Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrte die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien - jene der drittbeklagten Partei beschränkt auf die Versicherungssumme eines bestimmten Haftpflichtversicherungsvertrages - für alle zukünftigen Folgen des Verkehrsunfalles vom 25. 6. 2004 auf der Hausruck-Bundesstraße im Ortsgebiet Weierfing im Ausmaß von 50 %. Sie bewertete ihr rechtliches Interesse mit EUR 7.000,--. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,--, nicht jedoch EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die an das Erstgericht adressierte „außerordentliche Revision" der Klägerin, in der sie den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes als unrichtig bemängelt. Hilfsweise stellte sie in demselben Schriftsatz den Antrag auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision, den sie mit der Ausführung dieses Rechtsmittels verband.
Das Erstgericht legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die „außerordentliche Revision" vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Aktenvorlage erweist sich als verfehlt.
Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar EUR 4.000,--, nicht aber insgesamt EUR 20.000,-- übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärte. Nach dem Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO überstieg der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,--. Damit stand der Klägerin grundsätzlich nur die Möglichkeit offen, gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht zu stellen, dieses möge seinen Ausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde, und mit demselben Schriftsatz die ordentliche Revision auszuführen. Die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes durch das Berufungsgericht ist grundsätzlich unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend (RIS-Justiz RS0042410, RS0042515), es sei denn, das Berufungsgericht hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt, eine offenkundige Fehlbewertung vorgenommen oder eine Bewertung hätte überhaupt unterbleiben müssen (4 Ob 61/04f = EvBl 2004/180; 4 Ob 22/07y ua; RIS-Justiz RS0042515 [T7 bis 10]; Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 ZPO Rz 155 mwN). Selbst wenn keine zwingenden Bewertungsvorschriften bestehen, ist das Berufungsgericht demnach in der Bewertung nicht völlig frei. Sein gebundenes Ermessen hat sich an den für die Bewertung des Streitgegenstandes normierten Grundsätzen zu orientieren. Danach bildet der objektive Wert der Streitsache ein Bewertungskriterium (§ 60 JN; 4 Ob 61/04f mwN; 10 Ob 33/04g). Das Berufungsgericht darf daher den Wert des Entscheidungsgegenstandes - bezogen auf den objektiven Wert der Streitsache - weder übermäßig hoch noch übermäßig niedrig ansetzen; ist eine solche Fehlbewertung offenkundig, dann ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (4 Ob 61/04f; 10 Ob 33/04g). Das Berufungsgericht hat sich bei seinem Bewertungsausspruch an der Bewertung des Feststellungsinteresses durch die Klägerin orientiert. Wenngleich es an deren Bewertung nicht gebunden war (RIS-Justiz RS0042617; Zechner aaO Rz 154), hat es den ihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum im Ergebnis nicht überschritten. Die Klägerin hat in der Klage zwar vorgebracht, bei dem Verkehrsunfall diverse schwere Verletzungen erlitten zu haben, an Spät- und Dauerfolgen zu leiden und „bis dato" arbeitsunfähig zu sein. Im Hinblick auf das von ihr zugestandene Mitverschulden von 50 % ist aber von einer „offenkundigen", dh eindeutig erkennbaren Unterbewertung des Entscheidungsgegenstandes durch das Berufungsgericht noch nicht auszugehen. Eine solche zeigt die Klägerin auch mit ihrer Behauptung, dass ihre möglichen Ansprüche EUR 20.000,-- „bei weitem übersteigen könnten" nicht auf. Das Erstgericht wird daher das - ungeachtet der von der Klägerin vorgegebenen Reihung - als Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO verbunden mit einer ordentlichen Revision zu deutende Rechtsmittel gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen haben.
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