OGH 8Ob68/07v

OGH8Ob68/07v18.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bank ***** AG, *****, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Clemens Dallinger, Rechtsanwalt, Schulerstraße, 1010 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Sch***** GmbH, wegen EUR 57.172,49 sA, über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2007, GZ 3 R 13/07i-15, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. November 2006, GZ 21 Cg 34/06w-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass - unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung der Punkte 2. und 3. des Klagebegehrens - das Ersturteil zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 6.852,02 (darin EUR 752,52 USt und EUR 2.337,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 16. 1. 2002 wurde über das Vermögen der Sch***** GmbH der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt.

Mit Kaufvertrag vom 16. 12. 2003 veräußerte der Beklagte, der gemäß § 6 Abs 2 UStG für die Umsatzsteuerpflicht dieses Rechtsgeschäftes optiert hatte, eine zur Konkursmasse gehörende Liegenschaft freihändig an die P***** GmbH um EUR 14.650.843,37 (EUR 12,233.336,01 Netto-Kaufpreis + EUR 2,417.507,36 USt). Im anschließenden Verteilungsverfahren meldete die Klägerin pfandrechtlich sichergestellte Forderungen von EUR 15,503.551,08 an. Mit Rekursentscheidung vom 26. 11. 2004, 28 R 120/04d, verteilte das Oberlandesgericht Wien den Netto-Kaufpreis und die darauf entfallenden Fruktifikatszinsen wie folgt:

unter Punkt 2. des Klagebegehrens ihr über die

Körperschaftssteuerveranlagung der Gemeinschuldnerin für die

Kalenderjahre 2004 und 2005 Rechnung zu legen; sowie unter Punkt 3.)

ihr den sich auf Grund der Rechnungslegung ergebenden, auf den

Zinsanteil der klagenden Partei von EUR 203.938,10 entfallenden

anteiligen Rückerstattungsbetrag an Kapitalertragssteuer hinsichtlich

der aus dem Zinszuwachs für den, auf dem bei der klagenden Partei

geführten Bankkonto .... belegenen Kapitalbetrag von EUR

12,233.336,01 aus der Veräußerung der Liegenschaft .... zu bezahlen,

wobei die Höhe des Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten wird.

Die Gemeinschuldnerin habe die an den Beklagten im Zuge des Verteilungsverfahrens entrichtete USt von EUR 57.172,49 im Weg des Vorsteuerabzugs (§ 12 Abs 1 UStG) vom Finanzamt zurückerhalten. Dieser Vorsteuerbetrag falle nicht in die gemeinschaftliche Konkursmasse, sondern sei der Sondermasse zuzuordnen und zur Befriedigung der Klägerin als Absonderungsgläubigerin heranzuziehen. Das Zahlungsbegehren unter Punkt 1. werde primär auf Art XII Z 3 EG-UStG 1972, hilfsweise auf Schadenersatz (§ 81 KO) und sonstige denkbare Rechtsgründe gestützt;

in eventu sei der Beklagte verpflichtet, im Konkursverfahren einen Antrag auf Anberaumung einer Nachtragsverteilungstagsatzung zu stellen, damit der gegenständliche Betrag der Klägerin vom Konkursgericht zugewiesen werden könne.

Überdies sei davon auszugehen, dass der Gemeinschuldnerin die auf die Fruktifikatszinsen entfallende KESt im Zug der Körperschaftssteuerveranlagung für die Jahre 2004 und 2005 rückerstattet worden sei, da der Beklagte keine Befreiungserklärung nach § 94 Z 5 lit a EStG abgegeben habe. Auch dieser Erstattungsbetrag sei der Sondermasse zuzuordnen. Die Klägerin sei deshalb zu einer Stufenklage (Punkt 2. und 3. des Klagebegehrens) berechtigt.

Der Beklagte beantragte Abweisung aller Begehren. Die materielle Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses stehe einer inhaltlichen Prüfung der Ansprüche entgegen. Eine analoge Anwendung des Art XII Z 3 EG-UStG 1972 scheide mangels einer Regelungslücke aus. Für Schadenersatzansprüche sei keine Rechtsgrundlage erkennbar. Auch in Bezug auf die KESt, die als direkte Personen-Subjektsteuer die allgemeine Konkursmasse betreffe, stehe der Klägerin kein Anspruch zu.

Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab. Das Zahlungsbegehren unter Punkt 1. scheitere daran, dass eine analoge Anwendung des Art XII Z 3 EG-UStG 1972 in Ermangelung einer Regelungslücke nicht in Betracht komme. Eine nachträgliche Verteilung von Vorsteuererstattungsbeträgen sei im Gesetz nicht vorgesehen, weshalb auch das Eventualbegehren zum Scheitern verurteilt sei. Für die Stufenklage (Punkte 2. und 3. des Klagebegehrens) fehle es an einer Rechtsgrundlage.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Punkte 2. und 3. des Klagebegehrens. Insoweit ist die Entscheidung als von der klagenden Partei unangefochten in Rechtskraft erwachsen; auf die Ausführungen des Berufungserichts zur Teilabweisung ist mangels Relevanz für das Revisionsverfahren nicht näher einzugehen. Hinsichtlich des unter 1.) erhobenen Zahlungsbegehrens gab das Berufungsgericht der Berufung der klagenden Partei hingegen Folge und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von EUR 57.172,49 sA. Art XII Z 3 EG-UStG 1972 solle nach dem Willen des Gesetzgebers sicherstellen, dass sich das Gericht bei der Beurteilung eines Schadenersatz-Bereicherungs- oder Prozesskostenersatzanspruches um umsatzsteuerrechtliche Fragen nicht zu kümmern brauche. Dem Ersatzberechtigten sei daher im Zivilverfahren stets auch die USt zuzuerkennen ohne dass geprüft werden müsste, ob er sie im Weg des Vorsteuerabzuges vergütet erhalten könne. Sobald und soweit der Ersatzberechtigte den Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer abziehen könne, stehe jedoch dem Ersatzpflichtigen gegen den Ersatzberechtigten ein Rückersatzanspruch zu. Der Gesetzgeber wolle damit verhindern, dass ein Ersatzberechtigter (Geschädigter) die an einen Dritten gezahlte USt sowohl vom Ersatzpflichtigen als auch vom Bund im Weg des Vorsteuerabzuges endgültig refundiert erhalte und dadurch bereichert werde.

Im hier zu beurteilenden Fall scheide eine unmittelbare Anwendung des Art XII Z 3 EG-USt 1972 aus. Allerdings teile der Berufungssenat die im Schrifttum (Fellner/Kristen, Umsatzsteuer aus Sondermassekosten - Bemessung des Ersatzanspruches, ZIK 1999, 185) vertretene Ansicht der Klägerin, wonach eine analoge Anwendung des Art XII Z 3 EG-USt 1972 geboten sei. Der Verkaufserlös als Sondermasse sei für die abgesonderte Befriedigung der Klägerin (Pfandgläubigerin) vorgesehen gewesen und durch die in den Sondermassekosten enthaltene USt reduziert worden, wodurch sich der Befriedigungsfonds der Klägerin verringert habe. Dürfte die gemeinschaftliche Konkursmasse, aus der die USt nicht bestritten worden sei, eine Vorsteuerrückvergütung (§ 12 Abs 1 USt) endgültig behalten, hätte sie einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Vermögenszuwachs. Sie wäre besser gestellt, als etwa ein Geschädigter, dem die Rückvergütung gemäß Art XII Z 3 EG-UStG 1972 nicht verbleiben solle; gleichzeitig wäre die Klägerin, zu deren Lasten die USt der Sondermasse entnommen worden sei, schlechter gestellt als etwa ein Schädiger, der die USt im Anwendungsbereich des Art XII Z 3 EG-UStG 1972 nicht endgültig tragen müsse. Nach Auffassung des erkennenden Senates liege daher eine „teleologische" Gesetzeslücke vor, bei der der Gesetzeszweck des Art XII Z 3 EG-UStG 1972 in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgenanordnung dieser Norm auf den hier zu beurteilenden, gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall gebiete. Dem Zahlungsbegehren sei daher stattzugeben. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur analogen Anwendung des Art XII Z 3 EG-USt 1972 bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist im Ergebnis auch berechtigt. Absonderungsgläubiger haben im Konkurs Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus bestimmten mit Absonderungsrechten belastete Sachen des Gemeinschuldners. Soweit ihre Forderung reicht, schließen sie die übrigen Konkursgläubiger gemäß § 48 Abs 1 KO von der Befriedigung aus diesen „Sondermassen" aus. Bei Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteten Sachen bildet der Erlös neuerlich eine Sondermasse (Konecny, ÖBA 1992, 288; SZ 61/46; ZIK 1997, 181 ua). Nach herrschender Meinung und ständiger Judikatur sind auch bei einer außergerichtlichen Verwertung durch den Masseverwalter die Verteilungsvorschriften der EO anzuwenden (Schulyok in Konecny/Schubert, KO § 48 Rz 196 mwH). Die in der Exekutionsordnung geltenden Rangprinzipien sind jedoch gemäß § 49 Abs 1 KO zu Gunsten der Sondermassekosten durchbrochen, weil diese jedenfalls vor allen anderen Ansprüchen zu befriedigen sind (Schulyok aaO § 49 Rz 37). Derartige Sondermassekosten müssen sich auf eine Sondermasse im Sinn des § 48 Abs 1 beziehen und überdies den Tatbestand einer Masseforderung gemäß § 46 erfüllen, die gemäß § 47 Abs 1 aus der Masse zu decken ist, auf die sie sich bezieht. Demnach muss ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Sondermassekosten und dem Absonderungsgut bestehen.

Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung stellt die anlässlich der Verwertung des Sicherungsguts anfallende Umsatzsteuer Kosten der Verwertung im Sinn des § 49 Abs 1 dar, sodass die Umsatzsteuer als Sondermassekosten zu qualifizieren ist (Caganek/Kanduth-Kristen, Insolvenz- und Steuern 2006, 101; Schulyok aaO Rz 43 mwH; 8 Ob 228/00p = SZ 74/103).

Für die umsatzsteuerliche Behandlung von Grundstücksumsätzen bestehen seit 19. 6. 1998 zwei Möglichkeiten:

Der Umsatz ist nach der Grundregel des § 6 Abs 1 Z 9 lit a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Befreiung führt jedoch gemäß § 12 Abs 3 UStG zu einem Ausschluss vom Vorsteuerabzug und allenfalls zu einer Berichtigung des in der Vergangenheit vorgenommenen Vorsteuerabzugs nach den Regeln des § 12 Abs 10 ff UStG (Caganek/Kanduth-Kristen aaO S 100 ff mwH). Die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 ff UStG stellt zwar nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs eine Masseforderung dar (VwGH 19. 10. 1999, 98/14/0143; 25. 11. 1999, 98/15/0185; 30. 7. 2002, 96/14/0105). Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist sie jedoch als Konkursforderung (8 Ob 2244/96z; 8 Ob 144/99f; 8 Ob 226/99i; 8 Ob 85/00h; 8 Ob 37/03d) zu qualifizieren.

Der Unternehmer (im Konkurs des Unternehmens der Masseverwalter) kann aber auch den Umsatz gemäß § 6 Abs 2 UStG als steuerpflichtig behandeln („Option zur Steuerpflicht"); in diesem Fall unterliegt das Gesamtentgelt der Umsatzsteuer. Die Vorsteuern im Zusammenhang mit dem Grundstück bzw Grundstücksumsatz bleiben abzugsfähig. Den Masseverwalter trifft die Verpflichtung gegenüber den Absonderungsberechtigten eine möglichst günstige Verwertung der Sondermasse durchzuführen, überdies ist er den Konkursgläubigern im Sinn des § 81 KO verantwortlich. Sofern im Zug einer steuerfreien Verwertung eine Vorsteuerberichtigung anfallen würde bzw wenn die mit der Verwertung im Zusammenhang stehenden Vorsteuern nicht nur von unwesentlichem Ausmaß sind, wird der Masseverwalter daher im Regelfall von der Option zur Steuerpflicht Gebrauch zu machen haben. In diesem Fall ist die im Zusammenhang mit der Verwertung der Liegenschaft anfallende Umsatzsteuer den Sondermassekosten zuzuordnen, weil hier der sachliche Zusammenhang mit der Verwertung der mit Absonderungsrechten betroffenen Teilen der Konkursmasse evident ist (SZ 74/103 mwH; Kanduth-Kristen „Steuerliche Sonderprobleme bei der Konkursabwicklung" im Insolvenzforum 2004). Die Umsatzsteuer ist daher neben anderen allfälligen Verwertungskosten vor Befriedigung der Absonderungsgläubiger abzuziehen, sodass den Gläubigern nur der Nettoerlös zusteht. Der Masseverwalter hat die Umsatzsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.

