OGH 10Ob54/04w

OGH10Ob54/04w13.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****-S***** K***** AG, *****, vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wolfgang Franz H*****, vertreten durch Dr. Otmar Wacek, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 40.356,64 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 19. April 2004, GZ 4 R 54/04x-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. Jänner 2004, GZ 35 Cg 219/02y-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters die mit EUR 1.765,62 (darin enthalten EUR 294,27 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das weltweite V*****-Kreditkartenunternehmen wird in Österreich von der Klägerin vertreten. Die Klägerin ist in Österreich die Geschäftspartnerin der Kreditkartennehmer.

Der Beklagte, der einen Handel mit Computergeräten betreibt und auch Service- und Reparaturarbeiten an solchen Geräten durchführt, ist mit Vertrag vom 30. 1. 2002 der V*****-S***** Kreditkartenorganisation als Händler beigetreten. Auf das Vertragsverhältnis finden die „Geschäftsbedingungen des Händlervertrages Fassung Dezember 1990" (im Folgenden: Allgemeine Geschäftsbedingungen) Anwendung:

Nach Punkt 2 dieser Geschäftsbedingungen gewährleistet die Klägerin die Honorierung aller ordnungsgemäß von V*****-Karteninhabern mit Unterschrift anerkannten Verkaufsbelege unter der Voraussetzung, dass die Bedingungen dieses Vertrages eingehalten worden sind.

Nach Punkt 3 der Geschäftsbedingungen verpflichtet sich der Beklagte als Vertragspartner, für alle in seine übliche Tätigkeit fallenden Leistungen die V*****-Karte an Zahlung statt zu akzeptieren.

Der Beklagte hat nach Punkt 5. in jedem Fall zu beachten, dass

- die V*****-Karte gültig (Ablaufdatum), nicht gesperrt und unterzeichnet ist,

- die V*****-Karte nicht erkennbar verändert oder unleserlich gemacht wurde,

- die Unterschriften auf der V*****-Karte und dem Verkaufsbeleg übereinstimmen (gegebenenfalls ist die Unterschrift auf dem Verkaufsbeleg mit derjenigen auf einem Lichtbildausweis zu vergleichen),

- der Verkaufsbeleg unterzeichnet und das Datum eingesetzt worden ist. ...

Nach Punkt 10 der Geschäftsbedingungen behält sich die Klägerin das Recht vor, V*****-Karten zu sperren. Der Vertragspartner wird von einer solchen Sperre durch einen Sperrvermerk (Sperrbrief) in Kenntnis gesetzt. Bei Entgegennahme jeder V*****-Karte hat der Vertragspartner in die jeweils aktuellen (gültigen) Sperrvermerke einzusehen. Der Vertragspartner hat sein Personal entsprechend zu instruieren, da die V*****-S***** AG für Zahlungen mit gesperrten V*****-Karten nicht haftet.

Jede Karte, deren Nummer nicht in diesen Sperrvermerken angeführt wird, kann bis zu dem in dieser Vereinbarung angeführten Autorisierungslimit (Höchstbetragsgrenze) akzeptiert werden. Übersteigt die Gesamtrechnung eines V*****-Karteninhabers diesen Höchstbetrag, muss vor Erbringung der Dienstleistung bzw vor Auslieferung oder Übergabe von Waren das Einverständnis von der V*****-S***** AG eingeholt werden. Name und Nummer des V*****-Karteninhabers, Ablaufdatum, sowie der genaue Betrag sind der V*****-S***** AG zu melden, die so rasch wie möglich ihr Einverständnis erteilt oder verweigert.

Ist die V*****-S***** AG mit der Überschreitung des Autorisierungslimits einverstanden, gibt sie anlässlich der Autorisierung dem Vertragspartner einen Code bekannt, der in den Verkaufsbeleg einzusetzen ist, anderenfalls die Autorisierung von der V*****-S***** AG nicht anerkannt wird.

Diese Kontrolle erfolgt, um den Missbrauch verlorener, gestohlener oder verfälschter V*****-Karten zu vermeiden. Wird das Einverständnis nicht eingeholt bzw der Code auf dem Verkaufsbeleg nicht angegeben, so lehnt die V*****-S***** AG jede Haftung für den gesamten Betrag ab, bemüht sich jedoch gegenüber dem Vertragspartner um das Inkasso vom Karteninhaber. Rückfragen bei der V*****-S***** AG sind nach Möglichkeit diskret vorzunehmen. Die Höhe des dem Vertragspartner zugeteilten Autorisierungslimits darf dem Kunden nicht bekanntgegeben werden. Sie kann bei Bedarf von der V*****-S***** AG neu festgesetzt werden.

Nach Punkt 14 der Geschäftsbedingungen bringt die Klägerin für die durch sie erbrachten Leistungen (weltweite Anschlüsse an das Dienstleistungsnetz, Zahlungsgarantie, Administration und Abrechnungswesen sowie Publikationen) einen Teil (Prozentsatz) - im konkreten Fall 2,8 % - des Endbetrages der Abrechnung als Disagio in Abzug.

Am 30. 1. 2002 bzw 14. 2. 2002 schlossen die Parteien zu dem erwähnten Händlervertrag eine „Zusatzvereinbarung für Fernabsätze" (im Folgenden: Zusatzvereinbarung) ab. Diese Zusatzvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten (im Vertragstext: VU) enthält folgende für den Rechtsstreit relevante Bestimmungen:

„1. Präambel

Das VU bietet seinen Kunden die Möglichkeit, Umsätze auch ohne physische Anwesenheit mit ihrer Kreditkarte zu bezahlen. Die Bestellung der auf diese Weise verrechneten Waren oder Dienstleistungen erfolgt

O fernmündlich, schriftlich

O über elektronische Medien

O unter Verwendung des SETtm-Verfahrens

O ohne Verwendung des SETtm-Verfahrens

SETtm (Secure Electronic Transactiontm) ist ein Protokoll, mit dessen Hilfe Verschlüsselung, elektronische Zertifikate und Nachrichtenaustausch definiert wird, um die Verwendung von Kreditkartendaten in elektronischen Medien sicher zu gestalten.

SETtm im Sinne dieser Vereinbarung ist die Verwendung dieses Verfahrens sowohl zwischen Karteninhaber und VU, als auch zwischen VU und V*****.

2. Begriffsbestimmung

...

2.5 Autorisierung ist die Anfrage bei V***** ob Transaktionen in vorweg bestimmtem Umfang zu einer bestimmten Kreditkarte von V***** genehmigt werden. Dabei sind die entsprechende Kartennummer, das Ablaufdatum der Kreditkarte sowie allenfalls noch bekanntzugebende sonstige Kartendaten zu übermitteln. ...

3. Anerkennung der Kreditkarte

...

3.2 Eine Kreditkarte ist dann für das VU gültig, wenn das Transaktionsdatum vor dem Ablaufdatum der Kreditkarte liegt und das VU sämtliche für eine Autorisierung gemäß Punkt 2.5 notwendigen Daten erhält. Überschreitet der Transaktionsbetrag den in den Punkten 3.3 und 3.4 festgelegte Genehmigungsgrenze, so ist die Kreditkarte nur anzuerkennen, wenn im Zuge einer Autorisierung zu der vom Kunden genannten Kartennummer von V***** eine Genehmigungsnummer vergeben wird.

...

3.5 Die Überprüfung der bekanntgegebenen Transaktionsdaten erfolgt bei Verwendung des SETtm- Verfahrens verschlüsselt und automatisiert und ist durch entsprechend zertifizierte Software sichergestellt.

3.6. Die in den Geschäftsbedingungen des Händlervertrages in der jeweils gültigen Fassung (in weiterer Folge: kurz VHV) geforderte physische Überprüfung der Kreditkarte (Kartenoberfläche, Unterschriftsfeld etc) entfällt.

6. Haftung

6.1. Das VU haftet für alle Schäden, welcher infolge der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen V*****, auch mittelbar durch die Schädigung eines, in weiterer Folge V***** gegenüber anspruchsberechtigten Karteninhabers und/oder Vertragspartners entstehen.

6.2 Insbesondere trägt das VU das, infolge des Verzichts auf ein physisches Vorlegen der Kreditkarte, erhöhte Risiko wie etwa durch die Angabe von Kreditkartennummern, deren Gültigkeit bereits abgelaufen ist, die gesperrt oder fingiert sind, bzw nicht vom rechtmäßigen Karteninhaber oder unberechtigt verwendet werden. V***** ist berechtigt, aus derartigen Gründen reklamierte Beträge, ohne die Richtigkeit dieser Beanstandung verifizieren zu müssen, einzubehalten oder unverzüglich zurückzufordern bzw mit Ansprüchen des VU aufzurechnen. Dasselbe gilt, falls die ausgelieferte Ware und/oder erbrachte Dienstleistung nicht den vereinbarten Produkt- oder Leistungseigenschaften entspricht.

...

6.4 Punkt 6.2 gilt nicht für Transaktionen, die unter Verwendung des SETtm-Verfahrens getätigt wurden, mit Ausnahme von Reklamationen infolge Nicht- oder mangelhafter Leistung.

...

6.6 Rückforderungsrechte gem. Punkt 6.2 bestehen unabhängig von der eventuellen Erteilung einer Genehmigungsnummer gem. Punkt 3.2.

7. Zahlungsgarantie

V***** garantiert die Zahlung des Entgelts für Fernabsätze aller unter Verwendung der Kreditkarte in Anspruch genommenen Leistungen mit den Einschränkungen der Punkte 6.1 - 6.6, sofern die auch für Fernabsätze gültigen Bestimmungen des VHV in Verbindung mit dieser Zusatzvereinbarung eingehalten wurden.

Bei der von den Parteien unterfertigten Zusatzvereinbarung sind in der Präambel (Punkt 1.) die Felder „fernmündlich, schriftlich", „über elektronische Medien" und „ohne Verwendung des SETtm-Verfahrens" angekreuzt.

