OGH 4Ob204/07i

OGH4Ob204/07i22.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Landeszahnärztekammer für Oberösterreich, *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.) T***** GmbH, 2.) „Ö*****"***** „", und 3.) Ing. Willibald K*****, alle vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 44.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. Juni 2007, GZ 4 R 117/07i-19, womit das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 30. April 2007, GZ 4 Cg 40/06z-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.041,84 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 340,31 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist die Landeszahnärztekammer für Oberösterreich. Am 7. Oktober 2006 fand in Wien eine Sitzung des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer statt. Diesem lag ein Antrag der Landeszahnärztekammer Oberösterreich auf „Übertragung zur Klags- und Exekutionsführung" gemäß § 35 Abs 4 ZÄKG vor. Der Bundesausschuss bewilligte einstimmig einen Antrag auf Übertragung von Aufgaben von regionaler Bedeutung an die Landeszahnärztekammer Oberösterreich, „nämlich Beschlussfassung einer internen Leitlinie für die Gewährung von Rechtsschutz durch die Landeszahnärztekammer Oberösterreich und Beschlussfassung einer internen Leitlinie für die Grundlagen für die Behandlung von Vorschlägen betreffend die Verleihung von Berufstiteln", und weiters den Antrag, „die Zustimmung zur Klagsführung bzw Exekutionsführung durch die Landeszahnärztekammern im UWG-Verfahren zu erteilen".

Am 10. Jänner 2007 fasste der Bundesvorstand der Österreichischen Zahnärztekammer im Umlaufweg den Beschluss, wonach in Anbetracht der Dringlichkeit der Angelegenheit gemäß § 26 Abs 1 Z 1 ZÄKG iVm § 53 Geo der Österreichischen Zahnärztekammer festgehalten wird, dass „im Rahmen der Sitzung des Bundesausschusses am 7. Oktober 2006 die Übertragung der Kompetenz zur Klagsführung (Beschreitung des ordentlichen Rechtswegs) bzw Exekutionsführung im UWG-Verfahren gemäß § 35 Abs 4 ZÄKG auf die örtliche in Betracht kommende Landeszahnärztekammer übertragen" wurde (gemeint wohl: erfolgt ist). Der Beschluss hält weiters fest, das diese Übertragung „auch die am 20. Februar 2006 beim Landesgericht Steyr zu 4 Cg 40/06z eingebrachte Klage" gegen die hier Beklagten erfasse.

Die Klägerin begehrte, den Beklagten die Errichtung, den Betrieb und die Bewerbung von Krankenanstalten ohne Bewilligung der Oberösterreichischen Landesregierung sowie die Verwendung des Begriffs „Zahnklinik" zu verbieten. Weiters stellte sie ein Veröffentlichungsbegehren. Es sei wettbewerbswidrig, dass die Beklagten ohne Bewilligung der Landesregierung eine Krankenanstalt betrieben und mit ihrem Auftritt als „Zahnklinik" einen irreführenden Eindruck vermittelten.

