Spruch:
I.) Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.983,24 EUR (darin 330,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen. II.) Die beklagte Partei wird mit ihrer außerordentlichen Revision auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Immobiliengesellschaft hatte ein Geschäftslokal in einem von ihr umgebauten Gebäude in ***** an Edelgard H***** (im Folgenden nur Verpflichtete) vermietet und machte gegen die Verpflichtete zu AZ 2 C 485/97a des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems (im Folgenden nur 1. Vorverfahren) Mietzinsrückstände von 145.548 S geltend; die Verpflichtete wendete aufrechnungsweise Gegenforderungen ein, die aus Schäden im Zuge der Baumaßnahmen resultierten. Bereits in diesem Verfahren ist die B***** Bau GmbH als Nebenintervenient (im Folgenden nur 1. NI) auf Seiten der nun beklagten Partei eingetreten, nachdem ihr und der H***** GmbH (im Folgenden nur 2. NI) der Streit verkündet worden war. Dieses Verfahren endete nach Klagseinschränkung mit einem Vergleich, in dem die auf 126.318 S eingeschränkte Klage- und die Gegenforderung der Verpflichteten außer Streit gestellt wurden und die Klageforderung daher durch Aufrechnung erlosch. Die Verpflichtete und die Sparkasse K***** (im Folgenden nur Sparkasse) schlossen am 18. Dezember 1998 zur Sicherung eines Kredits von 1,05 Mio. S einen Sicherungszessionsvertrag, mit dem die Verpflichtete ihre Forderung gegen die beklagte Partei sowie die 2. NI wegen „Schadenersatzklage, Schaden-Nr. ... im Betrag von 2,458.504 S" abtrat, aber ungeachtet dessen am 28. Mai 1999 zu AZ 3 C 261/99k des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems (im Folgenden nur 2. Vorverfahren) die beklagte Partei auf Zahlung von 2 Mio. S, ebenfalls wegen eines Umsatzrückgangs sowie des Wasserschadens unter Berücksichtigung des Betrags von 126.318 S laut Verfahren ... [1. Vorverfahren] belangte, ohne dass die Zession an die Sparkasse der beklagten Partei mitgeteilt oder sonst bekannt geworden wäre. Die 2. NI verpflichtete sich am 10. Dezember 1999 gegenüber der beklagten Partei, diese in Ansehung sämtlicher Schadenersatz- und Mietzinsminderungsansprüche der Verpflichteten schad- und klaglos zu halten.
Die klagende Partei erwirkte gegen die Verpflichtete in zwei Mahnverfahren am 12. September 2000 rechtskräftige und vollstreckbare Zahlungsbefehle über jeweils 4.000 EUR übersteigende Beträge, aufgrund derer sie am 26. August 2002 zu AZ 1 E 876/02k des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems Forderungsexekution nach § 294 EO führt. In Exekution gezogen ist eine angebliche Forderung der Verpflichteten gegen die beklagte Partei von 2 Mio. S = 145.345,66 EUR, wobei im Exekutionsantrag als Rechtsgrund „angeblich zustehender Schadenersatz und Mietzinsminderung" angegeben sind. Die Exekutionsbewilligung wurde der nun beklagten Drittschuldnerin am 30. August 2002 zugestellt. Die beklagte Partei erstattete in diesem Exekutionsverfahren am 2. September 2002 eine Drittschuldneräußerung, in der sie die gepfändete Forderung nicht anerkannte, sondern ausführte, dass sie von der Verpflichteten schon im 2. Vorverfahren geklagt worden sei, jedoch die Verpflichtete keine Ansprüche auf Zahlung von Geld habe und es auch keine anderen Gründe gebe, nicht zahlungsbereit zu sein.
Im 2. Vorverfahren schlossen die dortigen Streitteile am 9. Dezember 2002 einen bedingten, in der Folge rechtswirksam gewordenen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die beklagte Partei zur Zahlung von weiteren 50.851 EUR an Hauptsache und eines Kostenbeitrags verpflichtete, wodurch alle wechselseitigen Ansprüche auch gegenüber den beiden auf Seite der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten - die diesem Vergleich nicht formell als Zahlungspflichtige beigetreten waren - bereinigt sein sollten. Im Innenverhältnis war zwischen der beklagten Partei und den Nebenintervenienten vereinbart, dass die Verpflichtungen der beklagten Partei aus diesem Vergleich von den Nebenintervenienten bzw. deren Haftpflichtversicherern erfüllt wird. Der Vergleich war auch deshalb bedingt abgeschlossen worden, weil der damalige Rechtsvertreter der Verpflichteten erklärte, er müsse Rücksprache mit der Sparkasse halten, jedoch nicht erwähnte, dass eine Zession vorliege.
Die klagende Partei forderte im Februar 2003 den Rechtsvertreter der Verpflichteten auf, von dem, von den Nebenintervenienten ihm ausbezahlten Betrag 25.622,62 EUR an sie auszufolgen. Da dem Rechtsvertreter der Verpflichteten jedoch die (Sicherungs-)Zession an die Sparkasse bekannt war, hinterlegte er den Betrag von 25.000 EUR gemäß § 1425 ABGB beim Bezirksgericht Steyr - das nicht das Exekutionsgericht ist - mit der Begründung, dass dieser Betrag nach Abzug der Vertretungskosten übrig geblieben sei und sowohl eine Zession als auch eine Forderungspfändung vorläge. Der Erlag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 7. Juli 2003 angenommen. Der Erlag erfolgte auch deshalb, weil der Beklagtenvertreter im Jänner 2003 von der Zession erfahren hatte und den Rechtsfreund der Verpflichteten mit Schreiben vom 27. Februar 2003 aufforderte, ein Einvernehmen herzustellen sowie andernfalls den ausbezahlten Betrag zu hinterlegen, worauf der Rechtsfreund der Verpflichteten sowohl den nunmehrigen Klagevertretern als auch dem Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 28. Februar 2003 eine Kopie der Zessionsurkunde übermittelte.
Dem Beklagtenvertreter war bei Abschluss des Vergleichs im 2. Vorverfahren nicht bekannt, dass die beklagte Partei eine Drittschuldnererklärung abgegeben hatte; er hatte auf Grund der Äußerungen des Rechtsvertreters der Verpflichteten zwar eine Zession vermutet, aber weder die mangelnde Aktivlegitimation eingewendet, noch der beklagten Partei von seiner Vermutung berichtet. Von der Zession an die Sparkasse erfuhr die beklagte Partei erstmals am 17. März 2004 im Zuge eines Gesprächs.
Über das Vermögen der Verpflichteten wurde am 24. August 2004 ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, das noch nicht abgeschlossen ist.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei als Drittschuldnerin nun im Drittschuldnerprozess Zahlung von 23.284,53 EUR s.A.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 22.976,83 EUR s.A. statt und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von 307,70 EUR s.A. - insoweit unangefochten - ab. Dazu vertrat es zusammengefasst die Rechtsansicht, die Sicherungszession sei gegenüber der beklagten Partei mangels Drittschuldnerverständigung nicht rechtswirksam zustandegekommen. Die beklagte Partei habe dadurch, dass sie ihren Nebenintervenienten im 2. Vorverfahren die Zustimmung zur Zahlung an die Verpflichtete erteilt habe (§ 1423 ABGB), gegen das Zahlungsverbot des § 294 EO verstoßen. Deshalb gelte die Forderung gegenüber der klagenden Partei als nicht erfüllt, zumal ihr die vom Rechtsvertreter der Verpflichteten durchgeführte Hinterlegung nicht zugerechnet werden könne und überdies der Erlag nicht, wie in § 307 EO gefordert, beim Exekutionsgericht (Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems), sondern beim Bezirksgericht Steyr erfolgt sei. Die Klageforderung bestehe daher - rechnerisch richtig - mit 22.976,83 EUR s.A. zu Recht.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise dahin ab, dass die beklagte Partei zur Hinterlegung dieses Betrags gemäß § 307 EO beim Bezirksgericht Kirchdorf an der Krems zu AZ 1 E 876/02k verpflichtet, das auf Zahlung dieses Betrags an die klagende Partei gerichtete Mehrbegehren dagegen abgewiesen wurde.
Die zweite Instanz vertrat zusammengefasst die Rechtsansicht, der Exekutionsantrag erstrecke sich klar auf die der Verpflichteten als Mieterin gegen die beklagte Partei als Vermieterin zustehenden Ansprüche auf Mietzinsminderung und Schadenersatz. Da zwei Forderungszedenten die Forderung beanspruchten und die beklagte Partei als Drittschuldnerin nicht gehalten sei, Erhebungen anzustellen, um zu ermitteln, wer der tatsächlich vorrangig Berechtigte ist, könne der Forderungsbetrag mit schuldbefreiender Wirkung beim Exekutionsgericht hinterlegt werden. Die Verteilung des Erlagsbetrags sei jedenfalls nach den Bestimmungen der §§ 285 bis 287 EO durchzuführen. Da der Gerichtserlag nicht von der Zahlung verschieden sei, sondern eine weniger weitreichende Leistung darstelle, könne auch ohne darauf abzielenden Parteienantrag und ohne Verstoß gegen § 405 ZPO auf gerichtlichen Erlag des Klagsbetrags gemäß § 307 EO beim Erstgericht erkannt werden; das auf Zahlung lautende Mehrbegehren sei dann abzuweisen. Die Bereitschaft der beiden NI bzw. deren Haftpflichtversicherer, die die beklagte Partei treffende Belastung aus dem Vergleich im 2. Vorverfahren zu übernehmen, sei eine Schuldübernahme iSd § 1404 ABGB, woraus der Verpflichteten zufolge § 1404 zweiter Satz ABGB unmittelbar kein Recht gegen die beiden NI bzw. deren Haftpflichtversicherer erwachsen sei. Die Erklärung der beiden NI bzw. deren Haftpflichtversicherer, die Schuld zu übernehmen, habe der Sicherung der beklagten Partei gegen Inanspruchnahme durch die Verpflichtete gedient. Nach Zustellung des Zahlungsverbots hätte die beklagte Partei die beiden NI bzw. deren Haftpflichtversicherer vom Zahlungsverbot verständigen müssen. Nach Pfändung und Überweisung der Forderung gehe § 307 EO als lex specialis § 1425 ABGB vor. Werde der Forderungsbetrag bei einem anderen Gericht - sei es nach § 1425 ABGB, sei es schlicht aufgrund eines Rechtsirrtums - erlegt, so habe das Erlagsgericht den Erlagsbetrag von Amts wegen oder auf Antrag eines Gläubigers an das zuständige Exekutionsgericht weiterzuleiten; die schuldbefreiende Wirkung trete dann mit dem Einlangen des Betrags beim Exekutionsgericht ein. Dies sei nach der Aktenlage bisher noch nicht erfolgt, sodass noch kein schuldbefreiender Erlag vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Ad I.): Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.
a) Die klagende Partei begehrte als betreibende Gläubigerin im vorliegenden Drittschuldnerprozess von der beklagten Drittschuldnerin Zahlung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderung der Verpflichteten aus dem Titel Schadenersatz und Mietzinsminderung, worüber ein rechtswirksamer gerichtlicher Vergleich vom 9. Dezember 2002 vorliegt, zeitlich somit nach Zustellung der Forderungspfändung. Erfüllt wurde dieser Vergleich von den beiden NI (der beklagten Partei) bzw. deren Haftpflichtversicherer - die von der Pfändung keine Kenntnis hatten - im Wege der Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB durch Zahlung an den Rechtsvertreter der Verpflichteten, der in der Folge die strittige Forderung gemäß § 1425 ABGB erlegte. Dem Zahlungsbegehren des betreibenden Gläubigers gegen die beklagte Drittschuldnerin stehen in Wahrheit keine Hindernisse entgegen. Zur Frage, ob die Bezeichnung der das Exekutionsobjekt bildenden Forderung der Verpflichteten ausreichend bestimmt ist (§ 54 Abs 1 Z 3, § 294 EO), kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Bevor eine Einstellung der Exekution erfolgt, gelten die Pfändung und die Überweisung für den Drittschuldner als aufrecht. Solange Zahlungsverbot und Überweisungsbeschluss wirksam bestehen, muss der Drittschuldner dem Überweisungsgläubiger zahlen (2 Ob 38/92; RIS-Justiz RS0003833; Heller/Berger/Stix EO4 2231; Zechner, Forderungsexekution 348 mwN). Die dem Drittschuldnerprozess zugrundeliegende Anlassexekution wurde hier nicht eingestellt. Die Zahlung des Vergleichsbetrags durch die beiden NI bzw. ihre Haftpflichtversicherer an die Verpflichtete nach Pfändung der Forderung und Überweisung zur Einziehung konnte deshalb keine schuldbefreiende Wirkung haben, ebenso wenig die Hinterlegung des strittigen Forderungsbetrags durch den Rechtsvertreter der Verpflichteten gemäß § 1425 ABGB.
