OGH 2Ob57/06f

OGH2Ob57/06f22.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. Gerhard W*****, 2. Johanna C*****, beide vertreten durch Burghofer & Pacher Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Margarete W*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Domgasse 6, wegen 23.255,31 EUR sA, über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 16. November 2005, GZ 6 R 105/05s-153, womit über Berufung der Kläger das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. Mai 2005, GZ 5 Cg 34/98h-148, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger entstammen der ersten Ehe des am 26. 7. 1997 verstorbenen Eduard W***** (in der Folge: Erblasser), der in zweiter Ehe mit der Beklagten verheiratet war.

Das auf Zahlung von je 11.627,65 EUR gerichtete und auf § 951 ABGB gestützte Pflichtteilsergänzungsbegehren der Kläger wurde vom Erstgericht abgewiesen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von den Klägern erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Berechnung des Schenkungspflichtteiles in einem vergleichbaren Sachverhalt der aufeinanderfolgenden Übertragung zweier Liegenschaftshälften nicht vorliege.

Das Berufungsgericht bejahte in Ansehung des Schenkungsvertrages aus 1983, mit welchem der Erblasser der Beklagten eine Hälfte der ihm gehörigen Liegenschaft geschenkt hatte, das Vorliegen einer Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens: Unter Darlegung der anzuwendenden Wertermittlungsgrundsätze trug das Berufungsgericht dem Erstgericht auf, neue Feststellungen zum Wert der 1983 geschenkten Liegenschaftshälfte zu treffen. Erst dann könne beurteilt werden, in welchem Umfang die Schenkung des Hälfteanteiles der Liegenschaft rechnerisch bei Berechnung des Ausfalles der Pflichtteilsansprüche der Kläger zu berücksichtigen sei. In Ansehung des Übergabsvertrags vom 20. 7. 1989, mit welchem der Erblasser die zweite Hälfte der Liegenschaft an die Beklagte übertrug, trug das Berufungsgericht dem Erstgericht auf, zu ermitteln, ob eine gemischte Schenkung vorliege. Dabei sei der Verkehrswert der Liegenschaftshälfte zum Zeitpunkt der Übergabe den übernommenen Gegenleistungen, so wie sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu bewerten gewesen wären, unabhängig davon, welche Leistungen tatsächlich erbracht worden seien, gegenüberzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluss erhobene Rekurs der Beklagten ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes unzulässig: Die Anfechtung der berufungsgerichtlichen Entscheidung ist nur möglich, wenn das Rechtsmittel die unrichtige Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage geltend macht. Das ist hier nicht der Fall:

Zum Schenkungsvertrag aus 1983 bringt die Beklagte in ihrem Rekurs vor, dass diese Schenkung in Erfüllung einer sittlichen Pflicht der Erblassers erfolgt sei. Die Schenkung der Liegenschaftshälfte sei bei der Berechnung des Pflichtteilsausfalls daher nicht zu berücksichtigen.

Dabei übersieht die Beklagte allerdings, dass das Berufungsgericht dem Erstgericht ausdrücklich auftrug, im fortgesetzten Verfahren mit der Beklagten ihr Vorbringen zu erörtern, wonach sie erhebliche finanzielle Aufwendungen für den Hausbau geleistet habe. Darin könnte allenfalls der Einwand einer Schenkung aus sittlicher Verpflichtung gelegen sein. Habe die Beklagte zum Hausbau zumindest gleichteilig wie der Erblasser beigetragen, könne in der Schenkung der Liegenschaftshälfte unter Umständen die Erfüllung einer sittlichen Pflicht durch den Erblasser im Sinne des § 785 ABGB gesehen werden. Das Berufungsgericht hat daher ohnedies - obwohl die Beklagte in erster Instanz ein entsprechendes ausdrückliches Vorbringen nie erstattet hatte - die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Schenkung der Liegenschaftshälfte 1983 in Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung erfolgte. Durch den Auftrag des Berufungsgerichtes an das Erstgericht, diese Frage mit der Beklagten zu erörtern, kann sich die Beklagte daher nicht beschwert erachten.

Aber auch mit ihrem Vorbringen zum Übergabsvertrag aus 1989, mit welchem der Beklagten die zweite Liegenschaftshälfte ins Eigentum übertragen wurde, zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf: Das Berufungsgericht hat der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes folgend dargelegt, wann eine gemischte Schenkung als verwirklicht anzusehen ist. Der im Rekurs erhobene Vorwurf, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die behauptungs- und beweispflichtigen Kläger kein Vorbringen dazu erstattet hätten, dass der Erblasser bei Abschluss des Übergabsvertrages subjektiv eine Schenkungsabsicht gehabt habe, ist unzutreffend: Die Kläger haben in erster Instanz (siehe etwa S 4 in ON 4) ausdrücklich behauptet, dass der Erblasser und die Beklagte mit dem Übergabsvertrag in Wahrheit eine Schenkung beabsichtigten. Der berufungsgerichtliche Ergänzungsauftrag in Ansehung des Übergabsvertrages aus 1989 ist daher nicht zu beanstanden: Es ist zwar richtig, dass eine gemischte Schenkung keinesfalls schon dann angenommen werden kann, wenn die Leistung der einen Seite objektiv wertvoller ist als die der anderen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Parteien einen Teil einer Leistung als geschenkt ansehen wollten (RIS-Justiz RS0019293; RS0012959; RS0019356). Von diesen Grundsätzen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ist allerdings das Berufungsgericht mit seinem Ergänzungsauftrag ohnedies nicht abgewichen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO (siehe RIS-Justiz RS0035976).

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