Aufgrund verschiedener, nunmehr verfahrensgegenständlicher Mailorder-Transaktionen, die im Zeitraum vom 24. 5. 2002 - 16. 10. 2002 unter Verwendung verschiedener V*****-Kreditkartennummern erfolgten, zahlte die Klägerin insgesamt EUR 40.356,64 an den Beklagten. Diese Zahlungen betreffen ausschließlich Auslandstransaktionen im Fernabsatz (Internet) über Kreditkarten, die nicht von inländischen Banken ausgestellt wurden. In all diesen Fällen reklamierten die Karteninhaber, dass sie die Kreditkarte nicht verwendet bzw deren Verwendung nicht autorisiert haben.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten nunmehr die Rückzahlung dieses der Höhe nach unstrittigen Betrages von EUR 40.365,64 sA. Sie sei lediglich Lizenznehmerin von V***** International, die über ein Netz von ca 22.000 Banken verfüge, welche insgesamt ca 1,2 Mrd. Kreditkarten an Kunden ausgegeben hätten. Maßgebendes Kriterium bei einer Überprüfung der Kreditkarten durch V***** International sei die Kartennummer im Zuge der Autorisierung. Die Lizenznehmer würden im Wege der Prüfung der Kreditkarten lediglich Nummer, Laufzeit und Bonität überprüfen. Eine Überprüfung des Namens des Kreditkarteninhabers sei derzeit nur bei den von der Klägerin selbst ausgegebenen Kreditkarten möglich, nicht jedoch bei anderen Kreditkarten. Die Zusatzvereinbarung vom 14. 2. 2002 hätte es dem Beklagten ermöglicht, das missbrauchssichere Verfahren SET zu wählen, das eine Umsatzgarantie, allerdings verbunden mit höheren Kosten für den Beklagten, beinhaltet hätte. Der Beklagte habe sich bei der Abwicklung der Kreditkartengeschäfte überdies sorgfaltswidrig verhalten, indem er Geschäftspartner aufgefordert habe, ihm beliebige V*****-Kreditkartennummern zur Belastung zur Verfügung zu stellen. Nach der Mitteilung von Geschäftspartnern, dass er bestimmte Kreditkartennummern belasten solle, habe er diesen mitgeteilt, bei Scheitern der an sich beabsichtigten Belastung werde er andere Kreditkartennummern in Anspruch nehmen.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete - soweit dies noch relevant ist - ein, er habe bei sämtlichen Geschäften im Fernverkehr vor Bestellung der Ware für den jeweiligen Kunden jedes Mal durch Mailorder- Einreichungsformulare der Klägerin den Namen des Kunden, die Kartennummer, das Ablaufdatum sowie den Rechnungsbetrag bekanntgegeben. Die Klägerin wäre daher verpflichtet gewesen, die Übereinstimmung der Kartennummer mit dem jeweiligen Kunden zu überprüfen. Punkt 10 der Geschäftsbedingungen verpflichte die Klägerin, Kontrollen hinsichtlich des Missbrauches verlorener, gestohlener oder verfälschter V*****-Karten vorzunehmen. Die Klägerin habe jeweils nach Anbringung einer Code-Nummer die Rechnung zur Bezahlung freigegeben. Erst nach dieser Freigabe habe der Beklagte die Waren für den Kunden bestellt. Er sei davon ausgegangen, dass eine Überprüfung des Kundennamens mit der jeweiligen Kartennummer durch die Klägerin erfolgt sei, ansonsten hätte er diese Geschäfte niemals abgewickelt. Die Klausel des Punktes 6.2 der Zusatzvereinbarung vom 14. 2. 2002 überwälze das Missbrauchsrisiko ohne Rücksicht auf ein Verschulden auf den Beklagten und sei daher unwirksam bzw nichtig iSd § 879 ABGB.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Es stellte im Wesentlichen noch fest, dass der Klägerin eine technische Überprüfung von im Ausland ausgegebenen Kreditkarten auf den Namen der Karteninhaber nicht möglich ist; dies ließe sich nur im Einzelfall durch Nachfrage bei der kartenausgebenden ausländischen Bank bewerkstelligen. Inhaber von Karten der V*****-Organisationen müssen - wenn sie Einwendungen gegen die auf ihrer Karte verbuchten Umsätze haben - gegenüber ihrer Bank schriftlich reklamieren. Diese Reklamationen werden sodann an die Klägerin weitergeleitet, worauf es zur Rücküberweisung des strittigen Umsatzes an den Karteninhaber kommt.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht eine gröbliche Benachteiligung des Beklagten iSd § 879 Abs 3 ABGB durch die Rückforderungsklausel des Punktes 6.2 der Zusatzvereinbarung. Der Beklagte, der mit Computergeräten handle und Service- und Reparaturarbeiten anbiete, habe die freie Entscheidung getroffen, im Interesse der Umsatzvergrößerung und Erweiterung seiner Geschäftstätigkeit über das Internet seine Waren zu vertreiben und dabei auf das sichere, mit geringerem Haftungsrisiko verbundene SET-Verfahren verzichtet. Der Kartenmissbrauch sei eher der Sphäre des Vertragsunternehmers als jener des Kreditunternehmens zuzurechnen, weil der Missbrauch durch einen Vertragspartner des Vertragsunternehmens und nicht des Kartenunternehmens stattgefunden habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten keine Folge. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlege, gem. § 879 Abs 3 ABGB jedenfalls nichtig sei, weil sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteilige, sei im Verhältnis zwischen Kaufleuten ein großzügigerer Maßstab anzuwenden als im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Die durch das Fernabsatz-Gesetz, BGBl 1999/185, eingefügte Bestimmung des § 31a KSchG schütze den Verbraucher vor Missbrauch von Zahlungskarten im Fernabsatz. Durch diese Bestimmung werde im Verhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Verbraucher das Risiko von Missbrauchsfällen unabhängig vom Verschulden des Karteninhabers dem Unternehmer zugewiesen. Bei der Zurechnung des Missbrauchsrisikos im Verhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragshändler sei zu berücksichtigen, dass nur der Vertragshändler entscheiden könne, ob ihm die Angaben des Kunden über den Zahlungsverkehr mittels Kreditkarte im Fernabsatz (Mailorder-Verfahren) als ausreichend vertrauenswürdig erscheinen. Kein Vertragshändler könne zur Teilnahme an solchen Transaktionen gezwungen werden. Bediene er sich aber derartiger Mailorder-Verfahren, geschehe dies, um seine eigenen Geschäftsinteressen wahrzunehmen und seine Umsatzmöglichkeiten durch den erleichterten Zahlungsverkehr auch im Verhältnis gegenüber ausländischen Kunden auszudehnen. Akzeptiere der Vertragshändler derartige Offerte und