OGH 4Ob228/06t

OGH4Ob228/06t19.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. P***** GmbH, *****, 2. Pr***** GmbH, 3. Pro***** GmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 50.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. September 2006, GZ 1 R 40/06v-42, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

1. Im Kennzeichenstreit stehen einander die Marken RED BULL (als Bezeichnung eines Energy Drinks) und RED ENERGY (als Bezeichnung für Lutschbonbons mit Koffein, Taurin und Guarana-Extrakt) gegenüber.

Rechtliche Beurteilung

2. Der Schutz der bekannten Marke setzt neben der Ähnlichkeit der Zeichen voraus, dass die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnützt; es müssen demnach besondere Umstände vorliegen, aus denen sich die Unlauterkeit

ergibt (s 4 Ob 234/01t = ecolex 2002, 267 [G. Schönherr] - BOSS

Zigaretten III; 4 Ob 122/05b = ÖBl 2006, 180 [Gamerith] - Red

Dragon). Als solche besonderen Umstände, die als objektive gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsteller zu beweisen hat, kommen Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung und Verwässerung der bekannten Marke in Betracht (4 Ob 122/05b = ÖBl 2006, 180 [Gamerith] - Red Dragon). Die Anlehnung an eine fremde Leistung und die Ausnutzung eines guten Rufs sind für sich allein nicht stets verwerflich; es muss zur objektiven Rufausbeutung etwas Anstößiges hinzutreten. Anhaltspunkte hiefür bilden etwa die Verwendung identischer Zeichen, die Behinderung des Markeninhabers in der eigenen wirtschaftlichen Verwertung der Marke auf dem fraglichen Waren/Dienstleistungsgebiet und vor allem die Zielrichtung, am fremden Ruf zu schmarotzen (4 Ob 36/04d = ÖBl 2004, 217 [Gamerith] - Firn).

3. Das Rekursgericht hat die Zeichenähnlichkeit der beiden Marken nach ihrem Gesamteindruck ebenso verneint wie die Gefahr ihrer gedanklichen Verknüpfung miteinander. Es hat in der Verwendung des Slogans „stimuliert Hals und Körper" für das Lutschbonbon zwar eine Anlehnung an den Slogan „belebt Geist und Körper", mit dem der Energy Drink beworben wird, gesehen, dies jedoch noch als lautere Werbung um dieselbe Zielgruppe beurteilt. Kein Unlauterkeitsmerkmal sei auch durch Verwendung des Zeichenbestandteils „RED", der Slogans „verleiht dir die Energie, die du brauchst" und „heb ab" in Verbindung mit einem Raketenmotiv oder durch die Verwendung des Inhaltsstoffs Taurin bzw dessen Kombination mit Koffein verwirklicht.

4. Bescheinigt ist, dass der Konzern der Beklagten schon früher Bonbon-Verpackungen auf den Markt gebracht hat, bei denen die Signalfarbe Rot, das Zeichen „aktiv" und die Abbildung eines Bonbons im Strahlenkranz in roter Farbe verwendet wurde, und dass der Konzern auch Energiebonbons mit den Bezeichnungen GREEN ENERGY und BLACK ENERGY auf den Markt bringen will.

5. Ob nach dem Gesamtbild besondere Umstände vorliegen, durch die die Benützung eines Zeichens zur Rufausbeutung, Rufbeeinträchtigung oder Verwässerung einer bekannten Marke führt, kann regelmäßig nur an Hand des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden und ist - vom hier nicht gegebenen Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage.

6. Das Sicherungsbegehren wurde als unbegründet erachtet. Damit ist die in der Zulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage nach Auslegung der Zuständigkeitsnorm des Art 99 Abs 2 GMV (betreffend die Erlassung gemeinschaftsweiter Sicherungsmaßnahmen) unerheblich.

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