OGH 13Os120/06f

OGH13Os120/06f20.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kikinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert B***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wiener Neustadt vom 18. September 2006, GZ 38 Hv 130/05i-93, nach Anhörung der Generalprokuratur und Äußerung des Verteidigers (§ 35 Abs 2 StPO) in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Herbert B***** wurde des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen - bei der zu 1. genannten Tat zu einer Duldung - verleitet, die diese oder andere an ihrem Vermögen schädigten, und zwar

1. am 18. September 2004 in Wiener Neustadt die Snjezana T***** durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Entnahme von 36,69 l Normalbenzin im Wert von 35 Euro;

2. in Wien Angestellte einer (im Urteil ungenannt gebliebenen) B*****-Filiale durch die wahrheitswidrige Vorgabe, verfügungsberechtigter Sparbuchinhaber zu sein, zur Auszahlung von Bargeld, nämlich

  1. a) am 27. Dezember 2004 in der Höhe von 3.000 Euro und
  2. b) am 30. Dezember 2004 in der Höhe von 5.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 10a des § 345 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Eingangs ist klarzustellen, dass § 345 Abs 1 Z 10a StPO seinem Wesen nach erst greift, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld im Einzelrichterverfahrens vorsieht - wird dadurch nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583). Anders als bei der nur gegen Urteile von Einzelorganen zulässigen Schuldberufung ist das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof demnach nicht mit erhöhten Garantien für die Urteilswahrheit im Tatsachenbereich ausgestattet. Dazu dient allein die unmittelbare, mündliche Beweisaufnahme vor einem aus mehreren Richtern bestehenden Spruchkörper in erster Instanz (14 Os 152/04). Gegenstand der Tatsachenrüge sind solcherart nur Feststellungen, angesichts derer - gemessen an allgemeinen Erfahrungs- und Vernunftsätzen - eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt (15 Os 22/06h), wogegen unterhalb dieser (besonderen) Erheblichkeitsschwelle die Beweiswürdigung allein den Tatrichtern vorbehalten bleibt (vgl auch Art 91 B-VG; 13 Os 17/05g). Auch die Berufung auf eine angebliche Verletzung des Zweifelsgrundsatzes ist aus Z 10a unbeachtlich (RIS-Justiz RS 0102162).

Die Tatsache, dass Snjezana T***** bei ihrer Einvernahme als Zeugin (S 45 bis 47 in ON 12/I) angab, der Angeklagte habe ihr Name, Adresse, Telefonnummer, Automarke und Autokennzeichen auf einen Zettel geschrieben, weckt ebenso wenig erhebliche Bedenken an dessen mangelnder Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit wie das Vorweisen des Führerscheins gegenüber der Zeugin.

Auch mit den auf die (vage; vgl S 73 bis 75/III) Aussage eines Onkels des Angeklagten und die (bekanntermaßen auf bloß durchschnittlichen Erfahrungswerten beruhenden) Berechnungen eines Routenplaners (S 87 bis 101/III) gestützten Überlegungen zur Plausibilität eines Alibis für die um 11.19 Uhr (S 21/III) erfolgte Barabhebung und mit den Angaben des Zeugen H*****, wonach der Angeklagte wahrscheinlich am Vormittag des 30. Dezember 2004, an welchem um 10.00 Uhr die zweite Barabhebung erfolgte (S 21/III), eine unbekannte Zeit lang in der Dabschkaserne in Korneuburg gewesen sei (S 105/III), wird ein Irrtum der Geschworenen nicht qualifiziert nahegelegt. Das gilt gleichermaßen für die Tatsache, dass die beiden Bankkassiere den Angeklagten - schon angesichts der Vielzahl der von ihnen betreuten Kunden - nicht wiedererkannten (S 71 bis 73/III), Elisabeth S***** (S 13 in ON 31/I) vermutete, das Sparbuch verloren zu haben, und eine isoliert herausgegriffene Textstelle des in ON 36 erliegenden Schriftvergleichsgutachten in Betreff der zu 2. genannten Betrügereien.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 zweiter SatzStPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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