OGH 6Ob2/07y

OGH6Ob2/07y28.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Antonio F*****, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, ***** vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 17.500 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. August 2006, GZ 2 R 109/06y-14, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 10. März 2006, GZ 20 Cg 209/04w-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt einen Automatenspielbetrieb. Um seinen Kunden eine Teilnahme am Spielbetrieb ohne Barzahlung zu ermöglichen, hatte er mit der Beklagten eine Vereinbarung über die Verwendung von Kreditkarten getroffen, die von der Beklagten, anderen Gesellschaften des E*****-Verbundes oder anderen, von der Beklagten vertretenen Kreditkartenorganisationen ausgegeben werden. Der Inhalt dieser Vereinbarung ist nicht strittig und lautet auszugsweise:

„4. Anerkenntnis der Kreditkarte

a) Das Vertragsunternehmen erklärt sich bereit, für seine Leistungen die Kreditkarten an Zahlungs statt zu akzeptieren........

b) Eine Kreditkarte ist gültig, wenn

- ........

- die Karte die Unterschrift der Person trägt, deren Name auf der Vorderseite eingeprägt ist;

- die Karte nicht verändert oder unlesbar ist;

- das Vertragsunternehmen nicht von einem Widerruf der Karte durch eine Sperrliste (Stoppliste) oder auf andere Weise informiert wurde.

.......

5. Sperrlisten (Stopplisten) und Warnmitteilungen

Soferne E***** [= die Beklagte] dem Vertragsunternehmen Sperrlisten (Stopplisten) übermittelt, darf das Vertragsunternehmen die in der Sperrliste (Stoppliste) angeführten Kreditkarten nicht anerkennen. Gleiches gilt, falls das Vertragsunternehmen Warnmitteilungen erhält

.......

8. Genehmigungsgrenze:

a) Das Vertragsunternehmen verpflichtet sich, die Genehmigungsgrenze, deren Höhe im Beiblatt zu dieser Vereinbarung festgehalten ist, zu beachten

........

c) Die Genehmigungspflicht tritt ein, wenn das Entgelt einer Leistung oder die Summe des Entgeltes für mehrere Leistungen des Vertragsunternehmens pro Tag und pro Kreditkarte die Genehmigungsgrenze überschreitet.....

d) Die Überschreitung der Genehmigungsgrenze ist nur mit vorheriger telefonischer, fernschriftlicher oder telegraphischer Zustimmung von E***** zulässig. Im Falle der Zustimmung wird für die Leistung eine Genehmigungsnummer erteilt, die auf dem Leistungsbeleg zu vermerken ist.

.......

11. Zahlungsgarantie

E***** gewährleistet die Bezahlung aller ordnungsgemäß vom Karteninhaber mit Unterschrift auf dem Leistungsbeleg anerkannten Rechnungen unter der Bedingung, dass vom Vertragsunternehmen sämtliche Bestimmungen dieses Vertrages, insbesondere die Punkte 4., 5., .... 8. eingehalten wurden.

.......

17. Schlussbestimmungen

a) E***** hat für die Abwicklung dieses Vertrages „Abwicklungsrichtlinien" erstellt, die einen integrierten Bestandteil dieser Vereinbarung darstellen. Das Vertragsunternehmen erklärt mit der Unterfertigung dieser Vereinbarung, diese Abwicklungsrichtlinien erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben.

........"

Die Abwicklungsrichtlinien enthalten die Aufforderung, die beschriebenen Sicherheitsmerkmale der Kreditkarten bei Transaktionen zu prüfen, den am Terminal aufscheinenden Aufforderungen, wie etwa zur telefonischen Rücksprache oder zum Einzug der Kreditkarte nachzukommen und einen Unterschriften- und Nummernvergleich zwischen dem Beleg und der Kreditkarte vorzunehmen. Zur Handhabung des Terminals wird auf das Benutzerhandbuch des Herstellers verwiesen. Die Beklagte stellte dem Kläger einen Terminal zur Abwicklung der Kreditkartentransaktionen zur Verfügung.

