OGH 3Ob6/07i

OGH3Ob6/07i29.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl-Heinz N*****, vertreten durch Dr. Günther Riess, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. B***** GmbH & Co KG, 2. B***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr. Peter Sparer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 38.333,43 EUR sA und Feststellung (Streitwert 6.666,67 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. November 2006, GZ 1 R 226/06d-47, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30. Juni 2006, GZ 13 Cg 107/04d-38, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die erstbeklagte Partei ist Betreiberin, die zweitbeklagte Partei deren Komplementärin, des Schigebiets, für das der Kläger am 16. Februar 2004 eine Liftkarte erwarb. Im Bereich dieses Schigebiets kam der Kläger im bereits ebenen Bereich bei der Zufahrt zur Talstation im Zuge einer Linkskurve ohne Fremdeinwirkung durch Verkanten oder Verschneiden zu Sturz und prallte gegen einen Metallsteher eines Fangzauns. Dieser war weder durch Aufpolsterungen gesichert noch das vorgespannte Netz im vorgesehenen Abstand angebracht. Es lag vielmehr am Steher an, weshalb der Kläger beim Anprall schwerste Verletzungen erlitt.

Das Berufungsgericht gab der Schadenersatz- und Feststellungsklage des Klägers bloß im Ausmaß von zwei Drittel statt, weil es dem Kläger einen Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsfehler als Mitverschulden (Aufteilung im Verhältnis 1 : 2 zu Lasten der beklagten Partei) anlastete; die Erstrichterin war noch von einer Verschuldensteilung 1 : 1 ausgegangen.

In dritter Instanz ist nur mehr die Frage eines allfälligen Mitverschuldens des Klägers strittig.

Rechtliche Beurteilung

Nach stRsp sind selbst auf fahrtechnische Fehler zurückzuführende Stürze von Schifahrern diesen zwar an sich noch nicht in jedem Fall als Verschulden vorwerfbar, dem Schifahrer kann jedoch ein dem Sturz vorausgegangenes vermeidbares Fehlverhalten zur Last fallen, das den Sturz herbeigeführt hat und deshalb als einleitende Fahrlässigkeit zu beurteilen ist. Als solches vermeidbares Fehlverhalten kommen vor allem überhöhte Geschwindigkeit sowie unkontrolliertes Fahren in Betracht. Das Verkanten ist ebenfalls ein fahrtechnischer Fehler (Kanten- und Belastungsfehler), der bei fortgeschrittenen Schiläufern, wie dies auch der Kläger war, zumeist auf ein vorangehendes vermeidbares Fehlverhalten (etwa relativ überhöhte Geschwindigkeit oder unkontrolliertes Fahren) zurückzuführen ist (zuletzt 1 Ob 217/04z; 7 Ob 289/00a ua; RIS-Justiz RS0023465, RS0111453, RS0023480).

Beweist der Schädiger einen Verstoß des Geschädigten aufgrund eines fahrtechnischen Fehlers - also einen typischen, Sorglosigkeit gegenüber eigenen Rechtsgütern indizierenden Geschehnisablauf -, ist damit prima facie auch der für die Annahme eines Mitverschuldens erforderliche Sorgfaltsverstoß bewiesen (1 Ob 217/04z; 7 Ob 289/00a, je mwN).

Jeder Schifahrer muss kontrolliert fahren, das vor ihm liegende Gelände genau beobachten und seine Geschwindigkeit auf die Geländeverhältnisse einrichten (stRsp, RIS-Justiz RS0023429). Weder der Umstand, dass auch hoch konzentriert fahrenden professionellen Schifahrern Kanten- und Belastungsfehler unterlaufen, noch die Tatsache, dass bestimmte - schließlich vom Schifahrer frei wählbare - Schiformen bestimmte Fehler begünstigen oder weniger wahrscheinlich machen, geben Anlass, Kanten- und Belastungsfehler nicht mehr als typische Folgen relativ überhöhter Geschwindigkeit oder von Aufmerksamkeitsfehlern anzusehen. Begünstigt eine bestimmte Schiform das Auftreten bestimmter Fahrfehler oder erschwert deren Korrektur, muss der Schifahrer dies bei der Wahl der Fahrgeschwindigkeit und der Aufmerksamkeit gegenüber den Gelände- und Schneeverhältnissen berücksichtigen.

Der Revisionswerber verlässt den Boden der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen, wenn er seinen Überlegungen zur Zulässigkeit des prima-facie-Beweises zugrunde legt, dass feststehe, dass weder eine überhöhte Fahrgeschwindigkeit noch eine unkontrollierte Fahrweise zu seinem unfallauslösenden Verkanten geführt habe. Eine derartige (negative) Feststellung haben die Vorinstanzen nicht getroffen, die Beurteilung, ob die eingehaltene Fahrgeschwindigkeit (relativ) überhöht gewesen sei, fällt darüber hinaus in den Bereich der rechtlichen Beurteilung.

Der von den beklagten Parteien zur Begründung des Mitverschuldenseinwands erhobene Vorwurf, der Kläger habe eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten und sei unkontrolliert gefahren, umfasst auch den vom Berufungsgericht als Unfallursache in Betracht gezogenen Aufmerksamkeits- und Belastungsfehler. Von einer Beschränkung in Betracht zu ziehender Fehlverhalten als Auslöser des Verkantens oder Verschneidens als unmittelbare Sturzursache kann daher keine Rede sein.

Da der Kläger keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist seine Revision zurückzuweisen.

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