OGH 7Ob190/07b

OGH7Ob190/07b26.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter L*****, vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Brigitta L*****; 2. Monika S*****; 3. Manfred L*****; und 4. Eduard L*****, sämtliche vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Rechnungslegung und Zahlung, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 19. Juni 2007, GZ 3 R 111/07z-31, womit die Berufung der beklagten Parteien gegen das (Teil-)Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8. März 2007, GZ 3 Cg 252/03w-27, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht aufgetragen, das gesetzliche Verfahren über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund einzuleiten. Die Kosten des Rekurses und der Rekursbeantwortung sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Das klagestattgebende (Teil-)Urteil des Erstgerichtes, gerichtet auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung hinsichtlich Schenkungen des Erblassers und Vorausempfänge zur Ermittlung des gesetzlichen Pflichtteils, wurde dem gemeinsamen Vertreter der Beklagten am (Kar-)Freitag, den 6. 4. 2007, zugestellt. Letzter Tag der vierwöchigen Berufungsfrist des § 464 Abs 1 ZPO war somit (§ 125 Abs 2 ZPO) Freitag, der 4. 5. 2007.

Das Berufungsgericht wies mit dem bekämpften Beschluss die Berufung der Beklagten als verspätet zurück, da diese - nach dem handschriftlichen Vermerk der Einlaufstelle über dem Eingangsvermerk sowie einer amtswegig eingeholten Auskunft über die Sendungsdaten durch die Österreichische Post AG - erst am 5. 5. 2007, sohin um einen Tag verspätet zur Post gegeben worden sei.

Hiegegen richtet sich der auf die Rechtsmittelgründe der Mangelhaftigkeit, Aktenwidrigkeit, unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des Rekursgerichtes aufzuheben und diesem aufzutragen, über die Berufung (inhaltlich) zu entscheiden.

Der Kläger hat eine Rekursbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist ungeachtet des Wertes des Entscheidungsgegenstandes und ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als „Vollrekurs" zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO; 6 Ob 10/07z; Zechner in Fasching/Konecny, ZPO2 § 519 Rz 12) und auch berechtigt. Wie die Beklagten durch Vorlage des betreffenden Postaufgabescheins im Original - zulässigerweise (7 Ob 29/07a) - dartun konnten, gaben sie ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil tatsächlich bereits am 4. 4. 2007, somit innerhalb der Berufungsfrist von vier Wochen zur Post. Der über dem Eingangsvermerk gesetzte handschriftliche Vermerk steht damit zwar ebenso in Widerspruch wie der Poststempel am Originalkuvert des Berufungsschriftsatzes ON 28, durch die Identität der Aufgabescheinnummer auf diesem Kuvert und dem im Original vorgelegten Postaufgabeschein ist jedoch die Rechtzeitigkeit des Aufgabedatums - so auch die Rekursbeantwortung des Klägers - „augenscheinlich bestätigt" (zur Maßgeblichkeit dieses Aufgabescheins für die Bestätigung des Beginns des Postenlaufes bei Einschreibesendungen siehe ausführlich und unter Zitierung der einschlägigen postrechtlichen Bestimmungen 9 ObA 138/06v; weiters 5 Ob 146/07t). Damit erweist sich die bekämpfte Berufungsentscheidung als unrichtig. Sie ist demnach aufzuheben. Dem Berufungsgericht ist die Sachentscheidung über das sohin rechtzeitige Rechtsmittel der Beklagten aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO. Die Rekursbeantwortung ist dabei in diesen miteinzubeziehen. Zwar ist der Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichtes, mit welchem es eine Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, grundsätzlich bloß einseitig (RIS-Justiz RS0098745; RS0043760). Der Oberste Gerichtshof hat jedoch - im Lichte der Verfahrensgarantien nach Art 6 MRK - hievon dann Ausnahmen gemacht, wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel von der Verwertung eines durch eine Partei beigebrachten Beweises (etwa wie hier des Postaufgabescheins) abhing (9 Ob 138/06v; vgl auch 1 Ob 266/06h und 7 Ob 29/07a; weiters RIS-Justiz RS0041857).

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