Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Der Antragsteller ist Mieter einer Wohnung im Haus *****. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin dieses Hauses. Die MA 37 erließ für dieses Haus am 24. 2. 2005 einen Bescheid über die Räumung und die Abtragung des Gebäudes mit folgendem Wortlaut:
„Der Magistrat erteilt gemäß § 129 Abs 4 der Bauordnung für Wien (BO) der Eigentümerin der Baulichkeit auf der im Betreff genannten Liegenschaft nachstehenden Auftrag:
Binnen sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheids ist der dreistöckige teilunterkellerte Gassentrakt zu räumen und nach erfolgter Räumung abtragen zu lassen. Gleichzeitig wird das aus der Bau- und Benützungsbewilligung erfließende Recht gemäß § 68 Abs 3 AVG 1991 auf konsensgemäße Benützung aufgehoben. Bis zur erfolgten Räumung und Abtragung sind alle jene Vorkehrungen zu treffen, die zur Hintanhaltung einer unmittelbaren Gefahr für die Benützer des Hauses sowie der Anrainer und der Straßenpassanten erforderlich sind. Dieser Auftrag gilt auch dann als erfüllt, wenn in derselben Frist anstelle der Räumung und Abtragung die gegenständliche Baulichkeit entsprechend der Bauordnung für Wien instandgesetzt wird. ....".
Die nunmehrige Antragsgegnerin begehrte als Klägerin zu AZ 44 C 173/05a des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien mit einer auf § 29 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 1112 ABGB gestützten Klage vom nunmehrigen Antragsgegner als Beklagten die Räumung der Wohnung. Diesem Klagebegehren gab der 9. Senat des Obersten Gerichtshofs zu AZ 9 Ob 96/06t (= Zak 2007/514, 294 = ImmZ 2007/50, 114 [zust Prader] = JusGuide 2007/10/4382) statt und kam dabei - zusammengefasst - zum Ergebnis, der Bescheid der Baubehörde enthalte nur einen Abbruchauftrag, während die Wiederherstellung eines bauordnungsgemäßen Zustands lediglich als rechtliche Alternativbefugnis des Grundeigentümers genannt werde. Die Frage, ob der Bestandgeber zur Behebung der Baugebrechen verpflichtet sei, die den Anlass für den Abbruchauftrag gebildet hätten, sei im Anwendungsbereich des MRG aufgrund dessen § 3 zu lösen. Nach der Rechtsprechung (5 Ob 61/91, 5 Ob 1098/92 uva) sei ein Vermieter im Rahmen des § 3 Abs 3 Z 2 MRG zur Vornahme „privilegierter" Erhaltungsmaßnahmen unabhängig von einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verpflichtet. Gemäß § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG bestehe eine solche privilegierte Erhaltungspflicht zur Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährdeten. Selbst wenn man hier von einer Privilegierung im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG ausginge, könne dies im Ergebnis die Endgültigkeit des Räumungs- und Abbruchsbescheids nicht widerlegen. Die Wiederherstellung des Fundaments sei nämlich nur ein Teilaspekt. Der Abbruchbescheid gründe sich aber auch auf die Beeinträchtigung der Tragfähigkeit der Decke über dem Erdgeschoss, die Setzungsdifferenzen der Mauern des Gassentrakts sowie die Schiefstellung der WC-Gruppe und der Hofmauer, welche Gebrechen aber unbehebbar seien. Nach der Leitentscheidung 3 Ob 37/94 (= SZ 67/64) bewirke ein Abbruchbescheid dann die Auflösung des Mietvertrags, wenn feststehe, dass die Baugebrechen nicht beseitigt werden könnten. Dies sei hier - mit Ausnahme der nur eine unzureichende Teilsanierung bewirkenden DSV-Nachgründung - gegeben.
Mit diesen - gerade das vorliegende Bestandverhältnis betreffenden - Ausführungen zu AZ 9 Ob 96/06t sind alle hier erheblichen Rechtsfragen ebenfalls beantwortet:
Rechtliche Beurteilung
Dem Antragsteller ist grundsätzlich dahin beizupflichten, dass für privilegierte Arbeiten im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 MRG die Wirtschaftlichkeitsgrenze nicht gilt (5 Ob 1098/92 mzwN = MietSlg 44.285). Die allein auf diesen Grundsatz gestützten Revisionsrekursausführungen berücksichtigen aber nicht, dass ein Abbruchauftrag wegen Baugebrechen dann endgültig und bindend ist, wenn entweder die Baugebrechen, die zur Bescheiderlassung geführt haben, aus technischen Gründen nicht behoben werden können oder wenn der Bestandgeber sie nicht behebt und hiezu auch nicht verpflichtet ist (vgl 9 Ob 96/06t; RIS-Justiz RS0027764). Hier liegt neben der Notwendigkeit einer nachzugründenden Fundamentierung auch eine Schiefstellung bestimmter Bauteile, im Besonderen der Dippelbaumkonstruktion sowie der Geschoss- und Tramdecken vor. Eine Ausrichtung dieser Gebäudeteile in eine horizontale Lage, ist ohne Abbruch wesentlicher Teile des Gebäudes nicht möglich und dabei wäre mit Beschädigungen der Gas-, Wasser- und Abflussleitungen sowie des Kaminmauerwerks und mit Undichtheiten sämtlicher Versorgungsleitungen zu rechnen. Insgesamt ist daher eine „erhaltende" Sanierung ausgeschlossen und es sind praktisch einem Neubau gleichkommende Maßnahmen erforderlich, was zum „rechtlichen Untergang" des Mietobjekts im Sinn des § 29 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 1112 ABGB führt. Infolge Beendigung des Bestandverhältnisses kann sich dann aber der Antragsteller nicht mehr erfolgreich auf § 3 Abs 3 Z 2 MRG berufen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig und zurückzuweisen.
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