OGH 9Ob108/06g

OGH9Ob108/06g28.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margrit K*****, vertreten durch Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH, Feldkirch, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch Dr. Julia Hagen und Mag. Martin Künz, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen EUR 60.000,-- sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Mai 2006, GZ 1 R 93/06w-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. November 2005, GZ 42 Cg 123/05y-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.818,72 (darin EUR 303,12 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die Nichte der am 11. 5. 1909 geborenen Ida A*****, welche am 14. 2. 2005 verstorben ist. Diese unterhielt bei der E***** Bank ***** (im folgenden kurz: E*****), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, ein Sparbuch mit der Nummer 43500-01517. Zwischen Ida A***** und der Klägerin bestand eine enge vertrauensvolle Beziehung. Insbesondere half diese Ida A***** bei der Abwicklung ihrer Bankgeschäfte und war daher auch auf deren Girokonto zeichnungsberechtigt. Christoph S*****, ein Mitarbeiter der E*****, der Ida A***** zunächst nicht persönlich gekannt hatte, erklärte der Klägerin, dass sie vom Sparbuch der Ida A***** nicht abheben könne, solange dieses auf Ida A***** legitimiert sei. Um aber dennoch Abhebungen im Interesse der Ida A***** zu ermöglichen, schlug er der Klägerin vor, das Sparbuch auf sie selbst „umschreiben zu lassen". Am 2. 11. 2001 besuchte daher Christoph S***** mit der Klägerin Ida A***** im Krankenhaus D*****, wo sie sich wegen einer bevorstehenden Operation aufhielt. S***** erklärte A*****, dass es eine Möglichkeit gebe, wie Abhebungen von ihrem Sparbuch Nr 43500-01517 durch ihre Nichte stattfinden können. Dabei erläuterte er ihr die „Umschreibung" und, dass sie nach dem Umschreiben des Sparbuches auf die Klägerin nicht mehr rechtmäßige Besitzerin des Sparbuches sei. Ida A***** fragte daraufhin, ob es eine Möglichkeit gebe, das Sparbuch dann wieder auf sie umzuschreiben, worauf ihr S***** antwortete, dass das zwar möglich sei, sie dabei aber auf die Mitwirkung der Klägerin angewiesen sei. Dies nahm Ida A***** in Kauf, sodass es in der Bankfiliale der E***** Bank zur Umschreibung kam, wobei die Klägerin das Sparbuch in ihren Händen hatte. Am 5. 11. 2001 übergab Christoph S***** das nunmehr auf die Klägerin legitimierte Sparbuch wieder an Ida A*****, wobei das Sparbuch einen Kontostand von ca ATS 500.000,-- aufwies. In der Folge wurde das Sparbuch im Sparbuchsafe der Ida A***** bei der E***** deponiert. Die Klägerin hatte es bis zur verfahrensgegenständlichen Abhebung nicht mehr in ihren Händen. Den Schlüssel zum Schließfach hatte immer Ida A***** bei sich aufbewahrt. Am 23. 1. 2003 kam diese in Begleitung einer weiteren Person mit zwei ihr gehörenden Sparbüchern in die Filiale der E***** in L*****. Dort wurde sie von Michael K*****, einem Mitarbeiter der E*****, der sowohl Ida A***** als auch die Klägerin kannte, bedient. K***** wusste, dass zwischen Ida A***** und der Klägerin ein Vertrauensverhältnis bestand und diese für Ida A***** immer wieder Bankgeschäfte erledigt hatte. Er führte die von A***** gewünschte Transaktion durch, nämlich die Auflösung ihrer beiden Sparbücher mit einem Einlagestand von zusammen EUR 23.000,-- und die Einlage dieses Betrages auf das von A***** vorgelegte, auf die Klägerin legitimierte Sparbuch Nr 43500-01517. Noch am selben Nachmittag kam Ida A***** erneut zur Bank, diesmal in Begleitung eines Dr. L***** und erklärte Michael K*****, dass sie die Transaktion vom Vormittag rückgängig machen und vom Sparbuch, auf das sie am Vormittag die Einzahlung durchgeführt habe, Geld beheben wolle. Da dieses Sparbuch auf den Namen der Klägerin lautete, erklärte Michael K***** Ida A*****, dass das nicht möglich sei. Ida A***** wollte daraufhin wissen, wie man dennoch eine solche Auszahlung bewerkstelligen könne. Michael K***** legte Ida A***** einen banküblichen Auszahlungsbeleg vor, auf welchem er die Sparbuchnummer des auf die Klägerin lautenden, von Ida A***** mitgebrachten Sparbuches eintrug und bei der Rubrik „Aus" (- dies steht für „Auszahlung" -) einen handschriftlichen Kreis anbrachte sowie ein „X" an jener Stelle, wo es der Unterschrift des Sparbuchkunden bedarf, der die Transaktion begehrt.

