OGH 1Ob143/06w

OGH1Ob143/06w19.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Romana W*****, Rechtsanwältin, *****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der H***** GmbH, vertreten durch Appiano & Kramer, Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Christa H*****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 139.967,24 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. April 2006, GZ 3 R 199/05i-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 23. August 2005, GZ 22 Cg 120/04d-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.034,61 (darin EUR 339,10 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der H***** GmbH (in der Folge: Gemeinschuldnerin) wurde mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 7. 10. 2003, AZ 11 S 346/03y, der Konkurs eröffnet und die Klägerin zur Masseverwalterin bestellt.

Die Beklagte ist selbstständige Steuerberaterin und wurde vom Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin beauftragt, für diese im Zeitraum Jänner 2000 bis einschließlich September 2002 die Lohn- und Personalverrechnung durchzuführen. Am 1. 9. 1999 unterfertigte der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin eine Vollmacht, mit der die Beklagte bevollmächtigt wurde, die Gesellschaft in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten und für sie Eingaben, Steuererklärungen etc zu unterfertigen, Akteneinsicht zu nehmen, sowie alles dem Bevollmächtigten in ihrem Interesse zweckdienlich Erscheinende zu verfügen. Der letzte Absatz dieser Vollmacht lautet:

„Für das Auftragsverhältnis gelten mangels anderer Vereinbarungen die jeweils gültigen, vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder beschlossenen Autonomen Honorarrichtlinien und die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder".

Anlässlich der Auftrags- und Vollmachtserteilung wurden zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten keine speziellen Bedingungen mündlich oder schriftlich vereinbart. Die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder (in der Folge: AAB) wurden dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nicht ausgehändigt.

§ 8 Abs 4 AAB in seiner vor und nach dem 8. 3. 2000 unverändert geltenden Fassung lautet:

„Der Schadenersatzanspruch kann nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem der oder die Anspruchsberechtigten von dem Schaden Kenntnis erlangt haben, spätestens aber innerhalb von drei Jahren nach dem anspruchsbegründenden Ereignis gerichtlich geltend gemacht werden, sofern nicht im Aktiengesetz 1965 andere Verjährungsfristen festgesetzt sind."

Mit Schreiben vom 10. 9. 2003 teilten die Klagevertreter der Beklagten mit, dass sie im Zeitraum Jänner 2000 bis September 2002 bei der Durchführung der Personal- und Lohnverrechnung die Bruttobezüge der Dienstnehmer zu niedrig errechnet habe, wodurch sich eine Beitragsnachzahlungspflicht der Gemeinschuldnerin in Höhe von EUR 130.898,85 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von EUR 9.068,39 ergebe. Für die Zusage der Schadensregulierung wurde unter Klagsandrohung eine Frist bis 30. 9. 