OGH 15Os65/07h

OGH15Os65/07h21.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dkfm. Mag. Wilfried B***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. März 2007, GZ 034 Hv 16/07f-33, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dkfm. Mag. Wilfried B***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (I.) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ Marija B***** mit Gewalt, indem er ihr, nachdem er zuerst erklärte, dass er nicht früher das Haus verlassen werde „bevor er sie gefickt habe", gewaltsam der sich massiv Wehrenden ihre Kleidung vom Körper riss, wodurch sie leichte Verletzungen erlitt, zur Duldung des Beischlafes zu nötigen versucht;

II./ Janko B*****, der seiner Mutter Marija B***** zu Hilfe eilte, durch Kratzen vorsätzlich am Körper verletzt, wodurch dieser multiple Kratzwunden am rechten Handrücken, vier Kratzwunden am linken Handrücken und am linken Zeigefinger erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 1, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Indem der Angeklagte unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund geltend macht, der Richter Mag. Wolfgang F***** habe das Urteil ausgefertigt, aber nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen, zeigt er, wie die Aktenlage deutlich macht, ein Kanzleiversehen bei Herstellung der Urteilsabschriften, aber keine fehlerhafte Gerichtsbesetzung (Z 1) auf: Die Urschrift des Urteils trägt die Paraphe der Vorsitzenden. Die Ausfertigungen (§ 62 Abs 2 Geo) weisen auf Grund eines Irrtums die Namensstampiglie des genannten Richters auf. Für die Überprüfung einer Entscheidung ist aber deren Urschrift maßgeblich (Danek, WK-StPO § 270 Rz 53).

Mängel- (Z 5) und Rechtsrüge (Z 9 lit a) wenden sich ausschließlich gegen den Schuldspruch Punkt II wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB.

Als unbegründet erachtet der Beschwerdeführer die Feststellungen zu den bei Janko B***** eingetretenen Verletzungen. Die Tatrichter konstatierten hinsichtlich des Genannten „multiple Kratzwunden am rechten Handrücken, vier Kratzwunden am linken Handrücken und am linken Zeigefinger" (US 6). Sie stützten sich dabei nicht nur, wie die Beschwerde geltend macht, auf die Verantwortung des Angeklagten und die Aussagen der Zeugen Marija und Janko B*****, sondern auch auf den polizeiamtsärztlichen Befund, der die festgestellten Verletzungen ausweist (S 187). Von einer Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) kann daher keine Rede sein.

Mit der im Rahmen der Mängelrüge geäußerten Rechtsmeinung, eine Kratzspur an Handrücken oder Unterarm sei nicht tatbildlich (der Sache nach Z 9 lit a), bezieht sich der Angeklagte nicht auf den konstatierten Sachverhalt. Die festgestellten Kratzwunden hat das Erstgericht im Übrigen zu Recht als tatbestandsmäßig beurteilt (RIS-Justiz RS0092574, RS0092811; Burgstaller/Fabrizy in WK² § 83 Rz 6 mwN, krit Rz 8; Kienapfel/Schroll BT I5 § 83 Rz 6 mwN). Auch die Konstatierungen zur inneren Tatseite sind mängelfrei begründet. Nach den Urteilsfeststellungen kam Janko B***** seiner Mutter zu Hilfe, als sie Opfer des im Schuldspruch laut Punkt I. beschriebenen Verhaltens wurde. Er stürzte sich auf den Angeklagten und drückte ihn zu Boden, um ihn bis zum Einlangen der Polizei anzuhalten, worauf jener versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien, „indem er ihn an den Händen kratzte" (US 6). Aus diesem Vorgehen die Konstatierung abzuleiten, dass der Angeklagte es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, Janko B***** am Körper durch Kratzen zu verletzten (US 6), entspricht der Beschwerde zuwider (Z 5 vierter Fall) durchaus den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) kritisiert die genannte Feststellung zur inneren Tatseite als „substanzlosen Gebrauch der verba legalia", womit sie den Tatsachengehalt der Konstatierung ganz übergeht. Solcherart wird aber ein Rechtsfehler des Urteils nicht aufgezeigt. Die Nichtigkeitsbeschwerde und die zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehene Berufung wegen Schuld waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe folgt (§ 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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