Fellner/Kristen (Umsatzsteuer aus Sondermassekosten - Bemessung des Ersatzanspruchs in ZIK 1999, 185 ff) sowie Caganek/Kanduth-Kristen (aaO, S 107 f) vertreten die Auffassung, dass dann, wenn wie im Fall der Option des Masseverwalters gemäß § 6 Abs 2 UStG die Vorsteuer aus den Kosten für die Verwertung abzugsfähig ist, ein Bruttoabzug dieser Kosten als Vorzugspost vor dem Anspruch des Absonderungsgläubigers ohne Berücksichtigung des Vorsteuervergütungsanspruchs nicht gerechtfertigt sei. Der Absonderungsgläubiger müsse schließlich auch den Abzug der Umsatzsteuer (aus den laufenden Erträgen oder dem Verwertungserlös) als Sondermassekosten dulden, sodass eine „Entlastung" um die mit der Sondermasse zusammenhängenden Vorsteuerbeträge nur umso gerechter erscheine. Für die Behandlung der abzugsfähigen Vorsteuer im Rahmen des Verteilungsverfahrens stellen Fellner/Kristen drei Wege zur Diskussion:

1. Die Forderung des Sondermassekostengläubigers werde nur im Umfang des Nettobetrags im Verteilungsbeschluss berücksichtigt. Für diese Variante spreche die Bezeichnung als Sondermassekosten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stelle die Umsatzsteuer (Vorsteuer) bei gegebener Vorsteuerabzugsberechtigung keinen Kostenbestandteil, sondern auf Grund des Rückersatzanspruchs vielmehr einen Durchlaufposten dar. Nur der Nettobetrag der Verwaltungs-, Verwertungs- und Verteilungskosten könne tatsächlichen Kostencharakter haben und damit die Sondermasse endgültig belasten. Zu klären sei diesfalls aber im gerichtlichen Verfahren, ob es sich bei der Kürzung der Sondermassekosten auf den Nettobetrag um eine durch das Konkursgericht oder durch das Exekutionsgericht zu entscheidende Einschränkung der Sondermassekosten handle. Die Klärung dieser schwierigen und zeitaufwendigen Rechtsfrage durch das Konkursgericht sei nicht im Sinn des Gesetzgebers. Außerdem haben im Sinn des § 128 KO Verteilungen so oft stattzufinden, als ein hinreichendes Massevermögen vorhanden sei, weshalb mit der Verteilung nicht bis zur Klärung schwieriger und zeitaufwendiger Rechtsfragen zuzuwarten sei.

