OGH 5Ob229/07y

OGH5Ob229/07y6.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Ö***** AG, *****, vertreten durch die Ö*****, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Löschung der Ersichtlichmachung eines Superädifikats ob EZ 7239 Eisenbahnbuch Teileinlage für die KG *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. August 2007, AZ 46 R 486/07x, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 30. Mai 2007, AZ Uh 14/07, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

In der EZ 7239, 02001 Eisenbahnbuch, Teileinlage für die KG ***** wird die Löschung der Ersichtlichmachung des Superädifikats auf Grundstück .1151 und 449/18 bewilligt.

Hievon sind zu verständigen:

  1. 1.) Ö***** AG,*****,
  2. 2.) Ö***** GmbH, *****,
  3. 3.) Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien.

Text

Begründung

Auf der im Eigentum der Antragstellerin stehenden Liegenschaft EZ 7239 Grundbuch 02001 Eisenbahnbuch, Teileinlage für die KG *****, ist unter A2-LNR 1a EisB Rv 126/1937, EisB Rv 259/1957 das Recht des Superädifikats auf Grundstück .1151 und 449/18 (Urkunde bei EisB 2122/63) ersichtlich gemacht.

Dieses Bauwerk existiert nicht mehr.

Am 25. 5. 2007 regte die Antragstellerin in einer als „Grundbuchsgesuch" titulierten Eingabe die Löschung der Ersichtlichmachung dieses Superädifikats an. Dazu legte sie das Protokoll des öffentlichen Notars Dr. Wolfgang Milz vom 20. 3. 2007, GZ 292 vor.

Dieses Protokoll hat folgenden Inhalt:

„Aufgenommen am 20. 3. 2007 von mir, Dr. Wolfgang Milz, öffentlicher Notar mit dem Amtssitz in 9500 Villach, Kärnten, Widmanngasse 43 über den heute auf der Liegenschaft B***** in V***** stattgefundenen Lokalaugenschein über Ersuchen und in Gegenwart von Herrn Dr. Harry K*****, als bevollmächtigter Vertreter der Ö***** AG ***** (Firmenbuchnummer *****).

Im Zusammenhalt und Vergleich mit dem Vermessungsplan aus dem Jahr 1936 sowie dem aktuellen Katasterplan laut Teilungsurkunde vom 7. 7. 2005, GZ 1123/05 des Magistrats V***** über die Grundstücke .1151 sowie 449/18 je Katastralgemeinde V***** (und weitere), welche diesem Protokoll in Abschrift angeschlossen werden, wird festgestellt, dass das mittels Anmeldungsbogen Nr 8/1936 der Katastralgemeinde V***** im Grundbuch 02001 Eisenbahnbuch Bezirksgericht Innere Stadt Wien, EZ 7239 ersichtlich gemachte Superädifikat auf Grundstück .1151 und 449/18 nicht mehr existent ist.

Hierüber wurde dieses Protokoll aufgenommen und nach Verlesung und Richtigbefund von mir Notar und der ersuchenden Partei unterschrieben ...." (Es folgt eine Beurkundung von Vollmachten sowie die zitierten Katasterpläne aus 1936 und 2005).

Das Protokoll ist unterfertigt vom öffentlichen Notar und Dr. K*****. Das Erstgericht wies den „Antrag" auf Löschung der Ersichtlichmachung des Bauwerks ab.

Zur Beurteilung eines grundbücherlichen Ansuchens sei der Zeitpunkt seines Einlangens beim Grundbuchsgericht maßgeblich. Alle notwendigen Urkunden und Beilagen müssten daher bereits zu diesem Zeitpunkt so vorliegen, dass das Gesuch positiv erledigt werden könne, weil zufolge § 95 GBG über diesen Antrag ohne Zwischenerledigung zu entscheiden sei und ein Verbesserungsauftrag gesetzwidrig wäre. Das vorgelegte Protokoll reiche als Nachweis des Nichtbestehens des Superädifikats nicht aus. Das habe zur Abweisung des Antrags zu führen.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es begründete die Abweisung in rechtlicher Hinsicht wie folgt:

Die gegenständliche Eintragung (Ersichtlichmachung) sei auf Grund eines Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes gemäß § 18 UHV 1927 erfolgt, welche Bestimmung allerdings durch das Inkrafttreten des UHG am 1. 6. 1974 außer Kraft gesetzt worden sei.

Die Bestimmung des § 18 UHV 1927 habe wie folgt gelautet:

Abs 1: Wenn die Vermessungsbehörde mittels Anmeldungsbogens anzeigt, dass auf einer im Grundbuch eingetragenen Liegenschaft ein nach § 435 ABGB zu beurteilendes Bauwerk errichtet wurde, ist ohne Rücksicht darauf, ob bezüglich dieses Bauwerks Urkunden schon hinterlegt wurden oder nicht, im Gutsbestandsblatt ersichtlich zu machen, dass die Errichtung eines Bauwerks im Sinn des § 435 ABGB auf der bestimmten Bauarea angezeigt wurde.