Der Kläger begehrt Zahlung von insgesamt 17.500 EUR für insgesamt 10 Kreditkartentransaktionen, die Kunden am 28. 10. 2004 vorgenommen hatten. Die Beklagte weigere sich, ihrer vertraglichen Zahlungsgarantie nachzukommen und die Beträge an ihn auszuzahlen, obwohl sie diese Transaktionen genehmigt habe. Der Kläger habe sich an die Abwicklungsrichtlinien gehalten und sei bei den Transaktionen sorgfältig vorgegangen. Im Verfahren brachte er noch vor, die Abwicklungsrichtlinien bei Vertragsabschluss nicht erhalten zu haben.

Die Beklagte beantragte kostenpflichtige Klageabweisung. Sämtliche Transaktionen vom 28. 10. 2004 seien innerhalb einer kurzen Zeitspanne mit gefälschten Kreditkarten durchgeführt oder versucht worden. Der Kläger habe es vereinbarungwidrig verabsäumt, vor jeder dieser Transaktionen die im Punkt 8 der Vereinbarung vorgesehene Genehmigung einzuholen. Die Übermittlung einer Genehmigungsnummer sei nicht mit der Abgabe einer Zahlungsgarantie gleichzusetzen. Die Beklagte garantiere nach Punkt 11 der Vereinbarung eine Zahlung nur unter der Bedingung, dass das Vertragsunternehmen alle Vertragsbestimmungen eingehalten habe. Der Kläger sei auch bei sonstigen Kreditkartentransaktionen äußerst sorglos gewesen, er habe nicht einmal die einfachsten Sicherheitsmerkmale überprüft und lasse die Kunden den Terminal selbst bedienen; dass dies nicht erlaubt sei, ergebe sich aus den Abwicklungsrichtlinien. Mangels Einhaltung dieser Bestimmungen sei die Beklagte nicht zur Zahlung verpflichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, der Kläger habe bei Vertragsabschluss die Abwicklungsrichtlinien „nicht zur Verfügung" gehabt. Am 28. 10. 2004 seien im Lokal des Klägers nachstehende Kreditkartentransaktionen durchgeführt worden:

Um 19.59 Uhr - EUR 2.000, um 20.00 Uhr - EUR 3.000, um 20.02 Uhr - EUR 2.000, um 20.07 Uhr - EUR 2.000, um 20.10 Uhr EUR 1.000, um 20.14 Uhr EUR 1.000 und um 20.23 Uhr, 20.24 Uhr, 20.26 Uhr und 20.30 Uhr jeweils weitere EUR 2.000. Bei den diesen Transaktionen zugrunde liegenden Kreditkarten habe der Angestellte des Klägers nur die Aufschrift „Mastercard" geprüft, nicht aber sonstige Sicherheitsmerkmale. Er habe den Zahlungsbetrag am Terminal eingetippt, diesen dann in Richtung Kunden gedreht und den Kunden die Karte einführen und den Code eintippen lassen. Danach habe er den Terminal wieder zu sich gedreht und die weitere Manipulation vorgenommen. Eine Genehmigung der Transaktionen wegen „Überschreitens der Genehmigungsgrenze habe er nicht eingeholt. In Anwesenheit dieses Angestellten hätten Kunden des Klägers am 28. 10. 2004 in der Zeit von 19.58 Uhr bis 20.30 Uhr - von den angeführten zehn Transaktionen abgesehen - noch dreizehn weitere versucht. In drei Fällen sei innerhalb weniger Sekunden zwei- oder dreimal hintereinander versucht worden, eine Transaktion mit gegenüber dem ursprünglichen Betrag jeweils verringerten Beträgen vorzunehmen, wobei das Display des Terminals zweimal die Aufforderung „anrufen" und fünfmal die Mitteilung „abgelehnt" ausgewiesen habe. Die letztgenannte Mitteilung bedeute, dass das Limit eines Kunden überschritten oder eine Deckung nicht vorhanden sei. Bei den übrigen versuchten Transaktionen habe das Display in drei Fällen „anrufen", in zwei Fällen „einziehen" und in einem Fall „abgelehnt" ausgewiesen. Der Angestellte des Klägers habe auf diese Aufforderungen nicht reagiert. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass er in einem dieser Fälle dem Kunden die Kreditkarte abgenommen hätte. Es stellte noch fest, dass der Kläger selbst generell keine Sicherheitsmerkmale überprüfe. Er oder sein Angestellter hätten einmal eine „Pluscard" akzeptiert, obwohl jedem durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer erkennbar gewesen sei, dass sie keinerlei Kreditkartenfunktion besitze. Nach entsprechender Aufforderung habe er (oder sein Angestellter) die Karte eingezogen und an die Beklagte übermittelt. Dass der Kläger die Bedienung des Terminals ausschließlich durch seine Kunden vornehmen lasse, konnte das Erstgericht nicht feststellen.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, verwende ein nicht berechtigter Dritter eine gestohlene oder abhanden gekommene Kreditkarte, so sei die Kreditkartengesellschaft dennoch zur Erstattung des Betrags an den Vertragsunternehmer verpflichtet, wenn dieser seine vertraglichen Sorgfaltspflichten erfüllt habe. Eine Feststellung, ob die hier verwendeten Kreditkarten gestohlen waren, sei daher entbehrlich, weil nur die Frage der Erfüllung der vertraglichen Sorgfaltspflichten entscheidend sei. Der Kläger bzw sein Angestellter hätten diese Sorgfaltspflichten verletzt. Dass er die Abwicklungsrichtlinien nicht erhalten habe, stehe dem nicht entgegen, weil er in Verbindung mit seiner Unterschrift ihren Inhalt in Kauf genommen habe. Er müsse sie daher als Vertragsinhalt gegen sich gelten lassen. Mangels Einhaltung dieser Richtlinie entfalle die Zahlungsgarantie der Beklagten.

Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil der Frage nach dem Ausmaß der Sorgfalt bei Entgegennahme und Überprüfung von Kreditkarten über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Das Verfahren sei ergänzungsbedürftig. Das Erstgericht sei - obgleich das Beiblatt zum Vertrag nicht eindeutig Auskunft gebe - von einer Genehmigungsgrenze von 0 EUR ausgegangen, Feststellungen dazu fehlten und müssten nachgetragen werden. Das Erstgericht habe zu Unrecht auch Feststellungen darüber unterlassen, ob die verwendeten Kreditkarten gestohlen worden seien. Die Zahlungspflicht der Kreditkartengesellschaft wegen Nichterfüllung der Sorgfaltspflicht entfalle nämlich nur bei gestohlenen oder abhanden gekommenen Kreditkarten. Liege eine Anweisung des berechtigten Karteninhabers vor, könne sich die Kreditkartengesellschaft ihrer Zahlungspflicht nicht mit der Behauptung entziehen, das Vertragsunternehmen habe bei Prüfung der Kreditkarte Sorgfaltspflichten verletzt. Die Beklagte habe behauptet, dass die Kreditkarten gestohlen bzw gefälscht gewesen seien, sie habe in zwei Fällen auch entsprechende Schreiben der Karteninhaber vorgelegt. Das Erstgericht habe ein Beweisverfahren nicht durchgeführt und die für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen unterlassen. Es werde sich im fortgesetzten Verfahren auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, welche Sicherheitsvoraussetzungen der Kläger hätte erfüllen müssen. Derzeit lägen zwar Beweise dafür vor, dass er die erforderliche Sorgfalt bei einem Teil der Transaktionen unterlassen habe. Er habe nämlich bei den Zahlungen von 3.000 EUR um 20.00 Uhr, von 2.000 EUR um 20.07 Uhr, von je 1.000 EUR um 20.10 Uhr und um 20.14 Uhr und von 500 EUR um 20.23 Uhr den am Bildschirm aufgezeigten Anordnungen nicht entsprochen und immer wieder versucht, durch Eingabe eines niedrigeren Betrags Zahlung zu erlangen; dies verstoße gegen die Bestimmungen. Der Kläger habe die Richtigkeit der entsprechenden Urkunden Beilagen ./3, ./7 und ./8 bestritten, das Erstgericht habe dazu keine Feststellungen getroffen, sodass die Rechtssache noch nicht spruchreif sei. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren auch zu berücksichtigen haben, dass ein sorgloser Umgang bei Entgegennahme der Kreditkarten für sich allein die Zahlungspflicht der Beklagten nicht aufhebe. Vorgänge, wie die im Gedächtnisprotokoll Beilage ./5 geschilderten, berechtigten möglicherweise zu einer Kündigung, nicht aber zur Verweigerung der Auszahlung. Das Erstgericht werde sich auch mit der Anwendbarkeit der Abwicklungsrichtlinien zu befassen haben. Seine Rechtsansicht, der Kläger müsse diese - ohne sie erhalten zu haben - gegen sich gelten lassen, weil er den Vertrag unterschrieben und seinen Punkt 17. zur Kenntnis genommen habe, werde nicht gebilligt. Diese Bestimmung benachteilige den Kunden gröblich und könne nicht ohne weiteres der Vereinbarung zugrunde gelegt werden.

Der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin hält eine Verfahrensergänzung zur Frage, ob die verwendeten Kreditkarten gestohlen oder gefälscht gewesen seien, für nicht erforderlich. Ihre Zahlungspflicht sei auch bei der Anweisung eines berechtigten Karteninhabers eingeschränkt und werde nur unter der Voraussetzung wirksam, dass das Vertragsunternehmen die in den Geschäftsbedingungen festgelegten Sorgfaltspflichten eingehalten habe. Die Kreditkartengesellschaft sei nämlich nicht zur Zahlung verpflichtet, wenn zwar der berechtigte Karteninhaber selbst die Kreditkarte verwendet habe, der Vertragsunternehmer jedoch den vereinbarten Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen sei.

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mehrfach mit den Rechtsbeziehungen zwischen dem Aussteller der Kreditkarte (Kreditkartengesellschaft) und dem Vertragsunternehmen, zwischen der Kreditkartengesellschaft und dem Kreditkarteninhaber und zwischen dem Kreditkarteninhaber und dem Vertragsunternehmen befasst (10 Ob 54/04w = SZ 2005/87; 8 Ob 38/06f). Der typische Inhalt des Vertrags zwischen Kreditkartengesellschaft und Vertragsunternehmen besteht darin, dass sich das Vertragsunternehmen verpflichtet, bestimmte Geschäfte mit Kreditkarteninhabern abzuschließen und für die Inanspruchnahme seiner Leistungen nicht sofortige Bezahlung durch den Kreditkarteninhaber zu fordern, sondern zunächst Bezahlung von der Kreditkartengesellschaft zu verlangen, sofern der Karteninhaber eine gültige Karte vorweist, die Rechnung des Vertragsunternehmens unterfertigt und die Unterschriften auf Rechnung und Kreditkarte übereinstimmen. Die Unterfertigung der Rechnung des Vertragsunternehmens durch den Karteninhaber wird als konkrete Anweisung zur Zahlung an das Vertragsunternehmen gewertet (Ertl in Rummel ABGB³ § 1400 Rz 5), die aufgrund der durch die Kreditkartengesellschaft vorweggenommenen Annahme zugleich eine abstrakte Zahlungspflicht der Kreditkartengesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen entstehen lässt (10 Ob 54/04w = SZ 2005/87; Vogel, Risikoverteilung bei Diebstahl oder Verlust der Kreditkarte ÖBA 2001, 767 ff). Hat die Kreditkartengesellschaft die Forderung des Vertragsunternehmens (abzüglich des vereinbarten Disagios) beglichen, nimmt sie beim Kreditkarteninhaber Rückgriff.

2. Die Zahlungspflicht der Kreditkartengesellschaft ist insofern eingeschränkt, als sie nur besteht, wenn das Vertragsunternehmen bestimmte, in den Geschäftsbedingungen festgelegte „Sorgfaltspflichten" bei Annahme der Kreditkarte einhält. Zu diesen Sorgfaltspflichten gehören die Überprüfung der Unterschriften auf Zahlungsbeleg und Kreditkarte auf ihre Übereinstimmung, die Prüfung der Gültigkeitsdauer der Karte wie auch die Einholung einer Genehmigung der Kreditkartengesellschaft, wenn der Karteninhaber Umsätze tätigen will, die die vereinbarte Höchstgrenze (das Zahlungslimit) überschreiten (Vogel, Missbrauch von Kreditkarten aus zivilrechtlicher Sicht [2000] 88 ff, 91). Eine besondere Sorgfaltspflicht des Vertragsunternehmens kann sich auch aus Warnhinweisen der Kreditkartengesellschaft sowie daraus ergeben, dass die Umstände bei Vorlage der Kreditkarte das Vertrauen auf den Anschein einer berechtigten Kreditkartenverwendung zerstören (Vogel aaO 53, 186; Taupitz, Zivilrechtliche Haftungsfragen bei Kartenmissbrauch nach österreichischem Recht ÖBA 1997, 765 [768]).

