger zumutbar ist, ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Räumung unverzüglich nachzukommen. Es liegt an ihnen, zu verhindern, dass eine Forderung des Heimträgers auf Benützungsentgelt entsteht und gegebenenfalls sogar den Wert der zurückgelassenen Gegenstände erreichen kann. Allfällige Verzögerungen der Verlassenschaftsabwicklung wären der Sphäre des Verstorbenen bzw seiner Erben zuzurechnen und führten nicht zu einer Verschiebung der Interessenlage zu Lasten des Heimbetreibers.

4. Die beanstandete Klausel ist somit wirksam. Der unberechtigten Revision war ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

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