Noch am selben Tag kam es zu einem Treffen zwischen Ida A***** und der Klägerin, bei welchem jene ihrer Nichte den zu unterfertigenden Auszahlungsbeleg vorlegte und erklärte, sie solle das unterschreiben. Da die Klägerin keine Lesebrille zur Hand hatte, fragte sie, was sie da unterschreiben solle. Ida A***** erklärte ihr, sie solle unterschreiben, damit die Klägerin weiterhin Bankgeschäfte für sie erledigen könne. Die Klägerin dachte sich nichts weiter dabei und unterschrieb den Auszahlungsbeleg. Am nächsten Tag, dem 24. 1. 2003, kam A***** erneut in Begleitung des Dr. L***** zu Michael K***** in die Filiale der E*****. Sie hatte das auf den Namen der Klägerin lautende Sparbuch sowie den unterfertigten Auszahlungsbeleg mit. Michael K***** prüfte gemeinsam mit einer Kollegin die Unterschrift und kam zum Ergebnis, dass es sich um jene der Klägerin handelte. Daraufhin fragte er A*****, welchen Betrag sie beheben wolle. Nachdem A***** den Kontostand von EUR 62.000,-- erfahren hatte, erklärte sie, EUR 60.000,-- abheben zu wollen. K***** führte daraufhin die Auszahlung an Ida A***** durch. Noch am selben Tag wurde bei der D***** Filiale der E***** ein Konto, lautend auf Dr. Jürgen L*****, Ida A***** mit der Bezeichnung „Pflegegeld" eröffnet. Auf dieses Konto erfolgte die Einzahlung des zuvor vom Sparbuch behobenen Betrages von EUR 60.000,- -. Am 18. 12. 2003 wurde dieser Betrag abgehoben und am 19. 12. 2003 auf andere Konten des Dr. L***** einbezahlt.