2003 gesetzt. Diesem Schreiben waren die Nachtragsrechnung Nr. 294 der NÖ Gebietskrankenkasse sowie Aufstellungen über nicht oder unrichtig gemeldete Beitragsgrundlagen angeschlossen. Der damalige Vertreter der Beklagten ersuchte mit Schreiben vom 29. 9. 2003 um Fristverlängerung bis 15. 10. 2003. Mit Schreiben vom 14. 10. 2003 lehnte er namens seiner Mandantin sämtliche Schadenersatzansprüche sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach ab und gab bekannt, dass die Beklagte den Versicherer der bestehenden Vermögensschadenhaftpflichtversicherung informiert habe. Mit Forderungsanmeldung vom 25. 11. 2003 meldete die NÖ Gebietskrankenkasse im Konkurs der Gemeinschuldnerin auf Grund des Rückstandsausweises vom 25. 11. 2003 einen Betrag von insgesamt EUR 152.632,93 an, worin ein Nachtrag für den Betriebszeitraum 01/00 bis 09/02 im Betrag von EUR 92.951,85 enthalten ist.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Zahlung von EUR 139.967,24. Bei der Gemeinschuldnerin seien im Zeitraum Jänner 2000 bis September 2002 im Jahresdurchschnitt zwischen fünfzehn und achtzehn Dienstnehmer als Fahrer beschäftigt gewesen. Es sei vereinbart gewesen, dass die Gemeinschuldnerin der Beklagten jeweils die Nettobezüge der Fahrer bekannt gebe und diese hieraus die Bruttobezüge hochzurechnen habe. Am 28. 1. 2003 sei der Gemeinschuldnerin als Ergebnis einer Betriebsprüfung vom Dezember 2002 seitens der NÖ Gebietskrankenkasse die Nachtragsrechnung Nr. 294 über den Betrag von EUR 130.898,85 zugegangen. Weiters seien der Gemeinschuldnerin Verzugszinsen in Höhe von EUR 9.068,39 in Rechnung gestellt worden. Ursache dieser Beitragsnachforderungen sei eine völlig falsche Lohnverrechnung durch die Beklagte gewesen. Tatsächlich habe auf Grund der bekanntgegebenen Nettolöhne keine ordnungsgemäße Lohn- und Personalverrechnung durchgeführt werden können. Darauf habe die Beklagte die Gemeinschuldnerin bei Auftragserteilung nicht hingewiesen und sie auch nicht darüber aufgeklärt, dass sie monatliche Arbeitszeitaufzeichnungen führen müsse. Die NÖ Gebietskrankenkasse habe daher anlässlich der Betriebsprüfung die Arbeitszeit in Ermangelung von Aufzeichnungen geschätzt. Bei richtiger Lohnverrechnung durch die Beklagte wäre die Nachzahlung zur Gänze vermeidbar gewesen. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte die Gemeinschuldnerin bei rechtzeitiger Kenntnis Dispositionen treffen können, um die Beträge nicht aus Eigenem tragen zu müssen. Solche Gestaltungsmöglichkeiten - etwa durch Vereinbarung niedrigerer Nettolöhne mit den Fahrern oder höherer Güterbeförderungspreise mit den Kunden - seien der Gemeinschuldnerin durch die Fehlleistung der Beklagten genommen worden. Die Beklagte hafte für die nachträglich in Rechnung gestellten Beträge aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Beklagte erhob insbesondere den auf § 8 AAB gestützten Verjährungseinwand. Die Forderung sei bereits mit Schreiben vom 10. 9. 2003 konkret geltend gemacht worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt seien Schaden und Schädiger bekannt gewesen. Der Lauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist sei somit spätestens am 10. 9. 2003 in Gang gesetzt worden. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 27. 5. 2004 seien die Ansprüche bereits verjährt gewesen.