die angebotene Zahlung nur durch Übermittlung der Daten der Kreditkarte, müsse er sich eines besonderen Risikos der missbräuchlichen Verwendung von Kartendaten durch einen ihm völlig unbekannten Vertragspartner bewusst sein. Das Argument des Beklagten, er könne sich beim Autorisierungsvorgang auf Maßnamen des Kreditkartenunternehmers gegen sämtliche Missbrauchsfälle, insbesondere auf eine telefonische Anfrage zur Überprüfung des Namens verlassen, erscheine verfehlt, zumal er das Massengeschäft im Zahlungsverkehr über Kreditkarten und die Erschwerung derartiger Transaktionen durch zeitintensive Anfragen im Einzelfall nicht berücksichtige. Darüber hinaus wäre es dem Beklagten freigestanden, das sichere SET-Verfahren zu wählen, bei dem die Risikoübertragung entfallen wäre. Entscheide sich der Unternehmer für die risikoreichere Variante des Zahlungsverkehrs, präsentiere sich eine Risikoverteilung zu seinen Lasten nicht mehr als unangemessen einseitige Benachteiligung, welche die Nichtigkeit der Klausel rechtfertige. Diese Wahlmöglichkeit stehe nach der Ansicht des Berufungsgerichtes der Wertung des deutschen Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 16. 4. 2002, XI ZR 375/00 (= NJW 2002, 2234) über den Verstoß einer derartigen Klausel gegen (nunmehr) § 307 BGB entgegen. Der Bundesgerichtshof vertrete darin die in der Lehre kritisierte Auffassung, die Klausel sei deshalb unwirksam, weil sie das Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte belaste. Das Kartenunternehmen könne das weitgestreute Missbrauchsrisiko beim Mailorder-Verfahren wesentlich besser auffangen als die einzelnen Vertragsunternehmen und etwa bei ihrer Servicegebühr eine gehörige Risikoprämie für Schäden einkalkulieren, die durch das sehr missbrauchsanfällige Verfahren entstünden. Diese Missbrauchsanfälligkeit werde eben beim SET-Verfahren entschärft, das aus diesem Grund den Vertragshändler, der sich für dieses System entscheide, entlaste. Im Übrigen habe auch die vor der Schaffung der Bestimmung des § 31a KSchG bestehende Judikatur eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Kreditkartengesellschaft, die dem Kreditkarteninhaber das Risiko des Missbrauches gestohlener oder sonst abhanden gekommener Kreditkarten ohne Rücksicht auf sein Verschulden auferlegt habe, für zulässig erachtet. Die strittige Klausel verstoße daher nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB, weshalb sich die Klägerin mit Erfolg auf die darin vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung berufen könne.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit derartiger Risikoüberwälzungsklauseln im Verhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragshändler nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteiles im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, die Abwälzung jeglichen Risikos auf die Vertragsunternehmen stelle eine gröblich benachteiligende Vereinbarung iSd § 879 Abs 3 ABGB dar und sei daher unwirksam, zumal die Klägerin gleichzeitig nicht die geringsten Verpflichtungen für ein gewisses Maß an Sicherheit bzw nicht einmal für eine nachvollziehbare und für das Vertragsunternehmen transparente Vorgangsweise übernehmen wolle. Der Beklagte habe sich nach der Freigabe der Auszahlung durch die Klägerin nach Einreichung der Mailorder-Formulare samt Kreditkartendaten und Kundennamen darauf verlassen können, dass eine Überprüfung dieser Daten durch die Klägerin stattgefunden habe und die Freigabe der Auszahlung aufgrund der festgestellten Unbedenklichkeit der Daten erfolgt sei. Die Entwicklung einer Möglichkeit, die bezughabenden Daten auf möglichst einfachem Weg zu überprüfen und damit einen Sicherheitsstand zu erreichen, welcher für Vertragsunternehmen zumutbar sei, liege in der Hand der Kreditkartengesellschaften und solle nach heutigem technischen Standard für diese als Entwicklungsmodell einen selbstverständlichen Programmpunkt der Fortentwicklung darstellen. Auch der deutsche Bundesgerichtshof habe in seiner vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung derartige Risikoüberwälzungsklauseln im Verhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen als unwirksam beurteilt.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Das Kreditkartengeschäft hat im österreichischen Recht bisher keine eigene gesetzliche Regelung erfahren. Bei diesem werden sowohl Rechtsbeziehungen zwischen dem Aussteller der Kreditkarte (der Kreditkartengesellschaft) und dem Vertragsunternehmen (Vertragshändler) als auch zwischen der Kreditkartengesellschaft und dem Kreditkarteninhaber und schließlich zwischen dem Kreditkarteninhaber und dem Vertragsunternehmen hergestellt. Der typische Inhalt des Vertrages zwischen der Kreditkartengesellschaft und den Vertragsunternehmen besteht darin, dass diese sich verpflichten, bestimmte Geschäfte mit Kreditkarteninhabern abzuschließen und für die Inanspruchnahme ihrer Leistungen nicht sofortige Bezahlung durch den Kreditkarteninhaber zu fordern, sondern zunächst die Bezahlung von der Kreditkartengesellschaft zu verlangen, sofern der Kreditkarteninhaber eine gültige Karte vorweist, die Rechnung des Vertragsunternehmens unterschreibt und die Unterschriften auf Rechnung und Kreditkarte übereinstimmen. Die Unterfertigung einer solchen Rechnung durch den Kreditkarteninhaber ist als Anweisung zu werten (Ertl in Rummel, ABGB3 § 1400 Rz 5 mwN ua). Es handelt sich somit um ein dreipersonales Verhältnis, bei dem die Kreditkartengesellschaft dem Kreditkarteninhaber gegen eine Jahresgebühr eine Kreditkarte zur Verfügung stellt, die diesen berechtigt, unter Vorlage dieser Karte bei einem Vertragsunternehmen Leistungen ohne sofortige Bezahlung in Anspruch zu nehmen. Die Kreditkartengesellschaft befriedigt zunächst die Forderung des Vertragsunternehmens, welches dafür eine vom Entgelt abhängige Gebühr an die Kreditkartengesellschaft zu bezahlen hat (Disagio). Nachdem das Kreditkartenunternehmen die Forderung des Vertragsunternehmens beglichen hat, nimmt es beim Inhaber der Kreditkarte Rückgriff (Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB2 § 1400 Rz 19 mwN).