Mit ihrer Klage vom 29. 6. 2005 begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von EUR 60.000,-- sA zu verpflichten, darüber hinaus stellte sie die Eventualbegehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, auf das zu Gunsten der Klägerin legitimierte Sparbuch Nr 1210-200943 als Nachfolgesparbuch des Sparbuches mit den Endziffern 517 den Betrag von EUR 60.000,-- gut zu bringen, also das Sparkonto um diesen Betrag aufzufüllen, in eventu an die Verlassenschaft nach Ida A***** zu Handen des Gerichtskommissärs zur treuhändigen Übernahme den Betrag von EUR 60.000,-- sA zu bezahlen. Bei dem in Rede stehenden Sparbuch habe es sich um ein solches gehandelt, das auf den gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden, somit die Klägerin, gelautet habe. Gemäß § 32 Abs 4 Z 2 BWG dürfe bei einem derartigen Sparbuch nur an den gemäß § 40 Abs 1 BWG identifizierten Kunden ausbezahlt werden. Die Auszahlung sei jedoch an Ida A***** und somit an eine gemäß der zwingenden Bestimmung des § 32 Abs 4 Z 2 BWG nicht berechtigte Person erfolgt, weshalb die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin so zu stellen als ob die Abhebung von ihrem Sparbuch nicht erfolgt sei. Auch habe die Klägerin keine Vollmacht an Ida A***** betreffend eine Auszahlung aus dem Sparbuch ausgestellt, die von dieser erschlichene Unterfertigung der Blankoauszahlung sei keine geeignete Vollmacht, aus der ein Bankangestellter die Berechtigung des Überbringers ableiten könne, eine bestimmte Summe zu beheben.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Klägerin sei schon deshalb aktiv nicht legitimiert, weil das gegenständliche Sparbuch zwar auf ihren Namen gelautet habe, das Sparguthaben selbst jedoch immer Ida A***** gehört habe, welche das Sparbuch auch nicht an die Klägerin übergeben habe. Von der späteren Einzahlung, die Ida A***** auf das Sparbuch vorgenommen habe, habe die Klägerin gar nichts gewusst, sodass auch aus diesem Grunde keine Schenkung vorliege. Die Änderung der Legitimation für das Sparbuch sei nur erfolgt, um der Klägerin treuhändige Abhebungen für Ida A***** zu ermöglichen. Die Legitimation allein verschaffe noch keinen Eigentumstitel. Die Legitimierung habe nur die abstrakte Funktion, kriminellen Handlungen, wie Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, entgegenzuwirken. Die Bestimmungen der §§ 31 f BWG dienten daher nicht dem Schutz des Bankkunden vor unüberlegten Verfügungen und Transaktionen, sondern regelten die rechtmäßige Abwicklung des Geldflusses. Der Schutzzweck des § 32 Abs 4 Z 2 BWG sei auch erfüllt, weil die Klägerin gemäß § 40 Abs 1 BWG identifiziert gewesen sei, sodass sie mittels ihrer Unterschrift auch jemanden anderen habe ermächtigen können. Die Bevollmächtigung und Ermächtigung für Abhebungen von Sparguthaben bedürfe keiner bestimmten Form.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Auffassung, dass die Klägerin nicht Eigentümerin des im Sparbuch verbrieften Betrages geworden sei, weil für eine Schenkung der Spareinlage einerseits ein erkennbarer Schenkungswille und andererseits eine Übergabe des Sparbuches gefehlt hätten. Die bloße Umschreibung des Sparbuches auf einen anderen Namen ersetze weder den Schenkungsakt, noch die Annahme des Geschenkes. Jedenfalls habe A***** bei Vorlage des von der Klägerin unterfertigten Auszahlungsbeleges den Anschein einer Vertretungsbefugnis bei der E***** bewirkt. Der Mitarbeiter der E***** sei nicht verpflichtet gewesen, nochmals Rücksprache mit der Klägerin zu halten, bevor er die Auszahlung vorgenommen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Wie schon das Erstgericht verneinte es einen Titel der Klägerin zum Eigentumserwerb, weil eine Übergabe des Sparbuches an die Klägerin in Schenkungsabsicht nicht festgestellt werden konnte. Die Bestimmungen der §§ 32 Abs 4 BWG und 40 Abs 1 BWG neu sollten nur bewirken, dass die Bank bei Großbetragssparbüchern die Identität des Kunden festzustellen habe. Wenn, wie hier, die Identitätsfeststellung erfolgt sei, stelle die Auszahlung an einen Berechtigten, wenngleich dieser nicht der aus der Sparurkunde Legitimierte sei, keinen Verstoß gegen die Bestimmungen des Bankwesengesetzes dar, sofern nur die Identität des Kunden, an den ausbezahlt werde, festgehalten sei. Überdies sollte durch die BWG-Novelle 2004 nicht die Möglichkeit beseitigt werden, Sparbuchabhebungen durch einen Stellvertreter durchführen zu lassen. Diese Möglichkeit bestehe nach wie vor. In diesem Falle müsse die Bank bei Großbetragssparbüchern die Identität des Stellvertreters festhalten. Im vorliegenden Fall sei Ida A***** dem für die E***** handelnden Mitarbeiter genauso persönlich bekannt gewesen wie die Klägerin. Es gebe keine gesetzliche Vorschrift, wonach Auszahlungen von Sparguthaben an einen Stellvertreter nur erfolgen dürfen, wenn dieser eine schriftliche Vollmacht oder gar eine schriftliche Spezialvollmacht vorlege. Auch für die in § 1008 ABGB genannten Geschäfte, unter die die Auszahlung eines Sparguthabens subsumiert werden könne und die eine Gattungsvollmacht erfordere, gelte das Prinzip der Formfreiheit. Die Bank könne daher selbst bei Vorliegen einer Anscheinsvollmacht an den Stellvertreter auszahlen. Der Mitarbeiter der E***** sei auf Grund des von der Klägerin unterfertigten, von A***** vorgelegten Auszahlungsblanketts ohne weitere Nachforschungen berechtigt gewesen, die Auszahlung an Ida A***** zu tätigen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Frage der Rechtsnatur des Sparbuches unter dem Blickwinkel der §§ 32 Abs 4, 40 Abs 1 BWG idF BWG-Novelle 2000 Rechtsprechung fehle und auch dazu, wie die Identifizierungspflicht der Bank nach § 40 Abs 1 Z 4 BWG im Falle eines persönlich bekannten Kunden zu erfüllen sei und ob eine Sparbuchbehebung auch durch einen identifizierten Stellvertreter auf Grund einer Anscheinsvollmacht möglich sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin; diese ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zur Zeit der verfahrensgegenständlichen Sparbuchabhebung (24. 1. 2003) lautete § 32 BWG (idF BGBl I Nr 2/2001):

