Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
„Die Beklagte ist schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Behauptungen zu verbreiten, nur XPS-Dämmstoffe seien für Umkehrdächer geeignet und die Verwendung des Produkts der Klägerin „s*****Dämmplatte" im Dachaufbau entspreche nicht den anerkannten Regeln der Technik.
Die Beklagte ist weiters schuldig, diese Behauptungen binnen 14 Tagen gegenüber Markus R*****, p.A. R***** GmbH in B*****, und Ing. Peter Ro*****, durch eine schriftliche Mitteilung als unwahr zu widerrufen. Die Klägerin wird ermächtigt, den dem Unterlassungsbegehren und dem Veröffentlichungsbegehren stattgebenden Teil des Urteilsspruchs mit Fettdrucküberschrift, Fettdruckumrahmung sowie fett und gesperrt geschriebenen Prozessparteien in Normallettern auf Seite 5 der österreichischen Fachzeitschriften „Baumagazin" und „Baustoffmarkt" binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters die mit 12.223,76 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 1.856,98 EUR USt und 1.082 EUR Barauslagen) zu ersetzen."
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 1.792,62 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 298,77 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist eine Fachvereinigung mit Sitz in Deutschland. Ihre Mitglieder produzieren und vertreiben seit längerer Zeit Dämmmaterial für bestimmte Dachkonstruktionen („Umkehrdächer"). Dieses Material („XPS") war zunächst konkurrenzlos. Später brachte allerdings auch die Klägerin ein Produkt auf den Markt, das auf einer anderen Technologie beruht („EPS").
Die Beklagte beauftragte einen Sachverständigen mit einem Vergleich der beiden Produkte. In seinem mit 19. 9. 2003 datierten Gutachten stellte er zunächst die nach seiner Auffassung für Umkehrdächer einschlägigen Normen dar und führte einige technische Werte der beiden Produkte an. Insbesondere verglich er die Feuchtigkeitsaufnahme im Frost-Tau-Zyklus. Dann hieß es:
5) Schlussfolgerungen
Beim UK-Dach liegt die Wärmedämmung im Feuchtigkeitsbereich. Sie ist daher - abgesehen von der UV-Belastung, die durch eine diffusionsoffene Schicht (in der Regel Kies) hintangehalten wird - der Witterung, insbesondere der Frost-Tau-Wechselbeanspruchung in der kalten Jahreszeit, ausgesetzt. Dies gilt vor allem für den alpinen Raum, wo die Beanspruchung wesentlich höher ist als in den klimatisch milderen maritimen Zonen. Der Dämmstoff sollte daher möglichst keine Feuchtigkeit aufnehmen, weshalb die im Punkt 3 genannten Grenzen - auch unter Frost-Tau-Wechselbeanspruchung - unbedingt einzuhalten sind. Bisher hat sich daher für UK-Dächer, gestützt auf jahrzehntelange Erfahrung, nur der Dämmstoff XPS-G bewährt, der durch das Extrudieren bei der Herstellung zu einem geschlossenzelligen, elastischen, homogenen Material umgeformt wird.
EPS ist ein expandierter Partikelschaumstoff, bei dem selbst bei hoch dichter Aufschäumung, wie es den EPS-P-Platten entspricht, naturgemäß immer Hohlräume zwischen den einzelnen Partikeln verbleiben. Es ist daher grundsätzlich eine höhere Wasseraufnahme möglich. Dies findet auch in den einschlägigen Normen [...] Berücksichtigung, wo bei „Wasseraufnahme bei langzeitigem Eintauchen" und „Wasseraufnahme durch Diffusion" für EPS jeweils auch höhere Klassen vorgesehen sind als bei XPS. Bei Frost-Tau-Wechselbeanspruchung wird [...] die Wasseraufnahme wesentlich verstärkt. Dies führt zu sehr hohen Dämmverlusten, die in der Regel im Baubereich nicht toleriert werden. Es wird daher erst ein langzeitiger Einsatz zeigen, ob EPS-P-Dämmstoffe für den Einbau im UK-Dach geeignet sind.
6) Zusammenfassung und Schlussbemerkung
Für EPS-P-Platten als Dämmstoff im UK-Dach liegt keine Langzeitbewährung vor. Ein solcher Dachaufbau entspricht daher nicht den anerkannten Regeln der Technik. Versuche bei Frost-Tau-Wechselbeanspruchungen zeigen ungewöhnlich hohe Durchfeuchtungen und somit Dämmverluste. Nach den derzeitigen Erkenntnissen sind für den Einsatz im UK-Dach nur XPS Dämmstoffe geeignet. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Beurteilung gemäß Punkt 4 ausschließlich auf den Grundlagen gemäß Punkt 2 und den Anforderungen gemäß Punkt 3 beruht."
