OGH 9ObA4/07i

OGH9ObA4/07i8.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Umfahrer und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Verica M*****, Hausbesorgerin, *****, vertreten durch die NM Norbert Moser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 96.928,41 brutto sA (Revisionsinteresse EUR 92.892,01), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Oktober 2006, GZ 8 Ra 51/06s-51, womit das (End-)Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. März 2006, GZ 43 Cga 78/03t-47, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen wird dem Endurteil vorbehalten.

Text

Begründung

Die Klägerin war ab 1. 10. 1999 bei der Beklagten beschäftigt und betreute zwei in deren Eigentum stehende Wohnhausanlagen in der S*****straße 248-267 und in der M*****straße 273-276, jeweils Feistritz/Rosental; die zweite Anlage erst ab 1. 5. 2000. Der pauschal vereinbarte Monatsverdienst der Klägerin betrug ATS 9.200 (EUR 668,59), ab 1. 5. 2000 weitere ATS 3.200 (EUR 232,55). In den beiden zugrundeliegenden Dienstverträgen vom 1. 10. 1999 und 20. 4. 2000 wurde die Klägerin nicht als „Hausbesorger", sondern als „Haussprecher" bezeichnet. Tatsächlich war sie mit den im Ersturteil näher bezeichneten Aufgaben der Überwachung, Kontrolle, Pflege, Reinigung, Wartung und Beflaggung der beiden Wohnhausanlagen betraut. Die Wohnraumnutzflächen betrugen insgesamt 5.293 m² und 2.400 m², die Grünflächen 7.025 m² und 3.890 m². Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis der Klägerin hinsichtlich beider Wohnhausanlagen mit Schreiben vom 14. 10. 2002 zum 31. 10. 2002.

Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage von der Beklagten Zahlung von EUR 96.928,41 brutto sA und führte dazu aus, dass sie ungeachtet ihrer Bezeichnung („Haussprecher") als Hausbesorgerin anzusehen gewesen sei, weil sie mit der Reinhaltung, Wartung und Beaufsichtigung zweier Wohnhausanlagen beauftragt worden sei. Es seien daher die Bestimmungen des Hausbesorgergesetzes anzuwenden. Für die Entlohnung seien der jeweils gültige Mindestlohntarif und die Entgeltverordnung heranzuziehen. Auf dieser Basis wäre ihr ein wesentlich höheres Entgelt zugestanden als von der Beklagten gezahlt worden sei. Der Klagebetrag stelle die Differenz zwischen dem ihr gebührenden Entgelt, den Sonderzahlungen und der Abfertigung abzüglich den erhaltenen Zahlungen der Beklagten dar. Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass Mindestlohntarife nicht für Arbeitgeber gelten, die einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft angehören. Dies sei bei der Beklagten sogar in zweifacher Weise der Fall, und zwar auf Grund ihrer Mitgliedschaft beim Arbeitgeberverein der Bauvereinigungen Österreichs und beim Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen-Revisionsverband. Im Übrigen sei der von der Klägerin begehrte Klagebetrag überhöht.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. 7. 2003 anerkannte die Beklagte einen Teilbetrag von EUR 2.102,66 brutto an Abfertigung. Das Erstgericht fällte hierauf über Antrag der Klägerin ein Teilanerkenntnisurteil, worin die Beklagte zur Zahlung des anerkannten Bruttobetrags sA an die Klägerin verpflichtet wurde. Die Kostenentscheidung wurde der Endentscheidung vorbehalten. Mit (End-)Urteil vom 18. 5. 2004 verpflichtete das Erstgericht die Beklagte im ersten Rechtsgang, der Klägerin weitere EUR 92.892,01 brutto sA zu zahlen, wohingegen es das Mehrbegehren von EUR 1.933,74 brutto sA abwies.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der Beklagten das Ersturteil im ersten Rechtsgang hinsichtlich des klagestattgebenden Teils auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Der klageabweisende Teil des Ersturteils vom EUR 1.933,74 brutto sA blieb unbekämpft und erwuchs daher in Teilrechtskraft. Das Berufungsgericht bejahte, wie schon das Erstgericht, das Vorliegen eines Hausbesorgerdienstverhältnisses der Klägerin. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob die Beklagte tatsächlich, wie von ihr behauptet, Mitglied zweier Vereinigungen sei, deren Kollektivvertragsfähigkeit sich auch auf den Abschluss von Dienstverträgen mit Hausbesorgern erstrecke. Bejahendenfalls sei der Mindestlohntarif hier nicht anwendbar.

Der Oberste Gerichtshof gab dem gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Der Rekurs der Beklagten wurde mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (9 ObA 43/05x). Das Erstgericht gab auch im zweiten Rechtsgang dem noch offenen Klagebegehren von EUR 92.892,01 brutto sA statt. Dabei ging es von folgenden weiteren Feststellungen aus:

Die Beklagte, deren Unternehmenszweck die Errichtung und Verwaltung von Wohnungen ist, ist seit Februar 1963 Mitglied des Arbeitgebervereins der Bauvereinigungen Österreichs (im Folgenden Arbeitgeberverein). Mit Bescheid des Obereinigungsamts vom 24. 6. 1963 wurde dem Arbeitgeberverein die Kollektivvertragsfähigkeit ohne Einschränkung zuerkannt. Laut den Statuten besteht der Zweck des Arbeitgebervereins darin, seine Mitglieder in arbeitsrechtlichen Fragen zu beraten und ihre Interessen als Arbeitgeber wahrzunehmen. Dieser Zweck soll ua durch die Führung von Verhandlungen mit den zuständigen Gewerkschaften und Berufsvertretungen der Dienstnehmer der Mitglieder, insbesondere durch die Abschließung, Änderung und Ergänzung von Kollektivverträgen und ähnlichen Vereinbarungen zur einheitlichen Regelung der Arbeitsverhältnisse der Dienstnehmer der Mitglieder erreicht werden.

In rechtlicher Hinsicht sei laut Erstgericht davon auszugehen, dass in Gestalt des Arbeitgebervereins eine kollektivvertragsfähige Körperschaft auf Arbeitgeberseite bestehe, die gemäß § 22 Abs 3 Z 1 ArbVG der Festsetzung eines Mindestlohntarifs entgegenstehe. Erlange jedoch die Berufsvereinigung erst während des Bestands eines Mindestlohntarifs die Kollektivvertragsfähigkeit, dann führe dieser Umstand noch nicht zum Erlöschen des Mindestlohntarifs, sondern erst der spätere Abschluss eines Kollektivvertrags. Ein solcher Kollektivvertrag sei jedoch bisher nicht zustandegekommen. Da in Kärnten seit 1954 - somit Jahre bevor dem Arbeitgeberverein die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt worden sei - ein Mindestlohntarif in Geltung stehe, sei dieser auf das Hausbesorgerdienstverhältnis der Klägerin anzuwenden. Dass der Mindestlohntarif im Lauf der Jahre an geänderte Verhältnisse angepasst worden sei, ändere nichts an seiner Geltung seit 1954. Das Entgelt des Hausbesorgers nach § 7 HbG sei vom tatsächlichen Ausmaß der Arbeitsleistung unabhängig. Eine Aliquotierung hinsichtlich der Reinigung komme daher nicht in Betracht. Da der Klägerin von der Beklagten entgegen § 13 HbG nicht unentgeltlich eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden sei, gebühre ihr der begehrte Sachbezugswert. Für den Standpunkt der Beklagten wäre auch mit der Unanwendbarkeit des Mindestlohntarifs nichts gewonnen. Die von der Beklagten gezahlten Löhne haben nämlich nicht einmal die Hälfte jener Beträge erreicht, die sich laut Entgeltverordnung errechnen. Dies habe zur Folge, dass die „anderen Dienstleistungen" der Klägerin laut § 4 Abs 3 HbG bisher überhaupt nicht entlohnt worden seien. Damit widerspreche aber die zwischen den Parteien vereinbarte Pauschalentlohnung den guten Sitten. Die Klägerin habe daher Anspruch auf eine angemessene Entlohnung nach dem Ortsgebrauch. Was angemessen sei, finde sich wiederum in den Entgeltsätzen des Mindestlohntarifs. Eine Differenzierung der Flächen in Verkehrsflächen gemäß § 93 StVO und andere Flächen sei nicht erforderlich. Unter einem „Gehsteig" iSd Mindestlohntarifs seien nämlich auch Verkehrsflächen im Inneren einer Liegenschaft zu verstehen. Sonderzahlungen gebührten der Klägerin sowohl gemäß § 7 HbG als auch nach dem Mindestlohntarif. Für das Dienstverhältnis „S*****straße" stehe der Klägerin auch eine Abfertigung zu, weil es mehr als drei Jahre gedauert habe. Bringe man von den der Klägerin zustehenden Ansprüchen von EUR 75.415,43 brutto an Lohn und Sonderzahlungen für die Wohnhausanlage „S*****straße", EUR 47.640,66 brutto an Lohn und Sonderzahlungen für die Wohnhausanlage "M*****straße" und EUR 4.592,88 brutto an Abfertigung für die Wohnhausanlage „S*****straße" die Zahlungen der Beklagten von EUR 32.654,30 brutto und den Betrag von EUR 2.102,66 brutto laut Teilanerkenntnisurteil in Abzug, so ergebe sich der der Klägerin zustehende Betrag von EUR 92.892,01 brutto.

Das Berufungsgericht gab der gegen das Ersturteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zu. Dem Erstgericht sei beizupflichten, dass auf die Entlohnung der Klägerin als Hausbesorgerin der Mindestlohntarif anzuwenden sei. Gemäß § 6 Abs 1 und 2 WGG 1940 haben sich gemeinnützige Wohnungsunternehmen mit dem Bau, der Betreuung und der Verwaltung von Kleinwohnungen zu befassen. Die nähere Definition des Begriffs „Verwaltung" sei gemäß § 6 Abs 3 WGG 1940 den Durchführungsvorschriften übertragen worden. Gemäß § 7 Abs 1 lit b der 4. Durchführungsverordnung zum WGG 1940 sei ein unter die Verwaltung nach § 6 Abs 2 WGG 1940 fallendes Geschäft dann vorgelegen, wenn das Wohnungsunternehmen Wohnungen selbst in Stand gehalten oder in Stand halten lassen habe. Damit gehöre auch die Instandhaltung zum Mindestaufgabenbereich eines gemeinnützigen Wohnungsunternehmens. Daher sei aber die Frage, ob der Abschluss eines Hausbesorgerdienstvertrags vom Unternehmenszweck der Verwaltung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung umfasst sei, ebenso zu bejahen wie die Kollektivvertragsfähigkeit des Arbeitgebervereins in Bezug auf Hausbesorgerdienstverhältnisse seiner Mitglieder. Der Beklagten sei zuzugestehen, dass jetzt nicht mehr dieselben Bestimmungen des Mindestlohntarifs gelten wie im Jahr 1963. Es sei jedoch davon auszugehen, dass seit 1954 laufend Mindestlohntarife in Geltung gestanden seien. Deren jeweilige „Neuverordnung" habe sich auf Grund der notwendigen Anpassungen an die wirtschaftlichen Erfordernisse ergeben. Nach dem Zweck des § 24 Abs 3 ArbVG sei im Rahmen einer dynamischen Betrachtungsweise vom Bestehen eines durchgehenden, partiell erneuerten Mindestlohntarifs seit dem Jahr 1954 bis in die Gegenwart auszugehen. Andernfalls würden Arbeitnehmer durch Zeitablauf nicht einmal mehr die in den Mindestlohntarifen vorgesehenen Mindeststandards erhalten. Arbeitgeber hätten es in der Hand, durch den Beitritt zu einer kollektivvertragsfähigen Vereinigung, die keinen Kollektivvertrag abschließe, der Anwendung des Mindestlohntarifs zu entgehen.

Auf Grund des Punkts III. des Mindestlohntarifs für Hausbesorger in Kärnten gebühre für die Reinigung von Gehsteigen, Gehwegen und sonstigen begehbaren und befahrbaren Flächen und deren Bestreuung bei Glatteis die gemäß der Entgeltverordnung des Landeshauptmanns für Kärnten festgesetzte Entlohnung. Daraus folge, dass eine Differenzierung des Winterdienstes im Hinblick auf öffentliche Gehsteige gemäß der StVO nicht erforderlich sei, weshalb es insoweit keiner näheren Feststellungen und Differenzierungen bedürfen. Auf die Frage des Ortsgebrauchs gemäß § 12 Abs 2 HbG komme es nicht an. Auf die Leistungen nach §§ 3 und 4 Abs 1 HbG sei die Entgeltverordnung anzuwenden. In Bezug auf die Reinigung sei keine Aliquotierung vorzunehmen. Die Beaufsichtigungspflichten der Klägerin haben sich nicht auf einzelne Hausteile beschränkt. Eine Pauschallohnvereinbarung sei dann nichtig, wenn das gesetzliche Entgelt nicht gedeckt sei. Der Materialkostenersatz nach § 8 HbG sei nach der Entgeltverordnung als Zuschlag zur Wohnraumnutzfläche konzipiert, sodass er bis zu einem gewissen Grad vom tatsächlichen Aufwand unabhängig sei. Es sei hier nicht davon auszugehen, dass die Klägerin von vornherein keinen Aufwandersatzanspruch gehabt habe. Da zwei Dienstverträge in Bezug auf zwei Wohnhausanlagen vorgelegen seien, sei in Bezug auf die Dienstwohnung der Sachbezug für beide Anlagen zu bejahen.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iSd der Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist auch iSd gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Im Revisionsverfahren geht es um die Höhe des Klagebegehrens. Dass die beiden vor dem 1. 7. 2000 abgeschlossenen Dienstverträge der Parteien dem Hausbesorgergesetz (HbG), BGBl 1970/16, unterliegen (§ 31 Abs 5 HbG), ist nicht mehr strittig. Im zweiten Rechtsgang sollte vorab geklärt werden, ob auf die Entlohnung der Klägerin ein Mindestlohntarif Anwendung findet. Das Berufungsgericht hatte das Ersturteil im Hinblick auf den Einwand der Beklagten, dass es auf Arbeitgeberseite gleich zwei kollektivvertragsfähige Körperschaften gebe, nämlich den bereits mehrfach genannten Arbeitgeberverein und den Revisionsverband, die der Festsetzung eines Mindestlohntarifs für Hausbesorger entgegenstünden, aufgehoben. Im Mittelpunkt der Überlegungen stand in dieser Phase des Verfahrens vor allem der Umfang der Kollektivvertragsfähigkeit dieser beiden Vereinigungen, und zwar dahin, ob sich die Kollektivvertragsfähigkeit auch auf Dienstverhältnisse zwischen den Mitgliedern des Arbeitgebervereins (bzw Revisionsverbands) und Hausbesorgern erstreckt, die als Arbeitnehmer der Mitglieder in deren eigenen, von ihnen selbst verwalteten Häusern tätig sind. In diese Richtung gingen daher vor allem auch die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang auf Grund des Rekurses der Klägerin gegen die Aufhebung des Ersturteils (9 ObA 43/05x).

Im zweiten Rechtsgang wurde nun nicht nur exakt festgestellt, dass die Beklagte seit Februar 1963 Mitglied des Arbeitgebervereins ist, dem mit Bescheid des Obereinigungsamts vom 24. 6. 1963 die Kollektivvertragsfähigkeit - ohne jede Einschränkung - zuerkannt wurde. Vom Erstgericht wurde auch durch Beischaffung der Statuten des Arbeitgebervereins geklärt, dass dessen Zweck sich nicht auf bestimmte Arbeitsverhältnisse der Mitglieder beschränkt, sondern dahin geht, die Mitglieder - auch wieder ohne jede Einschränkung - in arbeitsrechtlichen Fragen zu beraten und ihre Interessen als Arbeitgeber wahrzunehmen. Dieser Zweck soll auch durch die Führung von Verhandlungen mit den zuständigen Gewerkschaften und Berufsvertretungen der Dienstnehmer der Mitglieder des Arbeitgebervereins, insbesondere durch die Abschließung, Änderung und Ergänzung von Kollektivverträgen erreicht werden (vgl zur Klärung des Umfangs der Kollektivvertragsfähigkeit zuletzt 9 ObA 114/06i mwN). Die noch im ersten Rechtsgang im Raum stehenden Zweifel, dass sich die Kollektivvertragsfähigkeit des Arbeitgebervereins tatsächlich auch auf Dienstverhältnisse der Mitglieder des Vereins mit Hausbesorgern erstrecke, erwiesen sich als unbegründet. Die Behauptung, dass auch dem Revisionsverband Kollektivvertragsfähigkeit zukomme, ließ die Beklagte im zweiten Rechtsgang fallen. Im Hinblick auf die erfolgte Klärung bezweifelt nun auch die Klägerin nicht mehr die Relevanz der Kollektivvertragsfähigkeit des Arbeitgebervereins in Bezug auf die Beachtlichkeit eines Mindestlohntarifs für Hausbesorger. Die Ausführungen in 9 ObA 43/05x zur Verwaltung von Wohnungen, die auch alle Maßnahmen zur Instandhaltung, wie sie von einem Hausbesorger verrichtet werden, miteinschließt, brauchen nicht mehr wiederholt werden. Es genügt hierauf zu verweisen. Nachdem die Kollektivvertragsfähigkeit geklärt wurde, geht es nun zunächst um die zeitlichen Aspekte auf Grund der Frage, ob und wann - trotz Bestehens einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft auf Arbeitgeberseite - ein Mindestlohntarif Anwendung findet. Dabei ist von folgenden rechtlichen Überlegungen auszugehen:

Ein Mindestlohntarif (§ 22 Abs 1 ArbVG) darf für Hausbesorger nur insoweit festgesetzt werden, als es sich um das „anderweitige Entgelt" gemäß § 12 HbG handelt (§ 22 Abs 2 ArbVG). Dazu kommt die negative Voraussetzung, dass - soweit hier relevant - ein Mindestlohntarif nur für Arbeitnehmergruppen festgesetzt werden darf, für die ein Kollektivvertrag nicht abgeschlossen werden kann, weil kollektivvertragsfähige Körperschaften auf Arbeitgeberseite nicht bestehen (§ 22 Abs 3 Z 1 ArbVG). Die zweite negative Voraussetzung für die Festsetzung eines Mindestlohntarifs, dass keine Satzung, die Mindestentgelte bzw -auslagenersätze regelt, vorhanden ist (§ 22 Abs 3 Z 2 ArbVG), spielt im vorliegenden Fall mangels diesbezüglichen Vorbringens keine Rolle. Bereits der Bestand einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitgeber ist (bei Mangel einer Satzung) ausschlaggebend dafür, dass eine Festsetzung von Mindestlohntarifen nicht mehr erfolgen kann, gleichgültig, ob auch tatsächlich ein Kollektivvertrag abgeschlossen wurde oder nicht. Die behördliche Festsetzung eines Mindestlohntarifs soll nur einen fehlenden Kollektivvertragspartner auf Arbeitgeberseite ersetzen, nicht jedoch einen vorhandenen, aber nicht abschlussbereiten Partner zu Verhandlungen zwingen (Cerny in Cerny/Gahleitner/Kundtner/Preiss/Schneller, ArbVG Bd 2³ § 22 Erl 10 mwN; Reissner in ZellKomm, ArbVG § 22 Rz 13; Runggaldier/Potz in Tomandl, ArbVG § 22 Rz 7; 8 ObA 338/98h, ZAS 2000/15 [Strasser] = DRdA 2000/17 [Weiss] ua). Es kommt also für die Festsetzung des Mindestlohntarifs darauf an, ob für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nicht durch Kollektivvertrag geregelt ist, ein solcher abgeschlossen werden könnte, weil eine kollektivvertragsfähige freie Berufsvereinigung existiert (Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 22 Rz 10 mwN). Erlangt eine Berufsvereinigung während des Bestands eines Mindestlohntarifs die Kollektivvertragsfähigkeit für dessen Geltungsbereich (bzw tritt der Arbeitgeber einer kurz zuvor kollektivvertragsfähig gewordenen Berufsvereinigung bei), so führt dieser Umstand allein nicht zum Erlöschen des Mindestlohntarifs. Erst der Abschluss eines Kollektivvertrags bewirkt die Beendigung seiner Rechtswirkungen (Cerny aaO § 22 Erl 9; Reissner aaO § 22 Rz 13; 9 ObA 236/02z, DRdA 2004/32 [Weiss]; 9 ObA 43/05x; krit Schrammel, ZAS 2005/34, 201; Friedrich, ASoK 2006, 446 [449 f] ua).

Legt man nun zugrunde, dass die Beklagte seit Februar 1963 Mitglied einer Berufsvereinigung ist, der mit Bescheid des Obereinigungsamts vom 24. 6. 1963 die Kollektivvertragsfähigkeit verliehen wurde, dann konnte nach dem Vorgesagten seit diesem Bescheid kein Mindestlohntarif mehr für die Arbeitnehmer der Mitglieder des Arbeitgebervereins erlassen werden (§ 22 Abs 3 Z 1 ArbVG). Dass bisher kein Kollektivvertrag abgeschlossen wurde, ist zur Kenntnis zu nehmen. Für Spekulationen, Arbeitgeber hätten es in der Hand, durch den Beitritt zu einer kollektivvertragsfähigen Arbeitgebervereinigung, die keinen Kollektivvertrag abschließe, der Anwendung des Mindestlohntarifs zu entgehen, fehlt im vorliegenden Fall schon die tatsächliche Grundlage (vgl zur „Pervertierung des Systems" durch „Flucht in den Verband" Trost, DRdA 2005, 122 [134]). Hierauf ist daher nicht weiter einzugehen. Wie bereits ausgeführt, ist schon der Bestand einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft der Arbeitgeber allein ausschlaggebend dafür, dass eine Festsetzung von Mindestlohntarifen nicht mehr erfolgen kann. Die Rechtswirkungen eines allfälligen Mindestlohntarifs bleiben allerdings nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor ihrem Erlöschen erfasst waren, solange aufrecht, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Mindestlohntarif, ein Kollektivvertrag oder eine Satzung wirksam oder mit den betreffenden Arbeitnehmern eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird (§ 24 Abs 4 ArbVG).

Vor einem Eingehen auf die Nachwirkung eines Mindestlohntarifs stellt sich die Frage, welchen Mindestlohntarif die Klägerin überhaupt angewendet wissen will. So sprach sie in erster Instanz nicht nur vom „jeweils gültigen" (AS 2) oder vom „anzuwendenden Mindestlohntarif" (AS 335), sondern bisweilen auch in der Mehrzahl von den „anzuwendenden Mindestlohntarifen" (AS 23) oder davon, dass auf das gegenständliche Arbeitsverhältnis der Klägerin nach wie vor „die Mindestlohntarife anzuwenden" seien (AS 335). Die Klägerin legte dem Erstgericht drei Mindestlohntarife vor, und zwar den vom Einigungsamt Klagenfurt am 8. 2. 1960 erlassenen Mindestlohntarif für Hausbesorger (Beil ./G) und zwei vom Bundeseinigungsamt am 22. 12. 1998 (Beil ./E) und 15. 12. 2000 (Beil ./F) erlassene Mindestlohntarife für die Betreuung und Bedienung von Anlagen und Einrichtungen auf Liegenschaften. Zuletzt brachte sie noch vor, dass seit dem 1. 1. 1954 „ein Mindestlohntarif in Geltung" stehe (AS 335) und argumentiert nun mit der Rechtsprechung, dass das Erlangen der Kollektivvertragsfähigkeit durch eine Berufsvereinigung während des Bestands eines Mindestlohntarifs noch nicht zum Erlöschen des Mindestlohntarifs führt, sondern in diesem Fall erst der Abschluss eines Kollektivvertrags die Beendigung der Rechtswirkungen des Mindestlohntarifs bewirkt (9 ObA 236/02z, DRdA 2004/32 [Weiss]; 9 ObA 43/05x ua). Daraus ist jedoch für den Standpunkt der Klägerin auf Grund der im zweiten Rechtsgang konkretisierten zeitlichen Abfolge nichts zu gewinnen:

Die beiden Mindestlohntarife aus 1998 bzw 2000 (Beil ./F und Beil ./G) scheiden - ohne dass auf die Frage ihres persönlichen Geltungsbereichs eingegangen werden muss - hier schon deshalb aus, weil sie erst zu einem Zeitpunkt festgesetzt wurden, als bereits seit langem eine kollektivvertragsfähige Körperschaft auf Arbeitgeberseite bestand. Das Vorbringen der Klägerin, dass in Kärnten seit dem 1. 1. 1954 ein Mindestlohntarif für Hausbesorger (offenbar gemeint: durchgehend) „in Geltung stehe", ist schon durch den von der Klägerin vorgelegten Mindestlohntarif vom 8. 2. 1960 (Beil ./G) widerlegt, mit dessen In-Kraft-Treten laut Pkt II. ausdrücklich der bis dahin gültige Mindestlohntarif außer Kraft trat. Sofern also der Mindestlohntarif aus 1954 nicht ohnehin schon vorher aufgehoben wurde, ereilte ihn dieses Schicksal spätestens im Jahr 1960. Die Aufhebung der Geltung eines Mindestlohntarifs - es handelt sich dabei um eine Verordnung iSd Art 18 Abs 2 B-VG (Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 22 Rz 5; RIS-Justiz RS0008777 ua) - ist von Amts wegen wahrzunehmen. Der Umstand, dass auch der Mindestlohntarif aus 1960 lange vor der Begründung der Dienstverhältnisse der Klägerin (1999/2000) aufgehoben wurde, ist nicht weiter strittig (vgl etwa den bei Popper/Huberger, HbG 66 ff, abgedruckten Mindestlohntarif für Hausbesorger in Kärnten, der am 1. 1. 1992 in Kraft trat und mit dem wiederum der vorhergehende Mindestlohntarif des Bundeseinigungsamts vom 11. 12. 1990 aufgehoben wurde). Aus all dem folgt, dass einerseits aus der Zeit bis zur Erlangung der Kollektivvertragsfähigkeit des Arbeitgebervereins kein Mindestlohntarif mehr bei Begründung der Dienstverhältnisse der Klägerin in Geltung stand und andererseits danach kein Mindestlohntarif mehr mit Wirkung für die Klägerin erlassen werden konnte. An dieser Tatsache vermögen auch die Überlegungen der Revisionsgegnerin zum Schutzzweck der §§ 22 ff ArbVG nichts zu ändern. Von der Nachwirkung des § 24 Abs 4 ArbVG wurde die Klägerin nicht erfasst, weil ihre Dienstverhältnisse erst nach dem Außer-Kraft-Treten des letzten vor der Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit erlassenen Mindestlohntarifs eingegangen wurden (vgl Runggaldier/Potz aaO § 24 Rz 4). Auf die Entlohnung der Klägerin als Hausbesorger, dh das „anderweitige Entgelt" gemäß § 12 HbG (§ 22 Abs 2 ArbVG), findet daher kein Mindestlohntarif Anwendung. Es stellen sich daher auch keine Fragen einer statischen oder dynamischen Verweisung.

Hinsichtlich der zwischen den Parteien weiters strittigen Details der Entgelthöhe ist von § 7 HbG („Entgelt") und § 12 HbG („anderweitiges Entgelt") auszugehen:

Nach § 7 Abs 1 HbG hat der Hauseigentümer an den Hausbesorger für die nach den §§ 3 und 4 Abs 1 HbG zu erbringenden Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt monatlich im Nachhinein zu leisten. Zuzüglich zum monatlichen Entgelt gebührt dem Hausbesorger auch noch ein Urlaubszuschuss und eine Weihnachtsremuneration (§ 7 Abs 2 HbG). Diese Sonderzahlungen sind in der Revision dem Grunde nach nicht mehr strittig. Der Landeshauptmann hat nach § 7 Abs 4 HbG durch Verordnung die Höhe des Entgelts gemäß § 7 Abs 1 HbG für die Dienstleistungen gemäß den §§ 3 und 4 Abs 1 HbG unter vergleichsweiser Heranziehung kollektivvertraglicher Lohnbestimmungen für im Wesentlichen gleichartige Arbeitsverrichtungen zu regeln. In dieser Verordnung ist gemäß § 7 Abs 5 HbG festzusetzen, welche Beträge (Entgeltanteile) zu bezahlen sind, und zwar a) für Wohnungen, b) für andere Räumlichkeiten und c) für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis nach § 4 Abs 1 Z 1 lit e HbG. Nach § 7 Abs 6 HbG sind die Entgeltanteile für Wohnungen und für andere Räumlichkeiten nach deren Nutzflächenausmaß, der Entgeltanteil für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis pro m² der zu reinigenden Flächen, in monatlich gleicher Höhe festzusetzen. Die Rechte, die dem Hausbesorger auf Grund des § 7 HbG zustehen, können durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden (§ 28 HbG). Vom Kärntner Landeshauptmann wurde am 1. 2. 1999 eine Verordnung auf Grund des § 7 Abs 4 HbG erlassen (LGBl 1999/3; im Folgenden Entgeltverordnung). In § 1 Abs 1 dieser Verordnung wurde das für die nach den §§ 3 und 4 Abs 1 HbG zu erbringenden Dienstleistungen zu leistende Entgelt in folgender Höhe festgesetzt:

a) für Wohnräume je m² Nutzfläche mit ATS 2,30; b) für andere Räumlichkeiten je m² Nutzfläche ATS mit 2,30; c) für das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis je m² Gehsteigfläche mit ATS 4,18.

Das Dienstverhältnis begründet für den Hausbesorger zwei wesentliche Pflichten, die Arbeits- und die Treuepflicht. Die Treuepflicht ist im ersten Satz des § 3 HbG dahin formuliert, dass der Hausbesorger die Pflicht hat, das Interesse des Hauseigentümers bezüglich der ihm obliegenden Arbeiten mit Umsicht, Sorgfalt und Redlichkeit wahrzunehmen. Diese Bestimmung ist nicht als eine Verpflichtung zu einer bestimmten Gesinnung, sondern als Generalklausel anzusehen, die die Basis der neben den § 4 HbG konkretisierten sonstigen Hausbesorgerpflichten darstellt (4 Ob 20/74, Arb 9210 ua). Gegenüber dem nach § 4 Abs 3 HbG zu vereinbarenden Entgelt ist jenes nach § 7 Abs 1 HbG auf Grund der Entgeltverordnung nach § 7 Abs 4 HbG bis zu einem gewissen Grad objektiviert und vom tatsächlichen Ausmaß der Arbeitsleistung unabhängig. Es kommt darauf an, ob der Hausbesorger die in den §§ 3 und 4 Abs 1 HbG angeführten Leistungen grundsätzlich zu erbringen hat, ohne dass auf das tatsächliche Ausmaß der Tätigkeit Bedacht zu nehmen ist (Kürner, DRdA 1993, 350 [352 f]; 4 Ob 2/76, Arb 9459; 9 ObA 58/87, DRdA 1989/8 [Beck-Mannagetta]; 8 ObA 260/94 ua). Letztlich ist die Entlohnung eines Hausbesorgers so lange von der Art der von ihm zu verrichtenden Tätigkeiten unabhängig, als diese Tätigkeiten ein Hausbesorgerdienstverhältnis (noch) konstituieren (Kürner aaO 353 ua). Insoweit kommt der gemäß § 7 Abs 4 HbG zu erlassenden Verordnung pauschalierende Wirkung zu. Das Entgelt nach § 7 Abs 1 HbG bemisst sich iVm der Entgeltverordnung ausschließlich nach Maßgabe der Größe des zu betreuenden Hauses, wobei das Ausmaß der Nutzflächen der im Haus bestehenden Wohnungen den Maßstab bildet (VwGH 2004/08/0149 ua). Es bedarf daher bezüglich des Entgelts nach § 7 Abs 1 HbG keiner Feststellungen über die geleisteten Wochenstunden. Den abweichenden Überlegungen der Revisionswerberin zu einer Aliquotierung des Entgelts nach § 7 Abs 1 HbG iVm der Entgeltverordnung ist daher nicht zu folgen. Dass im Einzelfall bei der Pauschalierung manche Hausbesorger günstiger aussteigen mögen als andere, je nach dem welche Hausbesorgerpflichten vom jeweiligen Hauseigentümer in Anspruch genommen werden, mag durchaus sein und liegt im Wesen einer Pauschalierung. Dies macht jedoch die sich am Durchschnitt orientierende Regelung nicht unsachlich (vgl 8 ObA 338/98h, ZAS 2000/15 [Strasser] = DRdA 2000/17 [Weiss] ua). Die verfassungsmäßigen Bedenken der Revisionswerberin gegen die Entgeltverordnung werden vom Senat nicht geteilt. Es bleibt daher bei den Sätzen laut § 1 Abs 1 der Entgeltverordnung. Selbst wenn man nun dem Entgelt nach § 7 HbG nur den ersten Ansatz laut § 1 Abs 1 lit a der Entgeltverordnung (ATS 2,30 je m² Nutzfläche Wohnräume) zugrundelegt, zeigt sich - die Wohnraumnutzflächen der beiden gegenständlichen Anlagen betragen 5.293 m² und 2.400 m² - dass die mit der Klägerin vereinbarten Pauschalentgelte von ATS 9.200 und ATS

3.200 deutlich darunter blieben. Der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Hausbesorgerdienstverträge hinsichtlich der vereinbarten Pauschalentgelte nichtig sind, weil sie nicht einmal das der Klägerin gesetzlich zustehende Entgelt abdeckten, ist daher beizupflichten (ZBl 1935/390; 4 Ob 24/57, Arb 6691 ua). Berechtigt sind jedoch die Einwände der Revisionswerberin in Bezug auf das Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis. Da die Entgeltverordnung auf § 7 HbG aufbaut, der - soweit hier relevant - nur das Entgelt für die Dienstleistungen nach § 4 Abs 1 HbG regelt, kann kein Zweifel bestehen, dass es beim „Reinigen der Gehsteige und deren Bestreuung bei Glatteis" laut § 1 Abs 1 lit c der Entgeltverordnung nur um Gehsteige gehen kann, bei denen dem Hauseigentümer laut § 4 Abs 1 Z 1 lit e HbG „nach den bestehenden Vorschriften" eine entsprechende Verpflichtung obliegt. Darunter sind die Verpflichtungen des § 93 Abs 1 und 1a StVO zu verstehen (Kürner aaO 355, 358; 4 Ob 16/74, Arb 9206; 4 Ob 27/84, Arb 10.335; 2 Ob 5/96, ZVR 1996/127; RIS-Justiz RS0062905 ua). Die Reinigungs- und Streupflicht bezieht sich nach diesen Bestimmungen nur auf entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 m vorhandene, dem öffentlichen Verkehr dienende Gehsteige und Gehwege einschließlich der in diesem Zuge befindlichen Stiegenanlagen entlang der ganzen Liegenschaft. Ist ein Gehsteig (Gehweg) nicht vorhanden, so ist der Straßenrand in der Breite von 1 m zu säubern und zu bestreuen (§ 93 Abs 1 StVO). In einer Fußgängerzone oder Wohnstraße ohne Gehsteige gilt die vorstehende Verpflichtung für einen 1 m breiten Streifen entlang der Häuserfronten (§ 93 Abs 1a StVO). Eine darüber hinausgehende Reinigungs- und Streupflicht des Hausbesorgers, insbesondere in Bezug auf innerhalb der Liegenschaft liegende Wege und Flächen, kann nur durch eine besondere Vereinbarung nach § 4 Abs 3 HbG begründet werden (4 Ob 16/74, Arb 9206; RIS-Justiz RS0062910 ua). Was dem gegenüber ein Mindestlohntarif unter einem „Gehsteig" versteht, ist hier ohne Bedeutung, weil auf das Entgelt der Klägerin kein Mindestlohntarif Anwendung findet. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass entgegen der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, die auf die Anwendung eines Mindestlohntarifs setzten, beim Entgelt für die Reinigungs- und Streupflicht zwischen Gehsteigen und Gehwegen nach § 93 StVO und anderen Wegen und Flächen, für die die Klägerin zuständig war, differenziert werden muss. Da § 1 Abs 1 lit c der Entgeltverordnung hinsichtlich der Gehfläche (iSd § 93 StVO) auf die Quadratmeterzahl abstellt, müssen im fortgesetzten Verfahren mangels Außerstreitstellung noch entsprechende, differenzierende Feststellungen über die jeweiligen Flächenausmaße getroffen werden. Offen blieb bisher, ob gemäß dem Beklagtenvorbringen - allerdings entgegen dem auf die Pflichten nach der StVO Bezug nehmenden Text der Hausbesorgerdienstverträge - gar keine Gehsteige und Gehwege iSd § 93 StVO vorhanden und von der Klägerin zu betreuen waren. Dies wird noch zu erörtern und zu klären sein.

Nach § 8 HbG hat der Landeshauptmann durch Verordnung als Ersatz für die Kosten der Beschaffung der zu den Reinigungsarbeiten gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a bis d HbG erforderlichen Materialien eine angemessene Vergütung (Materialkostenersatz) in Form eines monatlichen Zuschlags zu dem Entgelt gemäß § 7 Abs 5 lit a und b HbG festzusetzen. Diesen Zuschlag hat der Hauseigentümer an den Hausbesorger monatlich im Nachhinein zu leisten. Er ist kein Bestandteil des Entgelts. Der Zuschlag beträgt gemäß § 2 der Entgeltverordnung 15 % der sich aus § 1 Abs 1 lit a und b der Entgeltverordnung ergebenden Höhe des Entgelts. Der Einwand der Revisionswerberin gegen den Zuschlag ist nicht gerechtfertigt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der pauschale Ersatz der Materialkosten vom tatsächlichen Aufwand unabhängig ist. Auf die theoretische Frage, ob der Materialkostenersatz auch dann zusteht, wenn gar keine Materialkosten entstehen können, braucht hier nicht eingegangen werden, weil dieser Fall nicht vorliegt, sobald dem Hausbesorger die Überwachung der Reinigung obliegt. Die Rechte, die dem Hausbesorger auf Grund des § 8 HbG zustehen, können im Übrigen durch Vereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden (§ 28 HbG).

Dem Hausbesorger ist nach § 13 Abs 1 HbG eine den gesundheits-, bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechende, für die dauernde Bewohnung bestimmte, baulich in sich abgeschlossene, normal ausgestattete Wohnung unentgeltlich einzuräumen. Diese Dienstwohnung ist keine wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen des Hausbesorgerdienstvertrags, wenn das Wohnbedürfnis des Hausbesorgers anderweitig befriedigt ist (8 ObA 343/98v ua). Es kann daher ein Hausbesorgerdienstvertrag auch mit einem Mieter abgeschlossen werden (RV 1419 BlgNR 11. GP 16 ua). Steht nun dem Hausbesorger im Zeitpunkt der Begründung des Dienstverhältnisses eine der ihm sonst zustehenden Dienstwohnung entsprechende Wohnung zur Verfügung, so kann er nach § 13 Abs 5 HbG auf den Anspruch auf Dienstwohnung schriftlich verzichten. Hat er auf den Anspruch auf Dienstwohnung gemäß § 13 Abs 5 HbG verzichtet, so gebührt ihm nach § 13 Abs 6 HbG an Stelle dieses Sachbezugs ein monatliches Entgelt in der Höhe der für die Zwecke der Sozialversicherung festgesetzten Bewertungssätze. Die Klägerin begehrt nun, gestützt auf den Umstand, dass zwischen den Parteien zwei parallele Hausbesorgerdienstverhältnisse vorgelegen seien, das zweifache Mindestentgelt nach § 13 Abs 5 HbG. Dabei lässt sie allerdings unbeachtet, dass ihr dieses Entgelt - schon in einfacher Höhe - nur dann gebührt, wenn sie nach § 13 Abs 5 HbG auf den Anspruch auf Dienstwohnung schriftlich verzichtet hat (8 ObA 343/98v ua). Im vorliegenden Fall wurde ein derartiger Verzicht nicht nachgewiesen. Damit blieb es beim Anspruch der Klägerin auf Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung, der allerdings während aufrechten Hausbesorgerdienstverhältnisses nicht geltend gemacht wurde. Hätte die Klägerin von der Beklagten zwei Dienstwohnungen gefordert, wäre zu prüfen gewesen, ob hier - ungeachtet der Formulierung zweier Verträge - tatsächlich zwei Dienstverhältnisse begründet werden sollten oder der Konsens der Parteien nur dahin ging, ein Dienstverhältnis, das zwei Wohnhausanlagen betrifft, zu begründen. Weitere Erörterungen hiezu - wie überhaupt zur allgemeinen Frage zweier paralleler Dienstverhältnisse zwischen den gleichen Parteien - können hier auf sich beruhen, weil von der Klägerin weder eine (oder zwei) Dienstwohnung(en) gefordert wurde(n), noch die „Zweiteilung" des Dienstverhältnisses bei anderen gegenständlichen Fragen eine Rolle spielt.

Für „andere Dienstleistungen" (§ 4 Abs 3 HbG) als jene nach den §§ 3 und 4 Abs 1 HbG, zB die Gartenbetreuung etc (4 Ob 75/75, Arb 9429 ua), gebührt dem Hausbesorger nach § 12 HbG ein „anderweitiges Entgelt". Sein Ausmaß bleibt einer besonderen Vereinbarung überlassen (§ 12 Abs 1 HbG). In Ermangelung einer (wirksamen) Vereinbarung oder Festsetzung durch Mindestlohntarif ist für das Ausmaß der Entlohnung der Ortsgebrauch maßgebend (§ 12 Abs 2 HbG). Dass Unentgeltlichkeit vereinbart werden sollte, kann entgegen der Auffassung der Revisionswerberin in Anbetracht der (wenn auch unwirksamen) Pauschalvereinbarungen gerade nicht angenommen werden. Von den „anderen Leistungen" ist hier zwischen den Parteien die Pflege der Außenanlagen strittig. Wie bereits ausgeführt, findet im vorliegenden Fall weder ein Mindestlohntarif Anwendung noch kommt eine Vereinbarung zum Tragen. Zwischen den Parteien bestanden zwar zwei Pauschalvereinbarungen, die jedoch, weil sie nicht einmal das gesetzliche Entgelt abdeckten, nichtig sind. Das Ausmaß der Entlohnung der „anderen Leistungen" der Klägerin richtet sich daher nach dem „Ortsgebrauch" (vgl zum Begriff § 6 AngG). Ortsüblich ist jenes Entgelt, das von vergleichbaren Unternehmen am Standort des Arbeitgebers bezahlt wird (Schrammel in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 6 Rz 20 ua). Auf Grund der unrichtigen Annahme, dass hier ohnehin ein Mindestlohntarif zum Tragen käme, unterblieben bisher nicht nur Differenzierungen hinsichtlich der Reinigung und Streuung der Flächen wie bereits vorstehend zu § 4 Abs 1 Z 1 lit e HbG ausgeführt, sondern auch Erörterungen und Feststellungen zum Ortsgebrauch. Die hilfsweise Überlegung des Erstgerichts, dass auch hiefür der Mindestlohntarif, selbst wenn er nicht unmittelbar anwendbar sei, als „Untergrenze" herangezogen werden könne, greift zu kurz. Es mag zwar durchaus sein, dass sich Hauseigentümer bei der Lohnbildung im Zusammenhang mit der Vergabe von derartigen Arbeiten an einem Mindestlohntarif orientieren (vgl § 23 ArbVG). Dies ist jedoch bestenfalls das (bisher allerdings noch nicht erhobene) Ergebnis, nicht jedoch die (mangels jeder Erforschung des Ortsgebrauchs) von vornherein zu unterstellende Grundlage. Hinsichtlich der den Ortsgebrauch begründenden Preisbildung sind die potentiellen Vertragsparteien nämlich grundsätzlich frei (Löschnigg, Arbeitsrecht10 306; 9 ObA 364/93; 9 ObA 2267/96i ua); es besteht keine Bindung durch einen Mindestlohntarif als „Untergrenze". Das Erstgericht wird diese Frage im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien zu erörtern und im Bestreitungsfall vor allem die Klägerin zu entsprechenden Beweisen anzuleiten haben. In Bezug auf die Pflege der Außenanlagen wird auch die Frage einer allenfalls schlüssigen Vereinbarung der Vornahme der Bewässerung durch die Klägerin zu erörtern sein.

Zusammenfassend ist somit eine abschließende Beurteilung der Entlohnungsansprüche der Klägerin noch nicht möglich. Es hat daher eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Zurückverweisung der Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zu erfolgen. Dieses wird im fortgesetzten Verfahren jenen Fragen nachzugehen haben, die bisher auf Grund der Annahme, es käme ein Mindestlohntarif zum Tragen, anders beurteilt worden oder offen geblieben sind. Es handelt sich dabei vor allem um die Klärung und Differenzierung der Gehsteige und Gehwege nach § 93 StVO und andere Flächen sowie um die Frage der Abgeltung der anderen Leistungen nach § 4 Abs 3 HbG auf der Basis des Ortsgebrauchs.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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