Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, hat den Beklagten in drei mietrechtlichen Verfahren vor dem Bezirksgericht Innsbruck vertreten und hiefür ein Honorar von 6.167,60 EUR in Rechnung gestellt. Die dem geltend gemachten Anspruch zugrunde gelegte Vollmachtsurkunde enthält unter anderem die Klausel, dass für den Fall des Zahlungsverzugs 12 % pa an Verzugszinsen, die jährlich zum 31. 12. zu kapitalisieren sind, sowie 10 % Zinseszinsen als vereinbart gelten, weiters die Zusatzvereinbarung, dass sämtliche Leistungen nach Stunden (bei einem Stundensatz von 270 EUR netto) abgerechnet werden, wobei die Abrechnung je begonnener Viertelstunde zu erfolgen hat. Mit seiner am 3. 6. 2005 beim Erstgericht überreichten Klage begehrte der Kläger 6.167,60 EUR samt 12 % Zinsen aus 6.167,60 EUR ab 10. 5. 2005 und 10 % Zinseszinsen aus 6.167,60 EUR ab 10. 5. 2005. In seinem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl wies der Beklagte darauf hin, dass er einen Teilbetrag von 2.167,60 EUR an den Kläger überwiesen habe, sodass nur noch ein Betrag von 4.000 EUR offen bleibe. In der Streitverhandlung vom 21. 10. 2005 schränkte der Kläger das Klagebegehren „aufgrund einer Teilzahlung über 2.167,60 EUR, welche auf dem Konto des Klägers ab 25. 7. 2005 einlangte" auf 4.000 EUR sA ein, sodass es nunmehr lautete: „Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen den Betrag von 4.000 EUR samt 12 % Zinsen aus 6.167,60 EUR vom 10. 5. 2005 bis 25. 7. 2005 und aus 4.000 EUR ab 26. 7. 2005 sowie 10 % Zinseszinsen aus 6.167,60 EUR vom 10. 5. 2005 bis 25. 7. 2005 und aus 4.000 EUR ab 26. 7. 2005 zu bezahlen sowie die Kosten des Verfahrens zu ersetzen." In der Folge bezeichneten Gericht und Parteien den Streitwert jeweils mit 4.000 EUR.
In der Folge wurde vom Gericht ein Gutachten zur Höhe der Honorarforderung des Klägers eingeholt; der Sachverständige gelangte für den Fall einer Abrechnung nach dem RATG zu einem angemessenen Honorar des Klägers in Höhe von 2.562,94 EUR. Auf dieser Grundlage hätte die offene Differenz zu den bereits bezahlten 2.167,60 EUR 395,34 EUR betragen.
Im Rubrum eines am 19. 5. 2006 eingebrachten vorbereitenden Schriftsatzes (ON 20) führt der Kläger dann ein Punktum von 3.999,44 EUR an (so auch in seinen weiteren Schriftsätzen) und führt inhaltlich unter anderem aus:
„Mit 12. 5. 2006 hat der Beklagte eine weitere vorbehaltlose Teilzahlung in Höhe von 395,34 EUR geleistet, ohne diese Zahlung wie auch immer zu widmen. Nach ständiger Rechtsprechung ist in dieser vorbehaltlosen Teilzahlung ein Anerkenntnis der gesamten Schuld zu erblicken ... Da eine Widmung durch den Beklagten nicht vorgenommen wurde, wird gemäß der Regel des § 1416 ABGB eine Anrechnung gegenständlicher Teilzahlung vorgenommen und zwar so, dass zunächst auf die offen aushaftenden Zinsen und dann auf das offene Kapital angerechnet wird. Aufgrund der Teilzahlung vom 25. 7. 2005 in Höhe von 2.167,60 EUR und der weiteren Teilzahlung vom 15. 5. 2006 in Höhe von 395,34 EUR errechnet sich sohin ein offener Hauptsachebetrag in Höhe von 4.217,64 EUR und hat das Urteilsbegehren sohin zu lauten wie folgt:
'Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen 4.217,64 EUR samt 12 % Zinsen aus 4.217,64 EUR seit 16. 5. 2006 und 10 % Zinseszinsen seit 16. 6. 2006 zu bezahlen sowie die Kosten dieses Rechtsstreits zu ersetzen.'"
Eine Erörterung des Begehrens fand nicht statt; auch der Beklagte hat lediglich auf die erkennbare Widmung der zweiten Teilzahlung auf Kapital hingewiesen.