Die Beklagte übermittelte das Gutachten an Bauträger und Architekten in ganz Österreich, unter anderem auch an Kunden der Klägerin. In einem Begleitschreiben, das an zumindest zwei bestimmte Empfänger gerichtet war, hieß es unter anderem:
„Bewertung von Dämmstoffen im Umkehrdach
[...] Herr DI [..] aus Wien, langjährig anerkannter Sachverständiger für Bauphysik, hat in einer gutachterlichen Stellungnahme einmal deutlich herausgearbeitet, wie Umkehrdächer mit XPS und Umkehrdächer mit EPS zu bewerten sind.
Sie können auf sein Fazit gespannt sein. [...] Eine Kurzfassung dieser Bewertung finden Sie anbei, das komplette Gutachten können Sie gern mit dem Faxformular anfordern ..."
Normen gibt es für XPS- und für EPS-Produkte. Das Produkt der Klägerin ist aber ein EPS-Produkt in Sonderausführung, bei dem die Wasseraufnahme durch die Beigabe von Zusatzstoffen vermindert ist. Für dieses Produkt gibt es keine Norm. Weder den Normen noch den „Fachregeln" für Dächer mit Abdichtungen lässt sich entnehmen, dass beim Umkehrdach nur XPS-Produkte verwendet werden dürften; es lässt sich daraus nur entnehmen, dass geeignete Werkstoffe verwendet werden müssen. Der im Gutachten angeführte Wasseraufnahmewert ist falsch; der zulässige Höchstwert wird bei weitem nicht erreicht. Der Magistrat der Stadt Wien hatte das Produkt der Klägerin schon im Jahr 2001 für die Wärmedämmung bei Umkehrdächern befristet bis 30. 9. 2004 zugelassen. Mit Verordnung vom 17. 8. 2004 wurde diese Zulassung bis zum 30. 9. 2006 verlängert. Der Zulassung lag ein Gutachten der Versuchs- und Forschungsanstalt der Stadt Wien vom 25. 6. 2001 zugrunde. Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung stellte am 24. 6. 2003 mit Bescheid fest, dass das Produkt der Klägerin die „Brauchbarkeitsbestimmungen" für die Dämmung im Umkehrdach erfülle. Beide Zulassungen beruhten auf Gutachten akkreditierter Prüfstellen; die Wiener Prüfstelle ist die auf diesem Gebiet in Österreich führende Institution. In der Praxis hat die Zulassung eines Baustoffs durch eine Landesregierung bundesweite Bedeutung.
Die Klägerin begehrt Unterlassung, Widerruf und Urteilsveröffentlichung. Nach dem modifizierten Unterlassungsbegehren (ON 27) soll der Beklagten die Verbreitung des von ihr eingeholten Gutachtens „mit den Behauptungen, 'nur XPS-Dämmstoffe sind für Umkehrdächer geeignet' und 'die Verwendung des Produkts der klagenden Partei' [...] im Dachaufbau entspreche nicht den anerkannten Regeln der Technik", verboten werden. Weiters soll die Beklagte zum Widerruf „des Gutachtens" verhalten und die Klägerin zur Veröffentlichung des Ausspruchs über das Unterlassungs- und das Veröffentlichungsbegehren in den Fachzeitschriften „Baumagazin" und „Baustoffmarkt" ermächtigt werden. Das ursprüngliche Begehren auch auf Veröffentlichung in der Kronenzeitung ließ die Klägerin fallen (ON 52).
Zur Begründung stützte sich die Klägerin auf § 7 Abs 1 UWG. Die Beklagte habe das strittige Gutachten an Vertragspartner der Klägerin in ganz Österreich übermittelt. Dadurch drohten ihr ein Wettbewerbsnachteil und ein erheblicher Schaden. Da es der Beklagten darum gehe, fremden Wettbewerb zu fördern, sei sie nach § 7 Abs 1 UWG passiv legitimiert. Die Verbreitung des Gutachtens sei ihr unmittelbar zuzurechnen. Das Gutachten sei inhaltlich falsch; auch das Produkt der Klägerin sei für die Verwendung in Umkehrdächern geeignet und entspreche den Regeln der Technik. Es sei mit einer Verordnung des Magistrats der Stadt Wien aus dem Jahr 2001 und mit einem Bescheid des Amts der Steiermärkischen Landesregierung aus dem Jahr 2003 für Umkehrdächer zugelassen worden.