Die Klägerin trat dem Verjährungseinwand mit der Begründung entgegen, dass mit dem Außerkraftsetzen des Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetzes (WT-KG, BGBl 1948/20) mit Ablauf des 30. 6. 1999 die gesetzliche Grundlage für die Geltung der AAB weggefallen sei. Die mit Beschluss der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 8. 3. 2000 zur Anwendung empfohlenen AAB seien von der Klausel in der Vollmacht nicht erfasst. Die Verkürzung der Verjährungsfrist in den AAB sei überdies sittenwidrig, gröblich benachteiligend und iSd § 864a ABGB überraschend. Außerdem habe die Verjährungsfrist frühestens mit Zugang des Rückstandsausweises (zugleich mit der Forderungsanmeldung vom 25. 11. 2003) zu laufen begonnen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der in der Vollmacht bzw im Auftrag enthaltene Passus „... gelten die jeweils gültigen, vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder beschlossenen ... Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder" könne nur dahingehend ausgelegt werden, dass allfällige „Neuauflagen" und Änderungen in den AAB Grundlage des zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten bestehenden Auftragsverhältnisses sein sollten. Die am 8. 3. 2000 vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder beschlossenen AAB seien daher wirksam vereinbart worden und sei die darin festgelegte Verkürzung der Verjährungsfrist auf sechs Monate auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Sohin seien die Klagsansprüche verjährt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder sei gemäß § 17 Abs 2 WT-KG unter anderem dazu ermächtigt gewesen, Rahmenbedingungen für die Übernahme beruflicher Aufträge festzusetzen. Gestützt auf diese Bestimmung seien von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder" (AAB) herausgegeben und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 10. 1. 1986 sowie im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 1/1986 kundgemacht worden. In der Folge seien sie mit Vorstandsbeschluss vom 25. 9. 1992 geändert und neuerlich im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 31. 10. 1992 und im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Nr. 4/1992 kundgemacht worden. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung handle es sich bei den AAB nicht um verbindliche Rechtsnormen, sondern um eine Vertragsschablone, die lediglich kraft Individualvereinbarung in einen Einzelvertrag Eingang finde. Die AAB seien daher als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren. Zutreffend sei, dass das Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz (WT-KG), BGBl 1948/20, zufolge § 228 Z 3 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG), BGBl I 1999/58, mit 30. 6. 1999 außer Kraft getreten und damit auch die gesetzliche Grundlage für die Erlassung der AAB (§ 17 Abs 2 WT-KG) „gefallen" sei. Der vom Erstgericht geteilten Auffassung der Klägerin, dass damit auch die damals geltenden AAB „außer Kraft getreten" seien und dass somit nach dem 30. 6. 1999 (bis zur Herausgabe der AAB vom 8. 3. 2000) keine AAB existiert hätten, könne allerdings nicht gefolgt werden. Weder § 228 Z 3 WTBG, noch die Übergangsbestimmungen des § 229 WTBG nähmen Bezug auf das Schicksal der auf Grundlage des § 17 Abs 2 WT-KG beschlossenen und kundgemachten AAB. Durch die Aufhebung des § 17 Abs 2 WT-KG sei daher lediglich die gesetzliche Grundlage für die künftige Festsetzung von AAB auf die in diesem Gesetz vorgesehene Weise „gefallen". Nicht weggefallen seien aber die bereits beschlossenen und kundgemachten AAB selbst. Seien diese nämlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, habe es zu ihrer Geltung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage nicht bedurft. Der Oberste Gerichtshof habe diese Frage in mehreren zu § 8 Abs 4 AAB ergangenen Entscheidungen lediglich gestreift, ohne dazu abschließend Stellung zu nehmen. In seiner Leitentscheidung 1 Ob 1/00d (= SZ 73/158) habe der Oberste Gerichtshof auf das Außerkrafttreten des § 17 Abs 2 WT-KG verwiesen und damit - unter Berufung auf die Lehrmeinung von Bernbacher/Haase/Herneth/Klement/Trojer, WTBG, § 88 Anm 12, die ohne weitere Begründung die Auffassung vertreten, auf Grund des Wegfalls des § 17 Abs 2 WT-KG gelte auch § 8 Abs 1 AAB nicht mehr - lediglich den weiteren Hinweis verbunden, dass damit die gesetzliche Grundlage für die AAB „gefallen" sei. Diese seien auf einen vor dem 1. 7. 1999 verwirklichten Sachverhalt aber jedenfalls anwendbar. Unter Berufung auf dieses Judikat sei in der Entscheidung 9 Ob 212/02w als eines der Argumente für das Nichtvorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO festgehalten, dass „... die gesetzliche Grundlage für eine Geltung der AAB gefallen und somit deren Anwendung auf künftige Sachverhalte nicht mehr möglich" sei. Eine nähere Begründung dafür, warum die Geltung der AAB durch den Wegfall der gesetzlichen Grundlage berührt sein sollte, werde nicht gegeben. Darauf aufbauend sei in den nachfolgenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 89/04y und 10 Ob 24/04h das Außerkrafttreten der AAB mit 30. 6. 1999 bereits als feststehend angenommen und wortgleich ausgeführt