Im Rahmen des Kreditkartengeschäftes verpflichtet sich somit das Vertragsunternehmen gegenüber der Kreditkartengesellschaft, bei künftigen Verträgen mit Kreditinhabern „Zahlung" mit Kreditkarte zu akzeptieren:

Der berechtigte Karteninhaber kann die Rechnung beim Vertragsunternehmen mit seiner Kreditkarte begleichen; das Vertragsunternehmen erhält keine Barzahlung. An ihre Stelle tritt jedoch ein abstrakter Zahlungsanspruch des Vertragsunternehmens gegen die Kreditkartengesellschaft. Dieser abstrakte Anspruch findet seine Grundlage im Anweisungsrecht: In der Vereinbarung zwischen Kreditkartengesellschaft und Vertragsunternehmen wird festgelegt, dass die Kreditkartengesellschaft schon im Voraus künftige Anweisungen des berechtigten Karteninhabers gegenüber dem Vertragsunternehmen annimmt. Unterschreibt der Karteninhaber beim Vertragsunternehmen unter Vorlage seiner Kreditkarte seinen Rechnungsbeleg, so erteilt er damit eine konkrete Anweisung, die aufgrund der antizipierten Annahme der Kreditkartengesellschaft zugleich eine abstrakte Zahlungspflicht der Kreditkartengesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen entstehen lässt (Vogel, Risikoverteilung bei Diebstahl oder Verlust der Kreditkarte, ÖBA 2001, 767 ff mwN).

Verwendet hingegen ein Dritter eine gestohlene oder eine abhanden gekommene Kreditkarte, so fehlt es an einer wirksamen Anweisung des berechtigten Karteninhabers. Nach der in Österreich herrschenden Auffassung zieht die Unwirksamkeit einer Anweisung auch die Unwirksamkeit der Anweisungsannahme nach sich. Dennoch ist nach herrschender Ansicht die Kreditkartengesellschaft im Verhältnis zum sorgfältigen Vertragsunternehmen verpflichtet, diesem auch den Betrag zu erstatten, welchen ein Dritter unter Vorweis der fremden Kreditkarte bei ihm „gezahlt" hat. Voraussetzung ist allerdings, dass das Vertragsunternehmen seine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Händlervertrages genannten Sorgfaltspflichten wahrgenommen hat. Zu diesen Sorgfaltspflichten zählen vor allem die Vorlage der Karte innerhalb des auf ihr angegebenen Gültigkeitszeitraumes, der Vergleich der Unterschrift auf der Rückseite der Kreditkarte mit jener, die beim Vertragsunternehmen auf dem Rechnungsbeleg vom Verwender der Kreditkarte zu leisten ist (vgl Punkt 5. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen), die Beachtung von aktuellen Sperrlisten (vgl Punkt 10. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) und die Rückfrage bei Überschreitung eines gewissen Höchstumsatzes (Punkt 10. und 11. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Hat das Vertragsunternehmen diese Anforderungen sorgfältig erfüllt, muss die Kreditkartengesellschaft auch den von einem Nichtberechtigten unterfertigten Rechnungsbeleg honorieren und dem Vertragsunternehmen Zahlung leisten. Insofern wird nach dieser Auffassung die Pflicht der Kreditkartengesellschaft aus der Anweisungsannahme um eine Garantie für den Fall des Missbrauchs von gestohlenen oder abhanden gekommenen Kreditkarten ergänzt (Vogel aaO ÖBA 2001, 768 mwN).

Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass die gegenständlichen Vertragsabschlüsse und Transaktionen im Fernabsatz getätigt wurden und daher die bereits eingangs wiedergegebenen maßgebenden Bestimmungen der Zusatzvereinbarung für Fernabsätze Anwendung zu finden haben. Den gegenständlichen Transaktionen liegt somit eine sogenannte „unterschriftslose" Verwendung der Kreditkarte zugrunde. Dabei bestellt der Kreditkarteninhaber unter Angabe seiner Kartennummer und der Gültigkeitsdauer seiner Karte beim Vertragsunternehmen telefonisch, schriftlich oder über elektronische Medien Waren, die er am Fernsehbildschirm, in Katalogen, Inseraten oder - wie im vorliegenden Fall - im Internet ausgewählt hat. Diese Form des bargeldlosen Einkaufens, bei dem sich Käufer und Verkäufer nicht gegenüberstehen und eine Identitäts- und Legitimationsprüfung regelmäßig nicht stattfindet, ist ganz besonders missbrauchsanfällig. So hat der Karteninhaber das Risiko der Ausspähung der Kreditkartendaten bei der Übermittlung über das „offene" Netzwerk. Zum Schutz des Karteninhabers sieht daher die mit 1. Juni 2000 in Kraft getretene Bestimmung des § 31a KSchG vor, dass der berechtigte Inhaber einer Zahlungskarte bei missbräuchlicher Verwendung der Karte oder ihrer Daten bei einem Vertragsabschluss im Fernabsatz vom Aussteller der Karten verlangen kann, dass eine Buchung oder Zahlung rückgängig gemacht bzw erstattet wird.