Die Beklagte gestand zu, dass sie das von ihr eingeholte Gutachten einigen Angehörigen der beteiligten Verkehrskreise zur Kenntnis gebracht habe. Das Gutachten sei zwar dahin zu korrigieren, dass das Produkt der Klägerin keine EPS-P Platte sei, wohl aber eine EPS-Platte, dh eine Platte aus expandiertem Polystyrol. Abgesehen davon habe das Gutachten aber den Stand der Technik richtig wiedergeben. Soweit überhaupt Tatsachenbehauptungen und nicht bloß unüberprüfbare Werturteile vorlägen, seien die Aussagen des Gutachtens richtig.
Die Behauptung, nach den „derzeitigen" Erkenntnissen seien XPS-Dämmstoffe für den Einsatz im Umkehrdach geeignet, ergebe sich unmittelbar aus mehreren österreichischen und europäischen Normen. Das Produkt der Klägerin nehme im Frost-Tau-Zyklus-Versuch mehr Wasser auf als jenes der Beklagten. Das vermindere die Dämmfähigkeit. Aus den von der Klägerin vorgelegten Gutachten lasse sich keine Langzeitbewährung ableiten. Dem Gutachten des Wiener Magistrats liege nur eine Beobachtung über einen einzigen Winter zugrunde. Ansprüche nach § 7 Abs 1 UWG bestünden daher nicht. Abgesehen davon könne die Beklagte nicht ein von einem Dritten erstattetes Gutachten widerrufen.
Das Erstgericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Es nahm den eingangs wiedergegeben Sachverhalt als erwiesen an. Weiters stellte es aufgrund eines im Prozess eingeholten Gutachtens fest, dass das Produkt der Klägerin - bezogen auf den Schluss der Verhandlung - für die Verwendung in Umkehrdächern geeignet sei und dass diese Verwendung den Regeln der Technik entspreche. Während des Verfahrens hatte der Gerichtssachverständige teilweise andere Ansichten vertreten. Keine Feststellungen (auch keine Negativfeststellungen) traf das Erstgericht zum Vorbringen der Beklagten, dass die inkriminierten Passagen des Gutachtens bei dessen Verbreitung wegen fehlender Langzeitbewährung richtig gewesen seien. Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass die im Gutachten enthaltenen Behauptungen geeignet seien, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin zu schädigen. Damit sei der Tatbestand des § 7 Abs 1 UWG erfüllt. Den Wahrheitsbeweis habe die Beklagte nicht erbracht, vielmehr habe sich ergeben, dass die Behauptungen falsch seien. Die Beklagte sei daher zur Unterlassung und zum Widerruf verpflichtet. Dem Widerrufsbegehren sei jedoch eine deutlichere Fassung zu geben. Die Beklagte sei nicht zum Widerruf des gesamten Gutachtens zu verhalten, sondern nur zum Widerruf der von der Klägerin im Unterlassungsbegehren beanstandeten Äußerungen. Die begehrte Urteilsveröffentlichung in zwei Fachzeitschriften sei angemessen, da die Beklagte das Gutachten österreichweit versendet habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die strittigen Passagen des Gutachtens seien Tatsachenbehauptungen, die einer Überprüfung zugänglich seien. Die Eignung des Produkts der Klägerin stehe für den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz fest. Allerdings sei die Prüfung der Langzeitbewährung erst im Jahr 2005 abgeschlossen gewesen. Bei Erstellung des strittigen Gutachtens habe sie noch nicht beurteilt werden können. Der Beklagten sei daher zuzugestehen, dass „die Behauptung im Gutachten [...], für das Produkt der Klägerin [...] liege noch keine Langzeitbewährung vor, weshalb eine Verwendung dieses Produkts [...] nicht dem Stand der Technik entspreche, zum damaligen Zeitpunkt nicht unrichtig war". Die Unrichtigkeit habe sich jedoch im Lauf des Verfahrens „herausgestellt". Dennoch habe die Beklagte weiterhin die Auffassung vertreten, die strittigen Aussagen seien (noch immer) richtig. Damit liege Tatbegehungsgefahr vor. Die Widerrufspflicht treffe die Beklagte, weil sie (nicht der von ihr beauftragte Sachverständige) den Tatbestand des § 7 Abs 1 UWG verwirklicht habe. Das Ausmaß der Veröffentlichungspflicht sei in erster Instanz nicht konkret bestritten worden.
