OGH 11Os95/06i

OGH11Os95/06i24.10.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Oktober 2006 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roman E***** wegen des vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Jänner 2006, GZ 041 Hv 24/05f-880, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält - wurde Roman E***** des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB begangen, teils als Beteiligter nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB, (A I 1, 2 - tatsächlich wurden zwei Verbrechen verwirklicht, weil für jeden der kumulativen Mischtatbestände eine Subsumtionseinheit zu bilden ist [RIS-Justiz RS0118871; 0117464, 13 Os 135/04]) sowie (richtig:) der Vergehen nach § 27 Abs 1 (ergänze: erster und zweiter Fall) SMG (A II) schuldig erkannt. Danach hat er in Wien und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider

(I) gewerbsmäßig Suchtgift mit großteils überdurchschnittlichem Wirkstoffgehalt in einer die Grenzmenge des § 28 Abs 6 SMG um mehr als das Fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge

1) ein- und ausgeführt oder zur (teils versuchten) Ein- und Ausfuhr durch andere beigetragen

a) im Jänner 2000 zur Tat des Helmuth H*****, der am 16. Jänner 2000 23.964,71 g Haschisch von den Niederlanden über Dänemark nach Schweden transportierte, indem er den Ankauf des Suchtgiftes organisierte, Helmuth H***** mit der Fahrt beauftragte und die für die Fahrt als Beifahrerin gedachte Monika S***** von Marbella nach Amsterdam im Flugzeug begleitete;

b) in den Jahren 2001 und 2002 zu den Taten unbekannt gebliebener Kuriere, die in sechs bis sieben Angriffen insgesamt zumindest 120 kg Haschisch und Marihuana von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich schmuggelten, indem er das für den Ankauf des Suchtgiftes vorgesehene Geld nach Amsterdam brachte und dort den Ankauf des Suchtgiftes sowie die Rekrutierung der Kuriere zumindest mitorganisierte;

c) Anfang August 2002 zur Tat des Yildrim M*****, der am 6. August 2002 40,5 kg Haschisch von den Niederlanden über Deutschland und Dänemark nach Schweden transportierte, indem er Samad A*****, der im Besitz des Suchtgiftes war, den Ankauf desselben durch einen unbekannten Abnehmer in Schweden und den Empfang des Kuriers in Schweden zusicherte;

d) im Zeitraum Anfang bis Mitte Mai 2003 zur Tat des Wolfgang Sch*****, der am 16. Mai 2003 rund 108 kg Haschisch von Spanien nach Frankreich transportierte, indem er das Schmuggelfahrzeug anmietete, den Ankauf des Suchtgiftes zumindest mitorganisierte, Wolfgang Sch***** mit der Fahrt beauftragte und ihn auch ein Stück des Weges begleitete;

e) im Zeitraum Juli bis August 2003 zu einem durch Helmuth H***** und Petra H***** durchgeführten Transport von rund 148 kg Haschisch von Spanien über Frankreich und Deutschland nach Österreich, indem er Helmuth H***** mit der Organisation der Schmuggelfahrt beauftragte, Christian H***** für seine Kurierdienste teilweise entlohnte und auch an der Entgegennahme des Suchtgiftes in Österreich mitwirkte;

f) im Zeitraum November 2003 bis Mai 2004 zu einem durch Helmuth H***** und Petra H***** durchgeführten Transport von 20 kg Haschisch von Holland nach Österreich, indem er mithalf, in Amsterdam das Suchtgift zu übernehmen und den Transport zumindest mitorganisierte;

g) Anfang Jänner 2004 zu einem von Helmuth H***** und Petra H***** durchgeführten Transport von 30 kg Haschisch von Spanien über Frankreich nach Österreich, indem er den Ankauf des Suchtgiftes zumindest mitorganisierte, dieses in der Folge gemeinsam mit Helmuth H***** und Stefan B***** in der Türverkleidung des Schmuggelfahrzeuges versteckte und auch die Schmuggelfahrt zumindest mitorganisierte;

h) im Zeitraum Dezember 2003 bis Jänner 2004 zu einem durch Thomas U***** und Christine F***** am 28. Jänner 2004 durchgeführten Transport von 165.930 g Haschisch von Ceuta/Spanien nach Österreich, der jedoch bereits in Ceuta gestoppt wurde, indem er Helmuth H***** mit der Organisation der Schmuggelfahrt beauftragte, sich aber auch an der Planung des Suchtgiftversteckes beteiligte und den Ankauf des Suchtgiftes organisierte;