2. Der Sondermassekostengläubiger mache seine Forderungen im Umfang des Bruttobetrags geltend, wobei jedoch der Umsatzsteuerbetrag (aus der Sicht der Sondermasse der Vorsteuervergütungsanspruch) den an den Absonderungsgläubiger ausschüttbaren Betrag erhöhe. Für diese Variante spreche der Vergleich mit der Behandlung der Umsatzsteuer aus dem Verwertungserlös. Nach der Praxis erhöhe die Umsatzsteuer, die aus der Veräußerung resultiere, die Verteilungsmasse. Sie müsse, damit sie die Sondermasse und nicht die allgemeine Masse belaste, als Sondermassekosten angemeldet werden. Sinngemäß müsste die in den Sondermassekosten enthaltene Vorsteuer in Höhe des Vergütungsanspruchs den zur Verteilung kommenden Betrag rechnerisch erhöhen. Die Erhöhung des ausschüttbaren Betrags durch die abzugsberechtigte Vorsteuer würde spiegelbildlich der derzeitigen Behandlung der Umsatzsteuer aus dem Verwertungserlös entsprechen. Hinsichtlich jener Sondermassekosten, denen eine Leistung eines Dritten zugrundeliege, die vom Masseverwalter vorschussweise aus der allgemeinen Masse beglichen wurde und hinsichtlich derer der Vorsteuerabzug bereits geltend gemacht worden sei, sei eine Nettorefundierung in die allgemeine Masse zutreffend. Hinsichtlich jener Sondermassekosten, die erst in der Verteilungstagsatzung von dem Dritten angemeldet und geltend gemacht werden, wie beispielsweise die Entlohnung des Masseverwalters sei zu beachten, dass der Masseverwalter den in Rechnung gestellten Betrag, den er im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit zu versteuern und der Umsatzsteuer zu unterwerfen habe, brutto erhalten müsse. Ein allfälliger Vorsteuerabzug aus dem (Sondermasse-)Honorar des Masseverwalters stehe dem Gemeinschuldner als Unternehmer und somit der (allgemeinen) Masse zu. Tatsächlich sei jedoch ein allfälliger Vorsteuerabzug der Sondermasse zuzuordnen, da es sich auf die Sondermasse beziehe. Praktisch sei die Entscheidung über den Vorsteuerrückerstattungsanspruch zu Gunsten des Absonderungsgläubigers kaum denkbar. Insbesondere auf Grund des zeitlichen Arguments, dass - gemäß dem Erlass des BM für Finanzen vom 16. 11. 1996, GZ 09 0629/3-IV/9/98, AÖF 1998/199 - der Leistungsaustausch der frühestmögliche Zeitpunkt für die Ausübung der Option durch den Masseverwalter ist, er jedoch ohne weiteres auch erst nach Verteilung der Sondermasse den Umsatz als steuerpflichtigen Umsatz behandeln könne, sei es den Gerichten unzumutbar, im Meistbotsverteilungsverfahren eine Entscheidung über die Qualifikation der in den Sondermassekosten enthaltenen Vorsteuerbeträge zu treffen.

3. Dem Absonderungsgläubiger stehe ein Bereicherungsanspruch im Umfang der in den Sondermassekosten enthaltenen Vorsteuer zu. Dieser Bereicherungsanspruch sei auf die analoge Anwendung des Art XII Z 3 EG UStG 1972 gestützt. Die Regelung bezwecke, dass sich das Gericht zunächst um die Umsatzsteuer, die aus dem Titel des Schadenersatzes, der Bereicherung, der Verwendung oder des Prozesskostenersatzes begehrt werde, nicht zu kümmern habe und insbesondere nicht die abgabenrechtliche Vorfrage zu entscheiden brauche, ob der Ersatzberechtigte die Umsatzsteuer im Weg des Vorsteuerabzugs vergütet erhalten könnte". Es sollte jedoch dem Ersatzpflichtigen gegen den Ersatzberechtigten ein Rückersatzanspruch in der Höhe des Umsatzsteuerbetrags eingeräumt werden und zwar, sobald und soweit der Ersatzberechtigte den Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer abziehen könnte. Im Verteilungsverfahren gemäß §§ 119 und 120 KO liege eine dem Zivilprozess hinsichtlich des Kostenersatzes vergleichbare Situation insofern vor, als anstelle des Prozessgegners der Absonderungsgläubiger dulden müsse, dass vor seinem Absonderungsanspruch die Kosten der Verwaltung, Bewirtschaftung und Verwertung samt Umsatzsteuer abgezogen werden. Der Absonderungsgläubiger müsse daher wirtschaftlich den Ersatz der Sondermassekosten samt Umsatzsteuer tragen, weil hiedurch sein Befriedigungsfonds gekürzt werde. Darüber hinaus sei wie in einem Zivilprozess auch auf das Verteilungsverfahren gemäß §§ 119 und 120 KO, das nach exekutionsrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen habe, die Überlegung des Finanz- und Budgetausschusses anzuwenden, dass es im allgemeinen Interesse erforderlich sei, „jeden Zweifel auszuschließen und die Gerichte möglichst zu entlasten", damit sich das zu entscheidende Gericht nicht um die abgabenrechtliche Vorfrage, ob der Ersatzberechtigte vorsteuerabzugsberechtigt sei, zu kümmern brauche. Es liege daher eine Regelungslücke vor, sodass Art XII Z 3 EG-UStG 1972 auf das Verteilungsverfahren gemäß §§ 119 und 120 KO analog anzuwenden sei. Der Bereicherungsanspruch des Absonderungsgläubigers in Höhe des vorsteuerabzugsfähigen Umsatzsteuerbetrags entstehe, sobald und soweit ihn der Gemeinschuldner als Vorsteuer abziehen könne.

