OGH 1Ob242/06d

OGH1Ob242/06d27.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller l. Edeltraud Z*****, und 2. Ernst Z*****, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler Rechtsanwalt Gesellschaft mbH in Leoben, wider die Antragsgegnerin Gemeinde M*****, vertreten durch Dr. Dieter Neger, Rechtsanwalt in Graz, wegen Festsetzung einer Entschädigung gemäß §§ 34 Abs 4, 117 WRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 7. September 2006, GZ l R 127/05a-31, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mürzzuschlag vom 28. Februar 2005, GZ 3 Nc 2/04d-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

l. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu § 34 Abs 4 WRG, dass nach Neufassung dieser Bestimmung durch die WRG-Novelle 1990 jedwede Beschränkung einer möglichen Nutzung zu entschädigen ist, die dem Anspruchsberechtigten infolge des Eingriffs verwehrt bleibt, soweit die Nutzung bei Anordnung des Eingriffs rechtlich zulässig und durch etwa erforderliche behördliche Bewilligungen gedeckt war. Der durch die Festlegung von Schutzzonen bzw durch Schutzanordnungen verursachte Entzug von solchen Nutzungsmöglichkeiten ist vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen. Von der Entschädigungspflicht ausgenommen bleiben aber alle Nutzungen, die im Zeitpunkt des Eingriffs ausgeschlossen oder durch erforderliche Widmungen, Baubewilligungen udgl nicht gedeckt sind (SZ 67/27; l Ob 1045/95; l Ob 247/97y). Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung der Vorinstanzen im Einklang. Die Grundstücke der Antragsteller sind schon seit jeher landwirtschaftlich genutztes Freiland und seit dem 1981 in Kraft getretenen Flächenwidmungsplan als Freiland im Sinne des § 25 Stmk. ROG ausgewiesen, weswegen sich die Antragsteller nicht auf Nutzungsmöglichkeiten als Bauerwartungsland berufen können (SZ 67/27).

2. Das Argument der Revisionrekurswerber, durch die „Baurandlage" habe sich bereits „ein rechtlich akzentuierter Anspruch auf Änderung des Flächenwidmungsplans" verwirklicht, sodass mit der Entschädigung auch die daran geknüpfte Wertminderung abzugelten sei, vermag keinen höheren Entschädigungsanspruch zu begründen:

Gemäß § 34 Abs 1 Stmk. ROG 1974 ist von der Gemeinde eine Entschädigung zu leisten, wenn durch die Wirkung des Flächenwidmungsplans die Bebauung eines als Bauland geeigneten Grundstücks zur Gänze verhindert wird und dadurch eine Wertminderung (also auch eine Minderung des Verkehrswerts), die überdies eine „unverhältnismäßig stark treffende Härte" darstellen muss, entsteht. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung erachteten die Vorinstanzen die „Entschädigungsfähigkeit" der Widmung als Freiland als Vorwirkung der Schutzgebietsverhängung mit der Begründung für ausgeschlossen, dass diese planerische Maßnahme selbst schon eine entschädigungspflichtige Eigentumsbeschränkung sei. Diese Rechtsansicht steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, wonach Bestimmungen wie im § 34 Stmk. ROG als abschließende Regelung der Entschädigungsfrage anzusehen sind (vgl SZ 67/27; 7 Ob 72/00i). Dem setzen die Revisionsrekurswerber entgegen, die Festlegung eines Wasserschutzgebiets könne deshalb niemals Entschädigungsansprüche nach § 34 Stmk. ROG nach sich ziehen, weil es sich um keine eigene raumplanerische Maßnahme der Gemeinde handle und eine solche Einzeichnung im Flächenwidmungsplan nur nach § 22 Abs 7 Stmk. ROG ersichtlich zu machen sei. Dabei übersehen sie, dass bei der Beurteilung allfälliger Vorwirkungen der Schutzgebietsausweisung auf die der Schutzgebietsausweisung vorangehende Flächenwidmung als Freiland abzustellen ist, nicht aber auf die Schutzgebietsausweisung selbst. Die Widmung als Freiland ist nur unter den Voraussetzungen des § 34 Stmk. ROG entschädigungsfähig.