2) in Verkehr gesetzt oder sich an der Inverkehrsetzung durch andere beteiligt, indem er

a) im Jänner 2000 23.964,71 g Haschisch (1 a) Helmuth H***** entweder selbst übergab oder über seinen Lieferanten zukommen ließ;

b) in den Jahren 2001 und 2002 insgesamt zumindest 120 kg Haschisch (1 b) unbekannten Kurieren in sechs bis sieben Angriffen entweder selbst übergab oder durch seine Lieferanten zukommen ließ sowie in der Folge unbekannten Abnehmern entweder selbst oder über Mittelsmänner verkaufte;

c) um den 20. August 2003 Ahmed E***** beauftragte, in Ceuta rund 148 kg Haschisch an Christian H***** zu übergeben, und Helmuth H***** beauftragte, rund 148 kg Haschisch an Gerhard H***** zu übergeben (vgl 1 e);

d) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt in der Zeit von November 2003 bis Mai 2004 Helmuth H***** beauftragte, rund 20 kg Haschisch Gerhard H***** zu übergeben (vgl 1 f);

e) Anfang Jänner 2004 Ahmed E***** beauftragte, am 4. oder 5. Jänner 2004 in Algeciras über einen Unbekannten rund 30 kg Haschisch minderer Qualität Helmuth H***** und Stefan B***** zu übergeben, sowie Helmuth H***** beauftragte, um den 9. Jänner 2004 rund 30 kg Haschisch minderer Qualität Gerhard H***** zu übergeben (vgl 1 g);

f) ungefähr Mitte Jänner 2004 Ahmed E***** beauftragte, am 28. Jänner 2004 in Ceuta 165.920 g Haschisch Stefan B***** zu übergeben (vgl 1 h);

(II) Suchtgift für den Eigenkonsum erworben und besessen und zwar seit Anfang 2001 Cannabisprodukte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt. Die von der Mängelrüge (Z 5) behauptete unvollständige und unzureichende Begründung des Urteiles liegt nicht vor. Zum Faktum I 1 e vermisst der Beschwerdeführer die Auseinandersetzung mit den Aussagen dreier Mitangeklagter (vgl Anklageschrift ON 782). Zu Christian H***** kann vorerst auf US 45 bis 49 verwiesen werden. Der Einwand, das Erstgericht habe „entscheidende Ergebnisse des Beweisverfahrens im Zusammenhang mit der Aussage" des mittlerweile rechtskräftig verurteilten (vgl ON 858 und S 343/XIX) Mannes „unerörtert gelassen", entzieht sich mangels deutlicher Bezeichnung der nichtigkeitsbegründenden Umstände einer Erwiderung. Auf die Aussagen von Helmuth H***** und Gerhard H*****, aus denen der Rechtsmittelwerber ableitet, „er hatte mit dieser Lieferung nichts zu tun", musste das Schöffenurteil nicht explizit eingehen, um dem Gebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO zu entsprechen. Helmuth H***** sagte nämlich in seiner Beschuldigtenvernehmung im Vorverfahren (ON 607) zwar aus, „E***** Roman hatte mit dieser Lieferung nichts zu tun" (S 263/XIII), aber auch „E***** Roman befand sich zu dieser Zeit bereits in Spanien und mietete in meinem Auftrag für uns ein Appartement in der Nähe von

San Peso an ... bei diesem Gespräch war auch vermutlich der E*****

Roman anwesend ... bei diesem Treffen besprachen wir die Modalitäten

der Übergabe und ich übergab dem Ahmet das Geld für die Menge von 148 kg Haschisch" (S 259/XIII). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, aus welchem Grund die erstangeführte - unmittelbar auf den verneinten Vorhalt, E***** sei beim „Ausbau" des in einem Wohnmobil versteckten Suchtgiftes in Wien dabeigewesen, folgende - Bekundung daher mehr als eine unerhebliche und somit nicht erörterungsbedürftige subjektive Einschätzung dieses Angeklagten wäre.

Gerhard H***** wiederum antwortete in der Hauptverhandlung (ON 840) auf die Frage: „Hat E***** für sie mit den Haschischtransporten zu tun gehabt?" „Nein, für mich nicht. Ich habe dann vermutet, dass die Probleme von E***** vielleicht mit Haschisch zu tun haben könnten. Ich persönlich habe nie mit E***** mit Haschisch zu tun gehabt. Mein Partner war nur Helmuth H*****." (S 17/XIX) und weiters „Ich kann nicht sagen, ob E***** der Chef war oder nicht. Er war nicht mein Ansprechpartner." (S 21/XIX). Dem Beschwerdevorbringen zuwider deponierte er gerade nicht, dass „E***** mit diesen Haschischtransporten nichts zu tun hatte".

Ebenso wenig nichtigkeitsbegründend ist zum Faktum I 1 h die Nichterörterung der Angabe Helmuth H*****s dazu, er habe die Schmuggelfahrt organisiert (S 265/XIII) und „... Außerdem war geplant, dass der E***** Roman diese Lieferung in Wien von der Polizei 'hochgehen' lassen soll. Dies aus dem Grund, damit die österreichischen Polizeibeamten wieder einen Erfolg vorzuweisen hätten" (S 267/XIII), weil damit kein Widerspruch zum angefochtenen Schuldspruch dargetan wird.