„Einzahlungen, Auszahlungen und Verzinsung

Abs 1) Jede Einzahlung auf eine Spareinlage und jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung sind auf der Sparurkunde zu vermerken.

Abs 2) Auszahlungen aus einer Spareinlage dürfen nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden. Einzahlungen auf eine Spareinlage dürfen auch dann entgegengenommen werden, wenn die Sparurkunde nicht gleichzeitig vorgelegt wird. Die Einzahlung ist bei der nächsten Vorlage der Sparurkunde in dieser zu vermerken.

Abs 3) ....

Abs 4) Unbeschadet eines Verfügungsvorbehaltes gemäß § 31 Abs 3 und unbeschadet § 40 Abs 1 Z 4 ist das Kreditinstitut zur Auszahlung gegen Vorlage der Sparurkunde und nach Maßgabe der folgenden Z 1 bis 3 berechtigt:

1. Bei Spareinlagen, deren Guthabensstand weniger als 15.000 Euro oder Euro-Gegenwert beträgt, und die nicht auf den Namen des gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden lauten, darf gegen Nennung des Losungswortes ausbezahlt werden;

2. bei Spareinlagen, deren Guthabensstand mindestens 15.000 Euro oder Euro-Gegenwert beträgt, oder die auf den Namen des gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden lauten, darf nur an den gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden ausbezahlt werden;

3. ...."

§ 40 BWG lautete in der bis zum 14. 6. 2003 geltenden Fassung (BGBl I Nr 2/2001):

„Geldwäscherei

Abs 1) Die Kredit- und Finanzinstitute haben die Identität eines Kunden festzuhalten:

1. Bei Anknüpfung einer dauernden Geschäftsbeziehung; Spareinlagengeschäfte nach § 31 Abs 1 dieses Bundesgesetzes und Geschäfte nach § 12 Depotgesetz gelten stets als dauernde Geschäftsbeziehung;