3. Die Antragsteller brachten vor, durch die Schutzgebietsfestlegung würden auch Nutzungen, die ansonsten im Freiland möglich wären, insbesondere Sondernutzungen nach § 25 Abs 2 Stmk. ROG und die für eine land- und forstwirtschaftliche Betriebsführung bestehende Möglichkeit der Errichtung landwirtschaftlicher Betriebsbauten verhindert. Beispielsweise könne auch an eine Nutzung für Schotterabbau gedacht werden.

Die Revisionsrekurswerber übersehen, dass der Entgang der in § 25 Abs 3 Z 1 litb Stmk ROG festgelegten Nutzungsmöglichkeit der Errichtung von für einen landwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Neu- und Zubauten bereits in dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten berücksichtigt wurde (siehe S 18 der Blg ./18). Dies fand auch im Bescheid der Wasserrechtsbehörde ausdrücklich Niederschlag, indem der Ermittlung der Gesamtentschädigung auch eine „Entschädigung für Bauverbote" zu Grunde gelegt wurde (Seite 63 des Bescheids Blg ./A) und auf das oben zitierte Gutachten Bezug genommen (Seite 92 in Blg ./A) wurde. Ein Widerspruch zur Entscheidung 1 Ob 41/92 besteht also insofern nicht, weil das Fehlen der in der zitierten Entscheidung beschriebenen Nutzungsmöglichkeit ohnehin berücksichtigt wurde. Was den im Revisionsrekurs erwähnten „möglichen Schotterabbau" betrifft, normiert § 25 Abs 2 Stmk. ROG, dass im Freiland Flächen als Sondernutzung festgelegt werden können; in § 25 Abs 2 Z 1 und Z 2 Stmk. ROG werden jene Flächen genannt, die insbesondere als Sondernutzungen gelten, u.a. „Bodenentnahmeflächen". Wenngleich jede mögliche Nutzung zu entschädigen ist, bleibt Vorraussetzung für den Zuspruch einer Entschädigung, dass diese Nutzung bei Anordnung der Einschränkung rechtlich zulässig und durch etwa erforderliche behördliche Bewilligungen gedeckt war (RIS-Justiz RS0082579). Dazu haben die Antragsteller jedoch keine Behauptungen aufgestellt und kein Vorbringen erstattet, sondern nur „beispielsweise" - im Sinne eines Aufzeigens einer abstrakten Möglichkeit - auf den Schotterabbau verwiesen, ohne konkret darzulegen, dass diese Art der Bodennutzung zum Zeitpunkt der Schutzgebietsfestsetzung rechtlich zulässig (also nicht ausgeschlossen) gewesen wäre und die dafür erforderlichen Bewilligungen vorgelegen hätten (siehe nur § 31c WRG, § 3 Abs 2 lit g Stm. NschG 1976).

4. Die Antragsteller haben nicht nur den Antrag auf Neufestsetzung der Entschädigung durch das Gericht eingebracht, sondern auch gegen den erstinstanzlichen Bescheid Berufung erhoben. Die Berufungsinstanz änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, dass eines der Grundstücke nicht von der Schutzzone erfasst sei und sich die jährliche Entschädigungsleistung dementsprechend verringere. Nach Rechtskraft dieses Bescheids wurde das gerichtliche Verfahren fortgesetzt. Was die Höhe der Entschädigung betrifft, hatte das Gericht vom teilweise abändernden zweitinstanzlichen Bescheid auszugehen; es durfte die Höhe der Entschädigung nicht niedriger als im zweitinstanzlichen Bescheid festsetzen (§ 117 Abs 4 WRG). Die im abgeänderten erstinstanzlichen Bescheid festgesetzte Höhe der Entschädigungsleistung, welche noch das aus der Schutzzone späterhin ausgeschiedene Grundstück beinhaltet, ist im Hinblick darauf nicht mehr relevant.

5. In ihrem Antrag nach § 34 Abs 4 iVm § 117 Abs 4 WRG 1959 begehrten die Antragsteller - neben der Neufestsetzung der vom Wasserberechtigten zu leistenden Entschädigung -, der Antragsgegnerin den Ersatz der Verfahrenskosten einschließlich der im verwaltungsbehördlichen Verfahren entstandenen Vertretungskosten aufzutragen. Die Antragsteller machten ihren Anspruch auf Kostenersatz für die im wasserrechtlichen Verfahren aufgewendeten Kosten somit im Rahmen ihres Anspruchs auf Kostenersatz im gerichtlichen Verfahren - und nicht abgesondert als Hauptanspruch - geltend. Das Rekursgericht wies dieses Begehren mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurück und erklärte das vorangegangene Verfahren insoweit für nichtig.

Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Kosten des Verwaltungsverfahrens im gerichtlichen Verfahren festzusetzen.

Gem § 48 Abs 3 letzter Satz EisbEG (Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz) sind Verfahren, bei denen der Antrag auf Enteignung - wie hier - vor dem 1. 1. 2005 bei der Behörde eingelangt ist, nach den bisher geltenden Vorschriften des Eisenbahn-Enteignungsgesetzes 1954 zu Ende zu führen (2 Ob 282/05t). Nach ständiger Rechtsprechung sind für das gerichtliche Neufestsetzungsverfahren nach § 117 Abs 4 und 6 WRG die Bestimmungen des Verfahrens außer Streitsachen „sinngemäß" anzuwenden (RIS-Justiz RS0082276). Da das § 30 EisbEG 1954 zur Zulässigkeit eines Revisionsrekurses nicht Stellung nimmt, sind für das Revisionsrekursverfahren die §§ 62 ff AußStrG maßgeblich (vgl l Ob 321/01i). Nun erfolgte die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, die Nichtigerklärung des vorangegangenen Verfahrens und die Zurückweisung des Begehrens durch das Rekursgericht lediglich im Umfang der Abweisung die Kosten des Verwaltungsverfahrens betreffenden Verwaltungsverfahrens. Gegen eine Entscheidung im Kostenpunkt ist ein Revisionsrekurs jedoch gem § 62 Abs 2 Z l AußstrG absolut unzulässig. Unter einer „Entscheidung im Kostenpunkt" sind alle Fälle zu verstehen, in denen in irgendeiner Form - materiell oder formell - über Kosten abgesprochen wird, also nicht nur Entscheidungen über die Bemessung von Kosten, sondern auch darüber, ob überhaupt ein Anspruch auf Kostenersatz besteht, wem dieser zusteht, sowie die Ablehnung der Kostenentscheidung (RIS-Justiz RS0111498). Die das Kostenersatzbegehren zurückweisende Entscheidung des Rekursgerichts ist daher als eine solche über den Kostenpunkt im Sinn des § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG anzusehen. Der Revisionsrekurs ist insoweit absolut unzulässig.

6. Im Übrigen zeigten die Rechtsmittelwerber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf und liegt eine solche auch nicht vor, weshalb der Revisionsrekrus gemäß § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen ist.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG 1954. Die Antragsgegnerin hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung jedenfalls selbst zu tragen, weil ein Kostenersatz an sie an der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht nach § 117 Abs 6 WRG iVm § 44 EisbEG 1954 scheitern muss (l Ob 21/95 mwN). Von einem ungerechtfertigten Einschreiten der Antragsteller im Sinne einer schuldhaften Rechtsmittelerhebung (§ 44 EisbEG) kann trotz des Umstands, dass der von den Antragstellern erhobene Revisionsrekurs der Zurückweisung verfiel, nicht die Rede sein. Die Antragsteller haben die Kosten ihres erfolglosen Revisionsrekurses selbst zu tragen (1 Ob 21/95 mwN).

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