OGH 14Os152/04

OGH14Os152/0415.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Februar 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Petö als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard S***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 15. September 2004, GZ 9 Hv 8/04i-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Gerhard S***** der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I/1/a) und der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (I/1/b) schuldig erkannt.

Danach hat er am 20. Oktober 2003 in N***** am See Heide S***** am Körper verletzt, indem er sie gegen eine Wand drückte, ihr zwei Mal mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sie würgte, wodurch sie Rötungen "am Ohr und am Hals" und eine Beule am Hinterkopf erlitt;

nach dieser Tat durch die Äußerung, er werde sie andernfalls umbringen, somit durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Körperverletzung, zum Unterlassen der Anzeigeerstattung zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Der aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Geht es der Mängelrüge (Z 5) um die gesetzlichen Grenzen, einschließlich des Missbrauchs der Beweiswürdigungsfreiheit (Willkürverbot), zielt die Tatsachenrüge (Z 5a) - von ihrer Eigenschaft als Aufklärungsrüge abgesehen - auf eine Bewertung deren Gebrauchs innerhalb der von Z 5 definierten formalen Grenzen und solcherart auf einen eigenständigen Ausspruch des Obersten Gerichtshofes nach Maßgabe deutlich und bestimmt bezeichneter, in der Hauptverhandlung vorgekommener Beweismittel. Für die - nur im bezirksgerichtlichen Verfahren und im Verfahren vor dem Einzelrichter des Gerichtshofes I. Instanz vorgesehene - sog Schuldberufung genügt es im Gegensatz dazu, dass schlechthin die Richtigkeit der Feststellung der entscheidenden Tatsachen als Berufungspunkt bezeichnet wird (vgl § 467 Abs 2 erster Satz iVm § 464 Z 2 erster Fall StPO), wobei überdies Neuerungen zulässig sind. So gesehen kann aus Z 5a in dem von der Erheblichkeitsschwelle bezeichneten Umfang unter der Bedingung und nach Maßgabe deutlich und bestimmt bezeichneter Beweismittel die Beweiswürdigung angegriffen werden, ohne dass sie den Tatrichtern jedoch entzogen wird, weil der Oberste Gerichtshof in Stattgebung einer Tatsachenrüge nur kassatorisch entscheiden kann. Anders als bei der nur gegen Urteile von Einzelorganen zulässigen Schuldberufung ist das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht mit erhöhten Garantien für die Urteilswahrheit im Tatsachenbereich ausgestattet. Dazu dient allein die unmittelbare, mündliche Beweisaufnahme vor einem aus mehreren Richtern bestehenden Spruchkörper in erster Instanz. Nur was im Tatsächlichen schlechterdings unerträglich ist (vgl Nowakowski, Gutachten für den 2. ÖJT 1964 Bd I/6, 17; zustimmend Moos, ÖJZ 1989, 103), kann ungeachtet formal einwandfreier Beweiswürdigung zur Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens führen. Eine negative Beweisregel, welche das Erstgericht verpflichten würde, von mehreren möglichen Versionen die für den Angeklagten günstigere zu wählen, kann aus Z 5a keinesfalls abgeleitet werden (zum Ganzen: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 471 f, 488 bis 490 mwN).

Im Sinn der vorstehenden Erwägungen werden erhebliche Bedenken an den den bekämpften Schuldsprüchen zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen durch den Hinweis auf die verlesenen Angaben des Oliver W*****, der von akustischer Wahrnehmung eines Streites zwischen dem Angeklagten und seiner damaligen Ehegattin und von deren Schreien berichtet hatte (S 123), schon deshalb nicht aufgezeigt, weil diese durchaus eingeräumt hatte, nicht zu wissen, "wer von uns beiden lauter war" (S 286). Auch hatte die Zeugin einen nachträglichen, vom Angeklagten (nicht anders als im Fall der bekämpften Schuldsprüche grundsätzlich) eingeräumten Vorfall vom 14. November 2003 nicht "völlig unrichtig" geschildert, sondern sich nur in Hinsicht auf (geringfügige) Beschädigungen an einer Solariumkabine möglicherweise geirrt, was nicht auf ihre Unglaubwürdigkeit bezüglich der Taten vom 20. Oktober 2003 schließen lässt.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte