OGH 3Ob64/07v

OGH3Ob64/07v23.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W***** KG, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Sigismund K*****, vertreten durch Stangl und Ferstl Rechtsanwaltspartnerschaft in Wiener Neustadt, wegen 7.190 EUR s.A., infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Dezember 2006, GZ 46 R 865/06f-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. Oktober 2006, GZ 66 E 3538/06y-8, ersatzlos aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Im - am 18. Mai 2005 eröffnete - Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Verpflichteten wurde am 31. Jänner 2006 ein Zahlungsplan mit einer Quote von 11 % angenommen und in der Folge bestätigt. Mit Beschluss vom 10. April 2006 hob das Konkursgericht das Schuldenregulierungsverfahren auf; es bestätigte die Rechtskraft dieser Entscheidung am 4. Mai 2006.

Auf Grund eines vollstreckbaren Zahlungsbefehls eines anderen Bezirksgerichts vom 24. Mai 2006 bewilligte das Erst- als Exekutionsgericht der betreibenden Partei wider den Verpflichteten zur Hereinbringung von 7.190 EUR sA Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO. Auf Grund eines „Einspruchs" des Verpflichteten, wonach die Forderung der betreibenden Partei in die Zeit vor dem Zahlungsplan fiele, stellte das Erstgericht die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO iVm § 197 Abs 3 KO ein. Seine Entscheidung begründete es damit, dass der Verpflichtete als Gemeinschuldner im Konkursverfahren eine Forderung der betreibenden Partei von 42.190 EUR angegeben habe. Die der Exekution zugrundeliegende Forderung gründe sich laut Zahlungsbefehl auf einen Vertrag vom 18./31. März 2003 und hätte im Konkurs angemeldet werden müssen, was trotz öffentlicher Bekanntmachung im Schuldenregulierungsverfahren nicht erfolgt sei. Durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich werde der Gemeinschuldner von seiner Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall nachträglich zu ersetzen, gleichviel ob sie am Konkursverfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen hätten. Nach § 197 Abs 1 KO hätten Konkursgläubiger, die ihre Forderung bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet haben, nur insoweit einen Anspruch auf die zahlende Quote, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspreche. Das habe das Konkursgericht auf Antrag vorläufig zu entscheiden (§ 66 AO). Zu Gunsten eines Konkursgläubigers, der seine Forderung nicht angemeldet hat, könne die Exekution nur bei Vorliegen eines Beschlusses nach § 197 Abs 2 KO stattfinden. Eine entgegen dieser Bestimmung bewilligte Exekution sei von Amts wegen oder auf Antrag einzustellen. Das Gericht zweiter Instanz hob infolge Rekurses der betreibenden Partei den erstinstanzlichen Beschluss ersatzlos auf. Nach seiner Auffassung weise die betreibende Partei zutreffend darauf hin, dass der Zahlungsbefehl erst nach Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens geschaffen und vom Verpflichteten nicht beeinsprucht worden sei. Ihm sei die Möglichkeit offen gestanden, die Wirkung des Zahlungsplans im Titelverfahren einzuwenden. § 197 Abs 3 KO sei nicht anzuwenden, wenn ein Exekutionstitel erst nach Aufhebung des Konkurses erwirkt werde. Diese Bestimmung sei dem Zweck und der Systematik nach nur auf Exekutionen zu beziehen, die sich auf einen vor Konkurseröffnung ergangenen Exekutionstitel stützten. In solchen Titelverfahren könnten naturgemäß die Wirkungen des erst nachfolgenden Insolvenzverfahren noch nicht berücksichtigt werden. In derartigen Fällen solle das Verfahren nach § 197 Abs 2 und 3 KO einen Oppositionsprozess vermeiden. Da im vorliegenden Fall die möglichen Einwendungen im Titelverfahren hätten erhoben werden können, bleibe für die Anwendung des § 197 KO kein Raum.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Anwendbarkeit des § 197 Abs 2 und 3 KO auf Exekutionen nicht vorliege, die auf Grund eines nach Konkursaufhebung ergangenen Exekutionstitels bewilligt wurden.

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nach § 78 EO iVm § 528 Abs 3 und § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Bereits mit Beschluss vom 30. November 2006, AZ 8 Ob 117/06y (= ZIK 2007, 64), stellte der Oberste Gerichtshof im Einklang mit der herrschenden Ansicht (G. Kodek, Privatkonkurs Rz 445; Fink, Der Privatkonkurs nach der Insolvenzrechts-Novelle 2002, ÖJZ 2003, 209 [210]; Mohr, Insolvenzrecht 2002, 108) klar, dass sich § 197 Abs 3 KO - wie auch das Rekursgericht zutreffend erkannte - nicht auf den Fall bezieht, dass der Gläubiger erst nach Konkursaufhebung einen Exekutionstitel erwirkt. In einem solchen Fall kann die sich aus dem Zahlungsplan und § 197 Abs 2 KO ergebende (gänzliche oder teilweise) Hemmung des Anspruchs ohnedies bereits im Titelverfahren berücksichtigt werden. Für die nachträgliche „vorläufige" Entscheidung nach § 66 AO besteht diesfalls kein Bedürfnis. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit den ErläutRV zu § 197 KO idF Insolvenzrechts-Nov 2002 (988 BlgNR 21. GP, 38), wonach durch die Neuregelungen keine Änderungen für Konkursgläubiger eintreten, die sich auf einen Auszug aus dem Anmeldungsverzeichnis oder einen nach Konkursaufhebung ergangenen Exekutionstitel stützen. An dieser Rechtsansicht ist festzuhalten, der Revisionsrekurswerber vermag dagegen auch keine schlüssigen Einwände zu erheben. Mögen auch die Wirkungen des Zahlungsplans und der Restschuldbefreiung dem vormaligen Gemeinschuldner keinen Schutz vor Klagen über nicht angemeldete Forderung gewähren, könnte er die Wirkungen der Annahme des Zahlungsplans sehr wohl im Prozess mit der Wirkung geltend machen, eine Verurteilung über die fälligen Zahlungsplanquoten hinaus jedenfalls zu vermeiden (Fink aaO 210 mwN). Dass die materiell-rechtlichen Auswirkungen eines rechtskräftig bestätigten (Zwangs-)Ausgleichs im nach Bestätigung beendeten Titelprozess eingewendet werden können und müssen, hat der Oberste Gerichtshof ohnedies bereits klargestellt (3 Ob 2434/96d). Soweit nichts anderes angeordnet ist, was nicht der Fall ist, gelten für den Zahlungsplan die Bestimmungen über den Zwangsausgleich (§ 193 Abs 1 zweiter Satz KO). Dass die Einstellung des Exekutionsverfahrens nach § 197 Abs 3 dritter Satz KO nur für Verfahren auf Grund von Exekutionstiteln aus der Zeit vor der Konkurseröffnung möglich ist, vertritt auch Mohr in einer weiteren Publikation (Privatkonkurs2 99 f).

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO stellt sich somit nunmehr nicht mehr.

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist daher zurückzuweisen. Da in Exekutionssachen das Rechtsmittelverfahren grundsätzlich einseitig ist und kein Grund für die Freistellung einer Revisionsrekursbeantwortung vorliegt, hat die betreibende Partei deren Kosten selbst zu tragen (§ 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO; 3 Ob 61/06a).

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