Beim Vertragsunternehmen andererseits ist bei dieser Art der Warenbestellung eine Überprüfung der Kundenidentität nicht möglich. Er kann durch Rückfrage bei der Kreditkartengesellschaft lediglich prüfen, ob die verwendete Karte gesperrt oder abgelaufen ist; er kann aber nicht verifizieren, ob die Bestellung vom Karteninhaber oder von einem Dritten, der irgendwie an die Kartendaten gekommen ist, stammt. Auch die Absenderinformation einer E-Mail ist problemlos zu fälschen; der Mailempfänger weiß damit auch hier nie sicher, wer sein Kommunikationspartner ist. Das Vertragsunternehmen kann andererseits mit der Warenauslieferung in der Regel nicht warten, bis er das endgültige Einverständnis der Kreditkartengesellschaft hat. Das ergibt sich schon aus den üblichen Vertragsformularen des Kreditkartengeschäfts: Die Bedingungen der Kreditkarten- Händlerverträge sehen nämlich regelmäßig ein Rückbelastungsrecht der Kreditkartengesellschaft gegenüber dem Vertragsunternehmen vor, wenn der Kreditkarteninhaber die Bestellung (und damit die Zahlungsanweisung an den Kartenaussteller) bloß bestreitet, ohne dass die Kreditkartengesellschaft dies verifizieren muss (vgl Punkt 6.2 der Zusatzvereinbarung). Geht man aber von der Gültigkeit dieser Händlervertragsbedingungen aus, so erfolgt die Lieferung der Ware an den Besteller damit weitgehend auf alleiniges Risiko des Vertragsunternehmens, da es Wochen dauern kann, bis das Vertragsunternehmen nicht mehr mit einer Rückbelastung zu rechnen braucht (Mader in Gruber/Mader, Internet und e-commerce 40 ff).

Wegen dieser großen Missbrauchsgefahr haben V***** und Mastercard für den Geschäftsverkehr im Internet einen neuen Industriestandard entwickelt, das sogenannte SET-Verfahren. Dadurch sollen Kreditkarteninformationen in verschlüsselter Form und zum Teil anonym in offenen Netzwerken übermittelt werden. Durch die Verwendung fälschungssicherer Signaturschlüssel und digital signierter Identitätserklärungen, die einen Signaturschlüssel einer bestimmten Person zuordnen, soll Manipulationsmöglichkeiten weitgehend vorgebeugt werden. Zur Verwendung von SET benötigt jeder Teilnehmer eine entsprechende Zahlungssoftware (vgl zum eigentlichen Zahlungsvorgang: Mader aaO 50). Durch das Zertifizierungsverfahren hat der Kunde die Gewähr, dass der Händler ein autorisierter Vertragspartner der Kreditkartengesellschaft ist und umgekehrt kann die Identität des Kreditkarteninhabers identifiziert werden. Damit wird die Verwendung fremder Kreditkartendaten ausgeschlossen (Pichler, Kreditkartenzahlung im Internet, NJW 1998, 3234 ff [3238] mwN).

Der Vorteil für das Vertragsunternehmen besteht darin, dass es nach den Fernabsatz-Vertragsbedingungen bei Verwendung des SET-Verfahrens von der Kreditkartengesellschaft eine Zahlungsgarantie wie beim herkömmlichen Unterschriftsverfahren erhält (vgl Punkt 6.4 sowie Punkt 7 der Zusatzvereinbarung). Es liefert dann an den Besteller weitgehend ohne eigenes Risiko, weil die Kreditkartengesellschaft in diesem Fall das Missbrauchsrisiko trägt. Von Technikexperten wurde SET als besonders sicheres Verfahren angesehen (Mader aaO 50 und 53).

Der Beklagte stützt seinen Einwand der Sittenwidrigkeit der in Punkt 6.2 der Zusatzvereinbarung enthaltenen Rückforderungsklausel auf die Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB. Nach der strittigen Klausel trägt das Vertragsunternehmen insbesondere das, infolge des Verzichts auf ein physisches Vorlegen der Kreditkarte, erhöhte Risiko wie etwa durch die Angabe von Kreditkartennummern, die nicht vom rechtmäßigen Karteninhaber oder unberechtigt verwendet werden. Die Klägerin ist daher nach dieser Vertragsbestimmung berechtigt, aus derartigen Gründen reklamierte Beträge, ohne die Richtigkeit dieser Beanstandung verifizieren zu müssen, einzubehalten oder unverzüglich zurückzufordern bzw mit Ansprüchen des Vertragsunternehmens aufzurechnen. Diese Rückforderungsklausel gilt gem. Punkt 6.4 der Zusatzvereinbarung nicht für Transaktionen, die unter Verwendung des SET-Verfahrens getätigt wurden.

Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung die - wie die hier in Rede stehende Rückforderungsklausel - nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls dann nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. Bei der in einem beweglichen System vorzunehmenden Angemessenheitskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB ist nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes objektiv auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Für diesen Zeitpunkt ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Interessenprüfung vorzunehmen. Dabei ist in beweglicher Beurteilung einerseits auf die sachliche Rechtfertigung und den Grund der Abweichung vom dispositivem Recht als dem gesetzlich vorgesehenen Interessenausgleich, andererseits auf das Ausmaß der „verdünnten Willensfreiheit" des Vertragspartners abzustellen (Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 240 und 245 mwN). Der Umstand, dass die Vertragspartner Kaufleute sind, steht der Beurteilung einer vertraglichen Abrede als sittenwidrige Bestimmung keinesfalls grundsätzlich entgegen; allenfalls ist im Einzelfall eine besonders gravierende Ungleichgewichtslage in den durch den Vertrag festgelegten Rechtspositionen zu fordern (RIS-Justiz RS0119323).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Risikoverteilung zwischen Kartenausgeber und Karteninhaber im herkömmlichen „Unterschriftsverfahren" bestehen grundsätzlich keine Bedenken dagegen, dass die Kreditkartengesellschaft dem Kreditkarteninhaber das in seiner Sphäre auftretende Risiko des Missbrauchs gestohlener oder sonst abhanden gekommener Kreditkarten ohne Rücksicht auf sein Verschulden auferlegt (SZ 52/89), wobei allerdings in dieser vor dem Inkrafttreten des § 879 Abs 3 ABGB ergangenen Entscheidung die Gültigkeit allgemeiner Vertragsbedingungen nach § 879 Abs 1 ABGB zu beurteilen war. In der Entscheidung SZ 64/110 wurde ausgesprochen, dass die Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Haftung des Kreditkarteninhabers bei missbräuchlicher Verwendung der Karte durch Dritte auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB nicht sittenwidrig sei. In der Entscheidung SZ 73/107 wurde im Hinblick auf die missbräuchliche Verwendung einer Bankomatkarte insofern differenziert, als der Haftungsausschluss von Banken für technischen Missbrauch von Bankomatkarten (ohne Verschulden) als nichtig gem. § 879 Abs 3 ABGB beurteilt wurde, während dem gegenüber der Haftungsausschluss für Missbrauch wegen Verlustes der Bankomatkarte als wirksam beurteilt wurde.