worden: „Es bedarf ... keiner weiteren Prüfung, ob die AAB angesichts

ihres Außerkrafttretens mit 30. 6. 1999 ... für ein Tätigwerden des Wirtschaftsprüfers nach dem 30. 6. 1999 auf Grund eines davor erteilten Auftrags noch anzuwenden wären." Die vorstehenden, einer näheren Begründung entbehrenden Ausführungen vermögen - nach Auffassung des Berufungsgerichts - die rechtliche Schlussfolgerung, mit 30. 6. 1999 hätten auch die AAB ihre Geltung verloren, nicht zu tragen. Mit den Voraussetzungen der Geltung der AAB auf Grund einer mit der hier zu beurteilenden wörtlich übereinstimmenden Klausel habe sich der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen auseinandergesetzt. Danach bedürften Allgemeine Geschäftsbedingungen, soweit keine besondere gesetzliche Regelung ihrer Geltung durch Gesetz oder Verordnung bestehe, zu ihrer Geltung der Einbeziehung in den Vertrag, und seien sie nur anzuwenden, sofern sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht worden seien. Ob der Hinweis auf die AGB vom Vertragspartner ausdrücklich zur Kenntnis genommen worden sei oder ihm die AGB vor Vertragsabschluss ausgehändigt worden seien, sei nicht entscheidend. Maßgeblich sei nur, dass der Vertragspartner die Möglichkeit gehabt habe, von deren Inhalt Kenntnis zu erlangen. Mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde zur Unterfertigung habe die Beklagte hinreichend deutlich auf den Wunsch nach Einbeziehung der AAB in das Vertragsverhältnis hingewiesen. Für die Gemeinschuldnerin habe auf Grund der - von der Aufhebung des § 17 Abs 2 WT-KG unberührt gebliebenen - Veröffentlichung der AAB in den Amtsblättern zur Wiener Zeitung und der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Möglichkeit zu deren Kenntnisnahme bestanden. Die AAB in ihrer vor dem 8. 3. 2000 geltenden Fassung und damit die Verjährungsbestimmung des § 8 Abs 4 seien daher zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten wirksam vereinbart worden. Der Oberste Gerichtshof habe bereits in mehreren Entscheidungen die Regelung des § 8 Abs 4 AAB geprüft und mit ausführlicher Begründung den Einwand, die Verkürzung der Verjährungsfrist auf sechs Monate sei sittenwidrig, verworfen. Nach ständiger Rechtsprechung werde die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche dann in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens und damit der Ursachenzusammenhang und die Person des Ersatzpflichtigen soweit bekannt seien, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestrengt werden könne. Der Kläger dürfe nicht so lange warten, bis er Gewissheit über den Prozessausgang zu haben bzw bis er einen Prozess zu gewinnen glaube. Die Rechtsauffassung des Erstgerichts zum Beginn des Laufs der Verjährungsfrist, dass nämlich die Klägerin bei Abfassung des Schreibens vom 10. 9. 2003 jedenfalls hinreichende Kenntnis von Schaden und Schädiger gehabt habe, sei daher nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 17 Abs 2 WT-KG konnte der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder Honorarempfehlungen, Vorschriften über die Werbung und den Wettbewerb der Wirtschaftstreuhänder untereinander sowie Rahmenbedingungen für die Übernahme beruflicher Aufträge erlassen. Hiebei waren im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung die Eigenart der Berufsausübung der Wirtschaftstreuhänder, die Wahrung des Ansehens des Berufsstandes und die Interessen der Klienten der Wirtschaftstreuhänder zu berücksichtigen. Der Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder beschloss am 24. 6. 1985 die jeweils 1986 im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" und im „Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder" kundgemachten „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder" (AAB). Diese wurden am 25. 9. 1992 geändert und neuerlich in der beschriebenen Weise kundgemacht. Es trifft zwar zu, dass es sich bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt (§ 145 Abs 2 WTBG BGBl 1999/58; davor § 1 Abs 2 WT-KG), doch kann der Auffassung der Revisionswerberin, dass es sich bei den AAB um eine Durchführungsverordnung handle, nicht gefolgt werden. Ebenso wie Bund, Länder und Gemeinden sowohl in Vollziehung der Gesetze als auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig sind, ist auch damit, dass ein Gesetz eine Institution als Körperschaft öffentlichen Rechts einrichtet, noch nichts darüber gesagt, dass sie damit auch hoheitliche Aufgaben zu vollziehen hätte (Schragel, AHG³ § 1 Rz 109). Aufgabe der - als Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichteten - Interessenvertretungen ist es unter anderem, zu den möglicherweise widerstreitenden Interessen ihrer Mitglieder im internen Bereich Stellung zu beziehen. Sowohl die beratende und Interessen vertretende Tätigkeit der Selbstverwaltungskörper gegenüber dem Staat als auch die Selbsthilfemaßnahmen der Selbstverwaltungskörper werden ohne Zwangsautorität wahrgenommen und fallen daher nicht in den Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern sind dem „gesellschaftlichen" Wirkungsbereich der Selbstverwaltung und damit der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen. Die Selbstverwaltung wird (nur) dann in staatlicher Funktion tätig, wenn sie Akte zu setzen hat, die in der Verfassung als typische Funktionen des Staates geregelt sind; die Aufgaben der beruflichen Interessenvertretungen gehören nicht zur Vollziehung der Gesetze und stehen mit einer derartigen Tätigkeit auch in keinem unmittelbaren Zusammenhang, sondern sind der gesellschaftlichen Selbstverwaltung zuzuordnen, die nicht zur Hoheitsverwaltung gehört (Schragel aaO Rz 107 mwH). Bei der Herausgabe von Allgemeinen Auftragsbedingungen handelt es sich zweifellos um eine Maßnahme, die der Vereinheitlichung der Mitgliederinteressen bei der Auftragsgestaltung dient und die damit privatwirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Letztlich scheitert die von der Revisionswerberin vorgenommene „rechtliche Qualifikation" der AAB auch daran, dass diese schon gemäß ihrem § 1 Abs 2 nur dann gelten, wenn ihre Anwendung ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart ist.

