OGH 15Os86/07x

OGH15Os86/07x22.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl D***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 19. April 2007, GZ 20 Hv 21/06t-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der Angeklagte Karl D***** wurde im Verfahren AZ 20 Hv 21/06t des Landesgerichtes Leoben im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 11. September 2006 des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall StGB schuldig erkannt (ON 14). Danach hat er in Mitterdorf im Mürztal in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigten der Firma B***** AG nachgenannte fremde bewegliche Sachen „großteils in einem jeweils 50.000 Euro übersteigenden Wert" als Mitglied einer mit den abgesondert verfolgten Roman R*****, Martin G*****, Andreas P***** und Michael S***** gebildeten kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) zumindest eines anderen Mitgliedes dieser Vereinigung mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung zu bereichern, wobei er die Absicht hatte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. im Jänner 2006 1 Tonne Molybdän im Gesamtwert von 28.788,80 Euro, indem er die Ware über Aufforderung des abgesondert verfolgten Roman R***** am Werksgelände der Firma B***** AG bereitstellte und in der Folge in den vom abgesondert verfolgten Axel Z***** zur Verfügung gestellten LKW für den Transport nach Tschechien durch den abgesondert verfolgten Michael S***** zur Weiterveräußerung durch den abgesondert verfolgten Martin R***** an nicht näher bekannte Abnehmer verlud (Faktum 11 in ON 7);

2. Anfang Februar 2006 3 Tonnen Molybdän und 2,4 Tonnen Nickel in Fässern im Gesamtwert von 126.193,50 Euro, indem er die Ware über Aufforderung des abgesondert verfolgten Roman R***** am Werksgelände der Firma B***** AG bereitstellte und in der Folge in den vom abgesondert verfolgten Axel Z***** zur Verfügung gestellten LKW für den Transport nach Tschechien durch den abgesondert verfolgten Michael S***** zur Weitergabe des Materials in Tschechien verlud (Faktum 12 in ON 7);

3. am 17. März 2006 2 Tonnen Molybdän im Wert von 53.204,30 Euro, indem er die Ware über Aufforderung des abgesondert verfolgten verfolgten Roman R***** am Werksgelände der Firma B***** AG bereitstellte und in der Folge in den vom abgesondert verfolgten Andreas P***** organisierten Kleintransporter für den Transport durch die abgesondert verfolgten Martin G***** und Roman R***** nach Tschechien verlud (Faktum 15 in ON 7);

4. am 25. März 2006 1 Tonne Molybdän und 1 Tonne Ferro-Vanadium im Gesamtwert von 63.262 Euro, indem er die Ware über Aufforderung des abgesondert verfolgten Roman R***** am Werksgelände der Firma B***** AG bereitstellte und in der Folge in den vom abgesondert verfolgten Andreas P***** organisierten Kleintransporter für den Transport des Materials aus dem Werksgelände durch den abgesondert verfolgten Andreas P***** zum Zweck der Verbringung nach Tschechien verlud (Faktum 17 in ON 7).

Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung in Stattgebung der dagegen vom Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Urteil vom 22. Jänner 2007, AZ 15 Os 143/06b, in der rechtlichen Unterstellung der Taten unter § 130 zweiter Fall StGB und demgemäß auch im Strafausspruch auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Grund dafür war ein Rechtsfehler mangels Feststellungen zum Qualifikationsausspruch nach § 130 zweiter Fall StGB. Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl D***** im zweiten Rechtsgang neuerlich - unter nicht angebrachter (deklarativer) Wiederholung des bereits im ersten Rechtsgang in Teilrechtskraft erwachsenen Schuldspruches (Ratz, WK-StPO § 293 Rz 6) - des Verbrechens nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Subsumtion der Taten unter § 130 zweiter Fall StGB richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen seien nicht ausreichend, um die Qualifikation nach § 130 zweiter Fall StGB (Begehung der Diebstähle im Rahmen einer kriminellen Vereinigung) anwenden zu können. So habe das Erstgericht auf Seite 8 des bekämpften Urteils festgestellt, welche Personen bei welchen Angriffen involviert waren und dass dem Angeklagten bewusst gewesen sei, Teil einer Personengruppe zu sein, die wiederholt Diebstähle ausführen werde.

