OGH 7Ob263/07p

OGH7Ob263/07p23.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei B***** Versicherung AG, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert EUR 26.000), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2007, GZ 1 R 111/07m-18, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die seit 1. 1. 2007 in Kraft stehenden Bestimmungen der §§ 174 und 176 VersVG und § 18b VAG idF des Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes (VersRÄG) 2006, BGBl I Nr 95/2006, sind hier noch nicht anzuwenden (§ 191c Abs 8 VersVG, § 129j Abs 1 VAG).

Die vorliegenden Klauseln 1 bis 3 betreffen (klassische)

kapitalbildende Lebensversicherungen.

Sie lauten:

„Klausel 1:

Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes und der anfallenden Kosten nach den hiefür geltenden tariflichen Grundlagen.

Klausel 2:

Alle Erklärungen, die wir abgeben, sind ebenfalls nur dann gültig, wenn sie schriftlich erfolgen und firmenmäßig gezeichnet sind.

Klausel 3:

Ihnen gegenüber abgegebene Erklärungen werden wirksam, wenn sie an Ihrer uns bekanntgegebenen Adresse bei Ihrer Anwesenheit zugegangen wären."

Klausel 1 entspricht (zum Teil auch wortgleich) den jeweiligen Klauseln 1 zu 7 Ob 151/07t, 7 Ob 131/06z, 7 Ob 140/06y, 7 Ob 173/06a. Sie wurden als intransparent im Sinn von § 6 Abs 3 KSchG und als unwirksam im Sinn von §§ 176 Abs 4 und 173 Abs 3 VersVG erkannt. Da im vorliegenden Fall feststeht, dass die Tabelle keine Angaben zur Höhe des Stornoabschlags enthält (RIS-Justiz RS0121730), kommt es darauf, ob und wann allenfalls die Rückkaufswerttabellen den Versicherungsnehmern zukamen, nicht mehr an. Im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG kann auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen ohnehin nicht Rücksicht genommen werden, für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RIS-Justiz RS0038205).

Die Klauseln 2 und 3 entsprechen den Klauseln 3 und 4 zu 7 Ob 151/07t, 7 Ob 131/06z und den Klauseln 2 und 3 zu 7 Ob 140/06y und 7 Ob 173/06a.

Die Klauseln 4 bis 8 wurden zu Verträgen vereinbart, die

fondsgebundene Lebensversicherungen betreffen.

Sie lauten:

„Klausel 4:

Jenen Teil der Prämien, welcher nicht zur Deckung der Kosten bestimmt

ist, führen wir dem(n) Investmentfonds zu und rechnen diesen in Fondsanteile um.

Klausel 5:

Die zur Deckung des Ablebensrisikos sowie der Kosten für Beratung und Verwaltung bestimmten Teile werden Ihnen nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern je nach Tarif Ihrer Prämie abgezogen bzw der Deckungsrückstellung entnommen.

Klausel 6:

Die Folgeprämien können nur im Lastschriftverfahren bezahlt werden. Wir buchen sie jeweils bei Fälligkeit von dem uns angegebenen Konto ab. (...) Zahlungen, die auf andere Weise erfolgen, brauchen wir nicht anzunehmen oder können wir binnen 14 Tagen zurückweisen. In diesen Fällen tritt Zahlungsverzug ein.

Klausel 7:

Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien, sondern nur der Deckungsrückstellung abzüglich eines Abschlags von 2 %, mindestens jedoch EUR 20 und höchstens EUR 145. Da die Kosten für Ihren Vertrag schwergewichtig bei Vertragsabschluss und in den ersten Versicherungsjahren anfallen, liegt der Rückkaufswert anfänglich unter der Summe der bezahlten Prämien.

Klausel 8:

All Ihre Erklärungen sind gültig, wenn sie schriftlich erfolgen und in der Zentralgeschäftsstelle der Union Versicherungs-Aktiengesellschaft eingelangt sind."

Klausel 4 entspricht im Wesentlichen Klausel 5 zu 7 Ob 151/07t und Klausel 1 zu 7 Ob 6/07v.

Klausel 5 entspricht im Wesentlichen Klausel 6 zu 7 Ob 151/07t und 7

Ob 4/07z sowie Klausel 4 zu 7 Ob 23/07v.

Klausel 6 entspricht Klausel 7 zu 7 Ob 151/07t.

Klausel 7 entspricht im Wesentlichen Klausel 7 zu 7 Ob 4/07z, Klausel 3 zu 7 Ob 82/07w, Klausel „§ 4" zu 7 Ob 233/06z und Klauseln 3, 4 und 6 zu 7 Ob 6/07v.

Klausel 8 entspricht Klausel 3 zu 7 Ob 131/06z und Klausel 4 zu 7 Ob 140/06y.

Ein Hinweis darauf, dass die Kosten über 10 Jahre verteilt berechnet werden, ist den vorliegenden Klauseln nicht zu entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus Klausel 7 selbst, dass die Kosten für den Vertrag „schwergewichtig bei Vertragsabschluss und in den ersten Versicherungsjahren" anfallen und der Rückkaufswert anfänglich unter der Summe der bezahlten Prämien liegt. Der Stornoabschlag ist jedenfalls für den einzelnen Versicherungsnehmer aus den Klauseln nicht nachvollziehbar, sodass gegen § 176 Abs 4 VersVG verstoßen wurde.

Im Rahmen einer Verbandsklage muss die Auslegung von Klauseln nach ständiger Rechtsprechung stets im „kundenfeindlichsten" Sinn erfolgen (RIS-Justiz RS0016590). Auf individuelle Vereinbarungen, die zwischen dem Versicherer und einem Versicherungsnehmer geschlossen wurden, ist dabei keine Rücksicht zu nehmen (RIS-Justiz RS0121726). Die in der Revision behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor. In diesem Zusammenhang wird das Unterbleiben der Einholung eines versicherungsmathematischen Gutachtens und der Einvernahme der von der Beklagten beantragten Zeugen gerügt. Durch diese Beweismittel sollten aber nach den Ausführungen der Beklagten nicht weitere rechtlich relevante Tatsachen festgestellt, sondern die - einem Beweisverfahren nicht zugängliche - rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts, wie sie die Beklagte wünscht, bestätigt werden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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