OGH 2Ob211/05a

OGH2Ob211/05a18.1.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rupert L*****, vertreten durch Dr. Walter Hausberger ua Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die beklagten Parteien 1. Jakob P*****, 2. Ö*****, und 3. H*****, sämtliche vertreten durch Dr. Burghard Seyr und Dr. Roman Schobesberger, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 1.155,39 sA und Feststellung (Rekursinteresse EUR 853,02), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Mai 2005, GZ 2 R 513/04m-18, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 9. August 2004, GZ 2 C 1287/03z-14, das Klagebegehren teilweise zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird, soweit hierin die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes angefochten wird, als unzulässig zurückgewiesen; im Übrigen wird ihm keine Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihrer Vertreter binnen vierzehn Tagen die mit EUR 306,69 (hierin enthalten EUR 51,11 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beklagten Parteien (Erstbeklagter als Lenker, Zweitbeklagte als Halterin und Drittbeklagte als Haftpflichtversicherer) haften dem Kläger für dessen bei einem Verkehrsunfall am 30. 12. 2002 erlittene Sach- und Personenschäden, wobei die Drittbeklagte bereits vor der am 22. 7. 2003 eingebrachten Klage EUR 3.140 für Schmerzengeld, Verdienstentgang und unfallkausale Spesen bezahlt hatte. Mit dieser Klage begehrte der Kläger die Verurteilung sämtlicher Beklagter zur ungeteilten Hand zur Zahlung weiterer EUR 3.268,41 sA, darunter - allein noch strittig - EUR 853,02 an „Kosten für durch das Verhalten der beklagten Parteien notwendig gewordene anwaltliche Intervention". In der Folge wurde das über diesen späterhin auch als „Nebengebühren" bezeichneten (ON 7 und 8), jedoch als Hauptsachenbetrag weiterhin geltend gemachten Betrag hinausgehende sonstige Klagebegehren mehrfach eingeschränkt und ausgedehnt (zuletzt EUR 1.155,39 sA), ua auch um ein Feststellungsbegehren.

Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien (rechtskräftig) zur ungeteilten Hand lediglich zur Zahlung von 4 % Zinsen aus EUR

1.250 vom 28. 3. bis 27. 8. 2003 und wies das Mehrbegehren von EUR 1.155,39 sA sowie das Feststellungsbegehren ab. Durch ihre vorprozessual geleisteten Zahlungen hätten die Beklagten sämtliche Schadenersatzansprüche des Klägers bereits ausreichend abgegolten, allerdings teilweise nicht fristgerecht, sodass noch Verzugszinsen zustünden. Die vom Kläger geltend gemachte Nebenforderung von EUR 853,02 bestehe nicht zu Recht, weil einerseits die Bemühungen der Klagevertreter im Einheitssatz Deckung fänden und andererseits (zum weit überwiegenden Teil) der Geltendmachung unberechtigter Forderungen gedient hätten.

Das lediglich vom Kläger angerufene Berufungsgericht wies - aus Anlass der Berufung - die Klage „im Umfang des Teilbegehrens von EUR 853,02 (vorprozessuale Kosten)" wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück, gab jedoch im Übrigen seiner Berufung teilweise dahin Folge, dass es die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 1.067,31 sA (insoweit rechtskräftig) - hievon EUR 1.000 zusätzliches Schmerzengeld und EUR 67,31 zusätzlicher Verdienstentgang - samt (ebenfalls rechtskräftig) Abweisung des entsprechenden Mehrbegehrens von EUR 88,08 sA verurteilte; es sprach weiters aus, dass hinsichtlich der abgeänderten „Sachentscheidung" die Revision (gemäß § 502 Abs 2 ZPO) unzulässig sei. Hinsichtlich der geltend gemachten vorprozessualen Kosten führte das Berufungsgericht - zusammengefasst - aus, dass diese, da der Hauptanspruch des Klägers noch nicht zur Gänze vor Klageeinbringung erledigt gewesen sei, in das Kostenverzeichnis aufzunehmen gewesen wären, sodass insoweit das Prozesshindernis der Rechtswegunzulässigkeit von Amts wegen zu beachten gewesen sei. Daran ändere auch nichts die neue Bestimmung des § 1333 Abs 3 ABGB, weil darunter nur etwa Kosten der Beiziehung eines Inkassoinstituts (für außergerichtliche Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen), nicht aber vorprozessuale Kosten „im herkömmlichen Sinn" zu subsumieren seien.