Für die Subsumtion unter § 130 zweiter Fall StGB sei aber das Vorliegen weiterer - „ungeschriebener" - Tatbestandselemente Voraussetzung, zu denen das Erstgericht keine Feststellungen getroffen habe. Dazu beruft sich der Angeklagte auf eine von ihm zusammengefasste, jedoch für die in der Beschwerde vertretene Ansicht nichts austragende Kommentarstelle, indem er ausführt, die kriminelle Zielsetzung der Vereinigung setze „begrifflich eine Interaktion dahingehend" voraus, dass sich „jedes Mitglied dem (festgelegten) Gesamtwillen der Vereinigung so ein- bzw unterordnet (unterwirft), dass alle Mitglieder bei der Ausführung der Tat nach dem Gesamtwillen der Vereinigung mit der Unterstützung durch andere Mitglieder rechnen können" (BS 2).

Damit wird entgegen der nicht aus dem Gesetz abgeleiteten Ansicht des Angeklagten kein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal angesprochen. Zur kriminellen Zielsetzung (vgl Plöchl in WK² § 278 Rz 11 ff) hat aber das Erstgericht ohnedies, worüber die Beschwerde hinweggeht, die Willensausrichtung des Angeklagten konstatiert, dass es durch seine Mitarbeit zu einem Zusammenschluss seiner Person mit den übrigen im Urteil genannten Personen zum Zweck der Begehung mehrerer Diebstähle kommen würde (US 9); weiters ist im Urteil auch die Feststellung zu finden, dass der Zusammenschluss, an dem sich der Angeklagte beteiligte, zwecks Begehung mehrerer Diebstähle zu verschiedenen Zeiten „jedenfalls auf eine gewisse Dauer angelegt" war (US 14).

Angesichts dieser Konstatierungen gehen die Einwände, die Urteilsannahmen des Erstgerichts seien hinsichtlich „des objektiven Tatbestandsmerkmals der Bandenverbindung" nicht ausreichend und das Erstgericht habe es unterlassen festzustellen, dass es zur Bildung einer kriminellen Vereinigung unter Einbeziehung des Angeklagten gekommen sei, am festgestellten Sachverhalt vorbei. Der weitere Einwand, das Erstgericht habe keine Konstatierungen dahingehend getroffen, dass dem Angeklagten der Beitritt zu einer „kriminellen Organisation" und die Begehung von Straftaten als deren Mitglied bewusst gewesen sei (BS 3), geht von einem nach § 130 zweiter Fall StGB (im Hinblick auf § 278 Abs 2 StGB) gar nicht geforderten Tatbestandsmerkmal aus (vgl demgegenüber den hier nicht aktuellen § 278a StGB). Sofern das Vorbringen aber auf die Intentionen des Angeklagten in Ansehung einer kriminellen Vereinigung abstellen sollte, genügt der Hinweis auf die ohnedies dazu getroffenen Feststellungen (US 9, 14).

Angesichts dieser Konstatierungen geht der Einwand mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite beim Angeklagten im Hinblick auf „Vereinbarungen" des Roman R***** „mit den übrigen Mittätern" an den Entscheidungsgründen vorbei.

Welche weiteren Urteilsannahmen der Angeklagte mit Blick auf § 130 zweiter Fall StGB vermisst, legt die Beschwerde nicht dar. Die in der Beschwerde teilweise übergangenen Feststellungen reichen übrigens aus, um den Sachverhalt nach § 130 zweiter Fall StGB zu qualifizieren, auch wenn die Konstatierungen im Urteil an verschiedenen Stellen verstreut zu finden sind.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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