2. bei allen nicht in den Rahmen einer dauernden Geschäftsbeziehung fallenden Transaktionen, deren Betrag sich auf mindestens 15.000 Euro oder Euro-Gegenwert beläuft, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen, zwischen denen eine Verbindung offenkundig gegeben ist, getätigt wird; ist der Betrag zu Beginn der Transaktion nicht bekannt, so ist die Identität dann festzuhalten, sobald der Betrag bekannt ist und festgestellt wird, dass er mindestens 15.000 Euro oder Euro-Gegenwert beträgt;

3. wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei .... dienen;

4. nach dem 31. Oktober 2000 bei jeder Einzahlung auf Spareinlagen und nach dem 30. Juni 2002 auch bei jeder Auszahlung von Spareinlagen, wenn der ein- oder auszuzahlende Betrag mindestens 15.000 Euro oder Euro-Gegenwert beträgt.

Abs 2) ....

Abs 3) Die Kredit- und Finanzinstitute haben aufzubewahren:

1. Unterlagen, die einer Identifizierung nach Abs 1 und Abs 2 dienen, bis mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit diesem Kunden;

2. Von sämtlichen Transaktionen Belege und Aufzeichnungen bis mindestens fünf Jahre nach deren Durchführung.

...."

Erst mit der Fassung BGBl I Nr 35/2003 (derzeit geltende Fassung) wurde in § 40 Abs 1 BWG geregelt, dass die Identität eines Kunden durch persönliche Vorlage seines amtlichen Lichtbildausweises festzustellen ist. Damit sollte entsprechend den Anforderungen der EU-Richtlinie 2001/97/EG klargestellt werden, dass die Identifizierung eigenberechtigter natürlicher Personen ausschließlich an Hand eines amtlichen Lichtbildausweises erfolgen darf. Weiters werden zwecks sicherer Identitätsfeststellung und Klarheit für die Anwender die erforderlichen Kriterien des Ausweisdokumentes festgelegt, wobei zur Identifizierung jedenfalls Reisepass, Personalausweis oder Führerschein geeignet sind, jedoch auch andere Lichtbildausweise in Frage kommen, sofern die erforderlichen Kriterien erfüllt sind (NR XXII. GP RV 32 der Blg ErlBem zu § 40 Abs 1 BWG). Verfolgt man die Bestimmung des § 40 BWG bis zu seiner Einführung durch BGBl Nr 532/1993 zurück, ergibt sich aus den Materialien der eindeutige Zweck der Legitimationspflicht dahin, die Geldwäsche-Richtlinie 91/308/EWG , insbesondere deren Art 3, umzusetzen (s NR XVIII. GP RV ErlBem 1130 der Blg zu § 40; NR XX. GP 128 der Blg RV „Probleme"). In den Materialien zu BGBl I Nr 33/2000, mit welchem die Z 4 des § 40 BWG eingeführt wurde, heißt es ua (NR XXI GP. 57 der Blg RV, Vorblatt): „Die Möglichkeit der Eröffnung anonymer Sparbücher entspricht nicht mehr den internationalen Standards. ...

Ziel: ... Herstellung international anerkannter Standards bei den Legitimationsregeln. ...

Problemlösung: ....Legitimationspflicht bei Neueröffnung von Sparbüchern sowie bei erstmaliger Einzahlung auf bestehende anonymer Sparbücher und zu einem späteren Zeitpunkt auch bei Abhebung von anonymen Sparbüchern."

Weiters heißt es im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur RV: „Die internationalen Bemühungen - insbesondere auch jene der Financial Action Task Force on money (FATF) und der Europäischen Union - zur Bekämpfung der Geldwäsche finden die volle Unterstützung der österreichischen Bundesregierung. Die Möglichkeit zur Eröffnung anonymer Sparbücher soll daher so rasch wie möglich beseitigt werden. Hiedurch wird auch den von der FATF geforderten Kriterien entsprochen, deren Gründungsmitglied Österreich ist, das sich auch zur Umsetzung der 40 Empfehlungen der FATF verpflichtet hat. ..."

Ausgehend von diesen Intentionen wurden daher dem § 40 BWG auch die Abs 6 und 7 angefügt. Gemäß Abs 6 dürfen auf bestehende Sparkonten gemäß § 31, soferne noch keine Identitätsfeststellung nach Abs 1 erfolgt ist, weder Einzahlungen geleistet noch entgegengenommen werden. Ebenso dürfen keine Beträge aus Überweisungen auf solche Sparkonten, sofern noch keine Identitätsfeststellung gemäß Abs 1 erfolgt ist, gutgeschrieben werden. Davon sind bis 30. Juni 2002 Überweisungen von Wertpapierkonten und im Rahmen von Geschäftsbeziehungen gemäß § 12 Depotgesetz ... ausgenommen. Nach Abs 7 sind nach dem 30. 6. 2002 Sparkonten, für die noch keine Identitätsfeststellung gemäß Abs 1 erfolgt ist, also besonders gekennzeichnete Konten zu führen. Ein- und Auszahlungen auf diese und von diesen Konten dürfen erst durchgeführt und Überweisungen erst gutgeschrieben werden, wenn die Identitätsfeststellung gemäß Abs 1 erfolgt ist. Ebenfalls mit BGBl I Nr 33/2000 wurde dem § 32 Abs 4 BWG die Z 2 angefügt („bei Spareinlagen, deren Guthabensstand mindestens S 200.000,-- oder Schilling-Gegenwert beträgt, oder die auf den Namen des gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden lauten, darf nur an den gemäß § 40 Abs 1 identifizierten Kunden ausbezahlt werden"). Diese Bestimmung war in der Regierungsvorlage (NR XXI. GP 57 der Blg) noch nicht enthalten, sondern fand erst auf Grund eines Abänderungsvorschlages des Finanzausschusses Eingang in den Text des § 32 BWG. Im Bericht des Finanzausschusses (NR XXI. GP 157 der Blg) heißt es ua: „Der Finanzausschuss begrüßt die Entschlossenheit der Bundesregierung, die Bekämpfung der Geldwäscherei durch die beschlussgegenständlichen gesetzlichen Maßnahmen zu verstärken. Der Finanzausschuss stellt darüber hinaus fest, dass auch alle erforderlichen Anstrengungen unternommen werden müssen, um Missbräuchen während der unvermeidlichen Legisvakanz vorzubeugen und der kriminellen Geldwäscherei keine Lücken zu bieten ...."

Speziell zum § 32 Abs 4 BWG heißt es: „In Entsprechung der im § 31 Abs 1 und 3 getroffenen Regelungen (Anm: Abschaffung der anonymen Sparbücher) über die zulässige rechtliche Ausgestaltung von Sparurkunden sind die Auszahlungsmodalitäten neu zu regeln. Bei Spareinlagen ab 200.000 S darf grundsätzlich nur an den identifizierten Kunden selbst ausbezahlt werden (Z 2). Bei Kleinbetragssparbüchern, wo Geldwäschereigefahr in der Regel nicht anzunehmen ist, kann auf den Verwaltungsaufwand bei den Kreditinstituten Rücksicht genommen werden. Daher ist von solchen Spareinlagen, wenn es sich nicht um ein Namenssparbuch handelt, solange der Gesamtguthabensstand nicht 200.000 S erreicht hat, die Auszahlung gegen Nennung des Losungswortes zulässig ...." Zu § 40 Abs 1 Z 4: „Die Weitergabe von Sparbüchern darf nicht zu Missbräuchen führen. Daher ist eine Identifizierung bei Einzeltransaktionen vorzusehen, die den international als relevant angesehenen Schwellenwert von 200.000 S erreichen...."

