OGH 3Ob6/96

OGH3Ob6/9626.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. mj. Stefan V***** und 2. mj. Christian V*****, beide vertreten durch ihre Mutter Annemarie V*****, diese vertreten durch Dr.Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Leopold H*****, und 2. W*****, beide vertreten durch Dr.Johannes Sääf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit von Exekutionen, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 26.Juni 1995, GZ 46 R 352/95-21, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Groß-Enzersdorf vom 30.Dezember 1994, GZ 1 C 435/94-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Im Zuge von Exekutionen, die von den beklagten Parteien zur Hereinbringung von S 103.210,-- bzw S 304.574,74 je sA geführt werden, wurde ein als Superädifikat bezeichnetes Gebäude gepfändet und am 28.4.1994 versteigert. Der Versteigerungserlös von S 312.500,-- wurde vom Erstgericht mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 30.6.1994 verteilt, jedoch noch nicht an die Berechtigten ausgefolgt.

Mit der beim Erstgericht am 9.6.1994 eingelangten, pflegschaftsbehördlich genehmigten Klage begehrten die Kläger den Ausspruch, daß die von den beklagten Parteien geführten Exekutionen unzulässig seien. Sie seien Pächter des Grundstücks, auf dem sich das versteigerte Gebäude befinde. Es sei ihnen die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung des Gebäudes erteilt und es sei von ihnen auch der Auftrag zu dessen Errichtung erteilt worden, weshalb ihnen daran das Eigentumsrecht zustehe.

Die beklagten Parteien wendeten ein, daß ihnen der Auftrag von der Mutter der Kinder, der Verpflichteten in den Exekutionsverfahren, erteilt worden sei. Diese sei immer im eigenen Namen aufgetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:

Die beiden (nach dem Akteninhalt am 26.12.1977 und 1.2.1980 geborenen) Kläger sind auf Grund eines am 14.4.1989 geschlossenen, pflegschaftsbehördlich genehmigten Pachtvertrages Pächter des Grundstücks, auf dem der versteigerte Badebungalow steht. Vor dessen Errichtung wurde am 24.7.1989 eine Bauverhandlung durchgeführt, an der die Mutter der Kinder, die Bauwerber waren, als deren Vertreterin teilnahm. Mit Bescheid der zuständigen Baubehörde wurde den Klägern die Bewilligung zur Errichtung eines Badebungalows erteilt. In dem dem Bauverfahren zugrunde gelegten Einreichplan wird als Bauwerber die Mutter der Kläger und werden als "Grundeigentümer" diese angeführt.

Nachdem sich die Mutter der Kläger zur Fertigstellung des im Pfusch errichteten Rohbaus mit dem Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei in Verbindung gesetzt hatte, erstellte dieser einen Kostenvoranschlag für die zur Fertigstellung des Gebäudes erforderlichen Baumeisterarbeiten. Über seine Vermittlung geschah dies auch durch den Erstbeklagten für die Spenglerarbeiten. Der Auftrag zur Fertigstellung wurde beiden beklagten Parteien von der Mutter der Kläger erteilt. Diese trat bei der Auftragserteilung an den Erstbeklagten immer so auf, als handle sie im eigenen Namen, und gab auch bei der Auftragserteilung an die zweitbeklagte Partei keinerlei Hinweis darauf, daß der Bungalow letztlich für die Kläger gebaut werde und sie nur als Vertreterin handle.

Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß die Exszindierungsklage trotz der Versteigerung der von der Klage betroffenen Sache noch zulässig sei, weil das Meistbot noch nicht ausgefolgt wurde. Bei den mit den beklagten Parteien geschlossenen Verträgen handle es sich um Werklieferungsverträge nach § 381 Abs 2 HGB. Zum Erwerb des Eigentums an den von den Unternehmern zur Verfügung gestellten Materialien bedürfe es demnach einer Eigentumsübertragung. Da der Auftrag zur Fertigstellung des Gebäudes, der auch die Lieferung von Rohmaterial eingeschlossen habe, von der Mutter der Kläger erteilt worden sei, habe diese das Eigentum an dem fertiggestellten Gebäude erworben.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung der Kläger dieses Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Da der von der Klage betroffene Gegenstand bereits verkauft sei, sei das auf Unzulässigerklärung der Exekution gerichtete Begehren verfehlt. Dazu komme, daß während des Prozesses der rechtskräftig gewordene Verteilungsbeschluß gefaßt worden sei und daß ein Teil der Rechtsprechung (ZBl 1933, 94) in einem solchen Fall die Zulässigkeit der Widerspruchsklage verneine. Selbst wenn man sich dieser Auffassung nicht anschließe, hätten die Kläger das Klagebegehren aber zumindest gemäß § 235 Abs 4 ZPO (gemeint: auf Ausfolgung des Erlöses) "umstellen" müssen. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage, welche Bedeutung die Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses für die Exszindierungsklage habe, eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und zur Notwendigkeit der "Umstellung" des Klagebegehrens auf Ausfolgung des Erlöses überhaupt eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Klägern gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene Revision ist berechtigt.

Zur Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Exekution mit der Exszindierungsklage nach § 37 EO bekämpft werden kann, liegt zwar entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes eine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, die sich auch mit den im Schrifttum hiezu vertretenen Meinungen deckt. Hievon weicht die Entscheidung des Berufungsgerichtes ab. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich bereits wiederholt ausgesprochen, daß die Exszindierungsklage bis zur Einstellung oder Beendigung der Exekution eingebracht werden

könne (JUS Z 1991/904; RPflE 1990/101; JBl 1987, 666 = RZ 1987/67; SZ

53/112 = JBl 1981, 330) und daß eine Exekution (erst) beendet ist,

wenn sie durch Vollzugsmaßnahmen zum Erfolg geführt hat (JBl 1987, 666 = RZ 1987/67; SZ 53/112 = JBl 1981, 330). Für die Fahrnisexekution wurde überdies bereits in der Entscheidung SZ 24/102 ausgesprochen, daß die Einbringung einer Widerspruchsklage bis zur Ausfolgung des Meistbots zulässig sei. All dies entspricht auch den im Schrifttum vertretenen Meinungen (Heller/Berger/Stix I 472; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 168 f; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 379). Aus der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung ZBl 1933/94 ergibt sich ausdrücklich nichts Gegenteiliges, weil dort nur zur Frage Stellung genommen wurde, ob die Exszindierungsklage noch nach der Versteigerung des hievon betroffenen Gegenstands eingebracht werden kann, und diese Frage mit dem Hinweis bejaht worden ist, daß an die Stelle der zu versteigernden Sachen deren Erlös getreten und das vom Exekutionsverfahren umfaßte Verteilungsverfahren erst mit der Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses beendet sei; zur Frage, ob die Exszindierungsklage auch noch nach diesem Zeitpunkt erhoben werden kann, wurde jedoch nichts gesagt.

