OGH 3Ob200/06t

OGH3Ob200/06t13.9.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der nach der am 10. Oktober 2003 verstorbenen, Rosa Maria L*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Erbprätendenten 1. Dr. Helmut L*****, und 2. Philipp L*****, beide vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 25. April 2006, GZ 5 R 3/06g-70, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Frohnleiten vom 9. November 2005, GZ 4 A 173/03i-65, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die unter Sachwalterschaft stehende Erblasserin starb am 10. Oktober 2003.

Das Erstgericht wies im Verlassenschaftsverfahren (AZ 4 A 173/03f) einen allein vom 1. Revisionsrekurswerber (er ist der Vater des 2. Revisionsrekurswerbers) an dieses „als Pflegschafts- und Verlassenschaftsgericht" gerichteten - aber als ein von beiden eingebracht bezeichneten - Antrag auf bestimmte Nachforschungen iSd § 98 AußStrG 1854 (AZ 4 P 100/02i-45) ab. Es sei nicht Aufgabe des Verlassenschaftsgerichts, zu klären, ob zu Lebzeiten der Erblasserin Abhebungen von deren Bankkonten bzw. Sparbüchern durch die Testamentserbin erfolgt wären. Darüber hinaus sei das Sachwalterschaftsverfahren beendet, weshalb eine solche Anfrage in diesem gar nicht hätte vorgenommen werden dürfen.

Schon mit Beschluss vom 12. März 2004 hatte es denselben Antrag in der die Erblasserin betreffenden Sachwalterschaftssache zu GZ 4 P 100/02i-46 abgewiesen, weil das Verfahren mit dem Ableben der Betroffenen beendet und der Antragsteller nicht antragslegitimiert sei. Den dagegen erhobenen Rekurs desselben hatte das Rekursgericht unangefochten zurückgewiesen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die nunmehrige Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gemäß § 97 AußStrG 1854 müsse das Inventar ein genaues und vollständiges Verzeichnis alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes enthalten. Um sich über den Zustand dieses Vermögens vollständige Aufklärung zu verschaffen, aber nur soweit es dieser Zweck erfordert, stehe dem Abhandlungsgericht die Bestimmung des § 98 AußStrG 1854 zur Verfügung. Das Verlassenschaftsgericht sei daher nicht befugt, Vermögensverschiebungen vor dem Ableben der Erblasserin zu prüfen. Dass sich die angegebenen Konten im Todeszeitpunkt in deren Besitz befunden hätten, werde nicht behauptet. Für das Pflegschaftsverfahren sei „der Vollständigkeit halber" darauf zu verweisen, dass der inhaltsgleiche Antrag in jenem bereits rechtskräftig erledigt sei. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers (des 1. Revisionsrekurswerbers) ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig, jener seines Sohns (des 2. Revisionsrekurswerbers) mangels Beschwer unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass das Gericht zweiter Instanz richtig nach § 205 AußStrG für das Verfahren erster Instanz das AußStrG 1854 anwendete, während auf das Rechtsmittelverfahren nach § 203 Abs 7 AußStrG (mit einer hier nicht wesentlichen Ausnahme) das neue Gesetz anzuwenden ist.

1. Wie dargelegt stammt der von den Vorinstanzen beurteilte Antrag entgegen deren Ansicht allein vom Vater, woran die Beteiligung des Sohns am Fristsetzungsantrag nichts zu ändern vermag, weil dieser als prozessualer Rechtsbehelf gegen Säumigkeit von Gerichten einen nicht gestellten Antrag nicht zu substituieren vermag. Demnach ist er aber durch die (Bestätigung der) Abweisung eines solchen Antrags nicht beschwert, sein Rechtsmittel ist ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen.

2. Der (in Wahrheit alleinige) Antragsteller vermag das Vorliegen

erheblicher Rechtsfragen nicht aufzuzeigen. Insbesondere ist das

Gericht zweiter Instanz von der Rsp zu den Grenzen der nach § 98

AußStrG 1854 bestehenden Befugnisse des Verlassenschaftsgerichts

nicht abgewichen (neben 1 Ob 603/93 = NZ 1994, 109 = ÖBA 1994, 731

auch 3 Ob 2309/96g = SZ 70/46 = EvBl 1997/123 = NZ 1998, 120 = ÖBA

1997, 944; 5 Ob 30/01z = SZ 74/164 = NZ 2002, 150; RIS-Justiz

RS0013541).

Fragen der Abgrenzung von Verlassenschafts- und Sachwalterschaftsverfahren stellen sich in Wahrheit nicht. Der Beschluss des Erstgerichts trägt nur das Aktenzeichen des Verlassenschaftsverfahrens; der darin enthaltene Hinweis auf das andere Verfahren ist so formuliert, dass daraus in keiner Weise abzuleiten ist, es habe auch eine weitere Entscheidung über den Antrag für jenes Verfahren fällen wollen, obwohl der darin gestellte Antrag dort bereits rechtskräftig abgewiesen wurde. Ein Eventualantrag zum Antrag an die erste Instanz existiert nicht, erst ab dem Rekurs stellt der Antragsteller einen Eventualrechtsmittelantrag, den die zweite Instanz (implizit) mit abwies. Dieser ist gegenüber dem Hauptantrag ein aliud, daher schon wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot jedenfalls abzuweisen (§ 49 AußStrG erlaubt generell nur neue Tatsachen und Beweismittel; neue Sachanträge und Einwände bleiben ausgeschlossen [Fucik/Kloiber, AußStrG § 49 Rz 1]).

Auch das Rechtsmittel des Antragstellers ist somit zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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