OGH 8Ob138/07p

OGH8Ob138/07p16.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gottfried G*****, 2. Maria Magdalena G*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Markus S*****, 2. Sylvia S*****, beide vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, wegen Unterlassung und Beseitigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. Oktober 2007, GZ 3 R 100/07g‑37, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen sind aufgrund des ausdrücklich festgestellten, übereinstimmenden Parteiwillens davon ausgegangen, dass das hier gegenständliche zugunsten eines Grundstücks der Kläger verbücherte Geh- und Fahrrecht das ganze Weggrundstück inklusive eines sogenannten „Umkehrplatzes" umfassen sollte. Mit ihren Ausführungen über die Auslegung von Servitutsbestellungsverträgen zeigen die Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf. Ist ein überstimmender Parteiwille über Vertragsgegenstand und Vertragsinhalt feststellbar, kommt es bei einem nachträglichen Streit nicht darauf an, ob die erzielte Willensübereinstimmung auch einen hinreichend deutlichen Niederschlag in der Vertragsurkunde gefunden hat (9 ObA 22/05h). Erst wenn eine übereinstimmende Parteienabsicht nicht als erwiesen gilt, darf der Gehalt der schriftlichen Willenserklärung im Weg der rechtlichen Beurteilung durch Auslegung ermittelt werden (SZ 65/17; RIS‑Justiz RS0017783).

Auch mit ihren zusammengefassten Ausführungen, dass die Servitut in Wahrheit im weiteren Umfang bestehe als im Grundbuch einverleibt und sie daher gutgläubig lastenfrei Eigentum am herrschenden Grundstück erworben hätten, zeigen die Rechtsmittelwerber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Ausgehend von den Feststellungen, dass nach der Formulierung des Kaufvertrags die räumliche Ausdehnung des Geh- und Fahrrechts keineswegs klar ersichtlich war, der Umkehrplatz zum Zeitpunkt des Erwerbs des dienenden Grundstücks durch die Beklagten schon errichtet war und dieser überdies unmittelbar an das (herrschende) Grundstück der Kläger grenzt, führte das Berufungsgericht aus, dass die Beklagten eine Nachforschungspflicht getroffen hätte und sie bei gehöriger Aufmerksamkeit den wahren vom Grundbuchstand (allfällig) abweichenden Sachverhalt hätten erkennen können.

Wer in Kenntnis einer nicht völlig geklärten Rechtslage eine Liegenschaft erwirbt, kann sich weder allein auf den Grundbuchstand noch auf die Behauptung der Lastenfreiheit durch den Voreigentümer berufen, sondern hat zumutbare Nachforschungen anzustellen (1 Ob 150/99m, siehe auch 1 Ob 50/06v). Der Erwerber der mit einer Dienstbarkeit belasteten Liegenschaft muss damit rechnen, dass die Servitut entgegen dem Grundbuchseintrag nachträglich erweitert wurde (Welser, Vertragsauslegung, Gutglaubenserwerb und Freiheitsersitzung in JBl 1983, 13 mwH).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts stellt sich somit jedenfalls als vertretbar dar.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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