Zum Faktum I 1 a setzte sich das Erstgericht ausführlich mit der - im

Ergebnis verworfenen - Verantwortung des Angeklagten E*****

auseinander, er sei zu dieser Fahrt von Helmuth H***** gebeten

worden, weil dieser keinen Führerschein hatte und damals „für Russen

gearbeitet" und „große Probleme ... Schwierigkeiten" gehabt hätte (US

30 ff; S 41/XX). Der Nichtigkeitswerber begründet nicht, aus welchem

Grund es in diesem Zusammenhang einer spezifischen Erwähnung der

Aussage des Christian H*****, (sein Onkel) Helmuth H***** habe ihm

erzählt, er sei „für Russen ... gefahren" und „kriegt von den Leuten

noch Geld" (S 65/XIX), bedurft hätte, zumal Helmuth H***** unbestritten die Fahrt von Schweden nach Amsterdam ohne E***** durchführte (US 16, S 45/XX). Das Argument, zwischen dem Aufenthalt des Angeklagten in Schweden und dem Schmuggel sei „nahezu ein Monat" gelegen, übergeht das nicht in Frage stehende Treffen (unter anderem) von Helmuth H***** und dem Angeklagten am 13. Jänner 2000 in Amsterdam (US 17). Keine entscheidende Tatsache spricht die Rüge schließlich mit Aussagedetails der Zeugin Monika S***** (Silvesterfeier in Marbella und Besitz eines Führerscheines - S 481/XIX) an.

Als unzutreffend erweist sich auch die Bemängelung zum Faktum I 1 d, weil sich das solcherart angegriffene Urteil mit den Angaben der Polizeibeamten „Sch*****" (gemeint: Sch*****) und St***** sowie des verdeckten Ermittlers „Ernstl" zu einem angeblichen Zusammenarbeiten des Angeklagten mit der Sicherheitsbehörde ebenso auseinandersetzte (US 39 bis 41) wie mit einem Telephonat E*****s mit Michael R***** (US 43 f). Den Sachzusammenhang nicht erkennen lässt der Hinweis auf eine Aussage des „Ernstl" über ihm von Ahmet E***** angebotenes Haschisch und behauptete Informationen des Angeklagten im April 2003, „welche zu der Festnahme des Holländers im Hotel Ibiz geführt hat und zur Sicherstellung der 50 kg Haschisch."

Die vermisste Begründung der Beitragstäterschaft des Rechtsmittelwerbers zum Faktum I 1 f findet sich in US 50 durch Bezug auf die Angaben der Zeugin H***** (S 267 ff/VI).

Ob der Beschwerdeführer aktuell beim Verstecken der 30 kg Haschisch in einem Pkw beteiligt war, betrifft beim Faktum I 1 g als eine von mehreren Beitragshandlungen fallbezogen keine entscheidende Tatsache, zumal er das festgestellte (US 23 f) und mängelfrei begründete (US 51) Mitorganisieren - vor allem durch das Anmieten von Fahrzeugen mittels der Zeugin H***** (S 263 f/VI) - gar nicht anzweifelt. Die Finanzierung der Drogenkäufe schrieb das Schöffengericht - im Einklang mit den Überlegungen des Angeklagten E***** - ohnedies dem zwischenweilig ebenso rechtskräftig verurteilten (ON 858 und S 343/XIX) Gerhard H***** zu.

Nominell aus Z „9b", der Sache nach aus Z 10, vermisst der Beschwerdeführer die Feststellung, dass er für seine Tathandlungen „eine finanzielle Zuwendung" erhielt, übergeht dabei die Ausführungen zu seiner gewerbsmäßigen Absicht US 27 sowie die Erwägungen zu seinem Lebensstil US 48, 55 f und versäumt eine am Gesetz (§ 70 StGB) anknüpfende Ableitung, aus welchem Grund die begehrte Konstatierung für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG von Bedeutung sein sollte. Damit ist die Subsumtionsrüge einer Erledigung nach §§ 285c Abs 2, 286 ff StPO nicht zugänglich. Bloß der Vollständigkeit halber (§ 290 Abs 1 Satz 2 StPO) sei auf den weiten Einnahmenbegriff des § 70 StGB verwiesen (Jerabek in WK² § 70 Rz 10). Eine unrichtige Beurteilung für die Strafbemessung maßgebender entscheidender Tatsachen (Z 11 zweiter Fall) sieht der Beschwerdeführer in den der Unschuldsvermutung widersprechenden erstgerichtlichen Ausführungen über seinen „Einstieg" in das „Suchtgiftgeschäft" seit 1995. Dazu erfolgte indes weder ein Schuldspruch noch wurde dies bei der Strafbemessung berücksichtigt (US 58 f); ein Aufgreifen mit Strafzumessungsrüge ist sohin vom Ansatz her unmöglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ohne dass es der vom Angeklagten in seiner Stellungnahme zur Äußerung der Generalprokuratur angeregten Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO hinsichtlich der Faktengruppe 2 bedurft hätte, weil sich aus den Entscheidungsgründen des Ersturteiles (US 55) im Zusammenhang mit dem zur Verdeutlichung heranzuziehenden Urteilsspruch (RIS-Justiz RS0114639; 13 Os 39/02, 12 Os 90/05k uva) ein zur abschließenden rechtlichen Beurteilung hinreichendes Substrat für diesen Schuldspruchteil ergibt (Ratz in WK-StPO § 281 Rz 19) - nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung fußt auf § 390a Abs 1 StPO.

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