Hat das Vertragsunternehmen seine in den AGB des Händlervertrags angeführten Sorgfaltspflichten erfüllt, trägt die Kreditkartengesellschaft das Risiko eines Missbrauchs der Kreditkarte durch Dritte (10 Ob 54/04w = SZ 2005/87; Vogel aaO 178, 194). Sie ist im Verhältnis zum sorgfältigen Vertragsunternehmen verpflichtet, auch den von einem nicht Berechtigten unterfertigten Rechnungsbeleg zu honorieren und dem Vertragsunternehmen Zahlung zu leisten. Ist der Vertragsunternehmer jedoch seinen vertraglichen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen, hat er es etwa unterlassen, die Übereinstimmung der Unterschriften entsprechend zu prüfen oder eine Rückfrage bei Überschreiten des Umsatzlimits vorzunehmen, oder hat er Umstände nicht beachtet, die ein begründetes Vertrauen auf den Anschein einer berechtigten Kreditkartenverwendung zerstören konnten, entsteht keine (abstrakte) Zahlungsverpflichtung der Kreditkartengesellschaft, wenn ein Dritter die Karte missbräuchlich verwendet.

3. Wird die Kreditkarte von einem Berechtigten verwendet, so ist die Kreditkartengesellschaft dem Karteninhaber aus einer wirksamen Anweisung verpflichtet. Dies bedeutet aber nicht, dass zugleich mit der Anweisung des Karteninhabers immer auch eine (abstrakte) Zahlungsverpflichtung der Kreditkartengesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen entsteht. Eine derartige Zahlungsverpflichtung hat die Kreditkartengesellschaft vorweg nämlich nur für den Fall übernommen, dass das Vertragsunternehmen bestimmte, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festgehaltene oder nach den Umständen geschuldete Sorgfaltspflichten erfüllt. Hält das Vertragsunternehmen die geschuldete Sorgfalt nicht ein (etwa durch Unterlassen eines Unterschriftsvergleichs oder Nichteinholung der Genehmigung bei Überschreitung des Zahlungslimits), so fehlen die vereinbarten Voraussetzungen für eine Annahme der Anweisung durch die Kreditkartengesellschaft; es entsteht damit aber auch keine (abstrakte) Zahlungsverpflichtung der Kreditkartengesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen (Vogel aaO 192 f).

Ein vereinbarungswidrig sorgloses Verhalten des Vertragsunternehmens hat im Verhältnis zur Kreditkartengesellschaft nur dann keine konkreten Auswirkungen, wenn der Karteninhaber tatsächlich Zahlung an die Kreditkartengesellschaft leistet (Vogel aaO 190 f, 192). In einem solchen Fall ist das Vertragsunternehmen berechtigt, die ausstehende Zahlung von der Kreditkartengesellschaft zu fordern (Vogel aaO 193).

4. Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob der Kläger (bzw sein Angestellter) den vertraglichen Sorgfaltspflichten bei Entgegennahme einer jeden der zehn Kreditkarten nachgekommen ist. Hat er die übernommenen Obliegenheiten verletzt, besteht kein Zahlungsanspruch gegen die Kreditkartengesellschaft, es sei denn, der berechtigte Karteninhaber hat seinerseits Zahlung an die Kreditkartengesellschaft geleistet.