Aus diesen Erwägungen des Gesetzgebers ergibt sich eindeutig, dass sowohl § 40 BWG als auch § 32 Abs 4 Z 2 BWG einerseits der Umsetzung der Geldwäscherichtlinie 91/308/EWG idF Richtlinie 2001/97/EG sowie der Empfehlungen der FATF, somit der Bekämpfung der Geldwäsche bzw auch (ausdrücklich seit der Fassung BGBl I Nr 35/2003) der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung dienen. Die Identifizierung und insbesondere die Dokumentation des Kunden dient diesem Zweck (8 Ob 22/07d mit umfangreichen Zitaten und Aufarbeitung der Literatur). Hingegen versteht sich die Regelung des § 32 Abs 4 Z 2 BWG nicht als ein Übertragungsverbot (8 Ob 22/07d). Nach den obigen Erwägungen ist der Schutzzweck des § 32 Abs 4 Z 2 BWG bzw § 40 Abs 1 BWG daher in der Hintanhaltung von Gefahren der Geldwäsche bzw Terrorismusfinanzierung zu ersehen, nicht aber darin, zivilrechtliche Schranken zu Gunsten des einen oder anderen Anspruchswerbers auf ein Sparkonto aufzustellen. Selbst wenn man dieser, von der Klägerin vertretenen Meinung beitreten wollte, ergebe sich im vorliegenden Fall kein günstigeres Ergebnis: Auch die Vorlage eines Ausweises und das Festhalten der Daten der der Bank persönlich bekannten Abheberin wäre nicht geeignet gewesen, den Abhebevorgang zu verhindern, worauf im Folgenden noch näher einzugehen ist.

Wie der Oberste Gerichtshof in einer weiteren Entscheidung (10 Ob 61/07d) ausgeführt hat, steht der Wortlaut des Auszahlungsverbotes des § 32 Abs 4 Z 2 BWG einer Auszahlung an einen mit einer banküblichen Vollmacht oder einem sonstigen Nachweis einer Vertretungsmacht ausgestatteten Bevollmächtigten des Kunden nicht entgegen. Auszahlungen an den (wirklichen) Vertreter des identifizierten Kunden sind daher in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen des Privatrechtes und § 1424 ABGB wirksam. Ausdrücklich verweist der 10. Senat in seiner Entscheidung auch darauf, dass die Bestimmung des § 32 Abs 4 Z 2 BWG „die Geldwäsche verhindern will".

Im vorliegenden Fall konnte die Abheberin ein von der legitimierten Kundin unterfertigtes Auszahlungsblankett vorweisen, auf welchem schon vor der Unterfertigung durch die Klägerin sowohl die Sparbuchnummer eingetragen war als auch durch Einkreisen der entsprechenden Rubrik auf den beabsichtigten Auszahlungsvorgang hingewiesen wurde. Der Besitz eines Blanketts begründet den Rechtsschein der Ausfüllungsbefugnis. Wird diese überschritten, so kann sich der Aussteller grundsätzlich nur an den halten, der die Blankettunterschrift missbrauchte, nicht aber an einen redlichen Dritten (RIS-Justiz RS0019820). Die Unterfertigung des Auszahlungsbeleges und dessen Rückgabe an Ida A***** durch die Klägerin mussten bei der Wiedervorlage bei einem gutgläubigen Dritten (hier: dem Angestellten der Beklagten) daher den Rechtsschein einer Bevollmächtigung zur Abhebung eines Betrages vom Sparkonto erwecken. Zu einer weiteren Rückfrage durch den für die Bank handelnden Angestellten bei der Klägerin bestand demnach keine Veranlassung. Mangels Verletzung einer gesetzlichen oder vertraglichen Schutzpflicht erweist sich daher der Schadenersatzanspruch der Klägerin, auf den sie sich im Revisionsverfahren noch einzig stützt, als nicht berechtigt.

Die geltend gemachten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Im Hinblick auf obige Rechtsausführungen kommt es auf die von der Klägerin bekämpften Feststellungen, die eher auf eine treuhändige Übergabe des Sparbuches im Jahr 2001 als auf eine Schenkung schließen lassen, nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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