OGH 1Ob254/06v

OGH1Ob254/06v23.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael E*****, vertreten durch Dr. Horst Brunner, Dr. Emilio Stock und Mag. Gerhard Endstrasser, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei A*****-GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Harisch, Mag. Franz J. Teufl, Mag. Bernhard Wimmer und Dr. Sonja Schindlholzer, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 6.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Juni 2006, GZ 4 R 235/06x-54, womit das Urteil des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 2. März 2006, GZ 2 C 1744/02d-47, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 468,18 (darin enthalten EUR 78,03 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte betreibt oberhalb des Fischereireviers des Klägers ein von der Wasserrechtsbehörde genehmigtes Elektrizitätswerk. Im Genehmigungsbescheid wurde sie zur Abgabe einer „Pflichtwassermenge" von 1.000 l/sec - in bestimmter Form - an das Unterwasser verhalten. Im Spätherbst 2001 sowie im Winter 2001/2002 traten im Bereich des Fischereireviers des Klägers Niedrigwasserstände von weniger als 60 cm auf. Das Bachbett trocknete teilweise aus und der Fischbestand starb möglicherweise ab. Es kam zu einem kurzfristigen Absinken des Pegelstandes und im Anschluss daran zu einem schwallartigen Ansteigen auf einen über dem Normalstand liegenden Pegelstand (Flutwelle). Diese Ereignisse waren nicht natürlichen Ursprungs, sondern durch oberhalb des Fischereireviers liegende Kraftwerke ausgelöst worden. Es war nicht feststellbar, ob die Niedrigwasserstände durch das von der Beklagten betriebene Kraftwerk oder andere am Gewässer angesiedelte Kraftwerke verursacht wurden. Nach dem Auftreten der Niedrigwasserstände erteilte die Wasserrechtsbehörde der Beklagten bescheidmäßig ergänzende Auflagen, um sogenannte „Toteleinzüge" zu vermeiden.

Der Kläger begehrte von der beklagten Kraftwerksbetreiberin 6.000 EUR an Schadenersatz für jene Schäden, die ihm am Fischbestand seines Fischereireviers entstanden seien. Die Beklagte habe es unterlassen, die ihr mittels Bescheid der Wasserrechtsbehörde zur Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit sowie des Fischbestands vorgeschriebene Mindestwassermenge von 1.000 l/sec an das Unterwasser abzugeben.

Die Beklagte wendete ein, sie habe alle Auflagen eingehalten und das Niedrigwasser nicht zu vertreten. Allenfalls käme als Verursacher unter anderem ein weiteres, unterhalb gelegenes Kraftwerk in Betracht. Den Betreiber dieses Kraftwerks träfe keine Verpflichtung, eine bestimme Mindestwassermenge abzugeben; ihm sei erlaubt, das Wasser auch zur Gänze aufzustauen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dem Kläger sei der Nachweis nicht gelungen, dass das Verhalten der Leute der Beklagten oder ein von ihr zu verantwortender technischer Defekt am Kraftwerk für den Schaden ursächlich gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach letztlich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Auflagenbescheid vom 7. 2. 2002 habe für das Zivilverfahren keine bindende Wirkung entfaltet. Die Haftung der Beklagten sei auch nicht auf Grund alternativer Kausalität zu bejahen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) - nicht zulässig.

1. Für die Gerichte ist nur das verbindlich, was die Verwaltungsbehörde im Bescheid verfügt hat, nicht aber auch dessen Begründung. Bindend ist nur der Spruch über den Bescheidgegenstand (5 Ob 563/94 = MietSlg 47.626 mwN). Die in der Begründung des Bescheids der Wasserrechtsbehörde enthaltene Annahme, es sei davon auszugehen, dass die Niedrigwasserstände durch den Betrieb des Kraftwerks der Beklagten verursacht worden seien, kann somit keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren erzeugen.

2. Dass § 26 Abs 5 WRG nur auf Schäden durch Gewässerverunreinigungen anzuwenden ist, lässt sich schon aus den gesetzlichen Bestimmung des WRG eindeutig erkennen. Die gesetzliche Vermutung der zitierten Gesetzesstelle schränkt die Haftung ausdrücklich auf Schäden durch Gewässerverunreinigung im Sinne des § 30 Abs 2 (gemeint: Abs 3, was bei Fassung der WRG-Novelle 2003 wohl übersehen wurde) WRG ein, vermeint also explizit die Vermutung der Schadensverursachung für sonstige, aus § 26 Abs 1 bis 4 WRG ableitbare Schäden aus dem Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage. Eine Analogie wie die vom Kläger geforderte verbietet sich sohin auf Grund der klaren gesetzlichen Regelung. § 26 Abs 5 WRG findet daher nur Anwendung, wenn der Schaden in Form einer „Gewässerverunreinigung" iSd § 30 Abs 3 WRG eintritt (Raschauer, Kommentar zum WRG, Rz 13 zu § 26). Eine solche Verunreinigung im Sinne einer Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Wassergüte bzw einer Minderung des Selbstreinigungsvermögens (des Wassers) hat aber hier nicht stattgefunden.

In der Entscheidung 1 Ob 21/90 (= SZ 63/185), die der Revisionswerber als Stütze für die von ihm behauptete Analogie ansieht, wurde die analoge Anwendung des § 26 Abs 5 WRG lediglich für die von Nachbargrundstücken ausgehenden Immissionen bejaht, aber auch eingeschränkt auf den Fall einer Gewässerverunreinigung. Sie kann im Ergebnis sohin die Rechtsansicht des Klägers nicht stützen.

3. Das Erstgericht verwarf den Ablehnungsantrag des Klägers gegen einen Sachverständigen, weil es die behaupteten Ablehnungsgründe als nicht ausreichend erachtete. Das Berufungsgericht verneinte die vom Kläger unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgetragene Beschwerde gegen die Verwerfung der Ablehnung, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass sich der Sachverständige von anderen als rein sachlichen Motiven habe leiten lassen. Bei dieser Entscheidung handelt es sich inhaltlich um einen im Berufungsverfahren ergangenen Beschluss des Berufungsgerichts, gegen den nach § 519 Abs 1 ZPO ein weiterer Rekurs nicht statthaft ist; ein solcher Beschluss kann auch nicht in der Revision bekämpft werden. Auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen ist daher nicht weiter einzugehen (10 ObS 316/02x mwN).

4. Da weder die vom Berufungsgericht aufgeworfenen, noch die vom Kläger in dessen Revision für bedeutsam erachteten Rechtsfragen über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls hinaus von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO sind, ist die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nötig zuzusprechen sind. Die gesonderte Honorierung der „Ausführungen zum Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO" kommt nicht in Betracht, zumal gerade und nur diese Ausführungen den Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung rechtfertigen.

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