b) Der Drittschuldner ist gemäß § 307 EO dann, wenn die gepfändete
und überwiesene Forderung nicht nur vom betreibenden Gläubiger,
sondern auch von anderen Personen in Anspruch genommen wird, bei
Vorliegen einer unklaren Sach- und Rechtslage befugt und auf Antrag
eines Gläubigers verpflichtet, den Betrag der Forderung beim
Exekutionsgericht zu hinterlegen. Ein derartiger Erlag ist hier
jedoch nicht erfolgt; vielmehr hat nicht der Drittschuldner, sondern
die Verpflichtete einen Erlag gemäß § 1425 ABGB vorgenommen. Nur die
beim Exekutionsgericht gerichtlich erlegten Beträge sind im Verfahren
nach § 307 EO zu verteilen. Bei Beträgen, die nach § 1425 ABGB beim
Erlagsgericht erlegt wurden, entscheidet zwischen mehreren
Erlagsgegnern das einvernehmlich oder im Prozess (Klage auf
Zustimmung zur Ausfolgung gegen die übrigen Erlagsgegner) zu klärende
bessere Recht an der oder auf die erlegte(n) Sache(n) (3 Ob 129/03x =
EvBl 2004/171 = RdW 2004, 418 = RPflE 2004/58). Das gilt auch, wenn
an dem nach § 1425 ABGB erlegten Betrag ein exekutives Pfandrecht haftet (3 Ob 129/03x). Dem Exekutionsgericht wird somit nicht die Befugnis zur Durchführung eines Verteilungsverfahrens nach § 307 EO - als Sonderbestimmung für die besonderen Bedürfnisse des Exekutionsverfahrens und lex specialis gegenüber § 1425 ABGB - betreffend die gemäß § 1425 ABGB bei einem anderen Gericht hinterlegten Beträge eingeräumt (3 Ob 129/03x).
c) Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts liegt auch kein Grund zu einer Verurteilung des Drittschuldners zum gerichtlichen Erlag nach § 307 EO anstelle der zu einer Zahlung an die betreibende Partei vor. Der gerichtliche Erlag stellt zwar nicht etwas von der Zahlung verschiedenes, sondern eine weniger weitreichende Leistung dar; wenn eine Verurteilung zur Zahlung unzulässig ist, stellt eine Verurteilung zum gerichtlichen Erlag auch ohne darauf zielenden Parteiantrag keinen Verstoß gegen § 405 ZPO dar (SZ 24/35). Ein derartiger Fall ist hier jedoch nicht gegeben: § 307 EO räumt den Drittschuldnern nur ein Recht zur Hinterlegung ein; der Drittschuldner ist nach dieser Bestimmung jedoch nicht zur Hinterlegung verpflichtet. Der von der zweiten Instanz ausgesprochenen Verurteilung der beklagten Drittschuldnerin zur Hinterlegung des Klagsbetrags gemäß § 307 EO fehlt damit die gesetzliche Grundlage.
Ob die Voraussetzungen für einen Erlag gemäß § 1425 ABGB vorlagen, ist hier nicht zu untersuchen. Festzuhalten bleibt, dass bei einer Sicherungszession die Forderungsabtretung zum Unterschied von der Vollzession nicht schon mit der Willenseinigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar wirksam wird, die Wirksamkeit der Sicherungszession vielmehr der Einhaltung eines besonderen modus bedarf, der sich mit dem für die Forderungsverpfändung vorgesehenen deckt. Die Sicherungszession kommt nur unter Einhaltung der für die Pfandrechtsbegründung vorgeschriebenen Publizitätsform (Verständigung des Drittschuldners bzw. Vermerk in den Büchern des Schuldners) zustande (vgl. dazu 6 Ob 280/00w = SZ 73/197).
Es ist somit das Ersturteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Für ihre außerordentliche Revision verzeichnete die klagende Partei keine Kosten.
Ad II.): Die beklagte Partei ist mit ihrer außerordentlichen Revision auf die zu I.) getroffene Entscheidung zu verweisen. Die Kostenanfechtung im Rechtsmittel an die dritte Instanz ist jedenfalls unzulässig (vgl. RIS-Justiz RS0044228).
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