OGH 10Ob30/06v

OGH10Ob30/06v22.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kommerzialrat Gerold S. I*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und ao Univ. Prof. Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Elisabeth F*****, Kauffrau, *****, vertreten durch Dr. Michael Prager Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, wegen EUR 28.948,29 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2006, GZ 3 R 153/05z-50, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagte ist eingeantwortete Alleinerbin nach Prof. Dr. Heinrich F*****, der einen Kunst- und Antiquitätenhandel in Wien betrieben hatte. Im Herbst 1989 erwarb der Kläger von Prof. Dr. Heinrich F***** ein als Werk des Malers Carl Moll bezeichnetes Gemälde „Sonntag im Park", Öl auf Leinwand, 55 x 64 cm, zu einem Kaufpreis von ATS 250.000 (EUR 18.168,21). Dem Gemälde war eine mit 25. 2. 1986 datierte, von Prof. Dr. Heinrich F***** erstellte und unterschriebene Expertise angeschlossen, in der er bestätigte, dass es sich bei dem gegenständlichen Kunstwerk um ein „echtes, eigenhändiges und einwandfrei erhaltenes Werk des österreichischen Landschafts- und Genremalers Carl Moll" handelt.

Beim Kauf des Gemäldes hatte der Kläger keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Expertise. Er entschloss sich allein wegen der zugesicherten Echtheit zum Kauf; der Kauf einer Fälschung wäre für ihn als Kunstsammler nicht in Betracht gekommen.

Tatsächlich stammt das gekaufte Gemälde nicht von Carl Moll, sondern ist eine Fälschung. Selbst bei Berücksichtigung des Wissensstandes zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses hätte einem Experten wie Prof. Dr. F***** auffallen müssen, dass einige der für Carl Moll prägendsten Merkmale am Gemälde fehlen bzw fehlerhaft sind und somit nicht von der Echtheit des Bildes ausgegangen werden konnte. Für eine Fälschung, die vorspiegelt, ein echtes Werk von Carl Moll zu sein, gab es keinen Markt; das gekaufte Bild ist daher wertlos. Für ein echtes Gemälde von Carl Moll wäre der Kaufpreis von ATS 250.000 (EUR 18.168,21) angemessen gewesen. Bei einem solchen Werk wäre seit 1989 eine Wertsteigerung von 100 % eingetreten.

Das Erstgericht sprach dem Kläger aus dem Titel Schadenersatz EUR 36.336,42 sA Zug um Zug gegen Rückstellung des Gemäldes zu. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und verpflichtete die Beklagte - entsprechend dem zweiten Eventualbegehren des Klägers - zur Zahlung von EUR 28.948,29 sA. Hätte der Kläger den Kaufpreis von EUR 18.168,21 abzüglich des Wertes der Fälschung (EUR 726,72) nicht zum Ankauf des Bildes verwendet, sondern auf dem Kapitalmarkt angelegt, so hätte er diesen Betrag von EUR 17.441,49 bis zur Klagseinbringung auf EUR 28.948,28 vermehrt. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach bei Zusicherung einer Eigenschaft (außer im Fall einer Garantie) nur der Vertrauensschaden zu ersetzen sei, nicht abgewichen sei und weitere über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen nicht zu lösen gewesen seien.

In ihrer Zulassungsbeschwerde macht die Beklagte zum einen geltend, dass es bislang „keine höchstgerichtliche Judikatur zu genau einem gleichgelagerten Sachverhalt" gebe, weshalb zum Zweck der Schaffung bzw Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit die Revision zulässig sei. Zum anderen wische das Berufungsgericht den vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 603/91 aufgestellten Rechtssatz beiseite, wonach bei Kunstgegenständen eine absolute Garantie für die Echtheit und insbesondere für die Zurechnung zu einem bestimmten Künstler vergangener Epochen ausgeschlossen sei.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Vorbringen werden aber keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

Dass ein völlig gleichgelagerter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt wurde, bedeutet keineswegs schon, dass eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen erheblichen Bedeutung vorliegt, weil andernfalls die ordentliche Revision im Zulassungsbereich nahezu immer zulässig wäre (RIS-Justiz RS0102181; RS0110702; zuletzt etwa 10 Ob 22/04i). Die Frage, welcher Sorgfaltsmaßstab an eine schadensträchtige Handlung anzulegen ist, kann wegen ihrer Einzelfallbezogenheit in aller Regel nicht als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO gewertet werden (vgl RIS-Justiz RS0026541 [T4], RS0026535 [T8]).

Zutreffenderweise hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass es in der in der Revision zitierten Entscheidung 7 Ob 603/91 darum ging, ob eine bestimmte Klausel in Versteigerungsbedingungen so zu verstehen sei, dass damit neben der Gewährleistung auch die Irrtumsanfechtung ausgeschlossen sei, was vom Obersten Gerichtshof unter anderem mit der Begründung bejaht wurde, dass es keine absolute Garantie für die Echtheit und insbesondere für die Zuordnung zu einem bestimmten Künstler vergangener Epochen gebe. Keineswegs wurde ein „Rechtssatz" aufgestellt, dass vom Verkäufer für die Echtheit eines (älteren) Kunstwerks nicht einzustehen sei. Das von der Beklagten aus der Entscheidung abgeleitete Argument, dass nicht über das Schadenersatzrecht vom Verkäufer eine „absolute Garantie für die Echtheit" gefordert werden könne, lässt im Übrigen die Feststellung außer Betracht, dass unter Berücksichtigung des Wissensstandes zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses einem Experten wie dem Verkäufer auffallen hätte müssen, dass wegen des Fehlens einiger der für Carl Moll prägendsten Merkmale am Gemälde nicht von der Echtheit des Bildes ausgegangen werden konnte.

Mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte