OGH 4Nc16/07a

OGH4Nc16/07a30.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei X***** GmbH, *****, vertreten durch BMA Brandstätter Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hannes Lederer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 12.937,52 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, die Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck zu delegieren, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage Entgelte aus einem Mietvertrag über zwei Bürogeräte. Die Beklagte wendet ein, die Klägerin habe ihre vertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt, weswegen sie vom Vertrag zurückgetreten sei.

Beide Parteien haben ihren Sitz in Wien; zu liefern waren die Geräte an eine Niederlassung der Beklagten in Brixlegg. Der Vertrag wurde geschlossen, indem die Beklagte ein von der Klägerin vorbereitetes „Mietanbot" unterfertigte und die Klägerin dieses Angebot - wie darin vorgesehen - durch die Lieferung der Geräte annahm. Im Angebot findet sich der, von der firmenmäßigen Fertigung der Beklagten gedeckte Satz: „Als Gerichtsstand wird das sachlich zuständige Gericht für Handelssachen Wien vereinbart."

Die Beklagte beantragt, die Sache an das Landesgericht Innsbruck zu delegieren. Die Geräte befänden sich im Sprengel dieses Gerichts und müssten dort in Augenschein genommen werden; weiters wohnten dort zwei von ihr geführte Zeugen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass die Gerichtsstandsvereinbarung eine Delegierung ausschließe; weiters sei eine Übertragung der Zuständigkeit auch unzweckmäßig, weil zwei von ihr geführte Zeugen nicht im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck wohnten und es dort auch keinen geeigneten Sachverständigen gebe.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Haben die Parteien eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, so ist eine Delegierung wegen bloßer Zweckmäßigkeitsgründe nach ständiger Rsp unstatthaft, wenn nicht nachträglich Umstände eintreten, auf die die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung nicht Bedacht nehmen konnten (3 Nd 7/60 = SZ 33/7; RIS-Justiz RS0046198; zuletzt etwa 4 Nc 20/04k und 9 Nc 8/07m).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist durch das von der Klägerin stammende und von der Beklagten unterfertigte Mietanbot urkundlich nachgewiesen (Simotta in Fasching/Konecny2 § 104 JN Rz 60 mwN; 3 Ob 380/97x = SZ 71/29; ebenso zu Art 17 LGVÜ 1 Ob 358/99z = SZ 73/76). Eine unvorhersehbare Änderung der Umstände ist nicht zu erkennen, da schon im Mietanbot die nicht im Sprengel des gewählten Gerichts gelegene Lieferadresse angeführt war; auch der Sitz der Parteien hat sich seither nicht geändert. Es mag zwar unzweckmäßig erscheinen, beim Handelsgericht Wien ein Verfahren zu führen, in dem die überwiegende Anzahl der bisher angebotenen Beweismittel eine örtliche Nahebeziehung zum Sprengel des Landesgerichts Innsbruck aufweist. Das reicht aber - wegen des Vorrangs der Privatautonomie - bei Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung für eine Delegierung nicht aus (4 Nc 35/03i, 4 Nc 20/04k; 10 Nc 25/06t).

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