Der Oberste Gerichtshof (1 Ob 1/00d = SZ 73/158) vertritt im Einklang mit der Lehre (Karollus, Die beschränkte Haftung der Wirtschaftstreuhänder, in RdW 1997, 583; P. Bydlinski in FS Ostheim, 360 ff) die Ansicht, dass die AAB als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind, die lediglich kraft Individualvereinbarung in den Einzelvertrag Eingang finden. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bedürfen nach ständiger Rechtsprechung - soweit keine besondere gesetzliche Regelung ihrer Geltung durch Gesetz oder Verordnung besteht (vgl die Beispiele bei Apathy/Riedler in Schwimann³, § 864a ABGB Rz 1) - zu ihrer Geltung der Einbeziehung in den Vertrag und sind nur anzuwenden, wenn sie durch einen entsprechenden Hinweis im Vertragstext oder zumindest stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht wurden (SZ 63/54 mwN; 7 Ob 2407/96p; RIS-Justiz RS0014506;

Rummel in Rummel³ § 864a ABGB Rz 2 f; Apathy/Riedler aaO Rz 2 ua). Ob vom Vertragspartner der Hinweis auf die AGB ausdrücklich zur Kenntnis genommen wurde (SZ 51/9; JBl 1992, 316; Rummel aaO Rz 2a;

Apathy/Riedler aaO) oder ihm diese vor Vertragsabschluss ausgehändigt wurden (Apathy/Riedler aaO), ist nicht entscheidend. Maßgeblich ist vielmehr nur, dass der Vertragspartner die Möglichkeit hatte, von deren Inhalt Kenntnis zu erlangen (SZ 60/75; Rummel aaO mwN; Apathy/Riedler aaO). Daran kann hier schon auf Grund der Kundmachung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder kein Zweifel bestehen.

Das WT-KG ist zufolge § 228 Z 3 des mit 1. 7. 1999 in Kraft getretenen Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes (WTBG) mit 30. 6. 1999 außer Kraft getreten. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner (bereits zitierten) Entscheidung 1 Ob 1/00d unter Hinweis auf die von Bernbacher/Haase/Herneth/Klement/Trojer (WTBG, § 88 Anm 12) vertretene Auffassung festgehalten, dass mit dem Außerkrafttreten des WT-KG die gesetzliche Grundlage für die AAB „gefallen" sei; auf einen vor dem 1. 7. 1999 verwirklichten Sachverhalt seien die AAB indes noch jedenfalls anwendbar. Im Gefolge dieser Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof bei Entscheidungen, wo jeweils eine Auseinandersetzung mit der Frage der zeitlichen (Weiter)Geltung der AAB entbehrlich war (9 Ob 212/02w; 10 Ob 24/04h; 4 Ob 89/04y; 1 Ob 44/06m), mehrfach von einem „Außerkrafttreten der AAB" ausgegangen. Ungeachtet des Außerkrafttretens der „AAB 1992" stellt die Frage deren Anwendung auf das gegenständliche Vertragsverhältnis eine solche der Auslegung dar. Wenn nach Vertragsabschluss Probleme auftreten, die die Parteien nicht bedacht und daher nicht geregelt haben, ist eine ergänzende Auslegung anhand des hypothetischen Parteiwillens vorzunehmen (Bollenberger in KBB § 914 Rz 8 f mwH). Kann der hypothetische Wille nicht ermittelt werden, ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des Vertragszwecks jene Regelung zu ergänzen, die vernünftige und redliche Parteien getroffen hätten (SZ 69/178; 6 Ob 248/03v; 1 Ob 256/03h ua). Da die Vereinbarung konkreter AGB - um solche handelt es sich wie dargelegt bei den AAB - grundsätzlich möglich ist, muss deren Einbeziehung in einen Vertrag auch statthaft sein, wenn solche AGB zwar nicht mehr in Vollzug stehen, sich die Parteien aber ausdrücklich auf diese bezogen haben. Hier haben sich die Parteien - offensichtlich in der irrigen Annahme deren Weitergeltung - den AAB unterworfen und findet sich in der Vollmacht die ausdrückliche Bezugnahme auf die „jeweils geltenden AAB". Es ist daher davon auszugehen, dass die Parteien auch in Kenntnis des „Außerkrafttretens" der AAB deren (jeweiligen) Inhalt zum Inhalt des Auftragsverhältnisses machen wollten. Die AAB sind daher „kraft Vereinbarung" auf das Vertragsverhältnis anwendbar. Soweit die Revisionswerberin die in § 8 Abs 4 AAB enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist für unzulässig hält, ist sie auf die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen, wonach die im § 8 Abs 4 AAB vorgesehene Verkürzung der subjektiven Verjährungsfrist auf sechs Monate ab Kenntnis des Schadens, zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Wirtschaftstreuhänder sachlich ausreichend gerechtfertigt und damit nicht als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB anzusehen ist (SZ 73/158; 9 Ob 212/02w uva). Der ausführlichen Begründung für diese Judikatur kann die Revisionswerberin nichts von Relevanz entgegensetzen.

Was die Ausführungen der Revisionswerberin zur angeblich unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Beginns der Verjährungsfrist betrifft, kann auf die insoweit zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO), der die Revision keine neuen rechtlichen Aspekte entgegenhält. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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