OGH 1Ob134/06x

OGH1Ob134/06x11.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Mag. Günter H*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Auer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ing. Herwig M*****, vertreten durch Dr. Manfred Korn, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Entfernung und Wiederherstellung (Streitwert 10.000 EUR), infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 22. März 2006, GZ 53 R 43/06i-15a, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 17. November 2005, GZ 16 C 2003/04w-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 665,66 EUR (darin 110,94 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Entfernung einer im Auftrag des Beklagten auf einem Grundstück des Klägers verlegten Leerverrohrung (Kabel-TV) insgesamt statt.

Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten lediglich schuldig, die zwei über dessen Auftrag „verlegten schwarzfärbigen Leerverrohrungen im Bereich der Austrittsstelle ... bis 20 cm unter die Erdoberfläche zu entfernen sowie in diesem Bereich den ursprünglichen Zustand, nämlich eine Grasfläche, wieder herzustellen" und dem Kläger eine Entschädigung von 186,30 EUR zu zahlen; im Übrigen wies es das Haupt- und das Eventualklagebegehren in dem den Zuspruch jeweils übersteigenden Umfang ab. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beurteilung eines Begehrens als rechtsmissbräuchlich werfe im Allgemeinen zwar keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf, hier sei jedoch ein geringfügiger Teil des Klagebegehrens berechtigt gewesen; „für diese Konstellation" mangle es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist unzulässig.

1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist Rechtsmissbrauch nicht nur dann anzunehmen, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Anderen ein krasses Missverhältnis besteht, wenn also das unlautere Motiv der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegt (9 ObA 144/05z; 9 Ob 32/02z; 9 Ob 35/01i je mwN; siehe ferner RIS-Justiz RS0026265). Auch das Eigentumsrecht ist durch das Verbot schikanöser Rechtsausübung beschränkt (1 Ob 91/02t; 9 Ob 32/02z; 9 Ob 35/01i je mwN). Legt ein Geschehen die Vermutung einer Schädigungsabsicht nahe, so ist es Sache dessen Urhebers, für sein Verhalten einen gerechtfertigten Beweggrund zu behaupten und zu beweisen (4 Ob 87/05f; 4 Ob 139/03z je mwN).

Das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Rechtsmissbrauchs hängt immer von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab (9 ObA 144/05z; 9 Ob 32/02z; RIS-Justiz RS0110900). Deren Würdigung im Licht der Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf, wenn dem angefochtenen Urteil insofern eine zu korrigierende krasse Fehlbeurteilung anhaften sollte (1 Ob 91/02t; 7 Ob 271/02g).

2. Das Berufungsgericht traf die angefochtene Entscheidung auf dem Boden der Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, die auch der Revisionswerber für richtig hält. Er ist indes der Ansicht, dem Berufungsgericht sei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen. Er verficht insofern den Standpunkt, es könne „durch die Nähe der Leerverrohrungen zu den anderen dort gegebenen Leitungen und Rohre(n) ... allzu leicht eine Beschädigung und Verwechslungsgefahr zu Lasten des Klägers bei künftigen Ausgrabungsarbeiten entstehen". Dazu ist einerseits festzuhalten, dass der Kläger ein solches Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattete. Andererseits ist die geäußerte Befürchtung durch die getroffenen Feststellungen widerlegt. Die im Auftrag des Beklagten im Zuge von Kanalbauarbeiten verlegte Leerverrohrung verläuft etwa 60 cm oberhalb des Abwasserrohrs. „Neben dem jetzigen Kanalstrang" war bereits 1973 ein Elektrokabel für die Stromzuleitung in das Haus des Klägers verlegt worden. Nach Abschluss der Kanalbauarbeiten wurde schließlich „noch eine Wasserleitung parallel zum Abwasserkanal verlegt". Die der Straßenbeleuchtung auf dem Grundstück des Klägers dienende Leerverrohrung betrifft offenkundig lediglich einen Seitenstrang. Angesichts dessen hielt das Berufungsgericht zutreffend fest, es sei nicht ersichtlich, inwiefern bei künftigen Grabungsarbeiten eine Verwechslungsgefahr bestehen oder eine Erschwerung eintreten könnte. Der Kläger habe an der Leerverrohrung kein Interesse. Deshalb könne ihm durch deren allfällige Beschädigung bei Grabungsarbeiten auch kein Schaden entstehen. Das Berufungsgericht durfte seine Beurteilung

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