Im hier zu beurteilenden Fall wurden ua Entlohnungs- und Honoraransprüche des Masseverwalters als Sondermassekosten angemeldet und bestimmt, in denen Umsatzsteuer im Betrag von EUR 57.172,49 enthalten ist. Auf Grund der vom Masseverwalter ausgeübten Option zur Steuerpflicht bei der Verwertung der hier gegenständlichen Liegenschaft gemäß § 6 Abs 2 UStG steht dem Gemeinschuldner als Steuerschuldner der Umsatzsteuer im Sinn der obigen Ausführungen der Vorsteuerabzug zu (Caganek/Kanduth-Kristen aaO S 88). In diesem Zusammenhang sind die Überlegungen der vorzitierten Autoren über die Zuordnung der auf Sondermassekosten entfallenden Umsatzsteuerrückvergütung zur Sondermasse, nicht von der Hand zu weisen. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung 8 Ob 228/00p bereits zum Ausdruck gebracht hat, ist im Fall der Option zur Steuerpflicht der sachliche Zusammenhang der Entstehung der Umsatzsteuerpflicht mit der Verwertung der Sondermasse evident und die Umsatzsteuer daher den Sondermassekosten zuzuordnen. Berücksichtigt man, dass bei der Veräußerung von Liegenschaften die Ausübung der Option nach § 6 Abs 2 UStG die Grundvoraussetzung für den Vorsteuerabzug hinsichtlich der in den Verwertungskosten enthaltenen USt darstellt, muss auch hinsichtlich eines derartigen Abzugsbetrags der sachliche Zusammenhang mit der Sondermasse bejaht werden. Letztlich verringert nämlich der auf die Sondermassekosten entfallende Vorsteuerabzugsbetrag die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks angefallene Umsatzsteuer als Sondermassekosten und erhöht damit im Ergebnis den Befriedigungsfonds der Absonderungsgläubiger.

Ungeachtet der Bedenken der Autoren zur praktischen Durchführbarkeit der unter 2. aufgezeigten Möglichkeit und der - in diesem Verfahren nicht zu klärenden Frage - in welcher Form das Konkursgericht einen allfälligen Vorsteuerabzug bereits im Verteilungsbeschluss berücksichtigt, wirkt sich ein solcher somit (nur) auf die (endgültige) Höhe der Sondermassekosten aus. Deren Bestimmung - obliegt aber im Fall der freihändigen Veräußerung - ausschließlich dem Konkursgericht.

Eine Bereicherungsklage des Absonderungsberechtigten scheidet daher unabhängig davon aus, ob eine analoge Anwendung des Art 12 EG-UStG 1972 (in anderem Zusammenhang) überhaupt denkbar wäre. Diese Betrachtungsweise gebietet schon die Überlegung, dass bei mehreren an einer Liegenschaft haftenden Absonderungsrechten bereits die Prüfung der Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines „Bereicherungsanspruchs" voraussetzen würde, quasi eine „Nachtragsverteilung" im streitigen Verfahren durchführen zu müssen. Die Verteilung des zur Sondermasse gehörigen Vermögens obliegt aber ebenso wie die Verteilung der Konkursmasse bei Freihandverkauf durch den Masseverwalter allein dem Konkursgericht. Für eine allfällige Nachtragsverteilung kommt den Gläubigern während des Konkursverfahrens zumindest ein Anregungsrecht, nach Aufhebung des Konkurses nach Kodek sogar ein Antragsrecht zu (Kodek in Bartsch-Pollak-Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 § 138 KO Rz 35).

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass entgegen der von der klagenden Partei vertretenen Auffassung ein Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten bereits daran scheitert, dass sich der Oberste Gerichtshof in der vorliegenden Entscheidung erstmals mit dem Problem der Zuordnung eines Vorsteuerabzugs zur Sondermasse befasst hat, sodass von einer schuldhaften Verletzung der den Masseverwalter treffenden Verpflichtungen nicht gesprochen werden kann.

Die Revision erweist sich daher im Ergebnis als berechtigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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