Gegen den das Mehrbegehren von EUR 853,02 zurückweisenden Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung (samt Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes) richtet sich der auf die Rechtsmittelgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit gestützte Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag auf ersatzlose Behebung des bekämpften Beschlusses samt Abänderung im Sinne eines Zuspruches auch dieses Anspruchsteils; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien haben eine Rekursbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist - soweit er sich gegen die Zurückweisung der Klage richtet - gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls (also unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes und dem Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage) zulässig (Zechner in Fasching/Konecny, ZPO² Rz 70 zu § 519; E. Kodek in Rechberger, ZPO³ Rz 6 zu § 519), jedoch nicht berechtigt; hinsichtlich der bekämpften Kostenentscheidung ist er gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig. Der Oberste Gerichtshof hat in der - zeitlich nach Fällung der Rechtsmittelentscheidung zweiter Instanz in diesem Verfahren gefällten - inzwischen vielfach veröffentlichten und ausführlich begründeten (worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann) Entscheidung 3 Ob 127/05f (SZ 2005/153 = JBl 2006, 380 = RZ 2006/8 = ecolex 2006, 284 = ZIK 2006/86, 71 = RdW 2006, 342 = Zak 2006, 117) ausgesprochen, dass für anwaltliche Leistungen § 23 RATG gegenüber dem durch das ZinsRÄG BGBl I 2002/118 eingeführten § 1333 Abs 3 (nunmehr gemäß BGBl I 2005/120: § 1333 Abs 2) ABGB die speziellere Norm ist; solange Anwaltskosten für außergerichtliche Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen ein Akzessorium des Hauptanspruchs bilden, können sie nur als vorprozessuale Kosten verzeichnet werden; der selbständigen Einklagung solcher Kosten steht daher, ohne dass insofern ein Wahlrecht auf Klageführung bestünde, die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen. Mit § 1333 ABGB wurde demnach keine selbständige Anspruchsgrundlage betreffend den Ersatz derartiger anwaltlicher Kosten geschaffen. Solange solche Kosten in Akzessorietät zum Hauptanspruch stehen - wovon hier auszugehen ist, weil ja mit der gegenständlichen Klage auch noch ua Verdienstentgang und Schmerzengeld als offene Ansprüche geltend gemacht worden waren -, sind sie durch Rechtsanwälte weiterhin als vorprozessuale Kosten im Kostenverzeichnis geltend zu machen, sodass ihrer klageweisen Geltendmachung die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegensteht. Dieser Entscheidung sind zwischenzeitlich zahlreiche weitere Senate des Obersten Gerichtshofes gefolgt (1 Ob 69/06p; 2 Ob 295/05d; 5 Ob 212/05w; 6 Ob 131/05s, EvBl 2006/69; 6 Ob 294/05m; 7 Ob 297/05h; 8 Ob 136/05s; RIS-Justiz RS0120431; siehe hiezu auch M. Bydlinski, Die Geltendmachung anwaltlicher Betreibungskosten im Prozess, Zak 2006, 108).

Diese Grundsätze, denen auch der erkennende Senat folgt, gelten auch für die vorliegende Rechtssache. Der Rechtsmittelwerber gesteht selbst ausdrücklich zu, dass es sich bei den von der Zurückweisung betroffenen Kosten um „Aufwände zur Durchsetzung des Anspruchs auf ordnungsgemäße Leistung des Schmerzengeldes bzw Verdienstentgangs" handle, wofür aber nach den dargestellten Grundsätzen (s RIS-Justiz RS0120431) eben gerade nicht der ordentliche Rechtsweg als Hauptsachenanspruch offensteht, wenn und solange es in der Folge (noch) zu einem Prozess über die betriebene Hauptsache kommt. Sie können daher nur durch Verzeichnung als Prozesskosten gemäß § 54 ZPO angesprochen werden (M. Bydlinski aaO 109).

Dem Rekurs war damit keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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