OGH 3Ob191/06v

OGH3Ob191/06v13.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Edward D*****, Inhaber der D*****, S-ka z.o.o., ***** vertreten durch Dr. Josef Sailer, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, wider die verpflichtete Partei Hans Friedrich R*****, vertreten durch Dr. Karin Gmeiner, Rechtsanwältin in Wien als Verfahrenshelferin, wegen 7.185,14 EUR s.A., aus Anlass des Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. März 2006, GZ 46 R 201/06h-7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 6. Dezember 2005, GZ 24 E 8846/05t-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte mit seinem Beschluss vom 6. Dezember 2005 das Versäumungsurteil des Bezirksgerichts Wroclaw (Polen) vom 16. Februar 2005, AZ X GC 623/04 , für vollstreckbar und bewilligte der betreibenden Partei antragsgemäß aufgrund dieses Titels zur Hereinbringung von 7.185,14 EUR sA die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf beweglicher Sachen sowie durch Pfändung und Überweisung der im § 296 EO angeführten Papiere.

Das Rekursgericht gab dem dagegen zu gerichtlichem Protokoll gegebenen Rekurs des Verpflichteten nicht Folge. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Vollstreckbarerklärung sei nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) zu beurteilen. Diese Verordnung sei am 1. März 2002 in Kraft getreten. Sie finde aber nur auf jene polnischen Entscheidungen Anwendung, die nach dem EU-Beitritt Polens (1. Mai 2004) gefällt worden seien. Auf das Versäumungsurteil vom 16. Februar 2005 seien daher die Bestimmungen der EuGVVO anzuwenden. Gemäß Art 45 Abs 1 der Verordnung dürfe die Vollstreckbarkeit nur aus einem der in den Art 34 und 35 leg. cit. angeführten Gründe versagt werden. In seinem Rekurs zeige der Verpflichtete keine Umstände auf, die eine Versagung der Vollstreckbarerklärung rechtfertigen könnten. Er führe selbst aus, dass ihm die Klage zugestellt worden sei und er daraufhin einen polnischen Rechtsanwalt (mit seiner Vertretung) beauftragt habe. Eine allfällige Untätigkeit dieses Vertreters müsse sich der Verpflichtete zurechnen lassen. Mit der vorgelegten Bescheinigung gemäß Art 54 EuGVVO sei die uneingeschränkte Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat bestätigt worden. Soweit der Verpflichtete die Zuständigkeit des polnischen Gerichts für die Klage bestreite, sei zu erwidern, dass Art 35 Abs 3 EuGVVO eine Nachprüfung der Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsmitgliedsstaates verbiete.

Das Rekursgericht sprach aus, dass mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Erstgericht legt die Akten zur Entscheidung über den außerordentlichen Revisionsrekurs vor. Die Aktenvorlage ist verfrüht:

Rechtliche Beurteilung

Beim gegebenen Streitwert von 7.185,14 EUR ist ungeachtet der Bezeichnung des Rechtsmittels als außerordentlicher Revisionsrekurs und ungeachtet des an den Obersten Gerichtshof gerichteten Antrags des Revisionsrekurswerbers, den Revisionsrekurs für zulässig zu erachten, eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs noch nicht gegeben. In diesem Streitgegenstandsbereich ist aufgrund der Rechtslage nach der WGN 1997 (BGBl I 1997/140) gegen eine rekursgerichtliche Entscheidung, in welcher der Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt wurde, kein außerordentlicher Revisionsrekurs zulässig (§ 528 Abs 3 ZPO), sondern es ist lediglich im Wege des Abänderungsantrags nach § 528 Abs 2a ZPO (hier iVm § 78 EO) unter sinngemäßer Anwendung des § 508 ZPO sowie eines damit verbundenen ordentlichen Revisionsrekurses beim Rekursgericht Abhilfe zu suchen. Die Vorlage des „außerordentlichen" Revisionsrekurses der verpflichteten Partei direkt an den Obersten Gerichtshof widerspricht dieser Rechtslage. Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben. Dies gilt auch, wenn wie hier das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0109620) und wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Änderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser (allfällige) Mängel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist.

Das Erstgericht wird daher das nicht jedenfalls unzulässige Rechtsmittel der verpflichteten Partei gemäß § 528 Abs 2a und § 507 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der Rechtsmittelschriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (stRsp, 3 Ob 186/01a uva). Auch im vorliegenden Verfahren über die Vollstreckbarerklärung gelten die Bestimmungen der ZPO über die Gründe der Unzulässigkeit von Rekursen an den OGH (Jakusch in Angst, EO, § 84 Rz 9). Eine Ausnahme besteht nur hinsichtlich der nach § 84 Abs 4 EO gegebenen Zulässigkeit der Anfechtung einer Konformatsentscheidung.

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