OGH 5Ob11/08s

OGH5Ob11/08s5.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Dr. Hildegard M*****, und *****, vertreten durch Winkler Reich‑Rohrwig Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegnerin Brigitte B*****, vertreten durch die Mag. Michael Rudnigger Rechtsanwalt‑GmbH in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 iVm § 20 Abs 6 WEG 2002, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. September 2007, GZ 39 R 224/07s‑12, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 6. Juni 2007, GZ 22 Msch 13/07b‑8, abgeändert wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 371,52 EUR (darin 61,92 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Antragstellerin ist Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ 735 GB ***** mit dem Haus *****gasse 4. Die Antragsgegnerin ist die Verwalterin der Liegenschaft.

Die Antragstellerin begehrte von der Antragsgegnerin - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich - gestützt auf § 20 Abs 6 WEG 2002 die Gewährung der Einsicht in das Bankkonto der Eigentümergemeinschaft des Hauses. Dies sei besonders zur Kontrolle erforderlich, ob die Antragsgegnerin die Vorschreibungen gegenüber den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern weisungsgemäß betreibe.

Die Antragsgegnerin beantragte - soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich - die Abweisung dieses Antrags. Die Forderung der Antragstellerin nach einer „laufenden Kontrolle", die über die jährlich im Zug der Abrechnung mögliche Belegeinsicht hinausgehe, stelle eine unzumutbare Beeinträchtigung des Bürobetriebs dar und sei wirtschaftlich vom Verwaltungshonorar nicht gedeckt.

Das Erstgericht wies mit seinem Sachbeschluss den Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin Einsicht in das Bankkonto der Eigentümergemeinschaft zu gewähren, ab. Rechtlich verwies das Erstgericht auf § 20 Abs 6 WEG 2002, wonach der Verwalter alle die Eigentümergemeinschaft betreffenden Ein- und Auszahlungen entweder über ein für jeden Wohnungseigentümer einsehbares Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder über ein ebenso einsehbares Anderkonto durchzuführen habe. Aus dieser Bestimmung sei aber nicht ableitbar, dass jeder Wohnungseigentümer das Recht habe, jederzeit dieses Konto einzusehen. Die Überprüfung der Verwaltung auf ihre Ordnungsgemäßheit werde nach dem WEG 2002 durch die jährliche Abrechnung und die Möglichkeit gewährleistet, die Abrechnung des Verwalters vor Gericht überprüfen zu lassen. Im Hinblick auf die gerichtliche Überprüfung auch der inhaltlichen Richtigkeit werde dem Bedürfnis der Wohnungseigentümer auf Kontrolle der Verwaltung ausreichend Rechnung getragen. Besonders die von der Antragstellerin geltend gemachte Unmöglichkeit, zu kontrollieren, ob die Verwalterin die ihr erteilten Weisungen befolge bzw ob und wann welche Wohnungseigentümer die Vorschreibungen eingezahlt hätten, sei ein Umstand, der im Zug der Abrechnungsprüfung geltend zu machen sei. Eine unterjährige, jederzeitige Einsichtsmöglichkeit in das Konto der Eigentümergemeinschaft würde eine Überspannung der Pflichten und Aufgaben des Verwalters bedeuten. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung der Kontoeinsicht sei daher abzuweisen gewesen.

Das Rekursgericht gab mit seinem Sachbeschluss dem Rekurs der Antragstellerin Folge und verpflichtete die Antragsgegnerin, der Antragstellerin binnen 14 Tagen Einsicht in das Bankkonto der Eigentümergemeinschaft zu gewähren. Rechtlich war das Rekursgericht der Meinung, die Einsicht in das vom Verwalter zu führende Konto könne nicht nur einmal jährlich im Sinn des § 34 Abs 1 WEG 2002, sondern jederzeit begehrt werden. Dies entspreche dem im JAB zum WEG 2002 zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers. Danach bedeute „Einsehbarkeit" des Kontos zwar nicht, dass jeder Wohnungseigentümer mit einer Kontokarte auszustatten wäre, mit deren Hilfe er dann unmittelbar beim Bankinstitut den Kontostand abfragen und Kontoauszüge ausdrucken könne. Die gesetzliche Anordung sei aber so zu verstehen, dass jedem Wohnungseigentümer jederzeit Einsicht in die Bankbelege und -auszüge über dieses Konto zu gewähren sei. Der Gesetzgeber habe damit den für den Hausverwalter entstehenden Mehraufwand offenkundig zugunsten einer bestmöglichen Transparenz und Kontrollmöglichkeit in Kauf genommen.

Das Rekursgericht sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR, und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob Einsicht in das Konto der Eigentümergemeinschaft nach § 20 Abs 6 WEG 2002 nur einmal jährlich oder jederzeit zu gewähren sei, liege - soweit überblickbar - nicht vor.

Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Antrags auf Gewährung der Kontoeinsicht. Hilfsweise stellt die Antragsgegnerin auch einen Aufhebungsantrag.

Die Antragstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen, in eventu diesen abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die Antragsgegnerin macht in ihrem Revisionsrekurs - zusammengefasst - geltend, der Gesetzgeber habe im Zusammenhang mit § 20 Abs 6 WEG 2002 zwar tatsächlich eine größere Transparenz vor Augen gehabt, doch sei diese im Wesentlichen im Zusammenhang mit der Wahl des für die Eigentümergemeinschaft zu führenden Kontos diskutiert worden. Die Frage der Kontoeinsicht und ihres Zeitpunkts sei dagegen in den Materialien nicht näher beleuchtet worden. In der Literatur habe sich zu Recht die Ansicht durchgesetzt, dass Kontoeinsicht - analog der Belegeinsicht nach § 34 Abs 1 WEG 2002 - nur bei Anführung von Gründen und nach Terminvereinbarung zu gewähren sei. Außerdem sei das Einsichtsrecht der Wohnungseigentümer auf den Zeitraum unmittelbar nach Rechnungslegung beschränkt. § 20 Abs 6 WEG 2002 solle im Wesentlichen verhindern, dass das Vermögen der Eigentümergemeinschaft mit jenem des Verwalters vermischt werde und es solle in dessen Konkurs der Eigentümergemeinschaft ein Aussonderungsrecht zustehen. Diese Zwecke stünden einer analogen Anwendung des § 34 Abs 1 WEG 2002 nicht entgegen. Im Hinblick auf die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung der jährlichen Abrechnung bedürfe es keiner Kontoeinsicht ohne Vorliegen wichtiger Gründe. Eine jederzeitige Einsichtsmöglichkeit würde den Verwaltungsapparat rasch zum Erliegen bringen, auf Kosten der Qualität der Verwaltung gehen und einen nicht notwendigen organisatorischen Zusatzaufwand verursachen.

Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

I. Gesetzeslage und Materialien:

1. § 20 Abs 6 WEG 2002 lautete idF vor der WRN 2006:

„Der Verwalter hat alle die Eigentümergemeinschaft betreffenden Ein- und Auszahlungen über ein auf die Gemeinschaft lautendes und für jeden Wohnungseigentümer einsehbares gesondertes Konto durchzuführen. Eigentümer eines auf diesem Konto vorhandenen Guthabens ist die Eigentümergemeinschaft."

Im JAB (AB 1050 BlgNR 21. GP 6) heißt es zu § 20 Abs 6 WEG 2002:

„´Einsehbarkeit` des Kontos bedeutet selbstverständlich nicht etwa, dass jeder Wohnungseigentümer mit einer Kontokarte auszustatten wäre, mit deren Hilfe er dann unmittelbar beim Bankinstitut den Kontostand abfragen könnte. Vielmehr ist diese Anordnung so zu verstehen, dass jedem Wohnungseigentümer jederzeit Einsicht in die Bankbelege und -auszüge über dieses Konto zu gewähren ist." (Hervorhebung durch den erkennenden Senat.)

2. § 20 Abs 6 WEG 2002 lautet idF der WRN 2006:

„Der Verwalter hat alle die Eigentümergemeinschaft betreffenden Ein- und Auszahlungen entweder über ein für jeden Wohnungseigentümer einsehbares Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder über ein ebenso einsehbares Anderkonto durchzuführen."

Zu der Frage der Kontoeinsicht enthalten die Gesetzmaterialien der WRN 2006 keine besonderen Hinweise.

II. Die Lehrmeinungen:

1. Würth/Zingher (in MGA Wohnrecht 2002 II [2002], 37 und 149), Illedits (in Das Wohnungseigentum³, Rz 707) sowie Feil (in WEG5, 96) geben den - oben dargestellten - JAB ohne eigene Ausführungen wieder.

2. Schauer führt (in Die Eigentümergemeinschaft [§§ 18 ff WEG 2002], wobl 2002, 135 [140]) aus:

„Anders als nach der bisher geltenden Rechtslage ist der Verwalter jetzt in jedem Fall verpflichtet, die die Eigentümergemeinschaft betreffenden Ein- und Auszahlungen über ein gesondertes Konto zu führen (§ 20 Abs 6 Satz 1 WEG 2002; vgl bisher § 17 Abs 3 WEG 1975). Dieses Konto muss für jeden Wohnungseigentümer „einsehbar" sein. Diese - nicht sogleich einleuchtende - Bestimmung dürfte am ehesten so zu verstehen sein, dass jedem Wohnungseigentümer ein gegen den Verwalter gerichteter Auskunftsanspruch über alle Ein- und Auszahlungen auf dem Konto zusteht (FN 29)."

Die „FN 29" lautet:

„Ähnlich AB 1050 BlgNR 21. GP 6."

3. E. M. Hausmann erläutert (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 20 WEG 2002, Rz 62):

„Für „jeden Wohnungseigentümer einsehbar" im Sinn von Abs 6 bedeutet nicht eine Einsichtsberechtigung bei dem das Konto führenden Bankinstitut (wobei fraglich ist, ob eine derartige Einsichtsberechtigung vor allem bei großen Anlagen für die Bankinstitute überhaupt technisch handhabbar wäre), sondern lediglich, dass der Verwalter jedem Wohnungseigentümer Einsicht in die das Konto betreffenden Belege (Bankauszüge) analog der Belegeinsicht nach § 34 (Rz 22 f zu § 34) gewähren muss (idS auch Schauer, wobl 2002, 140)."

4. Dirnbacher meint (in WEG 2002 ‑ Auswirkungen für den Verwalter, ImmZ 2002, 373 [379] und gleichlautend in WEG idF WRN 2006, 202):

„Zu hinterfragen ist mE vielmehr, ob der Gesetzestext - wie der AB vermeint - wirklich so zu verstehen ist, dass (vom Verwalter) jedem Wohnungseigentümer jederzeit (!) Einsicht in die Bankbelege und -auszüge über dieses Konto zu gewähren ist (oder ob für die Belegeinsicht ‑ neben der ohnedies selbstverständlichen bei der Abrechung ‑ eine Begründung anzuführen wäre)."

5. Derbolav/Langer/Popper et.al. erörtern (in Wohnungseigentumsrecht 2006, 154 [weitgehend wortgleich wie schon in Wohnungseigentumsgesetz 2002 [87]):

„Das Gemeinschaftskonto muss für jeden Wohnungseigentümer gemäß § 20 Abs 6 „einsehbar" sein. Wie häufig diese Einsicht zu gewähren ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Es kann vom Verwalter aber wohl nicht verlangt werden, jedem Wohnungseigentümer jederzeit und beliebig oft Einsicht in seinen Räumlichkeiten zu gewähren. Da der Zweck des Gesetzes offenbar die Prüfung der Verwaltertätigkeit ist, wird dem Verwalter zugebilligt werden müssen, die Einsicht auf überschaubare Zeiträume nach Rechnungslegung und wichtige Gründe zu beschränken (OGH 5 Ob 2367/96a). Da Personen mit „verdichtetem Rechtsbewusstsein" eine Verwaltung durch extensive Konto- und Belegeinsicht wochenlang völlig lahm legen können, wäre eine personenbezogene Einschränkung aus Gründen der Praktikabilität wünschenswert, findet aber im Gesetz keine Grundlage.

In den Gesetzesmaterialien zum WEG 2002 wurde die Ansicht vertreten, dass mit der Kontoeinsicht kein Abfragerecht der Wohnungseigentümer bei der Bank und keine Möglichkeit, mittels Kontokarte Kontoausdrucke herzustellen, gemeint sei. Sofern die Bankbedingungen und technischen Möglichkeiten eine solche Einsichts- und Abfragemöglichkeit per Datenleitung vorsehen, müsste sich die Beschränkung auf Beleg und Auszugseinsicht in Papierform beim Verwalter wenigstens erschließbar aus dem Gesetz ergeben, um die Erfüllung der Pflicht zur Gewährung von Kontoeinsicht per Computer nicht zuzulassen. Dies ist aber nicht der Fall. Eine jederzeitige Einsicht in die dazu gehörigen Belege ist nicht vorgesehen. Diese wird vielmehr durch § 34 Abs 1 auf die Zeit nach Rechnungslegung beschränkt."

6. Würth/Zingher/Kovanyi kommentieren (in Miet‑ und Wohnrecht21, § 20 WEG 2002 Rz 28):

„Adressat der gesetzlichen Anordnung der Einsehbarkeit des Kontos für jeden Wohnungseigentümer ist der Verwalter, nicht das kontoführende Bankinstitut, sodass dadurch dem einzelnen Wohnungseigentümer keinerlei Individualrecht gegenüber der Bank eingeräumt wird. Vielmehr hat der Verwalter - analog der Belegeinsicht nach § 34 Abs 1 - den Wohnungseigentümern Einsicht in die das Konto betreffenden Belege zu gewähren, wobei dies ‑ entgegen dem AB zu Abs 6 - vernünftigerweise nicht „jederzeit", sondern nur bei Anführung einer Begründung und entsprechender Terminvereinbarung zu erfolgen hat (ebenso Dirnbacher, aaO 379); nach Langer/Popper (aaO 87) soll das Einsichtsrecht der Wohnungseigentümer iS der E MietSlg 49.526 sogar auf den Zeitraum unmittelbar nach Rechnungslegung und das Vorliegen wichtiger Gründe beschränkt sein."

III. Bewertung der Lehrmeinungen:

1. Die oben zu II.1. und II.2. dargestellten Ausführungen gehen über den Inhalt des JAB nicht hinaus und bringen daher keine weitergehenden Erkenntnisse zur Frage, wie oft der Verwalter im Sinn § 20 Abs 6 WEG 2002 Einsicht in die Kontobelege zu gewähren hat.

2. Die von E. A. Hausmann (II.3.) gezogene Analogie zu § 34 Abs 1 WEG 2002 wird mit der Meinung Schauers (wobl 2002, 140) begründet; dort findet sich allerdings kein Hinweis in diese Richtung, sondern nur eine Berufung auf den JAB (s II.2.).

3. Dirnbacher (II.4.) bezweifelt das im AB vertretene Verständnis des § 20 Abs 6 WEG 2002, liefert allerdings keine Begründung für seine Forderung, wonach für eine mehrmalige Kontobelegeinsicht Gründe anzuführen seien.

4. Derbolav/Langer/Popper et.al. (II.5.) berufen sich auf die E 5 Ob 2367/96a (= MietSlg 49.526 = immolex 1998/113, 184), aus der sie ableiten, dass die Einsicht auf überschaubare Zeiträume nach Rechnungslegung und auf wichtige Gründe zu beschränken sei. Die E 5 Ob 2367/96a ist allerdings nicht einschlägig, betraf diese doch das Minderheitsrecht nach § 17 Abs 3 WEG 1975 idF 3. WÄG auf Führung eines gesonderten Kontos durch den Verwalter. Dass Personen mit „verdichtetem Rechtsbewusstsein" versuchen könnten, ein Recht auf Konto- und Belegeinsicht allenfalls durch extensive Ausübung zu missbrauchen, mag zutreffen; dem muss aber nicht, worauf noch zurückzukommen sein wird (IV.3.), durch eine generelle Beschränkung des Einsichtsrechts begegnet werden.

5. Würth/Zingher/Kovanyi (II.6.) geben (nur) ‑ ohne eigene Stellungnahme - die bereits angesprochenen Ansichten von Dirnbacher und Derbolav/Langer/Popper et.al. wieder.

IV. Ergebnis:

1. Der Verwalter ist Machthaber und hat daher, soweit nicht Sonderregelungen bestehen, auch alle Rechte und Pflichten eines Machthabers nach §§ 1002 ff ABGB (vgl RIS‑Justiz RS0013751). Die dem Verwalter als Machthaber nach dem 22. Hauptstück des Zweiten Teils des ABGB auferlegten Verbindlichkeiten können gemäß § 20 Abs 7 WEG 2002 auch weder aufgehoben noch beschränkt werden. § 1012 ABGB bestimmt, „der Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber ... die bei dem Geschäfte vorkommenden Rechnungen, sooft dieser es verlangt, vorzulegen". Daraus wird das Recht des Auftraggebers abgeleitet, grundsätzlich jederzeit Rechnungslegung verlangen zu können, soweit keine abweichenden gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen bestehen (Apathy in Schwimann³, § 1012 ABGB Rz 12; Strasser in Rummel³, § 1012 ABGB, Rz 18; P. Bydlinski in KBB², § 1012 ABGB Rz 3; RIS‑Justiz RS0019564).

2. Für die (jährliche) Abrechnung des Verwalters enthält § 34 WEG 2002 eine genaue Regelung. Zur Frage, wann und wie oft das Recht auf Einsicht in die Kontobelege im Sinn des § 20 Abs 6 WEG 2002 in Anspruch genommen werden kann, fehlt dagegen eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung, insbesondere ist der genannten Bestimmung auch keinerlei Beschränkung dieses Rechts auf bestimmte Zeiträume oder auf wichtige Gründe zu entnehmen. Für eine vom Gesetzgeber angestrebte Koppelung der Einsicht in die Kontobelege mit der Belegeinsicht nach § 34 Abs 1 WEG 2002 fehlt ebenfalls jeder legistische Hinweis und sie würde insbesondere dem JAB (AB 1050 BlgNR 21. GP 6) widersprechen, wo eindeutig von einer jederzeitigen Einsicht die Rede ist (s I.1.). Als Konsequenz folgt daraus, dass auf die allgemeinen, zu § 1012 ABGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ist, weshalb der Verwalter dem Wohnungseigentümer Einsicht in die Kontobelege zu gewähren hat, „sooft dieser es verlangt", also ohne Einschränkung auf bestimmte Zeiträume, etwa nach der jährlichen Abrechnung oder auf das Vorliegen wichtiger Gründe. Durch Anlegung einer (zweiten) Belegmappe wird der Verwalter dies auch ohne unvertretbaren Aufwand ermöglichen können.

3. Wie der Rechnungslegungsanspruch nach § 1012 ABGB muss aber auch das Recht auf Einsicht in die Belege des Kontos der Eigentümergemeinschaft dort seine (allgemeine) Grenze finden, wo Rechtsmissbrauch (Schikaneverbot; § 1295 Abs 2 ABGB) vorliegt (8 Ob 167/00t = ecolex 2002/34, 86 = ZIK 2002/155, 108 = RdW 2002/70, 82; Apathy in Schwimann³, § 1012 ABGB Rz 12; Strasser in Rummel³, § 1012 ABGB, Rz 18; P. Bydlinski in KBB², § 1012 ABGB Rz 3). Für einen hier auf Seiten der Antragstellerin vorliegenden Rechtsmissbrauch fehlt allerdings jeder Anhaltspunkt.

4. Zusammengefasst ergibt sich:

Das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers auf Einsicht in die Belege des Kontos der Eigentümergemeinschaft ist nach § 20 Abs 6 WEG 2002 weder auf bestimmte Zeiträume noch auf das Vorliegen wichtiger Gründe beschränkt. Aus den allgemeinen, zu § 1012 ABGB entwickelten Grundsätzen folgt daher, dass der Verwalter dem Wohnungseigentümer Einsicht in die Kontobelege zu gewähren hat, „sooft dieser es verlangt". Dieses Recht findet seine Grenze im Schikaneverbot (Rechtsmissbrauch; § 1295 Abs 2 ABGB).

Das Einsichtsbegehren der Antragstellerin erweist sich als berechtigt; dem dagegen gerichteten Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG.

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