Spruch:
Den Rekursen wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
In der Sache wird dahin zu Recht erkannt, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit insgesamt EUR 6.980,11 (darin enthalten EUR 968,70 USt und EUR 1.168,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Dem Kläger, der Eigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus in K***** war, gehörte auch eine Eigentumswohnung in W*****. Am 8. 5. 1991 schloss er mit seiner Ehefrau, der Nebenintervenientin, zur Regelung der ehelichen Lebensverhältnisse einen Notariatsakt unter anderem folgenden Inhaltes:
„1. Wohnverhältnisse:
1.1 Die gemäß § 90 ABGB bestehende Pflicht zum gemeinsamen Wohnen wird - in Ausübung des Gestaltungsrechtes gemäß § 91 ABGB - vorübergehend (siehe Punkt 4.) aufgehoben.
1.2 Frau Barbara D***** [Nebenintervenientin] erhält das Recht, die dem Herrn Constantin D***** [Kläger] gehörige, derzeit bereits von ihr benützte ... [Eigentumswohnung] ausschließlich für sich zu benutzen.
Diese Wohnungsbenützung erfolgt
- aus dem hier vereinbarten, familienrechtlichen Rechtstitel, ohne Entstehung eines Mietrechtes,
- kostenlos, das heißt ohne Verpflichtung zur Leistung eines Entgeltes,
- lediglich gegenüber Übernahme jenes Betrages an Heiz-, Telefon- und Energie-(Strom)kosten, der den Monatsaufwand von S 3.000,-- übersteigt.
1.4 Die Betriebs- und Erhaltungskosten der genannten Wohnung, sowie die unterhalb der Höchstgrenze von S 3.000,-- gelegenen Heiz-, Telefon- und Energiekosten werden alleine vom Kläger getragen.
2. Unterhalt:
2.1 Herr Constantin D***** [Kläger] verpflichtet sich, während des aufrechten Fortbestandes der Ehe, Frau Barbara D***** [Nebenintervenientin] einen monatlichen Unterhalt in der Höhe von S 20.000,-- zu bezahlen.
...
4. Befristung:
Die zu Punkt 1. bis 4. getroffenen Regelungen bleiben solange aufrecht, bis
- entweder einer der beiden Teile die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft und die Erfüllung aller dem Wesen der Ehe entsprechenden Pflichten begehrt,
- oder die Ehe zufolge einverständlichen oder einseitigen Scheidungsbegehrens geschieden wird.
..."
Eine Verbücherung des Notariatsaktes wurde nicht vereinbart. Als der Kläger im Jahr 1995 in finanzielle Engpässe geriet und der Nebenintervenientin den vereinbarten Unterhalt nicht mehr bezahlen konnte, ging diese nach Amerika und überließ die Eigentumswohnung mit Zustimmung des Klägers gegen Entgelt Freunden, unter anderem Dr. Peter S*****. Die monatlichen Beträge für die Benutzung der Wohnung wurden an den Kläger oder die Nebenintervenientin überwiesen. Am 4. 4. 1997 wurde über das Vermögen des Klägers der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt, welches Amt er bis 2001 ausübte.
Auf Grund einer Anfrage des Rechtsvertreters des Dr. Peter S*****, wohin nach Konkurseröffnung die monatliche Miete von S 10.000,-- zu überweisen sei, teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass die Nebenintervenientin über die Wohnung verfügungsberechtigt sei und hierüber ein Notariatsakt existiere, den er allerdings dem Beklagten erst nach Bewilligung der kridamäßigen Versteigerung der Wohnung am 9. 4. 1998 übermittelte. Der Beklagte verkaufte die Eigentumswohnung als Masseverwalter der G***** OEG mit Kaufvertrag vom 12. 7. 1999, ohne auf ein Nutzungsrecht der Nebenintervenientin Bedacht zu nehmen. Das Haus in K***** war bereits zuvor an die O***** GmbH verkauft worden. In einem gerichtlichen Vergleich vom 28. 8. 1998 hatten sich der Kläger und die Nebenintervenientin verpflichtet, es bis längstens 15. 11. 1998 zu räumen. Letztlich wurde die Räumung erst am 30. 12. 1998 unter persönlicher Mithilfe des Beklagten bewerkstelligt. Die Nebenintervenientin meldete im Konkursverfahren keine Forderungen an und machte auch sonst keine Ansprüche geltend.
Der Kläger begehrte vom Beklagten zuletzt (nach Klagsausdehnung) EUR 26.162,64 sA sowie die Feststellung der Haftung für jene Aufwendungen, die er darüber hinaus zu tragen haben werde, weil der Beklagte die Eigentumswohnung ohne Mitübertragung der Rechte der Nebenintervenientin verkauft habe. Das Leistungsbegehren sei die Summe der gegenüber dem Kläger geltend gemachten monatlichen Forderungen der Nebenintervenientin wegen der entgangenen Nutzungsmöglichkeit der Wohnung (36 Monate à EUR 726,74). Diese Obligation gegenüber der Nebenintervenientin stelle den Schaden dar. Der Kläger brachte dazu im Wesentlichen vor, die eheliche Lebensgemeinschaft sei seit Abschluss des Notariatsaktes im Jahr 1991 nicht wiederhergestellt worden, die Ehe sei aber nach wie vor aufrecht. Dies und der Inhalt des Notariatsaktes seien dem Beklagten vor Abschluss des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung bekannt gewesen. Trotzdem habe es der Beklagte unterlassen, der Käuferin der Eigentumswohnung die der Nebenintervenientin zustehenden Rechte zu überbinden. Mittlerweile sei ein Prozess, den die Nebenintervenientin gegen die Käuferin der Wohnung angestrengt habe, rechtskräftig verloren gegangen. Der Kläger könne daher die von ihm vertraglich übernommene Verpflichtung, der Nebenintervenientin die Eigentumswohnung bis zur Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft zur Verfügung zu stellen, nicht mehr erfüllen. Der Beklagte hafte nach § 1299 ABGB nach den Grundsätzen der Vertragshaftung, sodass auch das bloße Vermögen der Beteiligten geschützt sei.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Kläger habe zunächst das Wohnungsgebrauchsrecht der Nebenintervenientin nicht erwähnt. Auf Grund mehrerer Besuche auf der Liegenschaft des Klägers in K***** sei für den Beklagten ersichtlich gewesen, dass die Nebenintervenientin in diesem Haus wohnhaft sei. Auch bei den Gesprächen über den Verkauf des Hauses in K***** sei niemals erwähnt worden, dass die Nebenintervenientin auf die Eigentumswohnung angewiesen sei. Dazu komme, dass ihm der Kläger einen Mietvertrag betreffend die Liegenschaft in K***** vom 26. 10. 1994 vorgelegt habe, wonach er dieses Haus samt Garten auf die Dauer von 10 Jahren an die Nebenintervenientin vermietet habe. Das der Nebenintervenientin eingeräumte obligatorische Wohnungsrecht sei daher zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bereits erloschen gewesen, zumal die Wohnung in W***** durch Jahre hindurch vermietet gewesen sei. Da es sich beim Haus in K***** auch um den Wohnsitz des Klägers gehandelt habe, sei die eheliche Gemeinschaft zwischen diesem und der Nebenintervenientin durch Jahre hindurch wiederaufgenommen gewesen. Der Notariatsakt sei deshalb nie erörtert worden. Dem Kläger sei eine Kopie des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung zur Verfügung gestellt worden. Selbst danach habe er sich hinsichtlich eines Wohnungsrechtes der Nebenintervenientin nicht geäußert. Erst etwa drei Monate nach dem Abschluss des Kaufvertrages habe ihn der Kläger aufgefordert, den Vertrag aufzuheben, weil sich die Käuferin der Eigentumswohnung geweigert habe, eine angebliche Vereinbarung zur Zahlung eines zusätzlichen Betrages von S 1,5 Mio an den Kläger einzuhalten. Die Eigentumswohnung sei mit Pfandrechten erheblich überbelastet gewesen. Die Berücksichtigung jedenfalls nachrangiger Berechtigungen aus dem familienrechtlichen Notariatsakt wäre daher von vornherein nur möglich gewesen, wenn einerseits die Nebenintervenientin eine diesbezügliche Forderung im Konkurs geltend gemacht und andererseits der Verkaufserlös die pfandrechtlich sichergestellten Forderungen überstiegen hätte. Beides sei nicht der Fall gewesen; die Nebenintervenientin habe weder eine Forderungsanmeldung erstattet noch Aus- oder Absonderungsrechte noch ein aus der familienrechtlichen Beziehung entstandenes Recht geltend gemacht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass die Nebenintervenientin nach ihrer Rückkehr aus Amerika nicht in die Eigentumswohnung nach Wien zurückkehrte, sondern gemeinsam mit dem Kläger das Haus in K***** bewohnte und die eheliche Lebensgemeinschaft mit dem Kläger wieder aufnahm. Während des Konkursverfahrens wohnten die Ehegatten gemeinsam, und der Kläger erledigte für die Nebenintervenientin ihre wirtschaftlichen und geschäftlichen Angelegenheiten. Der Beklagte suchte den Kläger sechsbis zehnmal im Haus in K***** auf, wobei zu 90 % die Nebenintervenientin anwesend war und den Beklagten als Gastgeberin bewirtete.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen dahin, das zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin vereinbarte Wohnungsrecht sei mangels Vereinbarung einer dinglichen, über den bloßen Gebrauch hinausgehenden Wirkung als bloß obligatorisches Wohnungsgebrauchsrecht einzustufen. Zufolge der Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft mit dem Kläger sei das Recht der Nebenintervenientin zur Nutzung der Wohnung nach dem Wortlaut des Notariatsaktes und auch nach seinem Zweck zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages durch den Beklagten erloschen gewesen. Der Klagsanspruch scheitere daher schon an einem dem Kläger eingetretenen Schaden. Es liege aber auch kein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten des Beklagten im Sinne des § 1299 ABGB vor, der nach den festgestellten Umständen keinen Anspruch der Nebenintervenientin mehr annehmen habe müssen.
Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hob das Urteil der ersten Instanz auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das erstinstanzliche Verfahren sei zufolge des Unterbleibens der Aufnahme von Beweisen, die der Kläger zur Frage der Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft angeboten habe, mangelhaft geblieben.
Ein Schadenersatzanspruch des Klägers wäre allerdings sogleich zu verneinen, falls die Regelung betreffend die Eigentumswohnung als Teil des der Nebenintervenientin zustehenden Ehegattenunterhaltes gesehen werden könnte. Es würde dann die Regelung des § 5 Abs 3 KO in Verbindung mit § 105 EO Platz greifen, wobei ein entsprechender Antrag des Klägers aber weder behauptet noch festgestellt worden sei. Demnach könnte davon ausgegangen werden, dass der Nebenintervenientin durch die Konkurseröffnung und mangels Zuweisung der Eigentumswohnung an den Gemeinschuldner durch das Konkursgericht im Sinne des § 5 Abs 3 KO kein abgeleiteter Benützungsanspruch mehr zugestanden wäre, weil die Eigentumswohnung durch die Konkurseröffnung der freien Verfügung des Klägers als Gemeinschuldner entzogen worden sei. Damit könnte im Verkauf der Eigentumswohnung ohne Berücksichtigung des Benützungsrechtes der Nebenintervenientin kein Fehlverhalten des Beklagten erblickt werden.
Sehe man das obligatorische Wohnungsrecht der Nebenintervenientin losgelöst vom Unterhaltsanspruch an, wäre es infolge Konkurseröffnung über das Vermögen des Klägers der Bestimmung des § 14 KO unterlegen. Es wäre durch die Konkurseröffnung wirkungslos geworden, und die Nebenintervenientin hätte keine Berechtigung zur Nutzung der Wohnung mehr gehabt. Ihr Anspruch hätte sich in eine vom Konkurs betroffene Geldforderung in Höhe des Schätzwertes ihres Rechtes verwandelt. Ein Aus- oder Absonderungsrecht wäre nicht vorgelegen. Auch unter diesen Umständen wäre der Verkauf der Wohnung durch den Beklagten ohne Überbindung des Wohnungsrechtes der Nebenintervenientin nicht rechtswidrig gewesen. Mangels Anmeldung einer Geldforderung im Konkurs durch die Nebenintervenientin wäre dieser zwar ein Schaden entstanden, für den jedoch nicht der Beklagte vom Kläger haftbar gemacht werden könnte. Auch diese Überlegungen führten allerdings zu einer Aufhebung des Ersturteiles, weil die Parteien nicht mit einer von ihnen nicht beachteten Rechtsauffassung überrascht werden dürften und daher eine entsprechende Erörterung mit ihnen vorzunehmen und ihnen Gelegenheit zur Erstattung neuen Vorbringens zu geben sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, da keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, welche Rechte für den Berechtigten und Pflichten für den Masseverwalter ein vom Gemeinschuldner der getrennt lebenden Ehegattin „aus dem familienrechtlichen Rechtstitel, ohne Entstehen eines Mietrechtes, kostenlos" eingeräumtes Benützungsrecht an einer Eigentumswohnung des Gemeinschuldners nach Konkurseröffnung nach sich ziehe. Die Zulassung des Rekurses an das Höchstgericht sei auch zur Vermeidung nicht unerheblichen weiteren Verfahrensaufwandes geboten.
Gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes erheben sowohl der Kläger als auch der Beklagte Rekurs, wobei beide unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen. Während der Kläger beantragt, der Oberste Gerichtshof möge in der Sache selbst dahin entscheiden, dass sowohl seinem Leistungs- als auch seinem Feststellungsbegehren stattgegeben werde, strebt der Beklagte eine klagsabweisliche Entscheidung an. Hilfsweise werden jeweils Aufhebungsanträge gestellt. Beide Parteien haben Rekursbeantwortungen erstattet und darin jeweils beantragt, das Rechtsmittel des Prozessgegners zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind zulässig. Sie sind auch berechtigt. Gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz kann der Oberste Gerichtshof im Umfang der Aufhebung durch das Berufungsgericht selbst in der Sache erkennen. Im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO (§ 496 ZPO) gilt das Verbot der reformatio in peius nicht (RIS-Justiz RS0043853; RS0043903; RS0043939). Der Umstand, dass der Kläger die gänzliche Stattgebung seines Begehrens, der Beklagte hingegen dessen gänzliche Abweisung (und daher die Wiederherstellung des Ersturteiles) anstrebt, hindert daher eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache nicht.
Die beiden Rekurse können, da sie dieselben Rechtsfragen relevieren, gemeinsam behandelt werden.
Der Kläger betont zunächst zutreffend, dass zu den vom Berufungsgericht hinsichtlich § 5 Abs 3 KO in Verbindung mit § 195 EO angestellten Erwägungen kein Anlass besteht. Abgesehen davon, dass - wie auch im Rekurs des Beklagten betont wird - von keiner der Parteien ein Vorbringen in diese Richtung erstattet und insbesondere ein Wohnbedürfnis der Nebenintervenientin oder ein Konnex mit der Unterhaltsregelung nicht behauptet wurde, steht fest, dass die Nebenintervenientin die Eigentumswohnung bereits seit Jahren nicht mehr selbst benützt, sondern Dritten (entgeltlich) überlassen hat. Aus § 5 Abs 3 KO sind daher keine entscheidungswesentlichen rechtlichen Konsequenzen für den vorliegenden Rechtsstreit abzuleiten.
Der Kläger wendet sich weiters gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, das (obligatorische) Wohnungsbenützungsrecht der Nebenintervenientin sei im Konkurs über das Vermögen des Klägers der Bestimmung des § 14 KO unterlegen. Gegen diese Rechtsansicht, die sich auf oberstgerichtliche Judikatur stützt (7 Ob 6/99d, JBl 2000, 375 = ZIK 2000, 24 = RZ 2000, 69 = wobl 2001, 264; 6 Ob 273/01t, ZIK 2002/80, 60; RIS-Justiz RS0115899), wird im Rekurs im Wesentlichen vorgebracht, es wäre dennoch möglich gewesen, das Wohnungsbenützungsrecht der Nebenintervenientin der Käuferin der Eigentumswohnung zu überbinden. Entscheidungsrelevant ist allerdings nicht diese Möglichkeit, sondern die Frage, ob der Beklagte als Masseverwalter dazu verpflichtet gewesen wäre. Dies ist im Hinblick darauf, dass sich die Nebenintervenientin, der gemäß § 14 Abs 1 KO allenfalls eine Geldforderung in Höhe des Schätzwertes des Wohnungsbenützungsrechtes zustand, am Konkursverfahren nicht beteiligt hat, zu verneinen. Ein nicht verbüchertes Nutzungsrecht (Wohnrecht) ist gegenüber den Konkursgläubigern nicht wirksam (7 Ob 6/99d; 6 Ob 273/01t; RIS-Justiz RS0115899). Zutreffend hat schon das Berufungsgericht erkannt, dass insbesondere mangels einer entsprechenden Forderungsanmeldung der Nebenintervenientin eine Pflichtverletzung des Beklagten im Sinne des § 81 Abs 3 KO nicht in Betracht kommt. Ausgehend von den vom Berufungsgericht gebilligten Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes ist dem Beklagten der
ihm obliegende (8 Ob 110/02p, AnwBl 2003/7858, 101 = RdW 2003/31, 24
= ZIK 2002/238, 170) Beweis, dass er die nach § 1299 ABGB geforderte
objektive Sorgfalt bei der Führung seines Amtes (hier bei der Veräußerung der Eigentumswohnung) eingehalten hat, gelungen. Er kann daher zur Haftung für einen allfälligen Schaden der Nebenintervenientin nicht herangezogen werden.
Die Bedenken des Berufungsgerichtes, diese Rechtsansicht würde den Kläger überraschen, sind aus folgenden Erwägungen nicht begründet:
Wie der Beklagte in seinem Rekurs richtig bemerkt, hat er in erster Instanz ein entsprechendes Vorbringen erstattet und insbesondere ausdrücklich eingewendet, dass die Nebenintervenientin im Konkursverfahren weder eine Forderung angemeldet noch Aus- oder Absonderungsrechte geltend gemacht habe. Dies allein kann zwar, weil die durch die ZVN 2002 eingefügte Bestimmung des § 182a ZPO die Erörterungspflichten der Gerichte erweitert hat (7 Ob 83/05i mwN; RIS-Justiz RS0120056 und RS0120057), eine Überraschungsentscheidung noch nicht ausschließen, da eine Partei auch rechtliche Gesichtspunkte, die von der Gegenseite bereits ins Spiel gebracht worden waren, übersehen oder für unerheblich halten kann. Ein diesbezüglicher Verfahrensmangel ist allerdings nur dann entscheidungserheblich, wenn die betroffene Partei, über die relevante Rechtsansicht informiert, ein Vorbringen erstattet, das - zumindest abstrakt - geeignet ist, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen (vgl 1 Ob 215/05g, RIS-Justiz RS0120056[T2] . Nun widerspricht der Kläger zwar in seiner Rekursbeantwortung der im Rekurs des Beklagten vertretenen Meinung, die Rechtsansicht, der Anspruch der Nebenintervenientin sei unter § 14 KO zu subsumieren gewesen, habe ihn nicht überraschen können. Er begnügt sich allerdings damit, diese (wie bereits erwähnt, durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckte) Ansicht in Frage zu stellen, ohne aber auf tatsächliche Umstände hinzuweisen, die vorzubringen er übersehen hätte. Der Kläger hält demnach offenbar selbst in diesem Zusammenhang keine Verfahrensergänzung für erforderlich. Er bringt aber auch kein rechtliches Argument vor, das die betreffende Rechtsansicht widerlegen könnte. Es besteht daher keine Veranlassung, die Sache unter dem Blickpunkt des § 14 KO ergänzend zu erörtern. Vielmehr erweist sich unter diesem Aspekt der Einwand des Beklagten, die Sache sei im Sinne einer Klagsabweisung spruchreif, als berechtigt.
Damit erübrigt sich die vom Berufungsgericht zur Tatfrage der Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft für erforderlich erachtete Verfahrensergänzung. Auch die weiteren Einwände des Beklagten, insbesondere dass vorrangige Pfandrechte einer Berücksichtigung eines Wohnungsbenützungsrechtes der Nebenintervenientin entgegengestanden seien und diese daher gar nicht geschädigt worden sei sowie die Frage, ob ein „rein familienrechtlich eingeräumtes" Wohnungsbenützungsrecht bei fehlendem Wohnbedarf nicht jedenfalls erlischt, können unerörtert bleiben.
Entsprechend dem Begehren des Beklagten ist daher die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichtes spruchgemäß dahin abzuändern, dass das klageabweisende Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 Abs 1 und 41 ZPO. Obgleich (auch) der Kläger eine Beseitigung des aufhebenden Beschlusses des Berufungsgerichtes erreicht hat, ist er letztlich mit seinem Klagebegehren vollständig unterlegen und daher gegenüber dem Beklagten zur Gänze kostenersatzpflichtig.
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