In der Lehre wird in der Frage der Risikotragung bei Drittmissbrauch im Verhältnis Kreditkartengesellschaft - Vertragsunternehmen, wie bereits dargestellt wurde, für das herkömmliche „Unterschriftsverfahren" die Auffassung vertreten, dass die Kreditkartengesellschaft im Verhältnis zum Vertragsunternehmen das Risiko des Drittmissbrauches zu tragen habe und insofern die Pflicht der Kreditkartengesellschaft aus der Anweisungsannahme um eine Garantie für den Fall des Missbrauchs von gestohlenen oder abhanden gekommenen Kreditkarten ergänzt werde (vgl Vogel, ÖBA 2001, 768; Mader in Gruber/Mader aaO 41 FN 10 mwN). Es wird aber in diesen Lehrmeinungen auch darauf hingewiesen, dass im Gegensatz dazu die Zusatzvereinbarungen zwischen Kreditkartengesellschaften und Vertragsunternehmen für den Fernabsatz weitgehend keine solche Garantie vorsehen.

In Deutschland wurde für den Bereich der Kreditgeschäfte ohne Vorlage der Kreditkarte zunächst mit Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt a. M. vom 15. 3. 2000, 7 U 47/99 (= NJW 2000, 2114), entschieden, dass es im sogenannten Mailorder-Verfahren so wie beim Kreditgeschäft mit Kartenvorlage keine unangemessene Benachteiligung des Vertragsunternehmens nach § 9 AGBG darstelle, wenn diesem, das auf eine Kartenvorlage verzichtet und trotzdem geleistet habe, das Missbrauchsrisiko auferlegt werde. Hiefür spreche zunächst die Überlegung, dass der Kartenmissbrauch eher dem Lager des Vertragsunternehmens als dem Lager des Kreditkartenunternehmens zuzurechnen sei, da der Missbrauch durch einen Vertragspartner des Vertragsunternehmens und nicht durch einen Vertragspartner des Kartenunternehmens stattfinde. Auch der mit diesem Zurechnungsgesichtspunkt eng zusammenhängende Gesichtspunkt der Risikobeherrschung spreche dafür, das Missbrauchsrisiko beim Vertragsunternehmen anzusiedeln. Das Vertragsunternehmen, nicht aber das Kreditkartenunternehmen könne entscheiden, ob sein Vertragspartner für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Mailorder-Verfahren hinreichend vertrauenswürdig sei. Zutreffend sei zwar, dass das Risiko eines Kartenmissbrauchs vom Vertragsunternehmen letztlich kaum zu beherrschen sei. Daraus lasse sich aber nichts ableiten, da diese Überlegung gleichermaßen für das Kreditkartenunternehmen gelte.

