OGH 4Ob95/06h

OGH4Ob95/06h12.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois M*****, Medienunternehmer, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OEG in Oberwart, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in Innsbruck, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 24. März 2006, GZ 5 R 41/06w-11, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte hat in einer Beilage zu ihrer Gratiszeitung nicht nur Anzeigen verschiedener Unternehmen veröffentlicht, sondern auch - jeweils als Gegenleistung für das Entgelt - Artikel in redaktioneller Aufmachung zugunsten der jeweiligen Inserenten. Die Vorinstanzen haben das als Verstoß gegen § 26 MedG gewertet, der zu einer spürbaren Nachfrageverlagerung führen konnte und daher den Tatbestand des § 1 UWG erfüllt (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch). Als erhebliche Rechtsfrage macht der Revisionsrekurs geltend, dass der Verstoß gegen § 26 MedG nicht geeignet gewesen sei, zu einer spürbaren Nachfrageverlagerung auf dem Werbemarkt zu führen. Die mangelnde Kennzeichnung habe, wenn überhaupt, nur Auswirkungen auf Konsumenten gehabt, nicht aber auf Inserenten.

Das Rekursgericht hat richtig erkannt, dass ein sachlich nicht gerechtfertigter Vorsprung durch eine Gesetzesverletzung nur dann vorliegt, wenn das gesetzwidrige Handeln geeignet ist, eine nicht unerhebliche Nachfrageverlagerung zu bewirken (RIS-Justiz RS0117605). Ob das im Einzelfall zutrifft, ist in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung. Eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung wird im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt: Die Wirkung auf Konsumenten ist ein entscheidendes Auswahlkriterium für potenzielle Inserenten. Wird diese Wirkung durch einen Verstoß gegen § 26 MedG gesteigert, so ist das ohne Zweifel geeignet, eine Nachfrageverlagerung (auch) auf dem Inserentenmarkt herbeizuführen. Ob durch „Gestaltung oder Anordnung" einer Anzeige Zweifel über die Entgeltlichkeit ausgeschlossen werden oder ob das im konkreten Fall - wie im Revisionsrekurs behauptet - zumindest mit vertretbaren Gründen angenommen werden konnte, hängt ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0067658). Eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung liegt auch hier nicht vor: Sind - wie hier - redaktioneller Teil und Inseratenteil nicht getrennt und werden, wie in Gratiszeitungen üblich, auch in redaktionellen Beiträgen die Vorzüge bestimmter Waren oder Dienstleistungen herausgestrichen, so müssen entgeltliche Einschaltungen schon dann als solche gekennzeichnet werden, wenn sie sich nicht deutlich von

(tatsächlich) redaktionellen Beiträgen unterscheiden (4 Ob 56/93 =

ecolex 1993, 35 - Singer-Werbung mwN; 3 Ob 2169/96h = MR 1997, 161 -

Smokebusters). Zweifel über die Entgeltlichkeit müssten ausgeschlossen sein (4 Ob 284/02x = MR 2003, 116 - Chefinfo Spezial). Das gilt um so mehr, wenn, wie hier, einzelne redaktionell wirkende Beiträge sehr wohl als „Werbung" gekennzeichnet sind. Dass die gesamte Beilage von Gewerbetreibenden finanziert war, lässt sich ihrer Aufmachung nicht entnehmen.

Eine vertretbare Rechtsansicht kann der in Mediensachen erfahrenen Beklagten angesichts der eindeutigen Rechtsprechung nicht zugebilligt werden.

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