Aus der dargestellten Rechtsprechung ergibt sich aber auch, daß die Meinung des Berufungsgerichtes, das Klagebegehren einer Exszindierungsklage müsse nach dem Verkauf der hievon betroffenen Sachen "umgestellt" (gemeint anscheinend: auf Ausfolgung des Verkaufserlöses geändert) werden, unzutreffend ist. Sonst wäre es nämlich nicht zu erklären, daß die Möglichkeit bejaht wurde, die Klage bis zur Ausfolgung des Verkaufserlöses einzubringen. Die Unrichtigkeit der Ansicht des Berufungsgerichtes zeigt die Überlegung, daß von einem Gläubiger, dem der Erlös noch nicht zugegangen ist, nicht dessen Ausfolgung verlangt werden kann, zumal nicht feststeht, ob er ihn überhaupt erhält. Wird dem Begehren der Exszindierungsklage, das auf den Ausspruch, daß die Exekution (gegebenenfalls bezüglich bestimmter Exekutionsobjekte) unzulässig ist, zu lauten hat (JUS Z 1994/1496), rechtskräftig stattgegeben, so ist die Exekution gemäß § 37 Abs 4 EO einzustellen. Die Einstellung führt dazu, daß bei Gericht verwahrte Sachen oder ein beim Verkauf gepfändeter Sachen erzielte Erlös dem Verpflichteten auszufolgen sind (SZ 14/95), wobei ein bereits erlassener Verteilungsbeschluß durch die Einstellung seine Wirksamkeit zumindest gegenüber den betreibenden Gläubigern verliert, wenngleich er rechtskräftig geworden ist. Dies folgt daraus, daß das Pfandrecht der betreibenden Gläubiger bei der Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Einleitungssatz EO aufzuheben ist und daher erlischt. Es eröffnet somit auch der Verteilungsbeschluß demjenigen, dem ein Recht zusteht, das die Exekution unzulässig macht, nicht die Möglichkeit, die betreibenden Gläubiger auf Ausfolgung des ihnen zugewiesenen Betrages zu klagen. Erst wenn ihnen dieser zugekommen ist, kann eine solche Klage mit Erfolg erhoben werden (SZ 16/114). Will der Exszindierungskläger seine Rechte auch gegenüber dem Verpflichteten geltend machen, muß er von der im § 37 Abs 2 EO vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, die Klage zugleich gegen den betreibenden Gläubiger und den Verpflichteten zu richten.

Liegen demnach die vom Berufungsgericht angenommenen Abweisungsgründe nicht vor, so ist zu prüfen, ob die Kläger eine Recht bewiesen haben, das die Vornahme der Exekutionen unzulässig macht. Hiezu ist unbestritten und nach den Verfahrensergebnissen davon auszugehen, daß es sich bei dem den Gegenstand der Klage bildenden Bauwerk um ein Superädifikat handelt. Da der erste Eigentümer eines Superädifikats dieses originär durch die Bauführung erwirbt, ohne daß die Hinterlegung einer Urkunde notwendig oder auch nur zulässig ist (EvBl 1991/75; Miet 38/29; ua Spielbüchler in Rummel2 Rz 1 zu § 435; zulässig ist nur die Einreihung der den originären Erwerb betreffenden Urkunde: EvBl 1991, 75; JUS Z 1995/1697), kommt es hier darauf an, wer das Superädifikat errichtet hat, wenn dies auf Grund eines Werkvertrages geschah, also darauf von wem oder in wessen Namen der Auftrag zur Errichtung erteilt wurde. Dabei ist zwar zu beachten, daß nach dem im Schrifttum und in der Rechtsprechung entwickelten Offenlegungsgrundsatz derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen oder als Organ einer juristischen Person rechtsgeschäftlich handeln will, dies eindeutig zum Ausdruck zu bringen hat. Geschieht dies nicht, gilt das Geschäft als im eigenen Namen geschlossen (RdW 1988, 290; SZ 57/198; SZ 53/138 ua). Etwas anderes gilt aber, wenn dem anderen Teil ohne weiteres oder aus den Umständen erkennbar ist, daß nicht im eigenen Namen gehandelt wird, oder der andere Teil erkennbar auf eine Offenlegung verzichtete (RdW 1988, 290; SZ 57/198 ua).

Unter den dargestellten Gesichtspunkten ist hier von Bedeutung, daß das Bauwerk auf einen Grund errichtet wurde, der von den Klägern mit pflegschaftsbehördlicher Genehmigung und damit wirksam gepachtet wurde. Dies schließt zwar nicht aus, daß ein Dritter ein Superädifikat auf dem Grundstück errichtet. Wenngleich es somit nicht ausreicht, daß die Kläger Pächter des Grundstücks sind, kommt hier dazu noch, daß die Baubewilligung ihnen erteilt wurde. Soweit den Beklagten, denen der Auftrag zur Fertigstellung des bereits im Rohbau vorhandenen Gebäudes erteilt wurde, dies bekannt war, war es für sie auch erkennbar und mußten sie daher davon ausgehen, daß das Gebäude nicht für die Verpflichtete, sondern für die Kläger errichtet werden sollte. Damit ist zwar noch nicht das Eigentumsrecht der Kläger bewiesen, weil es infolge ihrer Minderjährigkeit zum Erwerb des Eigentums notwendig gewesen wäre, daß die Erklärungen, die von der Verpflichteten als ihre gesetzliche Vertreterin abgegeben wurde, pflegschaftsbehördlich genehmigt sind. Es steht nämlich nicht fest, daß dieser Erwerb den Klägern bloß zum Vorteil gereichte (§ 865 ABGB). Dennoch wäre dem Klagebegehren aber stattzugeben, weil die Kläger auf Grund des Verhaltens ihrer gesetzlichen Vertreterin den rechtmäßigen, redlichen und echten Besitz an dem errichteten Gebäude erworben hätten (vgl § 310 ABGB) und ihnen daher der Anspruch aus dem gemäß § 372 ABGB vermuteten Eigentum zustünde. Ein solcher Anspruch steht aber bei der Exszindierungsklage dem Eigentum gleich, soweit der Besitzer den Besitz nicht vom Verpflichteten abgeleitet hat (RPflE 1995/114; JUS Z 1993/1268; EvBl 1993/50). Dies wäre hier aber der Fall, wenn die Verpflichtete bloß im Namen der Kinder gehandelt hätte und dies für die Empfänger der von ihr abgegebenen Erklärungen auch erkennbar war.

Das Erstgericht stellte in diesem Zusammenhang fest, daß dem Einreichplan, der dem Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei ausgefolgt wurde, der Grundeigentümer und der Bauwerber nicht zu entnehmen waren. Diese Feststellung wurde von den Klägern in der Berufung bekämpft und das Berufungsgericht hat sich mit den entsprechenden Ausführungen, von einer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht ausgehend, nicht befaßt. Die Kläger haben auf Grund der aufgenommenen Beweise in der Berufung außerdem die Feststellung begehrt, daß dem Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei der Inhalt des Baubewilligungsbescheides bekannt gewesen ist. Auch darauf ist das Berufungsgericht nicht eingegangen. Da alle diese Umstände nach dem Gesagten wesentlich sind, wird das Berufungsgericht im fortzusetzenden Verfahren die Beweisrüge zu erledigen und das Verfahren in dem angeführten Punkt zu ergänzen haben.

Zu bemerken bleibt noch, daß es ausreicht, wenn nur die Errichtung eines Teiles des Gebäudes den Klägern und der übrige Teil der Verpflichteten zuzuordnen ist. In diesem Fall wäre gemäß § 415 ABGB Miteigentum anzunehmen, was ebenfalls zum Widerspruch gegen die Exekutionen, die auf das ganze im Miteigentum stehende Gebäude geführt werden, berechtigen würde (GlUNF 4888; Heller-Berger-Stix I 455 f; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 375; Feil, EO3, Rz 5 zu § 37 EO; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4, 164; vgl SZ 9/220). Sollte die vorzunehmende Ergänzung des Verfahrens zum Ergebnis haben, daß den Klägern auf Grund der beklagten Parteien erteilten Aufträge kein Anspruch aus dem vermuteten Eigentum zusteht, wäre überdies noch zu beachten, daß die von den beklagten Parteien ausgeführten Arbeiten nur zur Fertigstellung eines bereits vorhandenen Rohbaues dienten. Es wäre dann unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze zu klären, ob den Klägern zumindest bezüglich eines Teiles dieses Rohbaues ein Anspruch aus dem vermuteten Eigentum zusteht, weil auch dies die Stattgebung des Klagebegehrens zur Folge hätte, da auf Miteigentums- anteile des Verpflichteten an beweglichen körperlichen Sachen die Exekution nicht nach den §§ 249 ff EO, sondern nach den §§ 331 ff EO zu führen wäre (Jud. 35 neu).

Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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