Diese Auffassung wurde vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. 4. 2002, XI ZR 357/00 (= NJW 2002, 2234), dahin modifiziert, dass derartige Rückforderungsklauseln insoweit unwirksam seien, als ein Kreditkartenunternehmen durch diese Klauseln im Telefon- oder Mailorder-Verfahren zur Rückbelastung des Vertragsunternehmens berechtigt sei, wenn der Karteninhaber die Bestellung oder Echtheit der Unterschrift bestreite und deshalb die Bezahlung des Rechnungsbetrages verweigere. Solche Klauseln seien unwirksam, weil sie das Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte belasteten und das Kartenunternehmen, das als Betreiber des Kreditkartensystems das verfahrensimmanente Missbrauchsrisiko grundsätzlich selbst zu tragen habe, vollständig entlasteten. Eine derart einseitige Risikoverlagerung könne keinen Bestand haben, zumal im konkreten Fall der Kartenausgeber das Telefon- und Mailorder-Verfahren durch Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Vertragsunternehmen ausdrücklich gestattet hatte und sich die damit verbunden Risiken in Form einer erhöhten Servicegebühr hatte vergüten lassen. Diese Änderung der Rechtsprechung wurde in der deutschen Literatur insoweit zum Teil zustimmend (vgl beispielsweise Barnert, Kreditkartengeschäft und AGB-Kontrolle WM 2003, 1153 ff unter anderem mit dem Hinweis, dass ein Kartenaussteller, der sich die erhöhte Missbrauchsanfälligkeit im unterschriftslosen bzw beleglosen Distanzgeschäft durch eine besondere Servicegebühr [Risikoprämie] vergüten lasse, auch die damit verbunden Nachteile tragen müsse; sowie Härting, Kreditkartenzahlung - Kehrtwende in der BGH-Rechtsprechung, MDR 2002, 913 ff, der ebenfalls unter anderem darauf hinweist, dass Missbrauchsfälle für das Vertragsunternehmen im Einzelfall erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen haben können, während das Kartenunternehmen dagegen die Möglichkeit habe, das Risiko durch die bei den Vertragsunternehmen erhobene Servicegebühr zu streuen) besprochen. Zum Teil wurde diese Judikaturänderung aber auch kritisiert (vgl Meder, Die Kreditkartenzahlung im Internet und Mail-Order-Verfahren, WM 2002, 1993 ff; derselbe, Kritische Präjudizientreue im Anschluss an die neue BGH-Rechtsprechung zum Kreditkartenmissbrauch im Fernabsatz, ZIP 2002, 2112 ff; Bitter, Kreditkarten: Die schöne neue Einkaufswelt des BGH, ZIP 2002, 1219; Schnauder, Risikozuordnung bei unbefugter Kreditkartenzahlung, NJW 2003, 849 ff ua). In diesen Stellungnahmen wird die Ansicht vertreten, dass sich die für das herkömmliche Präsenzgeschäft entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres auf den Einsatz von Kreditkarten im Fernabsatz übertragen ließen. Das Risiko betrügerischer Besteller gehöre zu den typischen Risiken, mit denen Händler im Fernabsatzbereich (Versandhandel) seit jeher umzugehen hätten. Die Vielfalt möglicher Sicherungsvorkehrungen zur Vermeidung von Vorleistungsrisiken im Versandhandel sei unübersehbar. Es obliege daher dem Vertragshändler, aus eigener Initiative Geschäftsideen zu entwickeln, auf deren Grundlage die typischen Risiken von Distanzgeschäften beherrschbar werden. Die Verwendung der Kreditkarte durch betrügerische Besteller sei kein verfahrensimmanentes, sondern ein allgemeines Geschäftsrisiko des Händlers, das unabhängig von der gewählten Zahlungsform auftrete. Auf Seiten des Händlers sei zudem zu berücksichtigen, dass es ihm freistehe, vom Mail-Order-Verfahren Gebrauch zu machen und er dabei auch einen höheren Sicherheitsstandard, zB das SET-Verfahren, wählen könne.

Eine Anwendung der vorstehenden Ausführungen auf den gegenständlichen Fall ergibt, dass der Auffassung der Vorinstanzen, der Beklagte werde durch Punkt 6.2 der Zusatzvereinbarung iSd § 879 Abs 3 ABGB nicht gröblich benachteiligt, beizupflichten ist. Den vom Beklagten dagegen erhobenen Einwendungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen die Klägerin eine automatisationsunterstützte Überprüfung von im Ausland ausgegebenen Kreditkarten in Bezug auf den Namen des Karteninhabers nicht durchführen kann. Soweit der Beklagte vermeint, durch die Bekanntgabe einer Genehmigungsnummer (Code) sei bei ihm die Überzeugung hervorgerufen worden, dass eine Überprüfung der Daten der Kreditkarte (insbesondere auch eine Namensüberprüfung) stattgefunden habe, ist auf die eindeutige Bestimmung des Punktes 6.6 der Zusatzvereinbarung zu verweisen, wonach Rückforderungsrechte gem. Punkt 6.2 unabhängig von der eventuellen Erteilung einer Genehmigungsnummer gem. Punkt 3.2 bestehen. Soweit die Revision unter Bezugnahme auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16. 4. 2002 die Unwirksamkeit der Rückforderungsklausel wegen einer unzulässigen verschuldensunabhängigen Risikoabwälzung geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass sich der vorliegende Fall von dem vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. 4. 2002 zu beurteilenden Sachverhalt schon insofern wesentlich unterscheidet, als die Klägerin nie eine gesonderte Risikoabgeltung für den Mail-Order-Absatzverkehr verlangt hat, sodass eine Entgeltlichkeit der Risikotragung im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Vor allem aber ist bei der Beurteilung der strittigen Vertragsklausel nach § 879 Abs 3 ABGB zu berücksichtigen, dass die Klägerin in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Vertragsunternehmen für den Einsatz von Kreditkarten im Fernabsatz neben den vom Beklagten gewählten (herkömmlichen) Verfahren mit dem SET-Verfahren ausdrücklich ein Verfahren mit einem höheren Sicherungsstandard (ohne Rückforderungsklausel) anbietet, bei dessen Verwendung ein Händlerrisiko daher ausgeschaltet ist und die Übernahme des Risikos durch die Kreditkartengesellschaft durch die Zahlung einer höheren Provision durch das Vertragsunternehmen abgegolten wird. Es wurden daher dem Beklagten von der Klägerin vor Vertragsabschluss zwei Verfahren mit unterschiedlichen Haftungsregelungen und Kosten angeboten, hinsichtlich welcher der Beklagte als Kaufmann eine Risikoabwägung getroffen hat. Wenn somit der Beklagte die Wahlmöglichkeit hatte, die Haftungsregelung laut Punkt 6.2 der Zusatzvereinbarung zu vermeiden und sich in seiner unternehmerischen Disposition gegen das SET-Verfahren entschieden hat, so kann unter diesen Umständen nicht vom Vorliegen einer „verdünnten Willensfreiheit" bzw einer besonders gravierenden Ungleichgewichtslage in den durch den Vertrag festgelegten Rechtspositionen ausgegangen werden. Die Vorinstanzen haben damit zu Recht eine gröbliche Benachteiligung des Beklagten iSd § 879 Abs 3 ABGB verneint (in diesem Sinne auch Mader aaO, Internet und e-commerce 41 FN 10). Auf die in der Revisionsbeantwortung der Klägerin relevierte Frage, ob der Beklagte durch eine sorglose Auswahl seiner Vertragspartner und Durchführung der Transaktion auch vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt hat, kommt es daher nicht mehr an.

Der Revision des Beklagten war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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