OGH 9Ob99/06h

OGH9Ob99/06h15.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martina F*****, Selbständige, *****, vertreten durch Dr. Christian Hauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, Rathaus, 1082 Wien, vertreten durch Dr. Christian Gamauf, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 1.630 sA und Feststellung (Streitwert EUR 8.720), aus Anlass des Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Juni 2006, GZ 16 R 17/06x-18, womit der Zulassungsantrag nach § 508 ZPO und die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. März 2006, GZ 16 R 17/06x-13, zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht zur amtswegigen Berichtigung des Urteils vom 23. März 2006 durch Beisetzen des Ausspruchs, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt EUR 4.000, bejahendenfalls, ob er auch EUR 20.000 übersteigt oder nicht, zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt neben der Zahlung von EUR 1.630 sA auch die Feststellung, dass die Beklagte für alle zukünftigen kausalen Schäden aus einem ärztlichen Kunstfehler bei der stationären Behandlung vom

22. bis 27. 1. 1982 in einem näher bezeichneten Krankenhaus der Beklagten hafte. Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren mit Teilurteil vom 10. 11. 2005 ab. Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 500 Abs 2 Z 1 und 3, § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil zu dem hier zu lösenden Problem eine einheitliche Rechtsprechung vorliege; eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO erfolgte nicht. Hierauf stellte die Klägerin für den Fall, dass auf Grund des nachzuholenden Bewertungsausspruchs der Wert des Feststellungsbegehrens insgesamt EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000, übersteige, den Antrag, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch dahin abändern, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO für zulässig erklärt werde; unter einem erhob die Klägerin die ordentliche Revision gegen die Berufungsentscheidung. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin nach § 508 ZPO und die ordentliche Revision zurück. Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage bleibe es beim Ausspruch, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der in der Berufungsentscheidung unterbliebene Bewertungsausspruch wurde auch jetzt nicht nachgeholt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, seine Berufungsentscheidung durch einen Bewertungsausspruch zu ergänzen, allenfalls die erforderlichen Aufträge zur Vorlage des Rechtsmittels zu erteilen. Das Berufungsgericht hat nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO in seinem Urteil auszusprechen, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt EUR 4.000 übersteigt oder nicht; bei Übersteigen von EUR 4.000, ob er auch EUR 20.000 übersteigt oder nicht. Die Revision ist nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 4.000 nicht übersteigt. Weiters ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - nach § 502 Abs 3 ZPO jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar EUR 4.000, nicht aber insgesamt EUR 20.000 übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Wird in Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand zwar EUR 4.000, nicht aber insgesamt EUR 20.000 übersteigt (§ 502 Abs 3 ZPO), im Berufungsurteil nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist, so kann eine Partei nach § 508 Abs 1 ZPO den Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Erachtet das Berufungsgericht diesen Antrag für stichhältig, so hat es seinen Ausspruch nach § 508 Abs 3 ZPO mit Beschluss abzuändern und auszusprechen, dass die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist. Erachtet das Berufungsgericht diesen Antrag hingegen für nicht stichhältig, so hat es diesen Antrag samt der ordentlichen Revision nach § 508 Abs 4 ZPO mit Beschluss zurückzuweisen.

Gegen den Beschluss, mit dem der Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO samt der ordentlichen Revision zurückgewiesen wird, ist nach § 508 Abs 4 letzter Satz ZPO ein Rechtsmittel nicht zulässig. Der Rechtsmittelausschluss gilt aber nur für die inhaltliche Beurteilung dieser Frage, nicht aber dafür, ob überhaupt ein Fall des § 508 ZPO vorliegt (RIS-Justiz RS0112034 ua). Dies kann aber erst beurteilt werden, wenn eine Bewertung durch das Berufungsgericht vorliegt. Bei Unterbleiben eines Ausspruchs über den Wert des Entscheidungsgegenstands kann aus dem Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß § 500 Abs 2 Z 2 und 3 ZPO kein Schluss auf die Höhe des Entscheidungsgegenstands gezogen werden, weil auch ein Irrtum des Berufungsgerichts über das Revisionssystem vorliegen kann. Es ist daher zunächst dem Berufungsgericht die Berichtigung des Ausspruchs gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO aufzutragen (vgl Pimmer in Fasching/Konecny² IV/1 § 500 Rz 16; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 Rz 156; 3 Ob 91/03h; 8 Ob 233/02a ua).

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