Eine erhebliche Rechtsfrage liege vor, weil es keine Rechtsprechung zur Frage gebe, ob eine Behauptung, die bei ihrer Verbreitung richtig war, deren Unrichtigkeit aber bei Schluss der Verhandlung erwiesen sei und die dennoch aufrechterhalten werde, einen Unterlassungsanspruch nach § 7 Abs 1 UWG trage.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Die Revision vertritt weiterhin die Auffassung, dass die strittigen Passagen des Gutachtens (Übereinstimmung mit den Regeln der Technik, Eignung für Umkehrdächer) Werturteile und keine Tatsachenbehauptungen seien. Insofern ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu verweisen. Tatsachen im Sinn von § 7 Abs 1 UWG sind nach ständiger Rechtsprechung - unabhängig von der im Einzelfall gewählten Formulierung - „Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften eines greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalts" (RIS-Justiz RS0079167, vgl auch RS0079167). Entscheidend ist, ob eine Behauptung bewiesen werden kann oder ob es sich um eine unüberprüfbare Meinungsäußerung handelt (RIS-Justiz RS0079408). Auch bewertende Einschätzungen sind Tatsachenbehauptungen, wenn ihre objektive Richtigkeit überprüfbar ist (RIS-Justiz RS0032270).
Die hier strittigen Passagen des Gutachtens sind objektiv überprüfbar. Für die Beurteilung ihres Wahrheitsgehalts macht es keinen Unterschied, ob einzelne Teile davon für sich allein unbedenklich sein könnten: Eine zergliedernde Betrachtungsweise widerspräche nämlich dem im Wettbewerbsrecht geltenden allgemeinen Grundsatz, dass der Inhalt einer Ankündigung stets am Gesamteindruck zu messen ist, den die angesprochenen Verkehrskreise gewinnen (4 Ob 2064/96 = ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo mwN; 4 Ob 56/97g = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN; RIS-Justiz RS0078948). Wer eine mehrdeutige Äußerung macht, muss die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (RIS-Justiz RS0079648). Der Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung lässt sich dahin zusammenfassen, dass nur das Produkt der Mitglieder der Beklagten, nicht aber jenes der Klägerin für eine Verwendung in Umkehrdächern geeignet ist. Begründet wird das im Wesentlichen mit drei Elementen:
fehlende bzw entgegenstehende Normen, zu hohe Wasseraufnahme im Frost-Tau-Zyklus mit der Folge eines verminderten Dämmvermögens, und fehlende Langzeitbewährung. Dass die Verwendung des Produkts aus dem letztgenannten Grund (auch) nicht den Regeln der Technik entsprechen soll, hat keinen zusätzlichen Aussagewert, sondern ist nur eine weitere Begründung für den Aussagekern der fehlenden Eignung.
2. Die strittigen Behauptungen sind ohne Zweifel geeignet, das Unternehmen und den Kredit der Klägerin zu schädigen. Die Beklagte muss daher den Beweis erbringen, dass ihre Behauptungen im Kern wahr sind (RIS-Justiz RS0079727).
2.1. Das Erstgericht sah den Wasseraufnahmewert, den der Privatsachverständige zugrunde gelegt hatte, als widerlegt an (US 20). Es verneinte auch die Relevanz der von diesem zitierten Normen (US 15). Das Berufungsgericht hat sich mit der zu diesem Punkt erhobenen (knappen) Beweisrüge ausreichend auseinandergesetzt, der in der Revision gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Damit sind zwei wesentliche Begründungen für die strittigen Schlussfolgerungen des Gutachtens weggefallen. Wenn die Revision Gegenteiliges behauptet, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt.
2.2. Es steht auch fest, dass die Verwendung des Produkts der Klägerin bei Schluss der Verhandlung den anerkannten Regeln der Technik entsprach. Die Revision stützt sich aber darauf, dass das im Zeitpunkt der Verbreitung des Gutachtens noch nicht der Fall gewesen sei. Daraus leitet sie ab, dass die strittigen Behauptungen aus „damaliger" Sicht richtig waren und dass sie sie daher verbreitet durfte.
Das Erstgericht hat (anders als vom Berufungsgericht angenommen) zu dieser Frage keine Feststellungen getroffen. Dass es sich in diesem Punkt einer (vorläufigen) Einschätzung des Gerichtssachverständigen anschließen wollte, lässt sich seiner Entscheidung nicht entnehmen. Damit gibt es keine Feststellung (auch keine Negativfeststellung) zu den entsprechenden Behauptungen der Beklagten.
2.3. Darauf - und damit auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage - kommt es aber nicht an. Das Produkt der Klägerin war tatsächlich geeignet, es war von zwei Landesregierungen aufgrund von Gutachten anerkannter Prüfstellen für den Einsatz in Umkehrdächern zugelassen. Bei dieser Sachlage hätte fehlende Langzeitbewährung auch aus „damaliger" Sicht nur die Aussage zugelassen, das Produkt der Klägerin sei derzeit nicht sicher geeignet.
Kern der strittigen Behauptungen ist aber, wie oben ausgeführt, die darüber hinausgehende Aussage, nur das Produkt der Mitglieder der Beklagten, nicht aber jenes der Klägerin sei für Umkehrdächer geeignet. Der Wahrheitsbeweis dafür wäre auch dann nicht erbracht, wenn der Beklagten der Nachweis gelänge, dass die Langzeitbewährung bei Verbreitung des Gutachtens noch nicht vorhanden war und dass diese Bewährung nach den Regeln der Technik auch nicht durch eine technische Prüfung ersetzt werden kann. In diesem Fall könnte die Eignung zwar in Zweifel gezogen werden, die Behauptung fehlender Eignung ginge aber jedenfalls zu weit.
2.4. Die Beklagte hat somit herabsetzende Behauptungen verbreitet, deren Wahrheit sie im Kern auch für den Zeitpunkt des Verbreitens nicht beweisen konnte. Damit ist der Tatbestand des § 7 Abs 1 UWG jedenfalls erfüllt. Es ist daher nicht erforderlich, eine Erstbegehungsgefahr durch Bestreiten im Prozess anzunehmen, die - wenn überhaupt - nur das Unterlassungs-, nicht aber das Widerrufsbegehren tragen könnte.
Da die angeblich fehlende Langzeitbewährung nur insoweit von Bedeutung ist, als sie die fehlende Eignung begründet, ist bei der Unterlassungs- und Widerrufsverpflichtung nicht zu differenzieren. Der Spruch muss die im Kern unwahre Behauptung als Ganzes erfassen; ein Herausgreifen von isoliert betrachtet möglicherweise wahren Elementen verstieße gegen den oben (Punkt 1.) dargestellten Grundsatz der Gesamtbetrachtung.
3. Die Revision bezweifelt nicht, dass auch das Weitergeben fremder Behauptungen ein „Verbreiten" im Sinne des § 7 Abs 1 UWG ist (RIS-Justiz RS0079097). Die Angabe einer Quelle kann den Eintritt der Rechtsfolgen des § 7 Abs 1 UWG nicht verhindern (RIS-Justiz RS0079114). Daraus folgt aber auch, dass im Urteilsspruch nicht auf diese Quelle hinzuweisen ist (4 Ob 313/74 = ÖBl 1975, 33 - Skiwelt). Aufgrund dieser Erwägungen waren die Aussprüche über das Unterlassungs- und das Widerrufsbegehren mit der Maßgabe zu bestätigen, dass darin nur die strittigen Behauptungen, nicht jedoch deren Quelle genannt wird. Eine Teilabweisung ist damit nicht verbunden, weil die Klage in der Sache ohnehin gegen diese Behauptungen gerichtet war. Die Quelle wurde nur zu deren Konkretisierung genannt.
Das in der Revision erörterte Problem, dass eine fremde Äußerung nicht im strengen Sinn „widerrufen" werden kann, ist nur terminologischer Natur. Gegenstand des Widerrufsanspruchs ist die Abgabe einer Wissenserklärung, durch die eine frühere Wissenserklärung als unrichtig bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0078800). Ergibt sich der Widerrufsanspruch aus der Verbreitung einer von einer dritten Person gemachten Behauptung, bedeutet „Widerruf" nichts anderes die Mitteilung, dass die verbreitete Behauptung unrichtig war. Eine solche Wissenserklärung kann auch von jemandem abgegeben werden, der die herabsetzende Wissenserklärung zwar nicht selbst formuliert hat, aber wegen ihres Verbreitens dafür einstehen muss.
Nur zur Klarstellung ist festzuhalten, dass sich der Anspruch im konkreten Fall nicht gegen den Sachverständigen selbst richtet. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein Sachverständiger auch bei Privatgutachten nur dann nach § 7 Abs 1 UWG haftet, wenn er wissentlich ein falsches Gutachten erstattet hat (vgl 4 Ob 75/92 = JBl 1993, 518 [krit Koziol] - Privatgutachten), ist daher nicht erforderlich.
4. Strittig ist zuletzt noch der Umfang der von der Klägerin begehrten Veröffentlichung (ein oder zwei Fachzeitungen). Diese Frage hängt aber von den Umständen des Einzelfalls ab und ist daher - abgesehen von einer krassen Fehlbeurteilung - nicht erheblich iSd § 502 ZPO. Das gilt auch für die Auslegung des dazu erstatteten Vorbringens der Beklagten (RIS-Justiz RS0042828). Eine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende krasse Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
5. Aus diesen Gründen war der Revision nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 iVm § 41 ZPO.
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