Die Beklagten wendeten vor allem ein, dass der Klägerin die aktive Klagelegitimation fehle, weil ihr die Österreichische Zahnärztekammer die gegenständliche Angelegenheit nicht gemäß § 34 Abs 2 iVm § 35 Abs 4 ZÄKG übertragen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Beschluss zur Übertragung der Klags- und Exekutionsführung habe eine Übertragung der Aufgabe der Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen von der Österreichischen Zahnärztekammer an die Landeszahnärztekammern nicht bewirkt, weil die bloße Zustimmung zur Klags- oder Exekutionsführung nicht die erforderliche materielle Berechtigung übertrage. Es werde nicht die Aufgabe und das Recht zur Klageführung übertragen, sondern lediglich die Zustimmung zur Klageführung gegeben, sodass das Recht zur Entscheidung weiterhin bei der Österreichischen Zahnärztekammer verbleibe. Dies laufe auf eine gewillkürte Prozessstandschaft hinaus, die es im österreichischen Recht nicht gebe. Der Umlaufbeschluss des Bundesvorstands der Österreichischen Zahnärztekammer vom 10. Jänner 2007 könne eine Übertragung von Aufgaben von der Österreichischen Zahnärztekammer auf eine Landeszahnärztekammer ebenso nicht bewirkt haben, weil dazu ein Beschluss des Bundesausschusses notwendig sei. Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs mangele, „ob eine Zustimmung bzw Übertragung der Kompetenz zur Klage- und Exekutionsführung zur Übertragung einer Aufgabe iSd § 35 Abs 4 ZÄKG" hinreiche. Zwar seien die Gerichte an präjudizielle Verwaltungsakte gebunden, die Wirkung eines Verwaltungsakts und insbesondere der Umfang der Bindung sei aber vom Gericht selbst zu beurteilen. Weder dem Beschluss des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer vom 7. Oktober 2006 noch dem Umlaufbeschluss des Bundesvorstands der Österreichischen Zahnärztekammer vom 10. Jänner 2007 könne eine generelle Übertragung von Aufgaben zur Besorgung im eigenen Namen entnommen werden, weil eine bloße Zustimmung zur Klage- oder Exekutionsführung zur Übertragung der Kompetenz, Wettbewerbsverstöße wahrzunehmen, nicht hinreiche. Im Zuge der Beschlussfassung am 7. Oktober 2007 seien auch ausdrücklich Aufgaben von regionaler Bedeutung an die Landeszahnärztekammer Oberösterreich übertragen worden. Wäre beabsichtigt gewesen, den Landeszahnärztekammern die Aufgabe der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen von regionaler Bedeutung gemäß § 35 Abs 4 ZÄKG wirksam zu übertragen, so hätten sie „weder einer Zustimmung noch einer Übertragung der Kompetenz zur Klagsführung" bedurft, vielmehr wäre diese Kompetenz dann von der eigenverantwortlich und im eigenen Namen zu besorgenden Aufgabe mitumfasst gewesen. Die erfolgte Zustimmung zur Klage- oder Exekutionsführung sei als eine gewillkürte Prozessstandschaft zu werten, die unzulässig sei. Ein erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz gefasster Beschluss des Bundesvorstands der Österreichischen Zahnärztekammer vom 14. März 2007 sei im Hinblick auf das Neuerungsverbot unmaßgeblich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, mit der sie die Klagestattgebung anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Der Oberste Gerichtshof hat in dem dieselben Parteien und denselben Sachverhalt betreffenden Provisorialverfahren zu 4 Ob 194/06t ausgesprochen, dass die Bestimmungen des ZÄKG eindeutig festlegen, dass es entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung eines Beschlusses der Österreichischen Zahnärztekammer (ihres Bundesausschusses) bedarf, um im Gesetz beispielsweise genannte Aufgaben der Landeszahnärztekammern (im Detail) festzulegen und darüber hinausgehende, der Generalklausel des § 35 Abs 1 ZÄKG entsprechende Aufgaben von der Österreichischen Zahnärztekammer auf die jeweiligen Landeszahnärztekammern zu übertragen. Die Führung von Wettbewerbsprozessen ist in der beispielsweisen Aufzählung des § 35 Abs 2 und 3 ZÄKG nicht enthalten. Es bedarf der Übertragung mittels Beschlusses des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer, damit die jeweilige Landeszahnärztekammer berechtigt ist, diese Aufgabe im eigenen Namen wahrzunehmen. Nur soweit sie berechtigt ist, die übertragenen Angelegenheiten im eigenen Namen wahrzunehmen, kommt ihr gemäß § 34 Abs 2 ZÄKG Rechtspersönlichkeit zu.

2. Ob die konkrete Beschlussfassung des Bundesausschusses im Einzelfall geeignet ist, als Übertragung bestimmter Angelegenheiten von regionaler Bedeutung auf die Landeszahnärztekammern aufgefasst zu werden, oder bloß die Genehmigung einer bestimmten Prozessführung vorliegt, ohne dass von einer Übertragung der Aufgabe zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung im eigenen Namen ausgegangen werden kann, geht in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus und bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, liegt doch insofern eine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht vor.

Auch der von der Klägerin behauptete Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, nach der verschiedenen Länderkammern die Klagelegitimation bei Wettbewerbsverstößen zuerkannt worden sei, liegt nicht vor. Hier sind nämlich die Bestimmungen des ZÄKG maßgeblich, welche einen Übertragungsbeschluss des Bundesausschusses der Österreichischen Zahnärztekammer vorsehen, in anderen bereits entschiedenen Fällen (Ärztekammern, Rechtsanwaltskammern) waren andere Organisationsbestimmungen ausschlaggebend.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO; die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.

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