Abs 2: Diese Ersichtlichmachung ist zu löschen, wenn im Einvernehmen aller beteiligten Personen oder im ordentlichen Rechtsweg festgestellt wird, dass auf der Liegenschaft kein nach § 435 ABGB zu beurteilendes Bauwerk sich befindet. Hievon ist das Bezirksvermessungsamt zu verständigen."

Dem gegenständlichen Antrag und dem vorgelegten notariellen Protokoll lasse sich nicht entnehmen, welches Superädifikat auf den genannten Grundstücken errichtet gewesen sei und wem hieran Rechte zustünden bzw zugestanden seien. Daher könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass das ersichtlich gemachte Superädifikat nicht mehr existent sei. Schließlich könnten Superädifikate in der typischen labilen Bauweise vorübergehend woanders aufgestellt sein. Dem Antrag sei nicht zu entnehmen, ob zu dem ersichtlich gemachten Bauwerk Urkunden existierten, die in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden aufgenommen worden seien. Des weiteren nehme der Antrag in keiner Weise Bezug auf die in der Eintragung selbst erwähnte Urkunde EisB 2122/63. Sofern aus diesen Urkunden Rechteinhaber des gegenständlichen Superädifikats hervorgingen, müssten diese entweder den Untergang des Superädifikats bestätigen oder aber ihre Zustimmung zur Löschung der Ersichtlichmachung erklären. Zum Nachweis, dass das Eigentum an dem ersichtlich gemachten Bauwerk untergegangen sei, reiche das notarielle Protokoll nicht aus. Es könne daher nicht gewährleistet werden, dass durch die Löschung der bücherlichen Eintragung nicht Rechte beteiligter Personen beeinträchtigt würden. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Voraussetzungen für die Löschung der Ersichtlichmachung eines Bauwerks nach § 19 Abs 3 UHG vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen und Löschung der Ersichtlichmachung des bezeichneten Superädifikats; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zwecks Verfahrensergänzung durch das Gericht zweiter, in eventu das Gericht erster Instanz gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig. Er ist auch berechtigt. Zunächst ist die Rechtsmittellegitimation der Liegenschaftseigentümerin aus folgenden Erwägungen zu bejahen:

Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, ist auf die Frage der Löschung der Ersichtlichmachung eines Bauwerks, auch wenn diese nach § 18 Abs 1 UHV BGBl 1927/236 erfolgte, nicht mehr die Bestimmung des § 18 Abs 2 UHV 1927 anzuwenden, sondern § 19 Abs 3 UHG. Demnach ist die Ersichtlichmachung des Bauwerks im Grundbuch zu löschen, wenn dem Grundbuchsgericht bekannt wird, dass das selbständige Eigentum am Bauwerk untergegangen ist. Obwohl sich ein Antragsrecht der gesetzlichen Bestimmung nicht entnehmen lässt und im vorliegenden Fall ein solcher Antrag auch gar nicht gestellt wurde, die „Antragstellerin" regte vielmehr nur die amtswegige Löschung der Ersichtlichmachung an, ist doch beachtlich, dass die Existenz eines Superädifikats für den Liegenschaftseigentümer eine Belastung des Grundstücks darstellt. So wird dem Grundeigentümer gegen eine Urkundenhinterlegung, die sein Eigentum zu Unrecht mit einem Bauwerk im Sinn des § 435 ABGB belastet, eine Löschungsklage analog § 61 GBG zugestanden (3 Ob 516/90 = JBl 1991, 238 = SZ 63/100 = NZ 1992, 6; 9 Ob 112/03s). § 19 UHG soll dem Grundeigentümer die Handhabe bieten, eine Ersichtlichmachung im Grundbuch zu verhindern bzw zu beseitigen (RIS-Justiz RS0037897). F. Bydlinski in „Das Recht der Superädifikate", S. 63, fordert überhaupt eine Adaption des UHG unter anderem dahin, dass dem Liegenschaftseigentümer ein Antragsrecht auf Löschung zuerkannt werden müsste. Diesem Gedanken ist der Gesetzgeber nicht nahe getreten, weshalb § 19 Abs 3 UHG tatsächlich nicht erkennen lässt, wie es dem Grundeigentümer möglich sein soll, eine im Grundbuch vorgenommene Ersichtlichmachung eines Bauwerks wieder zu beseitigen. Dem kann nur dadurch Rechnung getragen werden, dass dem Grundeigentümer im Sinn des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG 2005 (vgl § 9 AußStrG 1854) eine Rechtsmittelbefugnis zuerkannt wird, wenn das Grundbuchsgericht der Bestimmung des § 19 Abs 3 UHG zuwider eine Löschung der Ersichtlichmachung eines Bauwerks verweigert (vgl 5 Ob 81/85 = NZ 1986, 93/86; Bittner in Kletecka/Rechberger/Zitta, Grundbuch und Urkundenhinterlegung beim Superädifikat Rz 105). Tatsächlich liegt keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Voraussetzung der Löschung einer Ersichtlichmachung nach § 19 Abs 3 UHG vor.

Damit erweist sich das vorliegende Rechtsmittel als zulässig. Das Eigentum an sonderrechtsfähigen Superädifikaten (Überbauten) erwirbt der Bauführer zufolge § 435 ABGB originär durch Bauführung, ohne dass es eines Aktes der Publizität bedürfte. Eine Hinterlegung nach dem UHG ist in diesem Fall weder notwendig noch rechtlich zulässig (3 Ob 6/96 = NZ 1997, 328; 5 Ob 36/00f = WoBl 2001/13). Erst zu einer Übertragung des Eigentums am Bauwerk ist der spezielle sachenrechtliche Modus der Urkundenhinterlegung notwendig (1 Ob 907/34 = SZ 17/2; 1 Ob 99/53 = SZ 26/83; F. Bydlinski aaO 24; Spielbüchler in Rummel3 Rz 1 zu § 435 ABGB).

Während nach geltender Rechtslage zufolge § 19 Abs 1 UHG bei Unterlassung einer Ersichtlichmachung nach § 7 Abs 1 Z 2 UHG die Ersichtlichmachung eines Superädifikats nach § 19 Abs 1 UHG vorzunehmen ist (über Antrag des Bauwerkseigentümers mit Zustimmung des Liegenschaftseigentümers), war nach alter Rechtslage (§ 18 Abs 1 UHV 1927) die Ersichtlichmachung durch Anzeige des Vermessungsamts vorgesehen, eine Möglichkeit die nun nicht mehr besteht (5 Ob 106/90 = NZ 1992, 117/233 mit Anm Hofmeister). Dabei hat im Verfahren zwar ungeprüft zu bleiben, ob das Bauwerk überhaupt rechtlich existent ist, doch muss die bereits erfolgte Errichtung des Bauwerks in der vorgelegten Urkunde zumindest behauptet werden (Hofmeister in NZ 1992, 260). Der Antrag ist dann abzuweisen, wenn sich durch die Urkunden ergibt, dass das Bauwerk nicht errichtet ist (NZ 1992, 257 f [Hofmeister]).

Ist ein Superädifikat untergegangen - das natürliche Ende eines Überbaus ist dessen Beseitigung (vgl Spielbüchler in Rummel3 Rz 1 zu § 435 ABGB) - kann der Liegenschaftseigentümer beantragen, dass eine Urkunde zur Feststellung des Nichtbestehens des Rechts eingereiht wird. Wird das Bauwerk vom Grundeigentümer erworben, ist die Hinterlegung einer entsprechenden Urkunde bei Gericht notwendig, damit die Ersichtlichmachung des Bestehens des Bauwerks gelöscht werden kann (vgl 1 Ob 513/93 = NZ 1994, 15; 5 Ob 73/93 = NZ 1994, 140; Bittner aaO Rz 104).

Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin den Weg gewählt, eine Beurkundung eines öffentlichen Notars über tatsächliche Vorgänge im Sinn der §§ 76 Abs 1 lit l und 88 Abs 1 und 2 NO darüber vorzulegen, dass sich auf der Liegenschaft kein Superädifikat (mehr) befindet. Nach dieser Bestimmung kann der Notar nicht nur Vorgänge, sondern auch von ihm wahrgenommene Tatsachen beurkunden, aus welchen Rechte abgeleitet werden sollen (Wagner/Knechtel NO6 Rz 1 f zu § 88 NO). Dass der Tatsache, dass sich auf der Liegenschaft kein Superädifikat mehr befindet, Rechtserheblichkeit zukommt, geht aus den obigen Ausführungen hervor. Damit wurde, womit der Revisionsrekurs zutreffend argumentiert, dem Grundbuchsgericht „bekannt" im Sinn des § 19 Abs 3 UHG, dass das selbständige Eigentum am Bauwerk untergegangen ist. Die Forderung des Rekursgerichts, die Liegenschaftseigentümerin habe Urkunden vorzulegen, in denen der Rechteinhaber des Superädifikats entweder den Untergang des Superädifikats bestätige oder seine Zustimmung zur Löschung der Ersichtlichmachung erkläre, findet keine Grundlage in § 19 Abs 3 UHG. Dass der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn sich die Liegenschaftseigentümerin auf Vertrag oder Verzicht berufen hätte, muss hier nicht erörtert werden.

Durch die notarielle Beurkundung des Nichtvorhandenseins eines Bauwerks steht fest, dass das Superädifikat untergegangen ist. Spruchgemäß war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der Liegenschaftseigentümerin die Löschung der Ersichtlichmachung des Bauwerks im Grundbuch zu bewilligen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte