Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Parteien waren zur Zeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 53 AußStrG) die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1243 Grundbuch ***** (Liegenschaftsadresse *****). Zu diesem Zeitpunkt war beim Erstgericht zu 30 Nc 5/02y ein Antrag auf Bestellung eines vorläufigen Verwalters und zu 30 Nc 1/05i ein Antrag auf Bestellung eines Verwalters anhängig. Beide Verfahren waren damals noch nicht rechtskräftig erledigt.
Die Antragstellerin beantragte, (ua) die Rechtsunwirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft festzustellen, der wie folgt lautete:
„Herr Mag. Michael W***** wird mit der Abrechnung und Verwaltung der Konten der Eigentümergemeinschaft beauftragt. Herr Mag. Michael W***** erhält demgemäß eine Kontovollmacht bei der Raiffeisenbank Velden. Als Aufwandsentschädigung erhält Herr Mag. W***** einen Betrag von € 50,-- pro Eigentümer im Jahr. Die Abrechnung der Barauslagen erfolgt nach tatsächlichem Aufwand;"
Die Beschlussfassung weise insoweit einen formellen Mangel auf, weil Mag. Michael W***** mitgestimmt habe, obwohl der Abstimmungsgegenstand ihn selbst betroffen habe. Der Beschluss sei auch gesetzwidrig, weil das Wohnungseigentumsgesetz 2002 die Beauftragung einer Person bloß mit der Abrechnung und Verwaltung der Konten der Eigentümergemeinschaft nicht vorsehe.
Die Antragsgegner bestritten das Vorliegen formeller oder materieller Mängel der gefassten Beschlüsse.
Das Erstgericht wies das - hier noch allein strittige - Begehren auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des wiedergegebenen Beschlusses auf Beauftragung des Mag. Michael W***** mit der Abrechnung und Verwaltung der Konten der Eigentümergemeinschaft samt Kontovollmacht ab. Es vertrat dazu die Ansicht, es stehe der Eigentümergemeinschaft grundsätzlich frei, die Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft selbst durchzuführen oder dafür gemäß § 19 WEG 2002 (mit einfacher Mehrheit) einen Verwalter zu bestellen. Die Eigentümergemeinschaft habe lediglich einem Wohnungseigentümer einen Auftrag erteilt, für die Eigentümergemeinschaft zu handeln, und dazu habe dieser Kontovollmacht erhalten. Bei der Kontenverwaltung handle es sich um laufende Aufgaben der Eigentümergemeinschaft, doch sei im Rahmen der Selbstverwaltung auch ein Auftrag über längere Zeit möglich. Da die notwendige Zustimmung für den Beschluss auch ohne der Stimme des Mag. W***** vorgelegen habe, sei der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit dieses Beschlusses abzuweisen gewesen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin - soweit er sich gegen die Beauftragung und Bevollmächtigung des Mag. Michael W***** richtete - nicht Folge. Das Rekursgericht führte zu diesem - für das Revisionsrekursverfahren allein relevanten - Teil seiner Entscheidung rechtlich aus, dass die Vertretung der Eigentümergemeinschaft in § 18 Abs 2 (Abs 3 idF WRN 2006) WEG 2002 abschließend geregelt sei. Sei ein Verwalter bestellt, dann sei dieser - von Kollisionsfällen und Notfallsmaßnahmen abgesehen - ausschließlich zur Vertretung der Gemeinschaft befugt. Sei kein Verwalter (auch kein vorläufiger Verwalter gemäß § 23 WEG 2002) bestellt, werde die Eigentümergemeinschaft gemäß § 18 Abs 2 (Abs 3 idF WRN 2006) Z 2 lit a WEG 2002 durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer vertreten. Diese gesetzliche Regelung könne wohl kaum so verstanden werden, dass im Fall des Fehlens eines Verwalters die Eigentümergemeinschaft betreffend Verwaltungs- und damit verbundener Vertretungshandlungen als Gesamtheit handeln müsse, weil dies bei größeren Eigentümergemeinschaften lebensfremd erschiene. Um der Eigentümergemeinschaft in solchen Fällen die Teilnahme am Rechtsverkehr und die Durchführung der - ihr als solcher zukommenden - Liegenschaftsverwaltung nicht unmöglich zu machen, müsse es dieser auch möglich sein, einen Mit- und Wohnungseigentümer oder einen Dritten - ohne diesen zum Verwalter zu bestellen - zu Vertretungshandlungen rechtsgeschäftlich zu bevollmächtigen. Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob die Eigentümergemeinschaft im Rahmen der Selbstverwaltung einen ihrer Miteigentümer oder einen Dritten zu Vertretungshandlungen rechtsgeschäftlich bevollmächtigen dürfe - soweit überblickbar - eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs fehle.
Gegen die Bestätigung der Abweisung des Beschlussanfechtungsantrags betreffend die Beauftragung des Mag. Michael W***** mit der Abrechnung und Verwaltung der Konten der Eigentümergemeinschaft samt Kontovollmacht richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dieser Beschlusses als rechtsunwirksam festgestellt wird. Hilfsweise stellt die Antragstellerin auch einen Aufhebungsantrag.
Die Antragstellerin macht zusammengefasst geltend, die Vertretung der Eigentümergemeinschaft sei in § 18 Abs 2 (Abs 3 idF WRN 2006) WEG 2002 abschließend geregelt. Die Vertretung der Gemeinschaft durch andere Personen, besonders in einem beschränkten Umfang, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Auch bei den Verwaltungsagenden der Eigentümergemeinschaft nach § 28 WEG 2002 sei lediglich die Bestellung des Verwalters und die Bestellung des Eigentümervertreters, nicht jedoch die Beauftragung eines Wohnungseigentümers mit einzelnen Verwaltungsagenden vorgesehen. Wenn
- wie hier mit dem angefochtenen Beschluss - ein Wohnungseigentümer mit der Abrechnung und Verwaltung der Konten beauftragt und ihm dafür eine Kontovollmacht erteilt werde, so werde er zum - eingeschränkten
- Verwalter („Pseudoverwalter") bestellt, dessen Aufgabenbereich nicht ausreichend definiert sei. Bei der „Verwaltung der Konten der Eigentümergemeinschaft" handle es sich um eine Verwaltung fremden Vermögens. Wer dazu beauftragt werden solle, bedürfe des Vertrauens jener Personen, die ihm ihr Vermögen zur Verwaltung überließen. Die Minderheit sei im Falle der Verwalterbestellung durch die gesetzliche Haftung des Verwalters als Sachverständiger geschützt, während im Fall des bloß für einzelne Agenden mehrheitlich bestellten Beauftragten diese Sachverständigenhaftung nicht greife. Allein diese unterschiedliche Haftung rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung und damit die Unzulässigkeit der Bestellung eines „Pseudoverwalters" durch bloßen Mehrheitsbeschluss. Solle jemand für eine verwalterlose Liegenschaft Vertretungshandlungen für die Eigentümer setzen, so bedürfe er dazu auch der Vollmacht jedes einzelnen Wohnungseigentümers; ein Mehrheitsbeschluss genüge dafür nicht. Die Antragstellerin habe Mag. Michael W***** keine Vollmacht erteilt, weshalb er auch nicht berechtigt sei, über die von ihr auf das Gemeinschaftskonto eingezahlten Gelder zu verfügen. Schließlich könne Mag. Michael W***** auch nicht als „Pseudoverwalter" im Grundbuch ersichtlich gemacht werden. Es mache keinen Sinn, jemanden zwar am Rechtsverkehr - insbesonders auch mit Banken - teilnehmen zu lassen, diese Berechtigung aber nicht auf die gesetzlich vorgesehene Weise kundmachen zu können. Es sei daher insgesamt unzulässig durch bloßen Mehrheitsbeschluss eine Person mit Verwaltungsagenden zu beauftragen, für welche nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Verwalter zuständig sei.
Die Antragsgegner beteiligten sich am Revisionsrekursverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der ordentliche Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Die Vertretung der Eigentümergemeinschaft regelt § 18 Abs 2 (Abs 3 idF WRN 2006) WEG 2002. Demnach wird die Eigentümergemeinschaft, wenn ein Verwalter estellt ist, abgesehen in dem von einer Interessenkollision betroffenen Geschäftsbereich, durch den Verwalter, und wenn kein Verwalter bestellt ist, durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer, bei Bestellung eines vorläufigen Verwalters nach § 23 WEG 2002 nur durch diesen vertreten. Die Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltungsvertrags gehört gemäß § 28 Abs 1 Z 5 WEG 2002 zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung, in denen die Mehrheit der Wohnungseigentümer entscheidet.
2. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts (§ 53 AußStrG) kein (vorläufiger) Verwalter bestellt. Es greift daher die Vertretungsregel des § 18 Abs 3 Z 2 lit a WEG 2002 (idF WRN 2006), wonach die Eigentümergemeinschaft durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer vertreten wird. Schon Würth (in Rummel³, § 18 WEG 2002 Rz 8) verweist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf, dass bei Fehlen eines Verwalters die Mehrheit der Wohnungseigentümer - schon aus Praktikabilitätsgründen - durch einen von dieser ad hoc bestellten Bevollmächtigten vertreten werden wird. Auch Löcker (in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, § 18 WEG 2002 Rz 66) vertritt den Standpunkt, es müsse den Wohnungseigentümern möglich sein, einen von ihnen oder auch einen Dritten - ohne diesen zum Verwalter zu bestellen - zu Vertretungshandlungen rechtsgeschäftlich zu bevollmächtigen; nichts anderes ist auch hier mit dem von der Antragstellerin bekämpften Beschlusspunkt geschehen:
3. Mangels Verwalterbestellung obliegt hier (ua auch) die Abrechnung und Verwaltung der Hauskonten der Eigentümergemeinschaft, die diese Aufgabe als Ausdruck der Selbstverwaltung wahrnimmt. Es hieße dann aber diese Möglichkeit der Selbstverwaltung und -vertretung unnötig erschweren, wenn zur Erledigung jeder Detailaufgabe immer die (eine) Mehrheit der Wohnungseigentümer handeln und für die Eigentümergemeinschaft auftreten müsste. Ein solches Verständnis des Vertretungsrechts würde praktisch schlichtweg immer eine Verwalterbestellung erzwingen und die Möglichkeit der Vertretung der Eigentümergemeinschaft durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer geradezu ausschließen. Es ist daher mit der wohl hL davon auszugehen, dass das Konzept des Vertretungsrechts des § 18 Abs 3 WEG 2002 (idF WRN 2006) im Grunde zwar als abschließende Regelung zu verstehen ist (vgl (Palten, Wohnungseigentumsrecht³, Rz 135; Würth in Rummel³, § 18 WEG 2002 Rz 5; Würth/Zingher/Kovannyi21, § 18 WEG 2002 Rz 23). Die Möglichkeit einer Beauftragung (Bevollmächtigung) eines Dritten bzw eines Wohnungseigentümers durch die Eigentümergemeinschaft (erteilt von der Mehrheit der Wohnungseigentümer) zu deren Vertretung in ganz bestimmten, eng begrenzten Tätigkeitsbereichen wird durch § 18 Abs 3 WEG 2002 (idF WRN 2006) aber nicht ausgeschlossen und ist geradezu erforderlich, um überhaupt die gesetzliche vorgesehene Möglichkeit der Selbstverwaltung und -vertretung der Eigentümergemeinschaft zu ermöglichen. Soweit die Antragstellerin gegen dieses Verständnis des Vertretungsrechts mit der mangelnden Möglichkeit argumentiert, die vorliegende Beauftragung und Bevollmächtigung des Wohnungseigentümers im Grundbuch eintragen zu können, geht dies schon deshalb am Kern der Sache vorbei, weil es hier ja im Grunde ohnehin bei der gesetzlichen Vertretungsregel des § 18 Abs 3 Z 2 lit a WEG 2002 (idF WRN 2006) bleibt.
Im Ergebnis erweist sich also der angefochtene Beschlussteil nicht als gesetzwidrig, weshalb dem Revisionsrekurs der Antragstellerin ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG jeweils idF WohnAußStrBeglG.
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