Mit Urteil vom 4. 11. 2006 hat das Erstgericht, das im Kopf des Urteils von einem Streitwert von „(eingeschränkt) 4.217,64 EUR sA" ausging, den Beklagten verpflichtet, dem Kläger 3.239,38 EUR samt 12 % Zinsen seit 16. 5. 2006 und 10 % Zinseszinsen seit 16. 6. 2006 zu bezahlen; das Mehrbegehren von 978,26 EUR samt 12 % Zinsen seit 16. 5. 2006 und 10 % Zinseszinsen seit 16. 6. 2006 wurde abgewiesen. Wie das Gericht zu diesen Beträgen gelangte, ist den Entscheidungsgründen nicht unmittelbar zu entnehmen; auch auf das Ausmaß allfälliger kapitalisierter Zinsenbeträge wird nicht Bezug genommen. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers wegen Nichtigkeit (betreffend die Nichtbegründung der Abweisung eines Teilbetrags von 572,60 EUR) und gab im Übrigen seiner Berufung nicht Folge; hingegen gab es der Berufung des Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn ab, da mit den Teilzahlungen des Beklagten von 2.167,50 EUR und 395,34 EUR das angemessene Honorar des Klägers von 2.562,94 EUR abgedeckt sei. Über Antrag des Klägers nach § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch, dass die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei, ab und sprach aus, dass „die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt" werde, „zwecks Hintanhaltung allfälliger Amtshaftungsansprüche, vor allem aber auch im Interesse einer Überprüfung des von der Rechtsanwaltskammer empfohlenen Abrechnungssystems durch den OGH".
Der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts wird weder in der Revision des Klägers noch in der Revisionsbeantwortung des Beklagten thematisiert.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist jedenfalls unzulässig, ohne dass es einer Beurteilung nach § 502 Abs 1 ZPO und damit einer Beantwortung der vom Berufungsgericht im nachträglichen Beschluss nach § 508 Abs 3 ZPO formulierten (erheblichen) Rechtsfrage bedürfte.
Nach § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt 4.000 EUR nicht übersteigt. Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands ist § 54 Abs 2 JN heranzuziehen (vgl E. Kodek in Rechberger, ZPO3 § 502 Rz 3). Nach dieser Bestimmung bleiben ua Zinsen, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, bei der Wertberechnung unberücksichtigt. Als Nebenforderungen werden Zinsen dann geltend gemacht, wenn sie mit einer Klage gemeinsam mit der ihnen zugrunde liegenden Hauptforderung (oder auch nur einem Teil davon) begehrt werden, und zwar gleichermaßen, ob die Zinsen als eine durch Kapitalbetrag, Zinsfuß und Zeit umschriebene Größe oder als kapitalisierter Betrag geltend gemacht werden (7 Ob 238/01b mwN = RIS-Justiz RS0042759 [T12]; Mayr in Rechberger, ZPO3 § 54 JN Rz 4 mwN).
Im hier zu beurteilenden Fall machte der Kläger die von ihm begehrten Zinsen und Zinseszinsen zunächst (in der Klage) unkapitalisiert geltend und rechnete die erste Teilzahlung auf das Kapital an, das damit auf einen Teilbetrag von 4.000 EUR sA reduziert wurde; nur mehr dieser Betrag samt Nebengebühren bildete den Streitgegenstand. Durch die spätere (nicht im Einzelnen nachvollziehbare) Neuberechnung seiner Forderung wurden offenbar die Zinsen teilweise kapitalisiert und teilweise unkapitalisiert, aber wiederum nur als Akzessorium zur Hauptsache geltend gemacht, wodurch sich jedoch an ihrem Charakter als Nebenforderung iSd § 54 Abs 2 JN nichts änderte. Im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens konnte Gegenstand des Berufungsverfahrens an maßgeblicher Hauptsache höchstens ein Betrag von 4.000 EUR an (nach den Klagsbehauptungen) noch offenen Honorarforderungen sein. Selbst wenn die zweite Teilzahlung ungeachtet ihrer erkennbaren Widmung zur Gänze auf Zinsen anzurechnen gewesen wäre, hätte sich der (vom Kläger auf 4.000 EUR eingeschränkte) Hauptsachebetrag nicht mehr auf über 4.000 EUR erhöhen können. Die Möglichkeit, durch Kapitalisierung von Zinsen während des Verfahrens zu einem höheren Hauptsachebetrag und damit zur Revisionszulässigkeit zu gelangen, scheitert - wie erwähnt - daran, dass Zinsen auch dann Nebenforderungen iSd § 54 Abs 2 JN bleiben, wenn sie kapitalisiert werden (siehe auch Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 ZPO Rz 148).
Damit erweist sich die Revision als jedenfalls unzulässig. Ungeachtet der Intention der Hintanhaltung möglicher Amtshaftungsansprüche hätte der Ausspruch des Berufungsgerichts über die Revisionszulässigkeit - entsprechend § 502 Abs 2 ZPO - von vornherein auf die absolute Unzulässigkeit lauten müssen (§ 500 Abs 2 Z 2 ZPO). Das Rechtsmittel des Klägers ist somit zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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