Nach Punkt 17 der zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarung sind die Abwicklungsrichtlinien integrierter Vertragsbestandteil und erklärt das Vertragsunternehmen mit Unterfertigung der Vereinbarung, diese Abwicklungsrichtlinien erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Der Kläger hat diese Vereinbarung unterfertigt. Dass er die Abwicklungsrichtlinien beim Vertragsabschluss nicht ausgehändigt erhalten hat, hindert ihre Anwendung nicht (SZ 73/158; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB, § 864a Rz 2). Die darin enthaltenen Sorgfaltspflichten (insbesondere die Pflicht zur Überprüfung der Übereinstimmung der Unterschriften und zur Rückfrage bei Überschreitung des vereinbarten Zahlungslimits) konnten für den Kläger keineswegs überraschend sein, handelt es sich doch dabei um ganz fundamentale Obliegenheiten im Zusammenhang mit diesem Geschäftsfall. Im Übrigen wurde der Kläger in Punkt 17. unmittelbar oberhalb seiner Unterschrift ausreichend deutlich auf diese Richtlinie hingewiesen. Er behauptet auch selbst nicht, die Abwicklungsrichtlinie nicht gekannt oder keine Möglichkeit gehabt zu haben, von ihrem Inhalt Kenntnis zu erlangen. In seiner Klage beruft er sich sogar ausdrücklich darauf, die Abwicklungsrichtlinie eingehalten zu haben. Er musste sie daher kennen.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Kläger (bzw sein für die Kreditkartenabwicklung zuständiger Angestellter) jedwede Prüfung der Sicherheitsmerkmale unterlassen und eine Genehmigung der Kreditkartengesellschaft bei Überschreiten der Genehmigungsgrenzen nicht eingeholt hat. Diese Vorgangsweise würde selbst dann gegen den vereinbarten Sorgfaltsmaßstab verstoßen, wenn die Abwicklungsrichtlinie nicht Vertragsinhalt geworden wäre. Das Erfordernis der Prüfung der Unterschrift als eines der Sicherheitsmerkmale der Kreditkarte ergibt sich nämlich schon aus Punkt 9 lit c der vom Kläger unterfertigten Vereinbarung (zur Obliegenheit eines sorgfältigen Unterschriftsvergleichs siehe Vogel aaO 180, 188).

Nach Punkt 8 lit a und lit d dieser Vereinbarung ist das Vertragsunternehmen zur Einhaltung der Genehmigungsgrenze verpflichtet und darf diese nur nach telefonischer, fernschriftlicher oder telegrafischer Zustimmung der Beklagten überschreiten. Ob der Kläger (sein Angestellter) das Zahlungslimit tatsächlich ohne Genehmigung der Beklagten überschritten hat, steht derzeit noch nicht fest und bedarf einer Verfahrensergänzung. Das Erstgericht ist von einem Zahlungslimit von 0 EUR ausgegangen. Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist zu entnehmen, dass es diese Feststellung nicht übernehmen wollte. Es hat dem Erstgericht die (ergänzende) Feststellung der vereinbarten Genehmigungsgrenze aufgetragen. Dieser Verfahrensergänzung tritt der Oberste Gerichtshof nicht entgegen.

6. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf Beilage ./3 auch vorgebracht, der Kläger habe mehrfach und in kurzen Zeitabständen die zur Zahlung vorgelegten Kreditkarten für weitere Zahlungen entgegengenommen, obwohl die Beklagte unmittelbar davor die betreffende Kreditkarte beanstandet und eine Zahlung abgelehnt habe. Es sei immer wieder versucht worden, durch Eingabe eines niedrigeren Betrages als zuvor Zahlung mit einer bereits beanstandeten Kreditkarte zu erlangen. Sollte dies auch bei den zehn hier zu beurteilenden Transaktionen der Fall gewesen sein - Feststellungen dazu fehlen - hätte der Kläger (sein Erfüllungsgehilfe) gröblichst gegen die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verstoßen.

Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren unter Berücksichtigung der in Beilage ./3 ersichtlichen Vorgänge und nach einer allfälligen ergänzenden Zeugenbefragung Feststellungen zu jeder der zehn Kreditkartentransaktionen zu treffen haben, die eine Beurteilung der vom Kläger (seinem Erfüllungsgehilfen) angewendeten Sorgfalt zulassen. Die Nichteinhaltung der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt führt zur Leistungsfreiheit der Beklagten in Bezug auf die jeweilige Kreditkartentransaktion, es sei denn die Beklagte hätte ihrerseits vom berechtigten Kreditkarteninhaber Zahlung erlangt (Vogel aaO 190 ff; Taupitz, Zivilrechtliche Haftungsfragen bei Kartenmissbrauch nach österreichischen Recht 768).

Den Beilagen ./7 und ./8 ist lediglich zu entnehmen, dass die darin angeführten Kreditkarten offenbar von einem Nichtberechtigten verwendet wurden; ob dies auch bei den anderen acht Kreditkarten der Fall war oder ob einzelne davon vom berechtigten Karteninhaber verwendet wurden und dieser in der Folge Zahlung an die beklagte Kreditkartengesellschaft geleistet hat, ist nicht geklärt. Das Verfahren ist auch diesbezüglich ergänzungsbedürftig.

Der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluss musste erfolglos bleiben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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