OGH 13Os101/07p

OGH13Os101/07p7.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. November 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maschler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Konrad K***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 27. September 2006, GZ 38 Hv 50/06x-70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Konrad K***** mehrerer, teils beim Versuch nach § 13 FinStrG verbliebener Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt. Danach hat er in Salzburg als Geschäftsführer der C***** GesmbH vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen und Nichtentrichtung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer jeweils für die Jahre 1990 bis 1997 sowie Abgabe unrichtiger Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1990 bis 1993 infolge Nichterfassen von Betriebserlösen und unterlassener Offenlegung kapitalertragsteuerpflichtiger Ausschüttungen Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar (im Urteil für die einzelnen Jahre jeweils gesondert ausgewiesen) an Umsatzsteuer 8,130.711 S (ds 590.881,81 Euro), an Körperschaftsteuer 6,570,055 S (ds 477.464.51 Euro), an Gewerbesteuer 1,562,145 S (ds 113.525,50 Euro) und an Kapitalertragsteuer 8,071.123 S (ds 586.551,38 Euro), insgesamt daher Abgaben von 24,334.034 S (ds 1,768.423,20 Euro), wobei die Tat bezüglich der Umsatzsteuer für das Jahr 1997 im Ausmaß von 1,037.280 S (ds 75.382,08 Euro) und der Körperschaftsteuer für das Jahr 1997 im Ausmaß von 885.594 S (ds 64.358,62 Euro) beim Versuch geblieben ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der beiden Anträge (S 216, 264/II) auf „Einholung eines Buchsachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die wahre wirtschaftliche Lage und die wahre finanzielle Lage der C***** GesmbH der von der Finanzbehörde vorgenommenen Schätzung bei weitem nicht entspricht, wobei das Gutachten auf Basis des Gutachters A***** erstellt werden möge", und weiters auf „Beischaffung der Betriebsprüfungsunterlagen betreffend die Betriebsprüfung der Gesellschaft C***** GesmbH für den Zeitraum 1987 bis 1989 zum Beweis dafür, dass die Nichtaufnahme der Erlöse der im Lokal C***** tätigen Prostituierten von der damaligen Betriebsprüfung nicht beanstandet wurde", Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Im Beweisbegehren muss, soweit dies nicht auf der Hand liegt, angegeben werden, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des angestrebten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dies - sofern es nicht offensichtlich ist - für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist. Die Begründung muss dabei um so eingehender sein, je fraglicher die Brauchbarkeit des geforderten Verfahrensschrittes im Lichte der übrigen Beweisergebnisse ist (vgl RIS-Justiz RS0099453 und RS0107040). Genügt ein Beweisantrag diesen Anforderungen nicht, so liegt ein unzulässiger Erkundungsbeweis vor (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Den erforderlichen Kriterien wird das in Rede stehende Beweisbegehren nicht gerecht.

Der erstangeführte Antrag bezeichnet das Beweisthema lediglich pauschal und vernachlässigt mit dem Hinweis auf das in einem Zivilprozess eingeholte Gutachten des Gerichtssachverständigen, dass der im gegenständlichen Strafverfahren als Zeuge vernommene Sachverständige Paul A***** die Vollständigkeit der seinerzeitigen Befundgrundlage nicht bestätigt hat (S 263/II), womit keine Gründe für die behauptete Beweiserwartung erkennbar sind.

Auch das weitere Beweisbegehren zielte auf einen Erkundungsbeweis ab, weil (nach dem einzigen dazu vorliegenden Verfahrensergebnis) der Finanzbeamte der Großbetriebsprüfung Salzburg Gerhard Kl***** mit Beziehung auf eine bereits für den Zeitraum 1987 bis 1989 bei der in Rede stehenden Gesellschaft durchgeführte Betriebsprüfung von einer daraus resultierenden Nachzahlung berichtete (S 257 f/II) und eine „Nichtbeanstandung" unterbliebener Deklarierung von Erlösen der Prostituierten nicht zu bestätigen vermochte. Davon abgesehen ist der unter Beweis gestellte Umstand für die Schuld- und die Subsumtionsfrage irrelevant und wurde der - entgegen dem Neuerungsverbot erst in der Beschwerdeschrift vorgebrachte und daher unbeachtliche (RIS-Justiz RS0099163) - Aspekt eines daraus resultierenden Fehlens eines auf Abgabenhinterziehung gerichteten Vorsatzes nicht einmal vom Angeklagten behauptet.

Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt vor, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ. Demgegenüber hat sich der Schöffensenat der Beschwerdekritik zuwider mit dem in einem zivilgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten des Sachverständigen Paul A***** (Beil ./A zur ON 65) und dessen Zeugenaussage sehr wohl auseinandergesetzt (US 15 f) und haben die Tatrichter die Verantwortung des Angeklagten, die von den im Etablissement tätigen Prostituierten erwirtschafteten Umsatzerlöse seien der C***** GesmbH nicht zuzurechnen, eingehend erörtert und mängelfrei dargelegt, weshalb sie dieser Ansicht nicht gefolgt sind (US 11 ff).

Mit der Behauptung fehlender Nachvollziehbarkeit der festgestellten strafbestimmenden Wertbeträge - die das Schöffengericht ohne Verstoß gegen Denkgesetze und empirische Erfahrungssätze aus den Ergebnissen der Betriebsprüfung der Finanzverwaltung, den Angaben des Zeugen Gerhard Kl***** und den dem Strafverfahren zu Grunde liegenden rechtskräftigen Abgabenbescheiden abgeleitet hat (US 16, 19) - wird eine offenbar unzureichende Entscheidungsbegründung nicht einmal behauptet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444). Auch indem die Rüge - ohne eine zur gesetzeskonformen Ausführung erforderliche substantielle Orientierung an den Entscheidungsgründen (US 17; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394) - die Feststellungen zur subjektiven Tatseite mit eigenständigen Schlüssen aus Verfahrensergebnissen kritisiert, bekämpft sie bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung. Mit dem Einwand eines Widerspruchs zwischen der - auf Angaben des Zeugen Gerhard Kl***** gegründeten (S 261/II) - Urteilsannahme, wonach Zahlungen der Gesellschaft an Prostituierte bei Ermittlung der Körperschaftsteuer von der Finanzverwaltung berücksichtigt wurden (US 8), und den Ergebnissen der Betriebsprüfung wird ein Begründungsmangel aus Z 5 dritter Fall nicht einmal behauptet (wobei im Übrigen auch nach dem Betriebsprüfungsbericht [S 379, 403/I] Zahlungen an Prostituierte gemäß den sichergestellten Grundaufzeichnungen bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben veranschlagt wurden).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit der zusammenfassenden Wiederholung des Vorbringens in der Mängelrüge keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen. Ebenso wenig wird in der Aufklärungsrüge mit dem Hinweis auf die (aus Z 4 beanstandete) Abweisung von Beweisanträgen eine Verletzung der Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung - der aus Z 5a nur im Falle einer Hinderung des Angeklagten an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, Relevanz zukommen kann (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480) - dargetan.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt mit der Kritik an der Zurechnung der von den Prostituierten erwirtschafteten Entgelte zur Gesellschaft die gebotene Orientierung an den Urteilsfeststellungen, wonach sämtliche Kundenerlöse für die solcherart von der GmbH erbrachten Leistungen von dieser vereinnahmt wurden (US 7, 9, 14; siehe dazu das zum gegenständlichen Abgabenverfahren ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. September 2005, Zl 2003/15/0147, ON 53). Auch indem die Beschwerde Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 9, 20) bestreitet und weiters nicht darlegt, welche von ihr vermissten „Feststellungen des wesentlichen Sachverhaltes" zu treffen gewesen wären, verfehlt sie die Ausrichtung am Verfahrensrecht.

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), die mit der Reklamation von eine Tatbeurteilung nach § 34 Abs 1 FinStrG ermöglichenden unzureichenden Feststellungen zu einem auf Abgabenhinterziehung gerichteten Vorsatz neuerlich die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite negiert und nicht erklärt, weshalb behauptete Widersprüche in den Urteilsannahmen zu den - jedenfalls - fehlenden Voraussetzungen eines Vorsteuerabzuges (§ 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994) die im Ersturteil vorgenommene rechtliche Tatunterstellung (oder, unter dem Aspekt einer intendierten Anfechtung aus Z 11 erster Fall iVm Z 5 dritter Fall die Feststellungen zum strafbestimmenden Wertbetrag) in Frage stellen sollten.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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